Forum Kunst und Literatur Literatur Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe

Literatur Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe

Sirona
Sirona
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Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 11.07.2015, 08:36:37
Oft denke ich dass das 19. Jahrhundert DAS Jahrhundert der schönen Künste war. Dichter und Musiker wetteiferten miteinander und viele ihrer Werke werden heute noch gerne gelesen bzw. gehört.
Clematis, durch diesen Brief habe ich wieder dazu gelernt, denn dass Christian Andersen einmal Gast bei den Mendelssohn war, war für mich neu.
Das Mendelssohn’ Haus muss eine direkte „Kultstätte“ gewesen sein, vor allem betrieb der Vater von Felix einen direkten Goethe-Kult, außerdem fanden viele Hauskonzerte statt, und bekannte Künstler gaben sich die Türklinke in die Hand.
Dass die Werke von Sebastian Bach Mendelssohn von Kindheit an bekannt waren, ist seiner Mutter zu verdanken. Sie wurde seinerzeit von dem Bach-Schüler Kirnberger unterrichtet und machte ihre Kinder mit dem „Wohltemperierten Klavier“ vertraut. Entgegen der Meinung von Zelter, der der Ansicht war dass die Werke von Bach nicht mehr zeitgemäß seien, führte Felix 1829 die Matthäus-Passion zum ersten Mal nach Bachs Tod auf. Hierdurch wurden die schon fast vergessenen Werke Bachs neu belebt und erweckten bei vielen Musikfreunden großes Interesse.
Im Himmel wird es ihm Bach gedankt haben.

LG Sirona
Maxi41
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Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Maxi41
als Antwort auf Sirona vom 11.07.2015, 12:52:08
Das Mendelssohn-Haus in Leipzig gibt es noch, ist zugleich Museum und Konzerthaus.
"Mendessohn ist der Mozart des 19. Jahrhunderts, der hellste Musiker, der die Widersprüche der Zeit am klarsten durchschaut und zuerst versöhnt" hat Robert Schumann einst geäußert.

Eine nette Anekdote über Moses, Felix´s Großvater möchte ich hier erzählen.
Bei einem Aufenthalt in Bad Pyrmont lernte der Philosoph Moses Mendelssohn den Kaufmann Guggenheim kennen, der ihn nach Hamburg einlud - auch im Namen seiner Tochter Fromet, die ein sehr belesenes Mädchen war. Sie kannte ihn aus einigen seiner Schriften, die ihr aus der Seele sprachen und hatte ihn aus der Ferne verehrt.
Als er sie nun begrüßte, erschrak sie über seine verwachsene Gestalt. Der Kaufmann, der durchaus die Verbindung seiner Tochter mit dem berühmten Juden erwogen hatte, war zunächst betrübt. Mendelssohn gefiel das Mädchen auf den ersten Blick - doch er verstand auch ihre spontane Reaktion. Als Guggenheim ihn von der albehnenden Haltung seiner Tochter in Kenntnis setzte, bat dieser, sich wenigstens verabschieden zu dürfen.
Fromet blickte anfangs zu Boden, als er mit ihr sprach. Ihr Besucher sagte: "Ich weiß nicht, ob Sie davon gehört haben, liebe Fromet: Ehen werden im Himmel geschlossen. Da wird bereits bei der Geburt ausgerufen, wer wen bekommen soll. Als bei meiner Geburt der Name der Frau ausgerufen wurde, die für mich bestimmt war - da hieß es zugleich: Lieber Moses, sie wird schön und klug sein - aber einen Buckel haben! Da sagte ich: Lieber Gott, ein Mädchen mit einem Buckel - das kannst Du nicht zulassen! Sie wird es schwer haben und zurückgewiesen werden, gar ihr Selbstvertrauen verlieren... Drum: Gib mit den Buckel und lass das Mädchen rank und schlank heranwachsen!" Und er lächelte dazu. Da schluchzte Fromet auf, fiel im um den Hals und weinte - sie wurden sehr glücklich miteinander.
Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Maxi41 vom 12.07.2015, 17:14:05
Hallo Maxi, wie schön, dass in Leipzig weiter an den lieben
Felix gedacht wird.
Die neue Anektode von Moses Mendelssohn ist sooo herzig!
Das ist eine wundervolle Ergänzung zu den Briefen.

