Literatur Ich lese gerade

olga64
olga64
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RE: Ich lese gerade
geschrieben von olga64
als Antwort auf Rispe vom 18.06.2021, 15:37:05
 
 
Aber interessant, dass wir alle drei "Adler und Engel" nicht mochten. 😉 Dabei hatte war sie damit gleich erfolgreich durchgestartet, glaube ich.
Wir sind wahrscheinlich einfach zu alt für diese Thematik. 😉
Rispe, "Adler und Engel" sind vor 20 Jahren erschienen - da waren wir ja auch alle noch etwas jünger. Ich denke (oder empfinde das auch so), dass sich die Autorin Zeh in ihrem Stil, der sich  immer sehr an der Aktualität der Geschehnisse orientiert, selbst laufend ändert. Das finde ich auch gut, weil sie dadurch für mich eine spannende SChrifstellerin bleibt und ich schon immer sehnsüchtig auf das nächste Buch warte.... LG Olga
Rispe
Rispe
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RE: Ich lese gerade
geschrieben von Rispe
als Antwort auf olga64 vom 22.06.2021, 18:39:21

Hallo Olga,
ich werde jetzt mal ein kleines Büchlein von Heine, Ich rede von der Cholera lesen. Der Heine ist ja heute noch oder wieder hochaktuell, hier kann man offenbar viele Parallelen finden zu den Verschwörungstheorien über Corona, die es zu Zeiten der Cholera, von Heine in Paris erlebt und beschrieben, auch gab. 
Und dann will ich den Roman "Monschau" von Steffen Kopetzky lesen. Hier geht es um den Ausbruch der Pocken in der Eifel. Ich habe beim Schnüffeln in dem Buch den Eindruck, dass es in einer tollen Sprache und sehr spannend geschrieben ist.
Hier ein Link von Perlentaucher: Kopetzky, Monschau
Habe beides eben erworben und muss mich beeilen mit dem Lesen, weil ich beides bald zu einem Geburtstag verschenken will. Hoffentlich schaffe ich das Lesen bis dahin. 😉

Ladouce46
Ladouce46
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RE: Ich lese gerade
geschrieben von Ladouce46

Oh, wie schön, lieber @Der-Waldler,

du hast Giovannis Zimmer also schon vor 50 Jahren gelesen,. und es ist dir auch nahe gegangen. Auch mir ging beim Lesen durch den kopf, das müsste einer breiten Öffentlichkeit - ggf. auch Schullektüre - zugänglich gemacht werden. Denn es hat sich längst noch nicht genug geändert.

Jetzt lese ich "Der große Sommer" von Ewald Arenz, den ich grad für mich entdeckt habe. Ein wunderschönes Jugendbuch über die Erste Liebe und einen unvergesslichen Sommer.
LG Ladouce


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olga64
olga64
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RE: Ich lese gerade
geschrieben von olga64

Von DAniel Speck "Jaffa Road".
Es handelt von einem Mann, der in diversen Städten und Ländern lebte und Beziehungen pflegte und diese dann ebenso wortlos wieder auflöste wie auch sein eigenes Leben durch Selbstmord.
An seinem letzten Wohnort in Palermo treffen sich dann die Nachfahren und versuchen das Leben ihres Vaters oder Grossvaters noch zu rekapitulieren,bzw. sich untereinander kennenzulernen.
DAs Buch umfasst fast 700 Seiten und man muss sich darauf einlassen können, was ich so machen werde. Olga

Ladouce46
Ladouce46
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RE: Ich lese gerade
geschrieben von Ladouce46
Daheim von Judith Hermann

Judith Hermanns Roman handelt von einem Aufbruch, Neubeginn, von Meer, Dünen und den zarten Zeilen wortkarger Freunde, die einer heimatlosen Frau eine Ahnung von dem geben, was andere ein Zuhause nennen. Während sich die Tochter auf Weltreise befindet und ihre Koordinaten durchgibt, der Ex-Mann auf die Apokalypse wartet und sich in seinem Archiv verkriecht, erschließt sich die Protagonistin neue Welten direkt vor ihrer Tür.

Die Geschichte wird in kurzen, klaren und zuweilen lakonischen Sätzen erzählt. Es ist ein ruhiges Buch ohne nennenswerte Spannungskurven. Und dennoch hat es mich in seinen Bann gezogen, und zwar gewaltig!

