Literatur Ich lese gerade
Ich habe gerade gelesen: "Die Mütter" von Brit Bennett. Ein gutes und flüssig geschriebenes Buch, das die Traumata in der Kindheit zusammen mit starken Einflüssen aus der Religion beleuchtet und gut darstellt, welchen lebenslangen Einfluss diese Dinge auf unser Leben haben können. Olga
Ich holte mir aus der Bücherei "Archipel", ein Buch von Inger-Maria Mahlke. Die junge Autorin erhielt für dieses Werk einen Preis. Bin gespannt und werde wieder berichten. Olga
Heute möchte ich einen Bildband vorstellen, den man nicht einfach n ur einmal so durchblättert und dann wegstellt sondern den man immer wieder zur Hand nimmt und der einen nicht unberührt lässt-
Es handelt sich um den erst kürzlich erschienenen Fotobildbandes
„DiverCity FFM“ : Aus dem religiösen Leben einer Großstadt
von Rafael Herlich, einem jüdischen Fotografen aus Frankfurt am Main .
Auf ca. 200 Seiten zeigt er das religiöse Leben dieser so multikulturellen Großstadt - immerhin leben Menschen aus ca 180 Nationen in FFM - ganz wunderbar und mit viel Einfühlungsvermögen hat der Fotograf ganz alltägliche Szenen der unterschiedlichen Religionen aus zum Teil sehr ungewohnten Perspektive eingefangen. Die Fotos entstanden über einen größeren Zeitraum und sind nicht einfach gestellt und hinter einander wegfotografiert. Die Arbeit dieses begabten Fotografen beobachte ich schon seit einigen Jahren und ich bin immer wieder fasziniert von seiner Arbeit. „DiverCity FFM“ gibt es für 29,90Euro im Buchhandel oder auf der Website des Künstlers-
Rafael Herlich
Ich bin fast fertig mit diesem fast 700-Seiten-Buch von Silvia Tennenbaum "Strassen von gestern". Es handelt von einer grossbürgerlichen, jüdischen und assimilierten Familie in Frankfurt und beginnt bei Ende es 1.Weltkrieges, wo Mitglieder dieser Familie dem deutschen Militär dienten und führt dann weiter von der Weimarer Republik bis in die Nazi-Zeit und wie diese Menschen sie erlebten, wenn sie in Deutschland blieben und die anderen, die das Glück hatten, in ein aufnahmebereites Land zu emigrieren.
Es ist besonder interessant, dieses Buch zu lesen, gerade in unserer heutigen Zeit, wo die Rolle der damaligen Juden allmählich die Muslime einnehmen und es nur zu hoffen ist, dass sie nicht ein ebensolches, grausames Schicksal erfahren wie diese. Sehr zu empfehlen. Olga
Ich glaube, wer das Handbuch des Kriegers des Lichts von Paul Coelho mag, wrd
auch dieses Buch mögen.
LG
Sam
Die Geschichte von Christopher Banks, dem berühmtesten Detektiv im England der dreißiger Jahre.
Banks wird vom ungelösten Geheimnis seines eigenen Lebens gequält.
Als Kind verlor er unter mysteriösen Umständen in Shanghai seine Eltern. Dorthin macht er sich nun auf, um in der Stadt, die vom chinesisch-japanischen Kriege gezeichnet ist, sein Lebensrätsel zu lösen. Doch erst als er seinen Onkel wiedertrifft, erfährt er die bittere Wahrheit.
Sie zerstört gnadenlos jene Kindheitsphantasien, die er als Junge um seine Eltern gesponnen hat.
Barfuß übers Stoppelfeld
September 1943 Thüringen – Berlin
Heute ist der 1. September 1943 und Mitte der Woche. Der Tag zeigt sich im Ohmgebirge wettermäßig noch einmal von seiner besten Seite. Es ist schwül und gewittrig, genau wie vor vier Jahren, als mit dem Polenfeldzug der Krieg begann.
Ich sitze barfuß im Gras unterhalb der Martin-Luther-Linde und sehe den Schwalben nach. Sie fliegen recht tief und ich bewundere sie, wie sie über die Wiesen und abgeernteten Felder segeln. Noch niedriger aber fliegen sie über der Wasseroberfläche des Dorfteiches. Dort sammeln sie die ins Wasser gefallenen Insekten und schießen dann wieder in ihrer eleganten Leichtigkeit hoch hinaus in den Himmel.
Anni, eine der beiden Töchter meiner Pflegeeltern, hütet unweit von mir „auf dem Teil“ hinter der Linde die Gänse. Anni ist zwölf Jahre alt, genau wie ich. Aber ich bin zehn Tage älter. „Sieh“ ruft sie mir zu und zeigt mit ihrem Stock, mit dem sie sonst den angriffslustigen Gänserich auf Abstand hält, hin zur elektrischen Leitung, die Reckes Haus mit Strom versorgt: „Die Schwalben sammeln sich schon, bald fliegen sie in den Süden. In wenigen Tagen ist Maria Geburt!“ Ich gucke etwas verständnislos, weil ich nicht weiß, was sie meint. Und dann singt sie:
dann fliegen alle Schwalben furt .......