Die Mendelssohns hatten ja den christlichen Namen Bartholdy nach der Taufe der Kinder dazugenommen.
Die Großmutter hatte sich strikt verweigert, diesen Namen anzuhängen. Ich finde, sie hatte Charakter.

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Sirona
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Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Maxi41 vom 12.07.2015, 17:14:05
Hallo Maxi, danke für den netten Heiratsantrag des Großvater von Felix. Genau diese Geschichte wollte ich auch weitergeben, denn sie ist einfach ganz entzückend und zeigt den großen Philosophen.

Es gibt noch eine nette Anekdote, die die Schlagfertigkeit und auch Geistesgegenwart von Moses deutlich macht.

Moses Mendelssohn (1729-1786), der Großvater des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy, war im Berlin Friedrichs des Großen eine bekannte Figur. Zwischen dem König und dem Philosophen, der zugleich einer der einflussreichsten Repräsentanten des damaligen Judentums in Deutschland war, entwickelte sich im Laufe der Jahre eine freundschaftliche Verbundenheit.
Zu einem Essen, das Friedrich II. gab, hatte er auch Mendelssohn geladen. Kurz bevor die Gäste kamen, hatte der König einen witzigen Einfall, nahm die Tischkarte des Philosophen und schrieb unter den Namen Mendelssohn “… ist ein Esel”. Darunter setzte er ganz offen seinen Namenszug.
Als man zu Tisch ging, beobachtete er den Gelehrten genau, als dieser die Karte las, aber keine Miene verzog. Das ärgerte ihn, und er forderte Mendelssohn auf, doch vorzulesen, was auf seiner Tischkarte stände. Mendelssohn nahm die Karte und las ganz langsam, unter besonderer Betonung der Zahlwörter: “Mendelssohn ist ein Esel – Friedrich der zweite.”

(aus „Das große Buch der Anekdoten“)
Sirona
Sirona
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Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.07.2015, 19:09:34
Hallo Clematis, es mag sein dass die Großmutter Charakter zeigte. Doch die Juden waren auch im 19. Jahrhundert gesellschaftlich Außenseiter. Um seinen Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen, konvertierte Vater Abraham zum Christentum und ließ seine Kinder taufen. Dass er den Namen Bartholdy an Mendelssohn anhängte sollte möglicherweise deutlich machen, dass er und seine Familie sich zum Christentum bekannten.

LG Sirona
Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Sirona vom 12.07.2015, 22:45:06
Ja, liebe Sirona, so ist es.

Jetzt nun ein Brief von Rilke, mein Lieblingsbrief, da der ganze feine Humor und seine Gabe, Dinge und Situationen zu beschreiben, hier ganz besonders aufscheinen.

Rainer Maria Rilke
an
Nanny Wunderly-Volkart
1. Juli 1920

Liebe, je m'ennuie, es ist eine Schande, daß ich das von hier aus sage und ich seh mich um, ob mein mezzanino dieses Geständnis nicht gemerkt hat -, was ists?

Ich müsste eine große Aktivität und Gegenwärtigkeit entfalten, um in den hiesigen Verhältnissen nicht in die Wiederholung zu gerathen (eine Gefahr, von der ich Ihnen schon neulich berichtet habe) -, aber sei einer aktiv bei diesem anhaltenden Scirocco-, ich muß nur die Butter auf meinem Frühstückstisch betrachten, die sich auflöst, gar nicht davon zu reden, daß selbst widerständigere Gegenstände (wie z. B. der provisorische Siegellack, den ich verwende) im bloßen Daliegen auf dem Tisch biegsam werden und eine Form der Hingebung und genouflexion annehmen, verzehrt von dem inneren Glimmen, das in allen Dingen unterhalten wird.

