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Literatur Literarische Kostbarkeiten

enigma
enigma
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Re: Literarische Kostbarkeiten
geschrieben von enigma
als Antwort auf keinzlmueller vom 02.06.2008, 16:24:14
Hallo heinzlmueller

da bin ich absolut gleicher Ansicht.

Bei den Generationen geht es vorrangig um die Zukunft der Jungen, wie könnte es auch anders sein.
Und es geht um ihre Wurzeln, die sie suchen (und finden)wollen und müssen.

Es geht auch um jemanden, den sie "ehren können", von dem sie Grundlagen erfahren und übernehmen können für ihr eigenes Leben, aber, wie Du es auch schreibst, nicht in blindem Gehorsam, sondern nach Überprüfung der übermittelten Werte.

Das heißt nach wie vor für mich, dass die Eltern oder "Die Älteren" durch eigenes Beispiel und Verhalten die Grundlage dafür legen, ob sie "geehrt" werden können.

Gruß


--
enigma
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Re: Literarische Kostbarkeiten
geschrieben von enigma
als Antwort auf enigma vom 02.06.2008, 19:01:41
Theodor Storm
Die Jungen


Sieh, wie vor den alten Kanzlern und Räten
Die Leute sich bücken, gehorsamst betreten!
Pfui, wie sie den grämlichen Alten hofieren!
Will uns denn niemand respektieren? -
Das Haupt entblößt! Respekt, ihr Leut'!
Wir sind die Kanzler der werdenden Zeit.


--
enigma
pilli
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Re: Literarische Kostbarkeiten
geschrieben von pilli
als Antwort auf enigma vom 02.06.2008, 19:53:36
von Geboten und Verboten:


Wie soll man in der Welt sich regen?
Wer Unrecht hat, der büßt's mit Schlägen,
Wer Recht behält, den liebt man nicht,
Und wer neutral bleibt, heißt ein Wicht.

geschrieben von Paul Heyse


..


Die Alten und die Jungen

„Unverständlich sind uns die Jungen“
Wird von den Alten beständig gesungen;
Meinerseits möcht ich's damit halten:
“Unverständlich sind mir die Alten.“
Dieses Am-Ruder-bleiben-Wollen
In allen Stücken und allen Rollen,
Dieses Sich-unentbehrlich-Vermeinen
Samt ihrer „Augen stillem Weinen“,
Als wäre der Welt ein Weh getan -
Ach, ich kann es nicht verstahn.
Ob unsre Jungen, in ihrem Erdreisten,
Wirklich was Besseres schaffen und leisten,
Ob dem Parnasse sie näher gekommen
Oder bloß einen Maulwurfshügel erklommen,
Ob sie mit andern Neusittenverfechtern
Die Menschheit bessern oder verschlechtern,
Ob sie Frieden sä'n oder Sturm entfachen,
Ob sie Himmel oder Hölle machen -
Eins lässt sie stehn auf siegreichem Grunde,
Sie haben den Tag, sie haben die Stunde,
Der Mohr kann gehn, neu Spiel hebt an,
Sie beherrschen die Szene, sie sind dran.

geschrieben von Theodor Fontane


sollte frau den bäh-bäh-rufern und veranstaltern von bettlaken-vernissagen einen besonders heißen stuhl wünschen in der Hölle?

--
pilli

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enigma
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Re: Literarische Kostbarkeiten
geschrieben von enigma
als Antwort auf pilli vom 02.06.2008, 20:26:39
.....
Ja, so habe ich das auch empfunden, es lässt einen schaudern, was Eltern einem Kind antun, wie sie es demütigen und seine Psyche verletzen können.
Da soll mir einer sagen, dass da ein Kind eine solche Mutter “ehren” kann, nach dem, was sie ihm angetan hat. “Lieben” vielleicht doch noch, auf eine kindlich-abhängige Weise, weil die Mutter eigentlich immer noch - trotz allem - die enorm wichtige Bezugsperson besonders während der ersten Lebensjahre ist.

