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Eine Frage
Da stehn die Werkmeister – Mann für Mann.
Der Direktor spricht und sieht sie an:
” Was heißt hier Gewerkschaft!
Was heißt hier Beschwerden!
Es muß viel mehr gearbeitet werden!
Produktionssteigerung! Daß die Räder sich drehn!”
Eine einzige kleine Frage:
Für wen?
Ihr sagt: Die Maschinen müssen laufen.
Wer soll sich eure Ware denn kaufen?
Eure Angestellten? Denen habt ihr bis jetzt
das Gehalt wo ihr konntet heruntergesetzt.
Und die Waren sind im Süden und Norden
deshalb auch nicht billiger geworden
Und immer sollen die Räder sich drehn…
Für wen?
Für wen die Plakate und die Reklamen?
Für wen die Autos und Bilderrahmen?
Für wen die Krawatten? Die gläsernen Schalen?
Eure Arbeiter können das nicht bezahlen.
Etwa die der andern? Für solche Fälle
habt ihr doch eure Trusts und Kartelle!
Ihr sagt: Die Wirtschaft müsse bestehn.
Eine schöne Wirtschaft!
Für wen? Für wen?
Das laufende Band das sich weiterschiebt
liefert Waren für Kunden die es nicht gibt.
Ihr habt durch Entlassung und Lohnabzug sacht
eure eigene Kundschaft kaputt gemacht.
Denn Deutschland besteht – Millionäre sind selten –
aus Arbeitern und Angestellten!
Und eure Bilanz zeigt mit einem Male
einen Saldo mortale.
Während Millionen stempeln gehn.
Die wissen für wen.
(Unter dem Pseudonym Theobald Tiger im Jahr 1931)
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Nachts (Th. Storm)
Wie sanft die Nacht dich zwingt zur Ruh,
stiller werden des Herzens Schläge;
die lieben Augen fallen dir zu,
heimlich nur ist die Sehnsucht rege.
Halbe Worte von süßem Bedeuten
träumerisch über die Lippen gleiten.
Nachts (Th. Storm)
Wie sanft die Nacht dich zwingt zur Ruh,
stiller werden des Herzens Schläge;
die lieben Augen fallen dir zu,
heimlich nur ist die Sehnsucht rege.
Halbe Worte von süßem Bedeuten
träumerisch über die Lippen gleiten.
O Lieb, solang du lieben kannst!
O lieb, solang du lieben kannst!
O lieb, solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
Wo du an Gräbern stehst und klagst!
Und sorge, daß dein Herze glüht
Und Liebe hegt und Liebe trägt,
Solang ihm noch ein ander Herz
In Liebe warm entgegenschlägt!
Und wer dir seine Brust erschließt,
O tu ihm, was du kannst, zulieb!
Und mach ihm jede Stunde froh,
Und mach ihm keine Stunde trüb!
Und hüte deine Zunge wohl,
Bald ist ein böses Wort gesagt!
O Gott, es war nicht bös gemeint, -
Der andre aber geht und klagt.
O lieb, solang du lieben kannst!
O lieb, solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
Wo du an Gräbern stehst und klagst!
Dann kniest du nieder an der Gruft
Und birgst die Augen, trüb und naß,
- Sie sehn den andern nimmermehr -
Ins lange, feuchte Kirchhofsgras.
Und sprichst: O schau auf mich herab,
Der hier an deinem Grabe weint!
Vergib, daß ich gekränkt dich hab!
O Gott, es war nicht bös gemeint!
Er aber sieht und hört dich nicht,
Kommt nicht, daß du ihn froh umfängst;
Der Mund, der oft dich küßte, spricht
Nie wieder: Ich vergab dir längst!
Er tat’s, vergab dir lange schon,
Doch manche heiße Träne fiel
Um dich und um dein herbes Wort -
Doch still - er ruht, er ist am Ziel!
O lieb, solang du lieben kannst!
O lieb, solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
Wo du an Gräbern stehst und klagst!
