Literatur Schöne Lyrik
Als ich im Gärtlein war,
nahm ich der Blümlein wahr,
brach mir ein Röselein,
das sollt' mein eigen sein.
Das Röslein glänzt so fein
wie Gold und Edelstein,
war so fein übergüldt,
dass es mein Herz erfüllt'.
Ich nahm das Röslein fein,
schloss es ins Kämmerlein,
stellt' es an einen Ort,
da es ja nicht verdorrt...
Clemens Brentano
1778-1842
Clematis
Der Herr Professor Seltsam, ein sehr gescheiter Mann
Der Herr Professor Seltsam,
ein sehr gescheiter Mann,
hält einen Vortrag übers Herz,
und wie man es nennen kann.
Der Ausdruck - Herz - ist ganz verkehrt,
so spricht er weisheitsvoll.
Es ist 'ne Pumpe und ich mein,
dass man es so nennen soll.
Das Herz pumpt wie ne Pumpe,
das Blut im Kreise rennt,
und deshalb will die Wissenschaft,
dass man es Pumpe nennt.
Ein junger Student spricht
mit grinsendem Gesicht,
aber Herr Professor, ich bitte Sie,
das geht doch wirklich nicht.
Herr Professor Seltsam, sehen Sie,
wie ulkig klingt das doch,
ihm fiel die Pumpe in die Hose,
ihm schlägt die Pumpe hoch .
Wenn ein Student ist mal verliebt,
fühlt er ein heißes Weh.
Soll er dann sagen: Schatzilein,
mir tut die Pumpe weh?
Oh komm an mein Pümpchen,
Du süsse Pumpenmaid,
hörst Du, wie meine Pumpe
nach Deiner Pumpe schreit!
Ich lege meine Pumpe
zu Deinen Füssen hin,
gib Deine Pumpe
mir dafür, damit ich glücklich bin.
Ach Pumperl, liebes
Pumperl, warum so traurig, sag?
Das ist doch wahre Liebe:
Zwei Pumpen und ein Schlag.
Als der Student zu Ende ist,
das Auditorium lacht.
Der Herr Professor ist verwirrt,
das hätt er selbst nicht gedacht.
Professor Seltsam er fasst sich, spricht -
Sie frecher Lümmel, setzen Sie sich!
Das soll mir ja nicht mehr passieren,
den Unterricht zu sabotieren.
Doch seh’ ich schon,
Sie treiben mit mir Scherz!
Na - kehren wir halt zurück
zu unserem alten Ausdruck Herz!
(Verfasser unbekannt)
Der Kranke – A. von Chamisso
(Nach Millevoye)
Sei mir gegrüßt, o mein geliebter Wald!
Du Schauplatz meiner Kindheit froher Spiele,
zum letzten Mal gegrüßt! ich scheide bald –
so jung annoch, und schon am letzten Ziele!
Dein Laub wird gelb und gelber, fällt schon ab,
ich seh' es wohl und fühle mich gebrochen;
und blicke trauernd in mein frühes Grab.
Im Sommer hat der Arzt zu mir gesprochen:
Es prangt der Wald im grünen Schmuck noch heut',
du siehst ihn bald noch einmal sich entfärben,
und wann der Herbst sein falbes Laub verstreut,
so wirst du, Früh-Verwelkter, selber sterben.
Es ist ein Gestern worden, unerhört!
Das Heut', wo du im grünen Schmuck gepranget;
Herbst ist's, es fällt dein Laub, wie sich's gehört,
und mahnt mich, dass der Tod nach mir verlanget.
O falle, Laub! ich kenne ja mein Los,
zu sterben, ohne noch gelebt zu haben;
sie werden klanglos bald und namenlos
am Fuße dieser Eiche mich vergraben.
O falle, Laub! dem Aug' entziehe du
der Mutter, die mit Schmerzen mich geboren,
die schmerzlich stille Stätte meiner Ruh'!
Sie hat die Hoffnung, unerfüllt, verloren.
