Literatur Neuwörter 11: BILDungs-Fake
Zwei BILDungs-Briefe eines begabten Schwätzers in der BILD:
Vor einigen Tagen las ich dort diese Hymne, die spiegelt, dass Walsers Goethe-Roman von der Springer-Presse positiv aufgenommen wurde:
Lieber Martin Walser,
Gott segne Sie für Ihren neuen Roman „Ein liebender Mann“. Es ist das schönste und wahrste Buch über die Liebe. Ihr Held ist ein 73-jähriger Mann, der sich in eine 19-Jährige verliebt. Für die meisten Menschen ist so ein Altersunterschied – 54 Jahre – abstoßend, widernatürlich. Ein Greis hat sich mit seiner Prostata, Därmen, Herzkranzgefäßen, Venen zu beschäftigen – und jetzt kommen Sie, Martin Walser, mit der Liebe. „Solange man lebt, verliebt man sich“, schreiben Sie. An einer anderen Stelle Ihres Romans sagen Sie: „Die Seele ist ein Organ.“
Es tut mir leid, aber ich glaube Ihnen kein Wort. Mit 73 eroberst du kein 19-jähriges Mädchen mehr. Ich bin ein paar Jahre über 60, kein Mädchen dreht sich nach mir um. Es ist, als wäre ich gar nicht da. In der heutigen Welt ist ein 60-Jähriger, 70-Jähriger nicht mehr da. Gefühlsmäßig, sexuell, zärtlich, menschlich. Ihr Buch, Martin Walser, beschreibt das Problem grausam ehrlich. „Solange man lebt, verliebt man sich“.
Was für eine schöne Aussage – und was für eine schöne Hoffnung. Wir lieben bis wir sterben. Wir lieben mit 75, 80, 90.
Wir lieben, wenn unser Herz still steht. Wenn Nieren, Lungen versagen.
Die Seele, schreiben Sie, ist das stärkste Organ.
Martin Walser, Sie haben einen großartigen Roman geschrieben. Über die Sehnsucht, über das Alter, über die Liebe, über das Leben.
Herzlichst
Ihr F. J. Wagner
http://www1.bild.t-online.de/BILD/news/standards/post-von-wagner/2008/02/27/post-von-wagner,geo=3871066.html
**
Heute fand ich folgenden Brief in BILD, wo Wagner wieder so richtig ausholen durfte, mit Schmarren, Lügen und Bildungsunsinn.
Leider wurde vergesen, seinen ersten Huldingungsbrief zu löschen:
Lieber Martin Walser,
als sie 40 wurden, schrieben Sie in Ihr Tagebuch. „Was ich brauche: Geld, Gesundheit, Ruhe, Frauen, Wechsel, Beliebtheit, Verehrung, etwas Ruhm, etwas mehr Ruhm, allen Ruhm und eine neue Sommerhose.“
In dieser Woche werden Sie 80, und wie es scheint, haben sich Ihre Wünsche erfüllt. Sie haben Geld. Sie sind neben Grass der berühmteste Schriftsteller Deutschlands und Sie sind gesund, täglich schwimmen Sie im Bodensee. Sie sind ein Glückskind, bzw. ein Glücksgreis. Literatur-Reporterinnen kriegen feuchte Augen beim Interview, denn Sie sind auch ein schöner alter Mann.
Wunderbar auch, dass Sie zum 80. Geburtstag Fehler eingestehen: sich mit Ignatz Bubis, dem Vorsitzenden der Juden in Deutschland, nicht versöhnt zu haben. Großartig auch, dass Sie sich mit Reich-Ranicki aussöhnen wollen, den Sie in Ihrem Buch „Tod eines Kritikers“ ermordeten.
Wissen Sie, lieber Martin Walser, das alles interessiert mich nicht. Ich werfe Ihnen Ihre Schreibverweigerung vor. Wo ist Ihr großer Nazi-Roman? Sie haben ihn nie geschrieben. Wo ist der große Roman über das Wirtschaftswunder, wo ist der Roman über den Kalten Krieg? Wo ist der Roman über den Terrorismus?
Ich wünsche Ihnen die Kraft, ein letztes großes Buch zu schreiben und nicht Geschichten für Zahnarztwitwen. Weit und breit gibt es kein Talent dafür – außer Ihrem.
Herzlichst
Ihr F. J. Wagner
http://www.bild.de/BTO/news/standards/post-von-wagner/2007/03/20/wagner.html
*
Von den Briefen kenne ich die Daten nicht.
