Literatur Neue Folge: Literaturliebhaber denken heute an: ...
Re: Neue Folge: Literaturliebhaber denken heute - am 12.9. an Heinrich Lersch
geschrieben von longtime
„Es lag schon lange ein Toter vor unserem Drahtverhau", ist natürlich da bekannteste Lersch-Gedicht:
Heinrich Lersch:
Es lag schon lange ein Toter vor unserem Drahtverhau.
Die Sonne auf ihn glühte, ihn kühlte Wind und Tau.
Ich sah ihn alle Tage in sein Gesicht hinein
und immer fühlt ich’s fester: es muss mein Bruder sein.
Ich sah in allen Stunden, wie er so vor mir lag,
und hörte seine Stimme aus frohem Friedenstag.
Oft in der Nacht ein Weinen, das aus dem Schlaf mich trieb:
Mein Bruder, lieber Bruder - hast du mich nicht mehr lieb?
Bis ich, trotz aller Kugeln, zur Nacht mich ihm genaht
und ihn geholt - Begraben - : Ein fremder Kamerad.
Es irren meine Augen - mein Herz, du irrst dich nicht:
Es hat ein jeder Toter des Bruders Angesicht.
--
longtime
Heinrich Lersch:
Es lag schon lange ein Toter vor unserem Drahtverhau.
Die Sonne auf ihn glühte, ihn kühlte Wind und Tau.
Ich sah ihn alle Tage in sein Gesicht hinein
und immer fühlt ich’s fester: es muss mein Bruder sein.
Ich sah in allen Stunden, wie er so vor mir lag,
und hörte seine Stimme aus frohem Friedenstag.
Oft in der Nacht ein Weinen, das aus dem Schlaf mich trieb:
Mein Bruder, lieber Bruder - hast du mich nicht mehr lieb?
Bis ich, trotz aller Kugeln, zur Nacht mich ihm genaht
und ihn geholt - Begraben - : Ein fremder Kamerad.
Es irren meine Augen - mein Herz, du irrst dich nicht:
Es hat ein jeder Toter des Bruders Angesicht.
--
longtime
Re: Neue Folge: Literaturliebhaber denken heute - am 13.9. an Marie von Ebner-Eschenbach
geschrieben von longtime
Für den 13. September halte ich die wichtigste Dichterin, an die man erinnern kann:
Marie von Ebner-Eschenbach (13.09.1830 auf Schloss Zdislawitz bei Kremsier in Mähren - 12.03.1916 in Wien):
Hier nur ein Aphorismus aus einer unglaublich klugen Menge psychologisch enormer, sprachlich brillanter Einsichten.
"Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit."
(Aphorismen. Aus: Schriften. Bd. 1, Berlin: Paetel. 1893. S. 84.)
--
longtime
Marie von Ebner-Eschenbach (13.09.1830 auf Schloss Zdislawitz bei Kremsier in Mähren - 12.03.1916 in Wien):
Hier nur ein Aphorismus aus einer unglaublich klugen Menge psychologisch enormer, sprachlich brillanter Einsichten.
"Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit."
(Aphorismen. Aus: Schriften. Bd. 1, Berlin: Paetel. 1893. S. 84.)
--
longtime
Re: Neue Folge: Literaturliebhaber gedenken heuer - im September lyrischer Schönheiten
geschrieben von longtime
Ich stellt hier die Sammlung von September-Gedichte ein, die das "Haus der deutschen Sprache" als Gedichte des Monats September 2008 präsentierte.
Wilhelm Busch:
Pfannkuchen und Salat
Von Fruchtomletts, da mag berichten
Ein Dichter aus den höhern Schichten.
Wir aber, ohne Neid nach oben,
Mit bürgerlicher Zunge loben
Uns Pfannekuchen und Salat.
Wie unsre Liese delikat
So etwas backt und zubereitet,
Sei hier in Worten angedeutet.
(...)
Gute Gedichte veralten eben nicht!
--
longtime
Wilhelm Busch:
Pfannkuchen und Salat
Von Fruchtomletts, da mag berichten
Ein Dichter aus den höhern Schichten.
Wir aber, ohne Neid nach oben,
Mit bürgerlicher Zunge loben
Uns Pfannekuchen und Salat.
Wie unsre Liese delikat
So etwas backt und zubereitet,
Sei hier in Worten angedeutet.
(...)
Gute Gedichte veralten eben nicht!