Ich kenne das von Marina zitierte Buch nicht, aber die Geschichte würde absolut zum Lebenslauf von Thomas Bernhard passen, der zunächst von der alleinerziehenden Mutter ja den Großeltern übergeben wurde und dann nach der Ehe seiner Mutter (nachdem sie ihn in die “Familie” zurückholte) mit ihr und dem Stiefvater überhaupt nicht auskam und kurzerhand in ein Heim für Schwererziehbare gesteckt wurde. Sein einziger Lichtblick in der Kindheit und frühen Jugend war wohl der Großvater, der ihn gefördert hat. Aber der Lebenslauf von Bernhard wird bekannt sein.

So ein Mensch hat doch einfach nie gelernt, dass man jemandem von Grund auf trauen bzw. vertrauen kann. Und das ist die eigentliche Tragik, wenn die Psyche eines Menschen von den eigenen Eltern kaputt gemacht wird.

Aber Bernhard ist trotz aller Widrigkeiten in seinem Lebenslauf doch auch ein irgendwie starker Mensch geworden.
Er hat nach schwerer Krankheit überlebt, hat überleben wollen, hat “die Tante” gefunden (als Mutterersatz?) und sich vermutlich einiges “von der Seele geschrieben”.

Ein Interview mit ihm, das ich gefunden habe, würde ich auch zu den “Literarischen Kostbarkeiten” zählen. Es ist ein langes Interview, das viel über ihn aussagt, finde ich.

Aber lest selbst, wenn Ihr Interesse daran habt.

Gruß




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enigma
longtime
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Re: Literarische Kostbarkeit von Frido Mann
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 03.06.2008, 08:10:43
Eine „Bäh-Hose“ gibt es – jedenfalls im Internet der Worte und Wörter – noch nicht.

Trotzdem kann jeder diesen Satz eines miesen Erziehungsversuchs verstehen, der aus der Feder oder dem PC des T.M-Enkels Frido Mann stammt, der aus seiner unbestechlichen, wahrhaftigen Erinnerung herrührt und in vielen Erklärungen, Übungen und exemplarischen Anekdoten erzählt worden ist, bevor er, der Enkel, den Satz in die zweite, psychologische Wirklichkeit seiner Autobiografie entließ:

Frido Mann: Achterbahn. Ein Lebensweg; Rowohlt Verlag, 2008; 383 S., 19,90 €


Die Eltern, die so schwarz-weiß, so gut-böse-abgerichtet, so deutsch-klassisch verfertigt - sie können diesen Satz nicht vermeiden - oder sich erklären lassen.
Sie nehmen ihn als Abstrafung, als Mahndressur in den Mund; und sind häufig darauf aus, solcher Art Zwangs-Erziehung zu leugnen.
Aber sie sind moralisch infiziert mit ihrem Schmutz-Wahn und wollen partout andere sittlich impfen, angeblich Unmündige, Kinder, die noch dressiert werden müssen.

Ein Lebensweg als "Achterbahn" - Frido Mann hat sich durch Studium daraus befreit, auch Selbststudidum.


Frido Mann gilt als Lieblingsenkel von Thomas Mann, beginnt aber erst spät, mit 45 Jahren, Bücher zu veröffentlichen. Zunächst führt sein Weg über ein Musikstudium hin zur Theologie, schließlich zum Psychologie - und Medizinstudium.

Hier im Buch "Achterbahn" berichtet der Autor von Auf und Ab seines Lebensweges, analysiert die komplizierten Familienbande, erzählt persönliche Geschichten.

Ein neues, ergänzendes Kapitel in der literarischen Biographie der herr-lich berühmten Familie Mann mit ihren vielen Psychopathen, Suizdanten und Säufern - und großen Künstlern!

Frido Mann schmäht niemanden seiner überwirklich eigen-artigen Patriarchen, Madonnen, Onkel, Tanten und maßgeblichen Besucher von aller Welt, aus allen Künsten - er hilft uns, sie zu verstehen.

--
longtime

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