Schizophrene BILD-Wunder!
--
longtime
Vor einigen Tagen las ich dort diese Hymne, die spiegelt, dass Walsers Goethe-Roman von der Springer-Presse positiv aufgenommen wurde:
Lieber Martin Walser,
Gott segne Sie für Ihren neuen Roman „Ein liebender Mann“. Es ist das schönste und wahrste Buch über die Liebe. Ihr Held ist ein 73-jähriger Mann, der sich in eine 19-Jährige verliebt. Für die meisten Menschen ist so ein Altersunterschied – 54 Jahre – abstoßend, widernatürlich. Ein Greis hat sich mit seiner Prostata, Därmen, Herzkranzgefäßen, Venen zu beschäftigen – und jetzt kommen Sie, Martin Walser, mit der Liebe. „Solange man lebt, verliebt man sich“, schreiben Sie. An einer anderen Stelle Ihres Romans sagen Sie: „Die Seele ist ein Organ.“
Es tut mir leid, aber ich glaube Ihnen kein Wort. Mit 73 eroberst du kein 19-jähriges Mädchen mehr. Ich bin ein paar Jahre über 60, kein Mädchen dreht sich nach mir um. Es ist, als wäre ich gar nicht da. In der heutigen Welt ist ein 60-Jähriger, 70-Jähriger nicht mehr da. Gefühlsmäßig, sexuell, zärtlich, menschlich. Ihr Buch, Martin Walser, beschreibt das Problem grausam ehrlich. „Solange man lebt, verliebt man sich“.
Was für eine schöne Aussage – und was für eine schöne Hoffnung. Wir lieben bis wir sterben. Wir lieben mit 75, 80, 90.
Wir lieben, wenn unser Herz still steht. Wenn Nieren, Lungen versagen.
Die Seele, schreiben Sie, ist das stärkste Organ.
Martin Walser, Sie haben einen großartigen Roman geschrieben. Über die Sehnsucht, über das Alter, über die Liebe, über das Leben.
Herzlichst
Ihr F. J. Wagner
http://www1.bild.t-online.de/BILD/news/standards/post-von-wagner/2008/02/27/post-von-wagner,geo=3871066.html
**
Heute fand ich folgenden Brief in BILD, wo Wagner wieder so richtig ausholen durfte, mit Schmarren, Lügen und Bildungsunsinn.
Leider wurde vergesen, seinen ersten Huldingungsbrief zu löschen:
Lieber Martin Walser,
als sie 40 wurden, schrieben Sie in Ihr Tagebuch. „Was ich brauche: Geld, Gesundheit, Ruhe, Frauen, Wechsel, Beliebtheit, Verehrung, etwas Ruhm, etwas mehr Ruhm, allen Ruhm und eine neue Sommerhose.“
In dieser Woche werden Sie 80, und wie es scheint, haben sich Ihre Wünsche erfüllt. Sie haben Geld. Sie sind neben Grass der berühmteste Schriftsteller Deutschlands und Sie sind gesund, täglich schwimmen Sie im Bodensee. Sie sind ein Glückskind, bzw. ein Glücksgreis. Literatur-Reporterinnen kriegen feuchte Augen beim Interview, denn Sie sind auch ein schöner alter Mann.
Wunderbar auch, dass Sie zum 80. Geburtstag Fehler eingestehen: sich mit Ignatz Bubis, dem Vorsitzenden der Juden in Deutschland, nicht versöhnt zu haben. Großartig auch, dass Sie sich mit Reich-Ranicki aussöhnen wollen, den Sie in Ihrem Buch „Tod eines Kritikers“ ermordeten.
Wissen Sie, lieber Martin Walser, das alles interessiert mich nicht. Ich werfe Ihnen Ihre Schreibverweigerung vor. Wo ist Ihr großer Nazi-Roman? Sie haben ihn nie geschrieben. Wo ist der große Roman über das Wirtschaftswunder, wo ist der Roman über den Kalten Krieg? Wo ist der Roman über den Terrorismus?
Ich wünsche Ihnen die Kraft, ein letztes großes Buch zu schreiben und nicht Geschichten für Zahnarztwitwen. Weit und breit gibt es kein Talent dafür – außer Ihrem.
Herzlichst
Ihr F. J. Wagner
http://www.bild.de/BTO/news/standards/post-von-wagner/2007/03/20/wagner.html
*
Von den Briefen kenne ich die Daten nicht.
Schizophrene BILD-Wunder!
--
longtime