Literatur Schöne Lyrik
Deutschland. Ein Wintermärchen
(Heinrich Heine)
Dicht hinter Hagen ward es Nacht,
und ich fühlte in den Gedärmen
ein seltsames Frösteln. Ich konnte mich erst
zu Unna, im Wirtshaus, erwärmen.
Ein hübsches Mädchen fand ich dort,
die schenkte mir freundlich den Punsch ein;
wie gelbe Seide das Lockenhaar,
die Augen sanft wie Mondschein.
Den lispelnd westfälischen Akzent
vernahm ich mit Wollust wieder.
Viel süße Erinnerung dampfte der Punsch,
ich dachte der lieben Brüder.
Der lieben Westfalen, womit ich so oft
in Göttingen getrunken,
bis wir gerührt einander ans Herz
und unter die Tische gesunken!
Ich habe sie immer so lieb gehabt,
die lieben, guten Westfalen,
ein Volk, so fest, so sicher, so treu,
ganz ohne Gleißen und Prahlen.
Wie standen sie prächtig auf der Mensur
mit ihren Löwenherzen!
Es fielen so grade, so ehrlich gemeint,
die Quarten und die Terzen.
Sie fechten gut, sie trinken gut,
und wenn sie die Hand dir reichen
zum Freundschaftsbündnis, dann weinen sie;
sind sentimentale Eichen.
Der Himmel erhalte dich, wackres Volk,
er segne deine Saaten,
bewahre dich vor Krieg und Ruhm,
vor Helden und Heldentaten.
Er schenke deinen Söhnen stets
ein sehr gelindes Examen,
und deine Töchter bringe er hübsch
unter die Haube - Amen!
Das erwähnte Wirtshaus existiert heute noch, es steht unter Denkmalschutz.
Dort kann man von der Kette TEDI allerhand einkaufen.
Still sitz’ ich ......
Ernst Schulze - 1789 in Celle geboren und hier 1817 mit nur 28 Jahren an der Schwindsucht (Lungen-Tbc) verstorben.
Still sitz' ich an des Hügels Hang,
der Himmel ist so klar,
das Lüftchen spielt im grünen Tal,
wo ich beim ersten Frühlingsstrahl
einst, ach so glücklich war.
Wo ich an ihrer Seite ging
so traulich und so nah,
und tief im dunklen Felsenquell
den schönen Himmel blau und hell
und sie im Himmel sah.
Sieh, wie der bunte Frühling schon
aus Knosp' und Blüte blickt!
Nicht alle Blüten sind mir gleich,
am liebsten pflückt ich von dem Zweig,
von welchem sie gepflückt!
Denn alles ist wie damals noch,
die Blumen, das Gefild,
die Sonne scheint nicht minder hell,
nicht minder freundlich schwimmt im Quell
das blaue Himmelsbild.
Es wandeln nur sich Will und Wahn,
es wechseln Lust und Streit,
vorüber flieht der Liebe Glück,
und nur die Liebe bleibt zurück,
die Lieb und ach, das Leid.
O wär ich doch ein Vög’lein nur
dort an dem Wiesenhang,
dann blieb ich auf den Zweigen hier,
und säng’ ein süßes Lied von ihr,
den ganzen Sommer lang.
um sich am Schönen zu erfreun,
solange darf man freudig hoffen,
wird auch die Welt vorhanden sein.
Wilhelm Busch
@ Sirona
Ernst Schulze, Dichter der Romantik, ist auch heute
dank der Ernst-Schulze-Gesellschaft in Celle unvergessen.
Anlässlich seines 300. Geburtstags wurde der Gedichtband
„Die bezauberte Rose“ herausgegeben - besonders
schön zu lesen.
Allegra
@ SironaKorrektur:
Ernst Schulze, Dichter der Romantik, ist auch heute
dank der Ernst-Schulze-Gesellschaft in Celle unvergessen.
Anlässlich seines 300. Geburtstags wurde der Gedichtband
„Die bezauberte Rose“ herausgegeben - besonders
schön zu lesen.
Allegra
Es muss natürlich heißen:
Anlässlich seines 200. Geburtstags wurde der Gedichtband
„Die bezauberte Rose“ herausgegeben ...
Allegra
An einem Fenster
Und Wolken, die vorüberziehn,
Vorm Fenster ein Baum im Frühlingstau,
Und ein Vogel, der trunken himmelan schnellt,
Von Blüten ein verlorener Duft -
Es fühlt ein Herz: Das ist die Welt!
Die Stille wächst und der Mittag glüht!
Mein Gott, wie ist die Welt so reich!
Ich träume und träum' und das Leben flieht,
Das Leben da draußen - irgendwo
Mir fern durch ein Meer von Einsamkeit!
Es fühlt's ein Herz und wird nicht froh!
Georg Trakl
heute vor 136 Jahren geboren und nur 27 Jahre alt geworden.
Foto und Gedicht unglaublich passend. Wie oft mögen auch wir einmal vor dem Fenster gestanden haben mit ähnlichen Gefühlen und Gedanken.
Mir fern durch ein Meer von Einsamkeit!
Es fühlt's ein Herz und wird nicht froh!
Ob Trakl es gefühlt hat dass sein Leben frühzeitig enden wird und dass er den Reichtum der Welt nie erblicken bzw. erleben kann? Mit 27 Jahren die Welt verlassen zu müssen ist schon sehr traurig. Aber vielen Größen der Kultur erging es ähnlich, sie erreichten nur ein Alter in dem man heute erst beginnt zu leben.
Viele, viele sehr begabte Menschen sind früh gestorben.
Liebe Grüße
Roxanna
Begegnung – H. Heine
Wohl unter der Linde erklingt die Musik,
da tanzen die Burschen und Mädel,
da tanzen zwei, die niemand kennt,
sie schaun so schlank und edel.
Sie schweben auf, sie schweben ab,
in seltsam fremder Weise;
sie lachen sich an, sie schütteln das Haupt,
das Fräulein flüstert leise:
»Mein schöner Junker, auf Eurem Hut
schwankt eine Neckenlilie,
die wächst nur tief in Meeresgrund -
ihr stammt nicht aus Adams Familie.
Ihr seid der Wassermann, Ihr wollt
verlocken des Dorfes Schönen.
Ich hab Euch erkannt, beim ersten Blick,
an Euren fischgrätigen Zähnen.
Sie schweben auf, sie schweben ab,
in seltsam fremder Weise,
sie lachen sich an, sie schütteln das Haupt,
der Junker flüstert leise:
»Mein schönes Fräulein, sagt mir, warum
so eiskalt Eure Hand ist?
Sagt mir, warum so nass der Saum
an Eurem weißen Gewand ist?
Ich hab Euch erkannt, beim ersten Blick,
an Eurem spöttischen Knickse -
du bist kein irdisches Menschenkind,
du bist mein Mühmchen, die Nixe.
Die Geigen verstummen, der Tanz ist aus
es trennen sich höflich die beiden.
Sie kennen sich leider viel zu gut,
suchen sich jetzt zu vermeiden.
(Winterbild von Michiko)