„Du mußt noch viel lernen“, lacht sie, „in Berlin gibt es doch auch Schwalben, oder?“
„Nee“, antworte ich etwas beleidigt, in Berlin gibt es Spatzen und die sind auch im Winter da“.
In Kaltohmfeld ist alles so ruhig und der Krieg ist weit weg. Nur hin und wieder höre ich aus dem Volksempfänger in der Küche. „Achtung, Achtung, eine Luftlagemeldung aus Berlin .....“ Doch was gehen mich die Luftlagemeldungen an? Ich bin jetzt hier, glücklich und zufrieden.
„Meine Freundin Rosi“
Bei uns Kindern war der Sonntag nicht sehr beliebt. Das lag einfach daran, daß Mutter mir eine schwarze Samthose und ein weißes Hemd überzog und befahl mich gesittet zu benehmen. Daß es anderen Kindern ähnlich erging, vermochte mich nicht zu trösten. Nicht genug damit, auch das sonntägliche Mittagsmahl mußte gesittet eingenommen werden. Ich durfte die Suppe nicht schlürfen, obwohl sie heiß war. Das Messer nahm man mir aus der Hand wenn ich versuchte die harten Kartoffeln zu schneiden. Und vom Mandelpudding erhielt ich stets zu wenig, obwohl ich ihn für mein Leben gern aß. Die Welt war voller Ungerechtigkeiten!
Mein einziger Lichtblick an solchen Tagen war die unumstößliche Regel, dass sich die Erwachsenen nach dem Mittagsmahl zur Ruhe legten, natürlich nicht ohne uns Kinder vorher aufzufordern, leise und gesittet zu sein. So beschloß ich meiner Rosi einen Sonntagsbesuch abzustatten.
Wie immer, wenn ich Rosis gesund duftenden Stall betrat, den sie mit anderen, für mich jedoch uninteressanten Rindviechern teilte, drehte sie ihr schönes Haupt zu mir. Ich trat dann zu ihr und erzählte ihr die Erlebnisse des Tages. Meist wackelte sie zustimmend mit den Ohren oder ließ ein befriedigendes Brummen aus ihrer mächtigen Brust ertönen.
An dem fraglichen Sonntag war Rosi besonders lieb. Sie leckte mir mit ihrer rauhen Zunge über das Gesicht und sabberte mein weißes Hemd voll, was einige grüne Flecken hinterließ. Rosi war nämlich noch nicht mit ihrem Mittagessen fertig. Überhaupt war mir aufgefallen daß Rosi zu viel fraß, eigentlich ununterbrochen. Marka hatte mir zwar gesagt dass dies bei Kühen üblich ist, aber ich hatte an den Mandelpudding denken müssen und glaubte ihr nicht. Als mein Versuch, mit Hilfe des Melkschemels auf ihren Rücken zu gelangen, mit einem Sturz in den Mist endete, beschloß ich Rosi auf eine andere Weise am Fressen zu hindern. Mein Sonntagsstaat hatte ohnehin gelitten. Also kletterte ich auf die Mauer vor Rosi, in die die Futtermulden eingelassen waren. Rosis Trog war noch leidlich gefüllt, dennoch bestahl ich die anderen Rindviecher und füllte Rosis Freßkorb mit duftendem Klee auf. Aber erst sollte sie einmal eine Freßpause einlegen, und deshalb nahm ich kurzerhand von ihrer Freßmulde Besitz. Mein Wunsch einmal bei Rosi zu schlafen, sollte sich erfüllen, denn ein weicheres Polster war nicht denkbar. Die Stallwärme und das verständnisvolle Benehmen von Rosi ließen mich dann selig entschlummern und von ihr träumen bis mich aufgeregte Stimmen erwachsener Menschen jäh in die Wirklichkeit zurückrissen.
„Mein Gott“, wo kann bloß der Junge stecken? Es ist ihm doch hoffentlich nichts passiert?“
Diesen Aufschrei meiner Mutter vermochte ich nicht zu ertragen. Also richtete ich mich auf. Zugegeben, ich hatte damals ein etwas ungutes Gefühl, denn ich war zum ersten Mal bei meiner Freundin erwischt worden. Hinzu kam daß sich meine Kleider in einem unbeschreiblichen Zustand befanden. Aber merkwürdigerweise freuten sich die Erwachsenen über mein Auftauchen ungemein. Nur meine Mutter behauptete ich würde stinken. Jedenfalls entkleidete sie mich bis auf die Haut und steckte mich in die Badewanne. Ich fand diese Prozedur überflüssig und brüllte meinen Protest laut heraus. Dabei hatte ich doch nur verhindern wollen, daß sich Rosi überfraß! Eine große Portion Mandelpudding wurde mir ja auch nicht erlaubt.