Ferdinand Freiligrath
Liebe Sirona,
manche Gedichte von Kurt Tucholsky bleiben immer aktuell, nicht wahr ?
Mit Dank und Gruß
C.S.
... vom Kornfeld - dem eigenen - auf den Küchentisch ... (Foto: ASt-Reyntjes)
Homunculus
Wenn es Frühling wird
Da ist der Himmel unmerklich
tiefer,
farbiger,
ja, sichtbarer geworden
- er ist kein bleierner Deckel mehr,
sondern eine blaue Unendlichkeit,
durch welche Frühlingsgewölke segeln.
Und abends ist er dunkelblau.
Auch die Bäume sind jetzt am schönsten:
Sie sind nicht mehr schwarze Federzeichnungen,
nicht mehr winterlich -
uind noch nicht verborgen hinter Laubmassen
wie im Sommer,
sondern die Blätter:
einzelne grüne Flämmchen,
sie bezeichnen einen kostbaren Raum,
wo innen das Astwerk,
dieser Charakter des Baumes,
ob wildgedrängt,
ob anmutig-harmonisch das Ganze trägt.
Präge dir die schönen Astgestalten ein,
denn bald kommt der Sommer und
manchmal mit dem roten Mond,
überwölkt das alles mit seinem Grün.
So sind auch die Menschen als Kinder viel eigenartiger;
doch dann wachsen sie auf und bleiben verborgen unterm gleichartigen Alltagslaub.
und
der Kämpfe und des Fressens in der Natur,
während anderseits die Liebe doch wieder den Hunger vergessen macht:
manche Tiere leben jetzt eine Zeitlang
wirklich nur von Luft und Liebe.
Die neugeborenen oder ausgebrüteten Tierchen
sind noch dumm und schmecken delikat
wie alles Zarte, Junge: Raben, Krähen, Eichelhäher –
und Fuchs und Dachs
und zuletzt der Wolf
haben jetzt ihre Feinschmeckerzeit,
während die streunenden Hauskatzen die jungen Amseln bloß krallen -
totbeißen
und dann im Blute liegenlassen.
Oh, es ist Zeit
des Frühjahrs.
Och, der Pasternak
ist mir zu lang-
weilig.
Anton Stephan Reyntjes
Mit Genehmigung von Seelenfarben.de
Breite und Tiefe - Fr. Schiller 1797
Es glänzen viele in der Welt,
sie wissen von allem zu sagen,
und wo was reizet und wo was gefällt,
man kann es bei ihnen erfragen,
man dächte, hört man sie reden laut,
sie hätten wirklich erobert die Braut.
Doch gehn sie aus der Wel't ganz still,
ihr Leben war verloren,
wer etwas Treffliches leisten will,
hätt gern was Großes geboren,
der sammle still und unerschlafft
im kleinsten Punkte die höchste Kraft.
Der Stamm erhebt sich in die Luft
mit üppig prangenden Zweigen,
die Blätter glänzen und hauchen Duft,
doch können sie Früchte nicht zeugen,
der Kern allein im schmalen Raum
verbirgt den Stolz des Waldes, den Baum.
Breite und Tiefe - Fr. Schiller 1797
Es glänzen viele in der Welt,
sie wissen von allem zu sagen,
und wo was reizet und wo was gefällt,
man kann es bei ihnen erfragen,
man dächte, hört man sie reden laut,
sie hätten wirklich erobert die Braut.
Doch gehn sie aus der Wel't ganz still,
ihr Leben war verloren,
wer etwas Treffliches leisten will,
hätt gern was Großes geboren,
der sammle still und unerschlafft
im kleinsten Punkte die höchste Kraft.
Der Stamm erhebt sich in die Luft
mit üppig prangenden Zweigen,
die Blätter glänzen und hauchen Duft,
doch können sie Früchte nicht zeugen,
der Kern allein im schmalen Raum
verbirgt den Stolz des Waldes, den Baum.
Liebe Sirona,Genau, es wiederholt sich alles bzw. der Mensch ändert sich nicht.
manche Gedichte von Kurt Tucholsky bleiben immer aktuell, nicht wahr ?