--
longtime
Am heutigen 14. September möchte ich an Theodor Storm erinnern:
Hans Theodor Woldsen Storm (14.9.1817 - 4. 7.1888) war ein deutscher Schriftsteller, der sowohl als Lyriker als auch als Autor von Novellen und Prosa des deutschen Realismus mit norddeutscher Prägung bedeutend war.
Im bürgerlichen Beruf mit starken politischen Spannungen in Schleswwig-Holstein war Storm als Jurist Polizeidirektor, Gefängnisdirektor und Richter.
Ich will hier aber nicht an die viele, schöne Lyrikstücke oder an die schul-bekannte Novelle „Der Schimmelreiter“ erinnern, sondern an seine Novelle „Im Schloss“ von 1862; deren Erstausgabe im Verlag Brunn. Münster, erschien.
--
longtime
Hans Theodor Woldsen Storm (14.9.1817 - 4. 7.1888) war ein deutscher Schriftsteller, der sowohl als Lyriker als auch als Autor von Novellen und Prosa des deutschen Realismus mit norddeutscher Prägung bedeutend war.
Im bürgerlichen Beruf mit starken politischen Spannungen in Schleswwig-Holstein war Storm als Jurist Polizeidirektor, Gefängnisdirektor und Richter.
Ich will hier aber nicht an die viele, schöne Lyrikstücke oder an die schul-bekannte Novelle „Der Schimmelreiter“ erinnern, sondern an seine Novelle „Im Schloss“ von 1862; deren Erstausgabe im Verlag Brunn. Münster, erschien.
--
longtime
Und als Ergänzung ein plattdeutsches Gedicht von Theodor Storm:
Gode Nacht
Över de stillen Straten
Geit klar de Klockenslag;
God Nacht! Din Hart will slapen,
Und morgen is ok en Dag.
Din Kind liggt in de Weegen,
Und ik bin ok bi di;
Din Sorgen und din Leven
Is allens um un bi.
Noch eenmal lat uns spräken:
Goden Abend, gode Nacht!
De Maand schient up de Däken,
Uns` Herrgott hölt de Wacht.
--
indra
Gode Nacht
Över de stillen Straten
Geit klar de Klockenslag;
God Nacht! Din Hart will slapen,
Und morgen is ok en Dag.
Din Kind liggt in de Weegen,
Und ik bin ok bi di;
Din Sorgen und din Leven
Is allens um un bi.
Noch eenmal lat uns spräken:
Goden Abend, gode Nacht!
De Maand schient up de Däken,
Uns` Herrgott hölt de Wacht.
--
indra
Das Datum ist hier beliebig...; es ist im Ewigen, in der Mythologie angseidelt:
Ich übernehme Brockhaus’ Quizfrage. Sie lautet:
Ein sagenhafter Fürst
Es gibt Hinweise darauf, dass er tatsächlich gelebt haben könnte. Sicher ist das jedoch nicht: Geschichtsschreiber seines Landes wie Gilda der Weise oder Beda Venerabilis, die als Zeitgenossen infrage kommen oder kurz nach ihm lebten, überliefern seinen Namen jedenfalls nicht.
Erst rund 300 Jahre später berichtet der Chronist Nennius von einem Heerführer, der erfolgreich zwölf Schlachten geschlagen haben soll. Ein großes Geschichtswerk des Landes führt diesen Heerführer – wiederum rund 300 Jahre später – bereits als König seines Landes auf, der so mächtig gewesen sein soll, dass er sich sogar aufmachte, um gegen Rom zu Felde zu ziehen. Und tatsächlich berichten französische Quellen von einem solchen König, der in Gallien Krieg führte, allerdings als Verbündeter Roms gegen die Goten. Doch der Feldzug endete unglücklich: In einer Schlacht zu Tode verwundet, zog sich dieser König hinter die Festungsmauern einer burgundischen Stadt mit Namen Avallon zurück und wartete auf zugesagte Hilfe, die jedoch nie kam. Verrat also. Der König wurde zur tragischen Gestalt. Und damit tritt eines der zentralen Motive in Erscheinung, die den anhaltenden Mythos um diese Person begründen. Spätestens jetzt trennen sich die reale und die fiktive Person.