(aus dem Buch „Barfuß übers Stoppelfeld“ - Dorfgeschichten 1918 - 1968)
Tante Adele
Doch in jenem heißen Sommer des Jahres 1948 geschah es: Tante Adele hatte sich über irgend etwas fürchterlich aufgeregt, da fiel sie wie ein Brett plötzlich auf den Boden, da half auch der dicke Teppich nicht, den Sturz wesentlich abzumildern. Und der Arzt sagte, sie sei tot und stellte den Totenschein aus. Erst wenige Tage zuvor hatten wir mit großem Pomp ihren 78jährigen Geburtstag gefeiert.......... Es war alles so friedvoll gewesen, so paradiesisch. Und nun das, Tante Adele sollte es nicht mehr geben. Das konnte einfach nicht wahr sein!
Wir Kinder waren mindestens so aufgeregt wie die Großen. Denn es brach förmlich die Hölle los. Als Tante Adele für das Totenbett fertiggemacht wurde, scheuchte man uns Kinder aus dem Haus in die Scheune. Später wurden wir gerufen uns umzuziehen, die Rosenkränze hervorzuholen und die Haare zu kämmen, wir Mädchen mußten uns schwarze Bänder in die Zöpfe binden. Wir waren sehr verstört als wir ins Totenzimmer traten, die vielen dicken Kerzen rechts und links vom Bett und mit Scheu betrachteten wir vor allem Tante Adele, die ruhig und friedlich auf ihrem Bett lag. „Totenwache für Tante Adele“ sagten die Großen, „drei Tage und drei Nächte“.
Das Fenster war weit geöffnet, die Vögel zwitscherten, der Buchfink sang wunderschön sein Lied, ein Abschiedslied wie ich dachte. Auch die Nachtigall hatte geschlagen, Tante Adele hatte Vögel immer sehr geliebt.
Die drei Tage schienen nicht vorüber zu gehen, bis wir dann endlich die schweren Schritte der Totengräber auf den Holzstiegen hörten, die einen wunderschönen Sarg mit weißen Decken und einem schimmernden Satinkissen in den Salon trugen. ...... Vorsichtig und ehrfürchtig hoben die vier Männer Tante Adele vom Bett um sie in den Sarg zu legen.
Da geschah es: Tante Adele öffnete ihre blauen Augen, sie drehte den Kopf nach links und nach rechts, sah erstaunt um sich und fing an mit lauter Stimme zu rufen: „Ihr glaubt wohl ich bin tot? Das habt ihr euch ja nur gedacht. Kann man hier denn nicht mal in Ruhe ausschlafen?“
Die vier Totengräber hätten sie vor Schreck fast neben dem Bett fallen gelassen ...... sie zitterten vor Schreck. Das taten auch viele unserer Verwandten, die nun auch ihrerseits mit Schrecken Tante Adele ansahen. Opa meinte begütigend: „Liebe Adele, du bist vor drei Tagen ja wirklich wie tot umgefallen und seitdem liegst du hier, und wir halten Totenwache, wie du es dir gewünscht hattest.“
Da grinste Tante Adele und meinte: „Wie gut, daß ich mir die drei Tage ausbedungen hatte, denn sonst wäre ich jetzt schon im Totenhaus oder sogar beerdigt. Also schminkt euch erst einmal die dicke Erbschaft ab, ich lebe noch lange, vielleicht länger als mancher von euch. Und jetzt will ich eine gute Tasse Bohnenkaffee trinken auf den Schreck.
In der Tat, Tante Adele überlebte so manchen aus unserer Verwandtschaft noch um Jahre. Genau zwanzig Jahre später gab es wieder eine dreitägige Totenwache, denn irgendwie traute ihr jeder, der die sagenhafte Totenwache 1948 miterlebt hatte zu, daß sie wiederauferstehen könnte. Jetzt wurden gleich drei Ärzte gerufen, die bestätigten, dass die 98jährge nun wirklich gestorben war - friedlich eingeschlafen.
Sirona
Ich stehe zur Zeit auf der Wartenliste meiner Bücherei mit einigen interessanten Neuerscheinungen, die aber erst im Dezember/Januar frei werden.
Deshalb griff ich zu einem "Verlegenheitsbuch": WEnn wir wieder leben von Charlotte Roth und fing es auch ein wenig unlustig an.
ABer siehe da - es gefällt mir so gut, dass ich es empfehlen kann.
Es handelt von der Geschichte Danzigs und Sopot, während der Nazizeit, dem Krieg und Anfang der 60er Jahre. Es erklärt vieles, was damals im "Reich" und Polen so passierte, auch bewegte bis tragische Familiengeschichten werden behandelt.
Da ich die schöne Stadt Danzig und Sopot auch selbst schon besuchte (udn es mir dort sehr gut gefiel und ich auch um die geschichtlichen Hintergründe ein wenig Bescheid weiss), finde ich es auch deshalb gut. Olga