Literatur Schöne Lyrik
@ Roxanna, Hermann Hesse ist einer meiner Lieblingsdichter, denn seine Gedichte empfinde ich als sehr tiefsinnig und nicht nur an der Oberfläche kratzend. Danke für das Einstellen der "Stufen" von ihm.
Ich geselle da gleich noch ein Gedicht von ihm dazu:
LG - Naturella
Rosen, ihr blendenden
Rosen, ihr blendenden,
Balsam verschwendenden,
Flatternde, schwebende,
Heimlich belebende
Zweiglein, beflügelnde
Knospen, entsiegelte
eilet zu blühen.
Johann Wolfgang von Goethe
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Oh, hier gefällt es mir. Wie schön, dass ich Euch entdeckt habe
LG - Inge
@Inge_MA
Wie liegt die Welt ...
Wie liegt die Welt so frisch und tauig
vor mir im Morgensonnenschein.
Entzückt vom hohen Hügel schau ich
ins grüne Tal hinein.
Mit allen Kreaturen bin ich
in schönster Seelenharmonie.
Wir sind verwandt, ich fühl es innig,
und eben darum lieb ich sie.
Und wird auch mal der Himmel grauer;
wer voll Vertrau'n die Welt besieht,
den freut es, wenn ein Regenschauer
mit Sturm und Blitz vorüberzieht.
Wilhelm Busch
Wie liegt die Welt so frisch und tauig
vor mir im Morgensonnenschein.
Entzückt vom hohen Hügel schau ich
ins grüne Tal hinein.
Mit allen Kreaturen bin ich
in schönster Seelenharmonie.
Wir sind verwandt, ich fühl es innig,
und eben darum lieb ich sie.
Und wird auch mal der Himmel grauer;
wer voll Vertrau'n die Welt besieht,
den freut es, wenn ein Regenschauer
mit Sturm und Blitz vorüberzieht.
Wilhelm Busch
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Gebet
Ich sprach von Dir als von dem sehr Verwandten,
zu dem mein Leben hundert Wege weiß,
ich nannte Dich: den alle Kinder kannten,
den alle Saiten überspannten,
für den ich dunkel bin und leis.
Ich nannte Dich den Nächsten meiner Nächte
und meiner Abende Verschwiegenheit, -
und Du bist der, den keiner sich erdächte,
wärst Du nicht ausgedacht seit Ewigkeit.
Und Du bist der, in dem ich nicht geirrt,
den ich betrat wie ein gewohntes Haus.
Jetzt geht Dein Wachsen über mich hinaus:
Du bist der Werdende, der wird.
Rainer Maria Rilke
Clematis
RE: Schöne Lyrik
Ein schönes Wochenende möchte ich euch mit diesem Gedicht von Hermann Hesse wünschen.
Es gibt so Schönes
LG - Naturella
Frühmorgens, wenn die Hähne krähn,
eh' noch der Wachtel Ruf erschallt,
eh' wärmer all' die Lüfte wehn,
vom Jagdhornruf das Echo hallt:
Dann gehet leise
nach seiner Weise
der liebe Herrgott durch den Wald.
Die Quelle, die ihn kommen hört,
hält ihr Gemurmel auf sogleich,
auf daß sie nicht die Andacht stört
so Groß und Klein im Waldbereich.
Die Bäume denken,
nun laßt uns senken
vorm lieben Herrgott das Gesträuch.
Die Blümlein, wenn sie aufgewacht,
sie ahnen auch den Herrn alsbald,
und schütteln rasch den Schlaf der Nacht
sich aus den Augen mit Gewalt.
Sie flüstern leise
ringsum im Kreise:
Der liebe Gott geht durch den Wald.
Text: Leberecht Blücher Drewes (1816-1870)
Melodie: Franz Wilhelm Abt 1873 - (1819-1885), "Waldandacht", op. 211 no. 3
Liebe Naturella,
Ein schönes Wochenende möchte ich euch mit diesem Gedicht von Hermann Hesse wünschen.
Es gibt so Schönes
LG - Naturella
ein wunderbares Gedicht hast Du eingestellt, ich mag Hesse auch sehr.
Wenn es auch heutzutage in der Welt drauf und drunter zugeht, gibt es dennoch so viel Schönes zu sehen und zu erleben, man muss nur genau hinschauen und stille werden.
Danke herzlich!
Sirona
Die Sternseherin Lise - Matthias Claudius
Ich sehe oft um Mitternacht,
wenn ich mein Werk getan
und niemand mehr im Hause wacht,
die Stern' am Himmel an.
Sie gehn da, hin und her zerstreut
als Lämmer auf der Flur;
in Rudeln auch, und aufgereiht
wie Perlen an der Schnur.
Und funkeln alle weit und breit
und funkeln rein und schön;
ich seh’ die große Herrlichkeit
und kann mich satt nicht sehn.
Dann saget unterm Himmelszelt
mein Herz mir in der Brust:
"Es gibt was Bessers in der Welt
als all ihr Schmerz und Lust.“
Ich werf mich auf mein Lager hin,
und liege lange wach,
und suche es in meinem Sinn:
und sehne mich darnach.
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Blaue Hortensie
So wie das letzte Grün in Farbentiegeln
sind diese Blätter, trocken, stumpf und rauh,
hinter den Blütendolden, die ein Blau
nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln.
Sie spiegeln es verweint und ungenau,
als wollten sie es wiederum verlieren,
und wie in alten blauen Briefpapieren
ist Gelb in ihnen, Violett und Grau;
Verwaschnes wie an einer Kinderschürze,
Nichtmehrgetragnes, dem nichts mehr geschieht:
wie fühlt man eines kleines Lebens Kürze.
Doch plötzlich scheint das Blau sich zu verneuen
in einer von den Dolden, und man sieht
ein rührend Blaues sich vor Grünem freuen.
Rainer Maria Rilke
4. 12. 1875-29. 12. 1926
Dank an Maite für das wunderschöne Foto!
Clematis