Literatur Marcel Reich-Ranicki ist tot!

Ich habe mir gestern Abend noch einmal den Film "Schindlers Liste" angeschaut und war, genau wie beim ersten Mal, sehr erschüttert und berührt. Seltsamerweise musste ich bei der Verstecksuche der Kinder, der Menschen überhaupt vor den Mördern oft an Reich-Ranicki denken -
Der Film sollte immer mal wieder gespielt werden, manchmal ist die Erinnerung sehr wichtig, um Nazipropaganda und Terror sinnvoll bekämpfen zu können. Wie können Menschen anderen Menschen das nur antun...
madrilena

Man sollte bei Schindler`s Liste unbedingt auch an den kürzlich verstorbenen Berthold Beitz denken, der ja ebenfalls einige Juden vor dem sicheren Vernichtungstod rettete. Aber leider waren diese Menschen mit lebensbedrohlicher Zivilcourage zu wenige - heute wäre es nicht anders. Olga

Zum Thema 'totalitäre Ideologie und Terror' und wie Menschen einander das antun können, hat IMHO Hannah Arendt Grundlegendes beigetragen - u.A. in ihrer Arbeit 'Ideologie und Terror - eine neue Staatsform', um die sie nachträglich noch die deutsche Ausgabe ihres Hauptwerks 'Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft' erweiterte (leider keine einfache Lektüre - etwa 1.000 Seiten politische Philosophie), aber auch in ihrem bekannten Buch über Eichmann über die 'Banalität des Bösen' und anderen Schriften. Literatur ist das freilich keine - also für MRR wohl weniger interessant

Bei Oskar Schindler denke ich auch immer an John Rabe, den "guten Deutschen von Nanking" (wie Schindler NSDAP-Mitglied), der dort 200.000 Chinesen vor dem Massaker durch die Japaner rettete, dann im Krieg mit der Gestapo und nachher (wegen seiner Parteizugehörigkeit) mit den Engländern Zores hatte...

() qilin

Es ist wirklich bedauerlich, dass aus einem Faden mit einem gut definierten Thema, plötzlich ein solches Sammelsurium entsteht. Fast könnte man vermuten, dass der gemeisame Punkt hier die Judenverfolgung sein könnte...

Dabei möchte ich darauf hinweisen, dass es sich hier um Marcel Reich-Ranicki handelt, der einer der namhaften Literaturkritiker Deutschlands war - und nicht primär um den Insassen des Warschauer Ghettos.

Oskar Schindler hat auch nichts zutun, mit einem Faden in dem eigentlich das Leben von MRR diskutiert wurde.

Miriam

Ich habe nach Möglichkeit keine Sendung mit MRR versäumt und war meist begeistert von seinen Kritiken, manchmal ein wenig verärgert von seiner Absolutheit, um nicht zu sagen auch mal vorkommender Sturheit, ich bewunderte ihn als Kritiker, als Schriftsteller und erlaube mir dennoch, in einem solchen Forum auch mal auf sein Schicksal des Verfolgten hinzuweisen. Das tut weder dem Forum noch MRR einen Abbruch. Ich fand es immer großartig, dass er sich - trotz allem - Deutschland als Heimat, als Wirkungsstelle ausgesucht hat.
Dadurch ist das Forum nicht zu einem "Sammelsurium" geworden.
Der gemeinsame Nenner ist das Leben und das Werk und die Persönlichkeit von MRR.
Gruß madrilena

Seien Sie doch nicht so streng: auch wir Alte sind doch noch so flexibel, dass wir innerhalb eines Themen-Konstrukts ein weniger springen können - ist sogar gut für uns und unsere Gehirnaktivitäten.
Im Film Schindlers Liste kommt ja auch die unvergleichlich grausame Szene vor, wo Amon Göth wild und ziellos um sich schiesst und mordet. Seine Enkelin fand vor einigen Jahren heraus, dass sie mit diesen Mörder, den sie persönlich nie kennenlernte, verwandt ist. Sie hat jetzt ein Buch darüber geschrieben - man sieht also, dass diese Grausamkeiten des sog. 3. Reiches nicht mit der ersten Generation nach dem Krieg abgeschlossen sind. Olga

ich möchte auch mal was zum Sammelsurium hinzufügen! Vor vielen Jahren, als noch Pastor Fliege im Fersehen seine Vorstellungen gab, war einmal die Ehefrau von Schindler bei ihm zu Gast! Es war eine Sondersendung, welche ich mir vorgemerkt hatte. Und da saß das alte Mütterchen im Studio, wurde von Fliege in seiner wunderliche Art befragt nach ihren wohltätigen Gatten und was macht die alte Dame, sie fängt ganz fürchterlich an zu schimpfen und erzählt, was er für ein Halunke war! Sogar Fliege wusste nicht was er machen sollte und wollte sie beruhigen. Aber nein Frau Schindler blieb dabei Ihr Mann war ein Betrüger! Nie wieder habe ich diese Sendung irgendwo gesehen! Weggestrichen!

Hat zwar auch nichts mit dem Thema zu tun - aber ich war in der Allee der Gerechten in Yad Vashem und habe den Baum gesehen, der zu Ehren Schindlers gepflanzt worden war. Ich glaube kaum, dass die Israelis dies getan hätten, wenn er wirklich ein Halunke gewesen wäre.
Das aber nur als Antwort - kehren wir zum berühmtesten Kritiker Deutschlands zurück - der meines Wissens auch erst in seiner Biographie ausführlicher von diesem "Leben" der Vergangenheit geschrieben hat.
madrilena

ER war ja anscheinend in seinem Privatleben auch ein Halunke, hatte wohl sehr viele Frauengeschichten, nahm es mit der Treue nicht genau und bevor er Juden half, war er auch ein obskurer Geschäftsmann und Betrüger. ER starb auch ausserhalb des Rampenlichts und es dürfte halt auch frühere PartnerInnen gegeben haben, die ihm dies alles nicht verziehen haben. Aber von diesen PartnerInnen und auch von Fliege spricht kaum einer mehr - von Schindler schon und dies zu Recht, wie ich finde. Olga

ER war ja anscheinend in seinem Privatleben auch ein Halunke...

Wer denn - Reich-Ranicki???

NIEMALS!

Davon haben ihn unter anderem auch die negativen Beispiele aus der Literatur abgehalten. Und die kannte MRR nur all zu gut...

Miriam