Wenn aber Eine kommt, die ich gemeint,
und sucht den kleinen Platz in Waldesräumen,
und auf den Hügel sie sich wirft und weint,
o rausche, Laub! ich werde von ihr träumen.
Er lieget nun am Fuß der Eiche dort,
nicht aber ist, die er gemeint, gekommen;
es überdecken Laub und Schnee den Ort,
und weit umher wird nur das Wild vernommen.
Das erinnert mich ein wenig an das Morgenstern-Gedicht
Das Wörtlein
Kürzlich kam ein Wort zu mir,
staubig wie ein Wedel,
wirr das Haar, das Auge stier,
doch von Bildung edel.
Als ich, wie es hieße, frug,
sprach es leise: 'Herzlich'.
Und aus seinem Munde schlug
eine Lache schmerzlich.
Wertlos ward ich ganz und gar,
rief's, ein Spiel der Spiele,
Modewort mit Haut und Haar,
Kaviar für zu viele.
Doch ich wusch's und bot ihm Wein,
gab ihm wieder Würde,
und belud ein Brieflein fein
mit der leichten Bürde.
Schlafend hat's die ganze Nacht
weit weg reisen müssen.
Als es morgens aufgewacht,
kam ein Mund - es küssen.
Ich freu mich, liebe Roxanna, über das Gedicht von Mascha Kaleko via Video! Danke!
Alle, die ihre Hände regen
nicht in der Zeit, der armen Stadt,
alle, die sie an Leises legen,
an eine Stelle, fern den Wegen,
die kaum noch einen Namen hat
sprechen dich aus, du Alltagssegen,
und sagen sanft auf einem Blatt:
Es gibt im Grunde nur Gebete,
so sind die Hände uns geweiht,
dass sie nichts schufen, was nicht flehte;
ob einer malte oder mähte,
schon aus dem Ringen der Geräte
entfaltete sich Frömmigkeit.
Die Zeit ist eine vielgestalte.
Wir hören manchmal von der Zeit,
und tun das Ewige und Alte;
wir wissen, dass uns Gott umwallte
groß wie ein Bart und wie ein Kleid.
Wir sind wie Adern im Basalte
in Gottes harter Herrlichkeit.
Rainer Maria Rilke
Clematis
Rilke, liebe @Clematis berührt einfach immer wieder.
Und einmal steht das Herz am Wege still
Und einmal steht das Herz am Wege still
Häuser und Mauern, welche die Menschen überdauern,
Bäume und Hecken, die sich über viele Menschenalter strecken,
Dunkel und Sternenheer, in unendlich geduldiger Wiederkehr,
Kamen mir auf den Hügelwegen in der Sommernacht entgegen.
Nach der Farbe von meinen Haaren, bin ich noch der wie vor Jahren,
Nach meiner Sprache Klang und an meinem Gang
Kennen mich die Gelände und im Hohlweg die Felsenwände.
Viele Wünsche sind vergangen, die wie Sterne unerreichbar hangen,
Und einmal steht das Herz am Wege still,
Weil es endlich nichts mehr wünschen will.
Max Dauthendey
Ein Herz, das in Liebe
zu deinem Herzen hält
Ein Stückchen sinkender Mond
Schaut über den Ackerrand,
Als vergräbt den Mond
Eine unsichtbare Hand.
Weit ins Land
Hängt Stern bei Stern in der Luft,
Und sie alle sinken bald
Wie der Mond in die Ackergruft.
Wo am Tage die Wege,
Berge und Brücken winken,
Hocken Laternen im Dunkel,
Die wie kleine Spiegel blinken.
Sie alle verlöschen
Und brennen nur ihre Zeit,
Dunkelheit aber steht hinter den Dingen
Und läßt nichts erkennen,
Als ein dunkles Kommen,
Vorüberrennen und Dingebenennen.
Und kein Tag
Und kein Licht kann frommen;
Nie wird die Dunkelheit
Der Welt ganz fortgenommen.
Nur ein Herz,
Das in Liebe zu deinem Herzen hält,
Nimmt von dir
Die Dunkelheit der ganzen Welt.
Einen schönen Sonntag wünsche ich
Roxanna
Roxanna