Die folgende Entwicklung ist in der europäischen Literaturgeschichte des Mittelalters ohne Beispiel: Im Heimatland des Gesuchten erdichteten Geschichtsschreiber neue Lebensläufe. Ein Zauberer soll ihn demnach für seine Erziehung gesorgt und ihm eine Aufgabe gestellt haben, die nur er lösen konnte. Am Ende stirbt er nicht in der Schlacht, sondern wird in ein geheimnisvolles Feenreich entrückt. Dichter fügten neue Erzählungen aus dem Märchen- und Mythenschatz der Urbevölkerung seines Landes hinzu. Dem König wurden Gefährten und Mitstreiter an die Seite gestellt, um die sich ebenfalls eine Fülle weiterer Abenteuererzählungen voller Drachen, Feen und weiterer Geschöpfe aus der geheimnisvollen Anderswelt ranken. Französische, deutsche, spanische Troubadoure, Epen- und Romandichter griffen den Stoff auf und »modernisierten« ihn nach Kräften. Sie projizierten alle ritterlichen und fürstlichen Ideale des mittelalterlichen Rittertums auf diese Person, die fortan als die Verkörperung des idealen Fürsten schlechthin galt. Sogar Kaiser Maximilian, oft als der »letzte Ritter« bezeichnet, ließ sich von Dürer ein Standbild entwerfen. Seither wacht er, in Bronze gegossen, angetan in seiner mittelalterlichen Rüstung über dem Grabmal des Habsburgers.
Auch eine Redewendung des Deutschen nimmt auf eine berühmte Einrichtung des Gesuchten Bezug: Immer wenn in der Politik von einem »runden Tisch« die Rede ist, spielen wir auf jene besondere Sitzordnung dieser mythischen Figur an.
Wie heißt dieser märchenhafte König?
Richten Sie Ihre Antwort mit Ihrer Adresse bis zum 25. September 2009 an:
brockhaus-gewinnspiel@wissenmedia.de.
--
longtime
Ich übernehme Brockhaus’ Quizfrage. Sie lautet:
Ein sagenhafter Fürst
Es gibt Hinweise darauf, dass er tatsächlich gelebt haben könnte. Sicher ist das jedoch nicht: Geschichtsschreiber seines Landes wie Gilda der Weise oder Beda Venerabilis, die als Zeitgenossen infrage kommen oder kurz nach ihm lebten, überliefern seinen Namen jedenfalls nicht.
Erst rund 300 Jahre später berichtet der Chronist Nennius von einem Heerführer, der erfolgreich zwölf Schlachten geschlagen haben soll. Ein großes Geschichtswerk des Landes führt diesen Heerführer – wiederum rund 300 Jahre später – bereits als König seines Landes auf, der so mächtig gewesen sein soll, dass er sich sogar aufmachte, um gegen Rom zu Felde zu ziehen. Und tatsächlich berichten französische Quellen von einem solchen König, der in Gallien Krieg führte, allerdings als Verbündeter Roms gegen die Goten. Doch der Feldzug endete unglücklich: In einer Schlacht zu Tode verwundet, zog sich dieser König hinter die Festungsmauern einer burgundischen Stadt mit Namen Avallon zurück und wartete auf zugesagte Hilfe, die jedoch nie kam. Verrat also. Der König wurde zur tragischen Gestalt. Und damit tritt eines der zentralen Motive in Erscheinung, die den anhaltenden Mythos um diese Person begründen. Spätestens jetzt trennen sich die reale und die fiktive Person.
Die folgende Entwicklung ist in der europäischen Literaturgeschichte des Mittelalters ohne Beispiel: Im Heimatland des Gesuchten erdichteten Geschichtsschreiber neue Lebensläufe. Ein Zauberer soll ihn demnach für seine Erziehung gesorgt und ihm eine Aufgabe gestellt haben, die nur er lösen konnte. Am Ende stirbt er nicht in der Schlacht, sondern wird in ein geheimnisvolles Feenreich entrückt. Dichter fügten neue Erzählungen aus dem Märchen- und Mythenschatz der Urbevölkerung seines Landes hinzu. Dem König wurden Gefährten und Mitstreiter an die Seite gestellt, um die sich ebenfalls eine Fülle weiterer Abenteuererzählungen voller Drachen, Feen und weiterer Geschöpfe aus der geheimnisvollen Anderswelt ranken. Französische, deutsche, spanische Troubadoure, Epen- und Romandichter griffen den Stoff auf und »modernisierten« ihn nach Kräften. Sie projizierten alle ritterlichen und fürstlichen Ideale des mittelalterlichen Rittertums auf diese Person, die fortan als die Verkörperung des idealen Fürsten schlechthin galt. Sogar Kaiser Maximilian, oft als der »letzte Ritter« bezeichnet, ließ sich von Dürer ein Standbild entwerfen. Seither wacht er, in Bronze gegossen, angetan in seiner mittelalterlichen Rüstung über dem Grabmal des Habsburgers.