Dies ist auch der Grund, warum ich selbst keinen Brief aufbrachte so lange -, man hat das Gefühl, die Tinte verdirbt während sie trocknet, - wunderbar, daß das aufpasserische Schicksal mich in solchem Moment nicht in einen Fruchthändler in Venedig verwandelt, Liebe, das wäre ein Beruf für mich, alle diese Pfirsiche und Aprikosen zu überwachen, daß sie auf den Mittag zu frisch bleiben und die überfüllten Feigen, die schon ganz erschöpft ankommen: diese Sorge.

Was thut man nur, um im Bewußtsein dieser hinfälligen Früchte eine Täuschung der Kühle zu unterhalten, liest man ihnen lappländische Märchen vor? Der Italiäner, verliebt in alles was „Erfindung“ ist, läßt seine Ventilatoren schnurren, als wären es Volksredner, an die rasend angetriebenen Räder sind in manchen Läden Papierstreifen befestigt, die wagerecht über die Früchte hinflattern, zur Fliegenvertreibung, - ja im Hintergrund einer solchen schwarz verfinsterten boutique schien ein ganzes System von Luftwendern und -Bewegern im Gang zu sein: ein wahrer Wind raste aus den unerkennbaren Hinterhalten herüber, die grünen Blätter unter den Fruchtlasten wurden umgeschlagen und die Haare der Verkäuferin strürmten wie bei einer Goya'schen Hexe, vor sie hin und fast aus dem Laden hinaus. Wunderbar aber ist das kühle durchsichtige Schwarz in der Tiefe dieser niedrigen Verkaufsräume, die, selbst wenn sie an der schattigsten engen Calle liegen, immer noch ein Mehr von Verdunkelung in sich fassen, so daß die Früchte wie auf alten holländischen Bildern nicht allein farbig, sondern auch leuchtend wirken, wirklich wie Gestirne dieses Baumes, farbige Monde und Mondviertel, die alles je empfangene Sonnenlicht in einer eigenthümlichen Sammlung und Stärke ausgeben.
Kleine schlanke Caröttchen,die sich über so viel Kühle wunderten, sah ich in dieser Umgebung ein Rosa annehmen das von manet'scher Delikatesse war, dieser Korb mit blassen Würzelchen war wie ein Chef d'oeuvre französisch-spanischer Malerei, mit ein bischen neapolitanischem Einschlag.

Und nun denken Sie sich in solchem klaren Schwarz das Leben einer Katze oder das plötzliche Aufschauen eines venezianischen Mädchens, einer Käuferin, die nun ihrerseits, eine Möndin der Monde, den Glanz der gewählten Früchte in der Blässe des Gesichts und im Spiegel der Augen weitergiebt.

aus:
Rainer Maria Rilke
Insel-Kalender für das Jahr 2008

Malereien(Clematis)


Früchtekorb nach Caravaggio
Oelkreiden
Clematis

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Sirona
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Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 13.07.2015, 10:39:45
Das glaube ich Dir gern, liebe Clematis, dass Dich dieser Brief immer aufs Neue erheitert. Ich habe ihn mit Vergnügen gelesen. Da Rilke es verstand Dinge mit Worten bis ins Detail zu beschreiben bzw. ja fast zu malen, konnte ich mir die Angebote der Fruchthändler gut vorstellen wie sie beim Scirocco schwitzen bzw. dahin schmelzen.

Herrlich diese Formulierung:
Was thut man nur, um im Bewußtsein dieser hinfälligen Früchte eine Täuschung der Kühle zu unterhalten, liest man ihnen lappländische Märchen vor?
Wer hier beim Lesen nicht schmunzeln muss, der hat keinen Sinn für feinen Humor. Alles in allem eine herrliche Schilderung eines heißen Tages auf dem Markt.
Passend dazu das wunderschöne Gemälde mit Früchten zum Anbeißen, diese jedoch frisch und verlockend.

Übrigens hat Rilke wohl viel von Malerei und Bildhauerei verstanden, verbrachte er doch viele Stunden mit Vogeler, Mackensen und Modersohn, denen er in ihren Ateliers bei der Arbeit zuschaute.

