Literatur Schöne Lyrik
Kritiker gab und gibt es immer wieder, man kann niemandem alles recht machen. Selbst Größen wie u.a. Heinrich Heine mußten oft harsche Beurteilungen verkraften.
Ich finde das von Dir eingestellte Gedicht sehr romantisch, insbesondere der letzte Vers ist sehr berührend. Auf einen solchen schönen Gedanken können nur poetische Seelen kommen. 😋
Sisi war sehr einsam, sie paßte nicht in das Habsburger Konzept. Sie war ein Freigeist, der sich bekanntlich ja nicht einengen läßt.
Ich finde das von Dir eingestellte Gedicht sehr romantisch, insbesondere der letzte Vers ist sehr berührend. Auf einen solchen schönen Gedanken können nur poetische Seelen kommen. 😋
Sisi war sehr einsam, sie paßte nicht in das Habsburger Konzept. Sie war ein Freigeist, der sich bekanntlich ja nicht einengen läßt.
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Ach nur einmal noch im Leben!
Eduard Mörike (* 08.09.1804, † 04.06.1875)
Im Fenster jenes alt verblichnen Gartensaals
die Harfe, die, vom leisen Windhauch angeregt,
lang ausgezogne Töne traurig wechseln lässt
in ungepflegter Spätherbst-Blumen-Einsamkeit,
ist schön zu hören einen langen Nachmittag.
Nicht völlig unwert ihrer holden Nachbarschaft
stöhnt auf dem grauen Zwingerturm die Fahne dort,
wenn stürmischer oft die Wolken ziehen überhin.
In meinem Garten aber (hiess’ er nur noch mein!)
ging so ein Hinterpförtchen frei ins Feld hinaus,
abseits vom Dorf. Wie manches liebe Mal stiess ich
den Riegel auf an der geschwärzten Gattertür
und bog das überhängende Gesträuch zurück,
indem sie sich auf rostgen Angeln schwer gedreht! -
Die Tür nun, musikalisch mannigfach begabt,
für ihre Jahre noch ein ganz annehmlicher
Sopran (wenn sie nicht eben wetterlaunisch war),
verriet mir eines Tages - plötzlich, wie es schien,
erweckt aus einer lieblichen Erinnerung -
ein schöneres Empfinden, höhere Fähigkeit.
Ich öffne sie gewohnter Weise, da beginnt
sie zärtlich eine Arie, die mein Ohr sogleich
bekannt ansprach. Wie? rief ich staunend: träum ich denn?
War das nicht "Ach nur einmal noch im Leben" ganz?
Aus Titus*), wenn mir recht ist? - Alsbald liess ich sie
die Stelle wiederholen; und ich irrte nicht!
Denn langsamer, bestimmter, seelenvoller nun
da capo sang die Alte: "Ach nur einmal noch!"
Die fünf, sechs ersten Noten nämlich, weiter kaum,
hingegen war auch dieser Anfang tadellos.
Und was, frug ich nach einer kurzen Stille sie,
was denn noch einmal? Sprich, woher, Elegische,
hast du das Lied? Ging etwa denn zu deiner Zeit
(die neunziger Jahre meint ich) hier ein schönes Kind,
des Pfarrers Enkeltochter, sittsam aus und ein,
und hörtest du sie durch das offne Fenster oft
am grünlackierten, goldbeblümten Pantalon
hellstimmig singen?
Des gestrengen Mütterchens
gedenkst du auch, der Hausfrau, die so reinlich stets
den Garten hielt, gleichwie sie selber war, wann sie
nach schwülem Tag am Abend ihren Kohl begoss,
derweil der Pfarrherr ein paar Freunden aus der Stadt,
die eben weggegangen, das Geleite gab;
er hatte sie bewirtet in der Laube dort,
ein lieber Mann, redseliger Weitschweifigkeit.
Vorbei ist nun das alles und kehrt nimmer so!
Wir Jüngern heutzutage treibens ungefähr
zwar gleichermassen, wackre Leute ebenfalls;
doch besser dünkt ja allen was vergangen ist.
Es kommt die Zeit, da werden wir auch ferne weg
gezogen sein, den Garten lassend und das Haus.
dann wünschest du nächst jenen Alten uns zurück,
und schmückt vielleicht ein treues Herz vom Dorf einmal,
mein denkend und der Meinen, im Vorübergehn
dein morsches Holz mit hellem Ackerblumenkranz.
*)Titus = Oper von Mozart
Ach nur einmal noch im Leben!
Eduard Mörike (* 08.09.1804, † 04.06.1875)
Im Fenster jenes alt verblichnen Gartensaals
die Harfe, die, vom leisen Windhauch angeregt,
lang ausgezogne Töne traurig wechseln lässt
in ungepflegter Spätherbst-Blumen-Einsamkeit,
ist schön zu hören einen langen Nachmittag.
Nicht völlig unwert ihrer holden Nachbarschaft
stöhnt auf dem grauen Zwingerturm die Fahne dort,
wenn stürmischer oft die Wolken ziehen überhin.