Mit Dank und Gruß
C.S.
Ich fand dieses Gedicht auch unglaublich passend zur heutigen Situation in unserer Gesellschaft.
LG Sirona
Hallo Longtime,
was für ein herrlicher Strauß! Ich weiß gar nicht mehr wann ich zuletzt Kornblumen gesehen habe. Durch die Monokultur sind sie - wie auch der Mohn - von den Feldern verschwunden.
Aber inzwischen gibt es bei einigen Bauern ein Umdenken, indem sie am Rand der Felder Oasen und Wildblumenwiesen (Streifen) für Vögel und Insekten zur Verfügung stellen. Das gibt doch Hoffnung.
Danke für Deinen Beitrag!
LG Sirona
was für ein herrlicher Strauß! Ich weiß gar nicht mehr wann ich zuletzt Kornblumen gesehen habe. Durch die Monokultur sind sie - wie auch der Mohn - von den Feldern verschwunden.
Aber inzwischen gibt es bei einigen Bauern ein Umdenken, indem sie am Rand der Felder Oasen und Wildblumenwiesen (Streifen) für Vögel und Insekten zur Verfügung stellen. Das gibt doch Hoffnung.
Danke für Deinen Beitrag!
LG Sirona
Theodor Storm
Ich habe eine hervorragende Dokumentation über das Leben von Th. Storm gefunden, die ich Euch nicht vorenthalten möchte. Diese ist bestimmt eine gute Alternative für das ansonsten meist seichte TV-Programm.
Meeresstrand
Ans Haff nun fliegt die Möwe
und Dämm’rung bricht herein;
über die feuchten Watten
spiegelt der Abendschein.
Graues Geflügel huschet
neben dem Wasser her;
wie Träume liegen die Inseln
im Nebel auf dem Meer.
Ich höre des gärenden Schlammes
geheimnisvollen Ton,
einsames Vogelrufen – -
So war es immer schon.
Noch einmal schauert leise
und schweiget dann der Wind;
vernehmlich werden die Stimmen,
die über der Tiefe sind.
Kalle, der Koalabär
Auf einem Eukalyptusbaum
schläft Kalle, der Koala.
In seinem schönsten Bärentraum
ist er ein großer Maler.
In allen Farben, die es gibt
bepinselt er ganz munter
all das, was er hier draußen liebt.
Der Wald wird immer bunter.
Die Bäume, Blätter, selbst das Gras
färbt er rot, gelb und bläulich.
Nur rosa macht ihm keinen Spaß,
das findet er abscheulich.
Sogar die Sterne kommen dran,
ein jeder etwas anders.
Er malt sie mit viel Freude an.
Das glaubt ihr nicht? Er kann das!
Selbst Bruder Mond wird angemalt
in grün mit weißen Streifen,
und Schwester Sonne? Sie erstrahlt
in blau mit roten Schleifen.
Klein Kalle malt rund um die Uhr,
er ist total begeistert.
Mit Eifer färbt er die Natur,
ganz stolz, weil er das meistert.
Doch plötzlich wird der Kalle wach,
sein Traum ist hier zu Ende.
Vom Schlaf noch immer etwas schwach
schaut er auf seine Hände.
Wo ist sein schöner Pinsel nur
und wo die Farbpalette?
Von bunten Bäumen keine Spur,
so wie er es gern hätte.
Da naht ein Bienchen mit Gebrumm
und landet auf den Blättern.
Es sagt: „Sieh dich doch einmal um,
du musst nur höher klettern“.
Wenn man sich leicht nach vorne beugt,
sieht man die vielen Farben.
Schau selbst! Hab ich dich überzeugt
wie bunt wir es hier haben?"
!Oh ja, das hätt ich nicht gedacht"
staunt Kalle, der Koala.
Doch bleibt er trotzdem Nacht für Nacht
im Traum der größte Maler.
© Lizzy Tewordt
(Eintrag mit Genehmigung des Verfassers)