Literatur Schöne Lyrik

Allegra
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Allegra
als Antwort auf Sirona vom 10.03.2019, 09:25:27

Dieses trostlose Gedicht erinnert mich an das
„Gasthaus zum blutigen Knochen“, das einsam
 und verkommen im Moor (Krs. Gifhorn) stand
und allgemein so genannt wurde.
Mein Mann stieß darauf bei Landvermessungen
in den 70er Jahren.

Allegra
 
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf longtime vom 11.03.2019, 10:47:07

Großartig, Longtime. Schönsten Dank für die Anmerkungen!
"Oxhoft" - an dem Wort bin ich auch hängengeblieben und wusste nicht, was es bedeutet.
Und dabei fällt mir ein: Fontane spricht oft bei seinen Landschaftsschilderungen von "Mummeln".
Du weißt nicht zufällig, was das ist? Ich tippe auf etwas Pflanzliches, hab es aber noch nirgends gefunden.

Herzliche Grüße, Rani

*

Allegra
Allegra
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Allegra
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 11.03.2019, 19:56:42
...
Und dabei fällt mir ein: Fontane spricht oft bei seinen Landschaftsschilderungen von "Mummeln".
Du weißt nicht zufällig, was das ist? Ich tippe auf etwas Pflanzliches, hab es aber noch nirgends gefunden.

Herzliche Grüße, Rani

*
Gemeint ist wahrscheinlich die gelbe Teichrose oder Mummel (Nuphar Lutea).

Allegra

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Roxanna
Roxanna
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Roxanna
DSC00226.jpg


Die sonnige Kinderstraße

Meine frühe Kindheit hat
Auf sonniger Straße getollt;
Hat nur ein Steinchen, ein Blatt
Zum Glücklichsein gewollt.
Jahre verschwelgten. Ich suche matt
Jene sonnige Straße heut,
Wieder zu lernen, wie man am Blatt,
Wie man am Steinchen sich freut.
 
Joachim Ringelnatz

 
longtime
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Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von longtime
als Antwort auf Allegra vom 11.03.2019, 23:22:28
Hallo Silberweide - hallo Allegra:

Bei Fontane - aber auch bei Mörike traf ich die  bessagten "Mummeln":

Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg - Kapitel 240
Uetz
Die Sonne, die eben noch wie ein Glutball über dem Windmühlenberge gestanden hatte, sank jetzt tiefer und ließ die Wandfläche der Mühle wie einen dunklen Schatten erscheinen, den ein rotgoldener Schimmer nach allen Seiten hin umgab. Und dieser Schimmer, sich Bahn brechend durch die Baumwelt des Vordergrunds, fiel jetzt auch auf die breite Fläche der Wublitz, und wo ein SchTwan durch diesen glühenden Streifen hindurchfuhr, da überzog es sein Gefieder wie flüchtige Röte, die der nächste Augenblick wieder von ihm streifte. Wohl mochten hier die Mummeln blühen, als wäre die Wublitz ein Blumenbeet, denn es war ein Bild wie hergeliehen aus einem Feengarten.
*
Zu : Mörikes Die Geister am Mummelsee:
Der Name des Mummelsees geht nach Angaben der Gemeinde Seebach zurück auf die weißen Seerosen (Nymphaea alba), im Volksmund Mummeln genannt, die dort früher zahlreich vorkamen[4] (Allerdings wird auch die Gelbe Teichrose (Nuphar lutea) als Mummel bezeichnet). Die Sage von den als Mümmlein bezeichneten Seejungfrauen (Nixen) spielt bei der Herleitung des Gewässernamens möglicherweise auch eine Rolle[5] (Die Weiße Seerose wird auch als Nixblume bezeichnet).[6]
https://de.wikipedia.org/wiki/Mummelsee#Der_Mummelsee_in_der_Literatur

Grüße:
longtime!