LG Ladouce
 
Der-Waldler
Der-Waldler
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RE: Ich lese gerade
geschrieben von Der-Waldler

Ich lese ein schon etwas älteres Buch, das 2015 erschienen ist. Es ist ein Roman der großen niederländischen Autorin Connie Palmen, "Du sagst es", aus dem Diogenes-Verlag.

"Du sagst es" handelt vom Ehepaar Sylvia Plath und Ted Hughes.

Plath, die seit ihrem Suizid (1963) bei Lyrikern und Lesern, vor allem aber in der feministischen Literaturszene geradezu sakrosankten Märtyrerinnenstatus hat, und Ted Hughes, der große englische Lyriker, dessen Vorbild kein Geringerer als Shakespeare war, waren seit 1956 bis zu Sylvias Tod verheiratet.

Die Ehe war geprägt von Sylvias schweren Depressionen, Angstattacken, Schweigekriegen und stundenlangen Weinkrämpfen, die sich allerdings manchmal auch in manische Stadien hineinsteigerten. Aber auch der große literarische Ehrgeiz zweier Dichtern, die zeitweise dem/der anderen den Erfolg nicht gönnten, Misstrauen auf beiden Seiten, und eine gehörige Portion sexueller Hörigkeit prägten die Beziehung.

Nachdem Plath sich 1963 das Leben durch Gas nahm, galt Hughes als der an diesem Tod schuldige Bösewicht. Ted hat sich nie dazu geäußert. Seine Aufzeichnungen zu seiner Ehe und zum Tod seiner Frau sind in einem versiegelten Kasten und bis 2023 gesperrt, weil er die beiden Kinder aus dieser Ehe schützen wollte. Ab 2023 sollen sie der anglistischen Literaturwissenschaft zur Verfügung stehen.

Connie Palmen unternimmt nun in ihrem Buch den Versuch, diese Ehe aus der Sicht von Hughes in Erzählform darzulegen. Sie benutzte Plath' Tagebücher (die in Gänze wohl auch erst 2023 einzusehen sein werden), die bekanntesten Biographien über die Dichterin (z.B. die von Anne Stevenson) und andere Quellen, ließ aber (dosiert!) auch ihrer Phantasie ein wenig freien Lauf.

In und mit diesem Roman entsteht ein doch etwas anderes Bild von dieser intellektuellen Skandal-Ehe. Am Ende des Buches kann man eigentlich niemandem mehr Verantwortung oder gar Schuld an diesem emotionalen Desaster geben. Mir scheint es so, als hätten sich da zwei Taifune getroffen, deren Zusammensein nur in einer Katastrophe enden konnte.

Ted Hughes starb 1998 mit 68 Jahren an einem Herzinfarkt. Er hat erst nach dem Tod die Würdigung erfahren, die ihm als großem Lyriker Englands gebührt. Meiner Meinung nach (ich kenne beider Werk recht gut) ist seine lyrische Kunst sogar zeitloser und sprachmächtiger als die seiner Frau. Bis zu seinem Tod galt er vielen Leserinnen und Lesern, aber vor allem auch Feministinnen,  als der Bösewicht schlechthin, der seine Frau unterdrückt und betrogen hat. Dass es durchaus auch ganz anders sein könnte, ist schon länger bekannt und anerkannt; aber Connie Palmen versucht, dies in Romanform der Leserin und dem Leser vorzulegen. Meiner Meinung nach macht sie das ausgezeichnet!

DW


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Adoma
Adoma
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RE: Ich lese gerade
geschrieben von Adoma
als Antwort auf olga64 vom 24.06.2021, 15:58:52

In einer Rezension im Netz fand ich die Empfehlung,
vorher " Piccola Sicilia " vom gleichen Autor zu lesen (hören).
Diesen Rat habe ich gern befolgt.
Viel Vergnügen beim Lesen.
Adoma

olga64
olga64
Mitglied

RE: Ich lese gerade
geschrieben von olga64
als Antwort auf Adoma vom 29.06.2021, 18:07:38