Auch eine Redewendung des Deutschen nimmt auf eine berühmte Einrichtung des Gesuchten Bezug: Immer wenn in der Politik von einem »runden Tisch« die Rede ist, spielen wir auf jene besondere Sitzordnung dieser mythischen Figur an.
Wie heißt dieser märchenhafte König?
Richten Sie Ihre Antwort mit Ihrer Adresse bis zum 25. September 2009 an:
brockhaus-gewinnspiel@wissenmedia.de.
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longtime
Es gibt natürlich auch reale 15. September-Gedenktage in d r Literatur:
Für mich ist es besonders die Erinnerung an Karl Philipp Moritz und seinen psychologischen Roman "Anton Reiser", ein leicht verhülltes Selbstporträt, (geschrieben 1785 - 1790).
Hier die
Vorrede zum Ersten Teil(1785):
"Dieser psychologische Roman könnte auch allenfalls eine Biographie genannt werden, weil die Beobachtungen größtenteils aus dem wirklichen Leben genommen sind. - Wer den Lauf der menschlichen Dinge kennt und weiß, wie dasjenige oft im Fortgange des Lebens sehr wichtig werden kann, was anfänglich klein und unbedeutend schien, der wird sich an die anscheinende Geringfügigkeit mancher Umstände, die hier erzählt werden, nicht stoßen. Auch wird man in einem Buche, welches vorzüglich die innere Geschichte des Menschen schildern soll, keine große Mannigfaltigkeit der Charaktere erwarten: denn es soll die vorstellende Kraft nicht verteilen, sondern sie zusammendrängen und den Blick der Seele in sich selber schärfen. - Freilich ist dies nun keine so leichte Sache, daß gerade jeder Versuch darin glücken muß - aber wenigstens wird doch vorzüglich in pädagogischer Rücksicht das Bestreben nie ganz unnütz sein, die Aufmerksamkeit des Menschen mehr auf den Menschen selbst zu heften und ihm sein individuelles Dasein wichtiger zu machen."
--
longtime
Für mich ist es besonders die Erinnerung an Karl Philipp Moritz und seinen psychologischen Roman "Anton Reiser", ein leicht verhülltes Selbstporträt, (geschrieben 1785 - 1790).
Hier die
Vorrede zum Ersten Teil(1785):
"Dieser psychologische Roman könnte auch allenfalls eine Biographie genannt werden, weil die Beobachtungen größtenteils aus dem wirklichen Leben genommen sind. - Wer den Lauf der menschlichen Dinge kennt und weiß, wie dasjenige oft im Fortgange des Lebens sehr wichtig werden kann, was anfänglich klein und unbedeutend schien, der wird sich an die anscheinende Geringfügigkeit mancher Umstände, die hier erzählt werden, nicht stoßen. Auch wird man in einem Buche, welches vorzüglich die innere Geschichte des Menschen schildern soll, keine große Mannigfaltigkeit der Charaktere erwarten: denn es soll die vorstellende Kraft nicht verteilen, sondern sie zusammendrängen und den Blick der Seele in sich selber schärfen. - Freilich ist dies nun keine so leichte Sache, daß gerade jeder Versuch darin glücken muß - aber wenigstens wird doch vorzüglich in pädagogischer Rücksicht das Bestreben nie ganz unnütz sein, die Aufmerksamkeit des Menschen mehr auf den Menschen selbst zu heften und ihm sein individuelles Dasein wichtiger zu machen."