In meinem Garten aber (hiess’ er nur noch mein!)
ging so ein Hinterpförtchen frei ins Feld hinaus,
abseits vom Dorf. Wie manches liebe Mal stiess ich
den Riegel auf an der geschwärzten Gattertür
und bog das überhängende Gesträuch zurück,
indem sie sich auf rostgen Angeln schwer gedreht! -
Die Tür nun, musikalisch mannigfach begabt,
für ihre Jahre noch ein ganz annehmlicher
Sopran (wenn sie nicht eben wetterlaunisch war),
verriet mir eines Tages - plötzlich, wie es schien,
erweckt aus einer lieblichen Erinnerung -
ein schöneres Empfinden, höhere Fähigkeit.
Ich öffne sie gewohnter Weise, da beginnt
sie zärtlich eine Arie, die mein Ohr sogleich
bekannt ansprach. Wie? rief ich staunend: träum ich denn?
War das nicht "Ach nur einmal noch im Leben" ganz?
Aus Titus*), wenn mir recht ist? - Alsbald liess ich sie
die Stelle wiederholen; und ich irrte nicht!
Denn langsamer, bestimmter, seelenvoller nun
da capo sang die Alte: "Ach nur einmal noch!"
Die fünf, sechs ersten Noten nämlich, weiter kaum,
hingegen war auch dieser Anfang tadellos.
Und was, frug ich nach einer kurzen Stille sie,
was denn noch einmal? Sprich, woher, Elegische,
hast du das Lied? Ging etwa denn zu deiner Zeit
(die neunziger Jahre meint ich) hier ein schönes Kind,
des Pfarrers Enkeltochter, sittsam aus und ein,
und hörtest du sie durch das offne Fenster oft
am grünlackierten, goldbeblümten Pantalon
hellstimmig singen?
Des gestrengen Mütterchens
gedenkst du auch, der Hausfrau, die so reinlich stets
den Garten hielt, gleichwie sie selber war, wann sie
nach schwülem Tag am Abend ihren Kohl begoss,
derweil der Pfarrherr ein paar Freunden aus der Stadt,
die eben weggegangen, das Geleite gab;
er hatte sie bewirtet in der Laube dort,
ein lieber Mann, redseliger Weitschweifigkeit.
Vorbei ist nun das alles und kehrt nimmer so!
Wir Jüngern heutzutage treibens ungefähr
zwar gleichermassen, wackre Leute ebenfalls;
doch besser dünkt ja allen was vergangen ist.
Es kommt die Zeit, da werden wir auch ferne weg
gezogen sein, den Garten lassend und das Haus.
dann wünschest du nächst jenen Alten uns zurück,
und schmückt vielleicht ein treues Herz vom Dorf einmal,
mein denkend und der Meinen, im Vorübergehn
dein morsches Holz mit hellem Ackerblumenkranz.
*)Titus = Oper von Mozart
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Dämmerung senkte sich von oben,
schon ist alle Nähe fern;
doch zuerst emporgehoben
holden Lichts der Abendstern!
Alles schwankt in's Ungewisse,
Nebel schleichen in die Höh';
schwarzvertiefte Finsternisse
widerspiegelnd, ruht der See.
Nun im östlichen Bereiche
shn' ich Mondenglanz und Glut,
schlanker Weiden Haargezweige
Scherzen auf der nächsten Flut.
Durch bewegter Schatten Spiele
zittert Luna's Zauberschein,
und durch's Auge schleicht die Kühle
sänftigend ins Herz hinein.
(J. W. Goethe)
Einsam wandle deine Bahnen,
Stilles Herz, und unverzagt!
Viel erkennen, vieles ahnen
Wirst du, was dir keiner sagt.
Wo in stürmischem Gedränge
Kleines Volk um Kleines schreit,
Da erlauschest du Gesänge,
Siehst die Welt du groß und weit.
Andern laß den Staub der Straße,
Deinen Geist halt frisch und blank,
Spiegel sei er wie die Meerflut,
Drin die Sonne niedersank.
Einsam aus des Tages Lärmen
Adler in die Höhen schweift,
Storch und Kranich fliegt in Schwärmen,
Doch ihr Flug die Erde streift.
Einsam wandle deine Bahnen
Stilles Herz, und unverzagt!
Viel erkennen, vieles ahnen
Wirst du, was dir keiner sagt.
Joseph Victor von Scheffel
Grenzen der Menschheit
Wenn der uralte
Heilige Vater
Mit gelassener Hand
Aus rollenden Wolken
Segnende Blitze
Über die Erde sät,
Küß ich den letzten
Saum seines Kleides,
Kindliche Schauer
Treu in der Brust.
Denn mit Göttern
Soll sich nicht messen
Irgendein Mensch
Hebt er sich aufwärts
Und berührt
Mit dem Scheitel die Sterne,
Nirgends haften dann
Die unsichern Sohlen,
Und mit ihm spielen
Wolken und Winde.
Steht er mit festen,
Markigen Knochen
Auf der wohlgegründeten,
Dauernden Erde,
Reicht er nicht auf,
Nur mit der Eiche
Oder der Rebe
Sich zu vergleichen.