 
Allegra
Allegra
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Allegra
als Antwort auf longtime vom 12.03.2019, 13:33:38

Hallo longtime,
dass die weiße Seerose auch zu den Mummeln gehört, wusste ich nicht, fand es aber bestätigt.
Mummeln - sowohl dieser Begriff als auch deren Anblick - hatten für mich schon immer etwas Märchenhaftes. Hier im Aller-Urstromtal kommen sie (die gelben)  häufig vor.

Gruß von Allegra

Zum Lied: Die Geister im Mummelsee:
Ein Freund unserer Familie (Musikprofessor)  machte viele Jahre lang
Urlaub am Mummelsee.
 


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Roxanna
Roxanna
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Roxanna
DSC00103.JPG


Frühlingsdämmerung


In der stillen Pracht,
In allen frischen Büschen und Bäumen
Flüsterts wie Träumen
Die ganze Nacht.
Denn über den mondbeglänzten Ländern
Mit langen weißen Gewändern
Ziehen die schlanken
Wolkenfraun wie geheime Gedanken,
Senden von den Felsenwänden
Hinab die behenden
Frühlingsgesellen, die hellen Waldquellen,
Die's unten bestellen
An die duftgen Tiefen,
Die gerne noch schliefen.
Nun wiegen und neigen in ahnendem Schweigen
Sich alle so eigen
Mit Ähren und Zweigen,
Erzählens den Winden,
Die durch die blühenden Linden
Vorüber den grasenden Rehen
Säuselnd über die Seen gehen,
Daß die Nixen verschlafen auftauchen
Und fragen,
Was sie so lieblich hauchen –
Wer mag es wohl sagen?


Joseph Freiherr von Eichendorff
Roxanna
Roxanna
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Roxanna


Roxanna
Sirona
Sirona
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
2013-08 - KÄRNTEN - iPHONE - 088.JPG
Proömion  - J. W. Goethe

Im Namen dessen, der Sich selbst erschuf
von Ewigkeit in schaffendem Beruf;
in Seinem Namen, der den Glauben schafft,
Vertrauen, Liebe, Tätigkeit und Kraft;
in Jenes Namen, der, so oft genannt,
dem Wesen nach blieb immer unbekannt:
 
So weit das Ohr, so weit das Auge reicht,
du findest nur Bekanntes, das Ihm gleicht,
und deines Geistes höchster Feuerflug
hat schon am Gleichnis, hat am Bild genug;
es zieht dich an, es reißt dich heiter fort,
und wo du wandelst, schmückt sich Weg und Ort;
du zählst nicht mehr, berechnest keine Zeit,
und jeder Schritt ist Unermeßlichkeit.
 
Was wär ein Gott, der nur von außen stieße,
im Kreis das All am Finger laufen ließe!
Ihm ziemt's, die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen,
so daß, was in Ihm lebt und webt und ist,
nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermißt.
 
Im Innern ist ein Universum auch;
daher der Völker löblicher Gebrauch,
daß jeglicher das Beste, was er kennt,
er Gott, ja seinen Gott benennt,
Ihm Himmel und Erden übergibt,
Ihn fürchtet und wo möglich liebt.


 
longtime
longtime
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von longtime
als Antwort auf Milan vom 10.08.2016, 15:52:44
Ferdiand von Schirach druckte in seinem Kaffee und ZIgaretten (2019, S. 47) ein Gedicht ab - von Ringelnatz:

Joachim Ringelnatz:
An Gabriele B.

den Titel verschwieg von Schirach aber leider.
Schenk mir dein Herz für vierzehn Tage,
Du weit ausschreitendes Giraffenkind,
Auf dass ich ehrlich und wie in den Wind
Dir Gutes und Verliebtes sage.

Als ich dich sah, du lange Gabriele,
Hat mich ein Loch in deinem Strumpf gerührt,
Und ohne dass du's weisst, hat meine Seele
Durch dieses Loch sich bei dir eingeführt.

Verjag sie nicht und sage: "Ja!"
Es war so schön, als ich dich sah.

 

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