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longtime
Nachtrag zum 15. September: ein Beitrag im wdr3.de:
„Das Alphabet der Krise“
Ein Beitrag im Rahmen des WDR Thementages „Neustart. Wirtschaft anders denken“
Autor: Hans Magnus Enzensberger
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longtime
„Das Alphabet der Krise“
Ein Beitrag im Rahmen des WDR Thementages „Neustart. Wirtschaft anders denken“
Autor: Hans Magnus Enzensberger
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longtime
Re: Neue Folge: Literaturliebhaber gedenken am 16.9. an Elisabeth Borchers....?
geschrieben von longtime
dradio.de
LYRIKKALENDER
16.09.2009
Adieu
Von Elisabeth Borchers
An der Grenze von Leben und Tod tritt plötzlich Stille ein. Die Geschäftigkeit der Welt verschwindet und das moribunde Subjekt wird ganz auf sich selbst zurückgeworfen, gelangt an eine Schwelle, auf der keine Richtungsbestimmung mehr möglich ist. Elisabeth Borchers (geboren 1926), die auf ihrem literarischen Lebensweg von einem feinsinnigen Surrealismus zu einer existenziellen, meditativen Lakonie gelangt ist, zeigt ein Ich in dieser Grenzsituation des Abschieds.
*
Elisabeth Borchers:
Adieu
Und plötzlich bist du ganz allein
im Raum
der Welt
Die Ärzte legen ihren Kittel ab
Die Schläuche ziehen sich zurück
Die Hand hält an der Blüte fest
Der sternenübersäte Ort der letzten Atempause
rollt vorbei
Was weiß denn ich
wohin
*
Ihr Text sei die Trauer, hat Borchers in einem ihrer schönsten Gedichte gesagt. In ihrem lyrischen "Adieu" verbinden sich Einsamkeit und Wehmut - und ein subtiler Beharrungswille. Denn das Ich hält ja an etwas fest - zwar nicht an der "blauen Blume" der romantischen Utopie, aber doch immerhin an einer "Blüte". Und der Ort der "letzten Atempause" wird mit dem Bild des Sternenhimmels verbunden.
© 2009 Deutschlandradio
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longtime
LYRIKKALENDER
16.09.2009
Adieu
Von Elisabeth Borchers
An der Grenze von Leben und Tod tritt plötzlich Stille ein. Die Geschäftigkeit der Welt verschwindet und das moribunde Subjekt wird ganz auf sich selbst zurückgeworfen, gelangt an eine Schwelle, auf der keine Richtungsbestimmung mehr möglich ist. Elisabeth Borchers (geboren 1926), die auf ihrem literarischen Lebensweg von einem feinsinnigen Surrealismus zu einer existenziellen, meditativen Lakonie gelangt ist, zeigt ein Ich in dieser Grenzsituation des Abschieds.
*
Elisabeth Borchers:
Adieu
Und plötzlich bist du ganz allein
im Raum
der Welt
Die Ärzte legen ihren Kittel ab
Die Schläuche ziehen sich zurück
Die Hand hält an der Blüte fest
Der sternenübersäte Ort der letzten Atempause
rollt vorbei
Was weiß denn ich
wohin
*
Ihr Text sei die Trauer, hat Borchers in einem ihrer schönsten Gedichte gesagt. In ihrem lyrischen "Adieu" verbinden sich Einsamkeit und Wehmut - und ein subtiler Beharrungswille. Denn das Ich hält ja an etwas fest - zwar nicht an der "blauen Blume" der romantischen Utopie, aber doch immerhin an einer "Blüte". Und der Ort der "letzten Atempause" wird mit dem Bild des Sternenhimmels verbunden.
© 2009 Deutschlandradio
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longtime
Gedenken am 16.9.:
Friedrich Torberg (* 16. 09.1908, als Friedrich Ephraim Kantor + 10. 11.1979) war ein österreichisch-tschechoslowakischer Schriftsteller, Journalist und Herausgeber.
In „Die Tante Jolesch“ zitiert Torberg Egon Erwin Kisch, der im Pariser Exil, „kurz vor Kriegsausbruch“, „über die täglich wachsende Unsicherheit [seines] Emigrantendaseins“ zu Torberg gesagt haben soll: „Weißt du [...] mir kann eigentlich nichts passieren. Ich bin ein Deutscher. Ich bin ein Tscheche. Ich bin ein Jud. Ich bin aus einem guten Haus. Ich bin Kommunist ... Etwas davon hilft mir immer.“
Dieses Zitat wandelte Torberg für sich wie folgt ab: „Ich bin ein Jud. Ich lebe in Österreich. Ich war in der Emigration. Ich hab was gegen Brecht... Etwas davon schadet mir immer.“ (In:“Die Welt der Tante Jolesch“. (1975). - Zitiert nach: „Die Tante Jolesch und Die Erben der Tante Jolesch“. Langen-Müller. München 2008. S. 256)
Über Torbergs Leben und Werk:
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Torberg
Torbergs Roman »Der Schüler Gerber«:
Vom Psychoterror im Klassenzimmer:
Kurt Gerber ist ein intelligenter, fauler Schüler, der sich ohne Aufwand »durchschummelt«. Doch als er in die achte Klasse kommt, beginnt das Drama: Arthur Kupfer, ein hartherziger Pedant und Autoritätsfanatiker, von den Schülern »Gott Kupfer« genannt, wird sein Klassenlehrer und schießt sich ohne ei sichtlichen Grund auf Kurt ein. Er werde den Jungen schon «brechen«, erklärt er dessen Vater.