Was unterscheidet
Götter von Menschen?
Daß viele Wellen
Vor jenen wandeln,
Ein ewiger Strom:
Uns hebt die Welle,
Verschlingt die Welle,
Und wir versinken.
Ein kleiner Ring
Begrenzt unser Leben,
Und viele Geschlechter
Reihen sich dauernd
An ihres Daseins
Unendliche Kette.
Johann Wolfgang von Goethe
In trauter Verborgenheit
Ade, ihr Sommertage,
Wie seid ihr so schnell enteilt,
Gar mancherlei Lust und Plage
Habt ihr uns zugeteilt.
—
Wohl war es ein Entzücken,
Zu wandeln im Sonnenschein
Nur die verflixten Mücken
Mischten sich immer darein.
—
Und wenn wir auf Waldeswegen
Dem Sange der Vögel gelauscht,
Dann kam natürlich ein Regen
Auf uns hernieder gerauscht.
—
Die lustigen Sänger haben
Nach Süden sich aufgemacht,
Bei Tage krächzen die Raben,
Die Käuze schreien bei Nacht.
—
Was ist das für ein Gesause!
Es stürmt bereits und schneit.
Da bleiben wir zwei zu Hause
In trauter Verborgenheit.
—
Kein Wetter kann uns verdrießen.
Mein Liebchen, ich und du,
Wir halten uns warm und schließen
Hübsch feste die Türen zu.
Wilhelm Busch
Ballade des äußeren Lebens
Und Kinder wachsen auf mit tiefen Augen,
Die von nichts wissen, wachsen auf und sterben,
Und alle Menschen gehen ihre Wege.
Und süße Früchte werden aus den herben
Und fallen nachts wie tote Vögel nieder
Und liegen wenig Tage und verderben.
Und immer weht der Wind, und immer wieder
Vernehmen wir und reden viele Worte
Und spüren Lust und Müdigkeit der Glieder.
Und Straßen laufen durch das Gras, und Orte
Sind da und dort, voll Fackeln, Bäumen, Teichen,
Und drohende, und totenhaft verdorrte . . .
Wozu sind diese aufgebaut? und gleichen
Einander nie? und sind unzählig viele?
Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen?
Was frommt das alles uns und diese Spiele,
Die wir doch groß und ewig einsam sind
Und wandernd nimmer suchen irgend Ziele?
Was frommt's, dergleichen viel gesehen haben?
Und dennoch sagt der viel, der "Abend" sagt,
Ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt
Wie schwerer Honig aus den hohlen Waben.
Hugo von Hofmannsthal
Und viele Geschlechter
Reihen sich dauernd
An ihres Daseins
Unendliche Kette.
Wie oft habe ich schon darüber nachgedacht, dass ich ein Glied einer langen Ahnenkette bin und wie viele Gene ich von denen mitbekommen habe. Daraus schließe ich dass ich ein "Produkt" von vielen Menschen bin, die lange vor mir gelebt haben. Was könnten die mir alles erzählen! 😁
LG Sirona
Reihen sich dauernd
An ihres Daseins
Unendliche Kette.
Wie oft habe ich schon darüber nachgedacht, dass ich ein Glied einer langen Ahnenkette bin und wie viele Gene ich von denen mitbekommen habe. Daraus schließe ich dass ich ein "Produkt" von vielen Menschen bin, die lange vor mir gelebt haben. Was könnten die mir alles erzählen! 😁
LG Sirona
Ja, liebe @Sirona, das sind wir, ein Glied in einer langen Kette von Ahnen. Ich habe auch schon gedacht, ach, wenn man doch mal mit ihnen sprechen könnte und sich vielleicht in dem einen oder anderen wiedererkennen würde. Ich habe noch nicht einmal die Großeltern väterlicherseits kennenlernen dürfen, weil sie schon vor meiner Zeit verstorben sind. Manchmal aber reißt diese Kette auch ab, wenn es keine Nachkommen gibt.
Schönen Sonntag und herzlichen Gruß
Roxanna
Schönen Sonntag und herzlichen Gruß
Roxanna
O grüner Baum des Lebens
O grüner Baum des Lebens,
In meiner Brust versteckt,
Lass mich nicht flehn vergebens!
Ich habe dich entdeckt.
O zeige mir die Wege
Durch diesen tiefen Schnee,
Wenn ich den Fuß bewege,
So gleit ich von der Höh.
Ich bliebe dir gern eigen,
Ich gab mich selber auf,
- Willst du den Weg mir zeigen,
Soll enden hier mein Lauf?
Mein Denken ist verschwunden,
Es schlief das Haupt mir ein,
Es ist mein Herz entbunden
Von der Erkenntnis Schein.
Ich werd in Strahlen schwimmen,
Aus dieses Leibes Nacht,
Wohin kein Mensch kann klimmen,
Mit des Gedankens Macht.
Es ward mein Sinn erheitert,
Die Welt mir aufgetan,
Der Geist in Gott erweitert,
Unendlich ist die Bahn!
Johann Wolfgang von Goethe