DAnke für den Hinweis; ich habe diesen Titel (und auch einen weiteren "BElla Germania" im Buch Jaffa Road gesehen. Der Autor schreibt allerdings, man könne auch Jaffa Road ohne Probleme lesen, wenn man die anderen Titel nicht kennt.
Was ich an Jaffa Road so interessant finde,ist die Geschichte der Gründung Israels, bzw. die Beendigung des britischen Mandats.
Ursprünglich war ja geplant, dass nur einige Tausend Menschen jüdischen Glaubens dort eine Heimat finden sollten. Als dann aber die Nazis  mit ihren Massenmorden an Juden jahrelang weitermachten, wanderten immer mehr nach Palästina aus, wo es dann zu den teilweise unmenschlichen Begebenheiten mit den dort lebenden Arabern kam. Vorher lebten Juden und Araber recht friedlich dort zusammen und pflegten auch gute Nachbarschaften und Freundschaften.
Das habe ich im Detail alles nicht gewusst und finde das Buch deshalb hochinteressant, da diese Region nach wie vor einer der grössten Krisenherde der Welt ist. Olga

RE: Ich lese gerade
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Der-Waldler vom 29.06.2021, 18:06:28
Ich lese ein schon etwas älteres Buch, das 2015 erschienen ist. Es ist ein Roman der großen niederländischen Autorin Connie Palmen, "Du sagst es", aus dem Diogenes-Verlag. "Du sagst es" handelt vom Ehepaar Sylvia Plath und Ted Hughes.

geschrieben von Der-Waldler

Über Silvia Plath las ich zum ersten mal in dem Buch "Der grausame Gott - Eine Studie über den Selbstmord', von A.Alvarez, Fischer Verlag 1980. Dieser allgemeinen Abhandlung über dieses bedrückende Thema war ein, wenn ich micht recht erinnere, 40seitiger Essay über Silvia Plath vorangestellt. Alvarez war ein britischer Lyriker, Herausgeber, Literaturkritiker und mit Silvia Plath befreundet.

Zu ihrem 50. Todestag erschien 2013 in spiegel.online ein umfangreicher Artikel. Demnach vernichtete ihr Ehemann Ted Hughes, der den Nachlass regelte, Sylvia Plaths Tagebuch der letzten drei Monate ihres Lebens, zensierte weitere Tagebucheinträge, strich für ihn unangenehme Passagen heraus u.s.w. Ein sehr fragwürdiges Verhalten, das bei der Lektüre seiner Aufzeichnungen, die in den nächsten Jahren veröffentlicht werden sollen, zu großer Vorsicht mahnt.
 
Der-Waldler
Der-Waldler
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RE: Ich lese gerade
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 30.06.2021, 10:01:03

Lieber @Maikel,

durch das Alvarezbuch habe ich damals, 1980, zum ersten Mal Privates von Sylvia Plath gehört; ich kannte vorher nur ihre Lyrik. Ein ausgezeichnetes Buch.

Soviel ich weiß, hat Hughes längst nicht alles von den Tagebüchern vernichtet. Einiges wurde später in einer neu herausgegebenen Ausgabe aufgenommen (im Jahr 2000), und das eine oder andere soll auch noch in dem besagten Archiv liegen, das 2023 geöffnet werden darf. Zumindest las ich das in einer Plath-Biographie.

Meines Wissens wollte er dadurch seine damals 3 und 2 Jahre alten Kinder schonen, sie sollten so etwas nie lesen müssen, was ihre Mutter da schrieb, denn Plath schrieb erbarmungslos offen über ihre Ehe, und auch über ihre Not,die sie mit den Kindern hatte, weil die ihr Zeit für ihre Arbeit nahmen usw.

Man mag diese "Zensur" literaturhistorisch verwerflich finden ("Zensur"), andererseits: was geht die literarischen Leser ihrer Werke ihr intimstes Privatleben an? Ich staune immer, warum in veröffentlichten Tagebüchern von Autoren so viel Privates steht. Mich interessiert primär das Werk eines Autors, auch wie er gerungen hat, wie er es erarbeitet hat, in welcher Zeitgenossenschaft das geschah.

Das alles findet man in den Tagebüchern von Plath, ich habe sie vorliegen. Man findet auch das eine oder andere Private, manches sogar, was Hughes gewiss unangenehm und peinlich war. Dass er aber nicht wollte, dass das Intimste von/über ihn und seine Kinder der Öffentlichkeit präsentiert wird, kann ich ethisch verstehen und gutheißen. Soviel ich weiß, wurde NICHTS vernichtet oder zurückgestellt, das das Werk betraf. Und ich muss ehrlich sagen: Wäre ich der Mann einer Autorin, würde ich auch nicht wollen, dass alles Intime aus meiner Ehe irgendwann mal in Publikationen breitgetreten wird.

Danke für Deine Gedanken und liebe Grüße

DW


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