Ein Machtkampf beginnt, bei dem der Verlierer vor Beanntgabe der Abiturergebnisse feststeht.
»Der Schüler Gerber« (1930; 1982 verfilmt von Wolfgang Glück nach einem Drehbuch von Werner Schneyder) ist neben "Tante Jolesch" eines der bekanntesten Bücher von Friedrich Torberg.
1951 kehrte er nach Wien zurück. Torberg gab seine eigene Kulturzeitschrift, das »Forum«, heraus, schrieb für verschiedene Zeitungen und machte sich als Übersetzer (besonders von Ephraim Kishons Geschichten und Romanen) einen Namen.
Zusatzfrage zum Thema Schulromane:
Von anderem zeitähnlichen Schulterror:
Wie heißt der Schüler, der in Hermann Hesses Roman »Unterm Rad« (1906) an familiärer Einsamkeit und schulischer Überforderung zerbricht)?
a) Giebenrath
b) Pfeiffer
c) Törleß
--
longtime
Friedrich Torberg (* 16. 09.1908, als Friedrich Ephraim Kantor + 10. 11.1979) war ein österreichisch-tschechoslowakischer Schriftsteller, Journalist und Herausgeber.
In „Die Tante Jolesch“ zitiert Torberg Egon Erwin Kisch, der im Pariser Exil, „kurz vor Kriegsausbruch“, „über die täglich wachsende Unsicherheit [seines] Emigrantendaseins“ zu Torberg gesagt haben soll: „Weißt du [...] mir kann eigentlich nichts passieren. Ich bin ein Deutscher. Ich bin ein Tscheche. Ich bin ein Jud. Ich bin aus einem guten Haus. Ich bin Kommunist ... Etwas davon hilft mir immer.“
Dieses Zitat wandelte Torberg für sich wie folgt ab: „Ich bin ein Jud. Ich lebe in Österreich. Ich war in der Emigration. Ich hab was gegen Brecht... Etwas davon schadet mir immer.“ (In:“Die Welt der Tante Jolesch“. (1975). - Zitiert nach: „Die Tante Jolesch und Die Erben der Tante Jolesch“. Langen-Müller. München 2008. S. 256)
Über Torbergs Leben und Werk:
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Torberg
Torbergs Roman »Der Schüler Gerber«:
Vom Psychoterror im Klassenzimmer:
Kurt Gerber ist ein intelligenter, fauler Schüler, der sich ohne Aufwand »durchschummelt«. Doch als er in die achte Klasse kommt, beginnt das Drama: Arthur Kupfer, ein hartherziger Pedant und Autoritätsfanatiker, von den Schülern »Gott Kupfer« genannt, wird sein Klassenlehrer und schießt sich ohne ei sichtlichen Grund auf Kurt ein. Er werde den Jungen schon «brechen«, erklärt er dessen Vater.
Ein Machtkampf beginnt, bei dem der Verlierer vor Beanntgabe der Abiturergebnisse feststeht.
»Der Schüler Gerber« (1930; 1982 verfilmt von Wolfgang Glück nach einem Drehbuch von Werner Schneyder) ist neben "Tante Jolesch" eines der bekanntesten Bücher von Friedrich Torberg.
1951 kehrte er nach Wien zurück. Torberg gab seine eigene Kulturzeitschrift, das »Forum«, heraus, schrieb für verschiedene Zeitungen und machte sich als Übersetzer (besonders von Ephraim Kishons Geschichten und Romanen) einen Namen.
Zusatzfrage zum Thema Schulromane:
Von anderem zeitähnlichen Schulterror:
Wie heißt der Schüler, der in Hermann Hesses Roman »Unterm Rad« (1906) an familiärer Einsamkeit und schulischer Überforderung zerbricht)?
a) Giebenrath
b) Pfeiffer
c) Törleß
--
longtime