LG Sirona
Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Sirona vom 13.07.2015, 11:21:45
Übrigens hat Rilke wohl viel von Malerei und Bildhauerei verstanden, verbrachte er doch viele Stunden mit Vogeler, Mackensen und Modersohn, denen er in ihren Ateliers bei der Arbeit zuschaute.
zitiert nach Sirona

Rilke war eine zeitlang Sekretär bei Auguste Rodin.
In einem Brief von 1903 schreibt er über ihn:

Immer ist ihm das, was er schaut und mit Schauen umgibt, das Einzige, die Welt, auf der alles geschieht; wenn er eine Hand bildet, so ist sie im Raum allein, und es ist nichts auser einer Hand; und Gott hat in sechs Tagen nur eine Hand gemacht und hat die Wasser um sie ausgegossen und die Himmel gebogen über sie; und hat geruht über ihr, als alles vollendet war, und es war eine Herrlichkeit und eine Hand.

Künstler-Gedenken(Clematis)


Auguste Rodin "Die Kathedrale"
Collage: Ingeborg
Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Felix kam von seiner Italienreise zurück. In Mailand machte er u. a. Station. Dieser Brief ist so vielseitig, dass ich wohl einiges in Etappen schreiben muss.
Will erst das Erlebnis mit dem Commandeur der Stadt, seiner Gemahlin und Ludwig van Beethoven nehmen:

Brief von
Felix Mendelssohn Bartholdy
an
die Eltern

Mailand, den 14. Juli 1831

Dieser mein Brief wäre nun wohl, so Gott will, der letzte aus einer italienischen Stadt. Von den Borromäischen Inseln, wohin ich in einigen Tagen gehe, kommt vielleicht noch einer, doch rechnet nicht darauf.


Die Abende war ich immer in Gesellschaft, und zwar in Folge eines verrückten Streichs, der mir wieder einmal sehr gelang. - Ich glaube ich habe diese Art Tollheiten erfunden, und kann ein Patent darauf nehmen,denn die angenehmsten Bekanntschaften habe ich immer ex abrupto gemacht, ohne Briefe, Empfehlungen, und all dergleichen.
Ich frug nämlich zufällig, als ich ankam, nach dem Namen des Commandeurs der Stadt, und unter mehreren Generälen nannte mir der Lohnbediente auch den General Ertmann.
Nun fiel mir dabei gleich die A dur-Sonate von Beethoven mit ihrer Dedikation ein; und weil ich über die Frau von allen Leuten immer das Schönste und Beste gehört hatte, wie freundlich sie sei, und wie sie Beethoven so verzogen habe, und wie vortrefflich sie spiele, so zog ich mir den nächsten Morgen, um Visitezeit, den schwarzen Frack an, ließ mir den Gouvernementspalast zeigen, dachte mir unterwegs eine schöne Rede an die Generalin aus, und ging ganz munter hinauf Nun kann ich nicht leugnen, daß mir es ein wenig fatal war, zu erfahren, der General wohne im ersten ,Stock vorn heraus, und als ich gar in den wunderschönen, gewölbten Vorsaal kam, kriegte ich wahrhaftig Furcht, und wollte umkehren. Indessen kam ich mir denn doch gar zu kleinstädtisch vor, mich vor einem gewölbten Vorsaal zu fürchten; ich ging also gerade auf einen Trupp Soldaten zu, die da standen, und frug einen alten Mann, in einem kurzen Nankinjäckchen, ob hier der General Ertmann wohne, und wollte mich dann bei der Frau melden lassen. Unglücklicherweise antwortete der Mann aber: der bin ich selbst, was steht Ihnen zu Diensten?

Das war sehr unangenehm, und ich mußte meine ganze Rede im Auszug anbringen; der Mann schien sich aber daran nicht sonderlich zu erbauen, und wollte wissen, mit wem er die Ehre habe? Das war auch nicht angenehm; aber zum Glück kannte er meinen Namen und wurde sehr höflich: seine Frau sei nicht zu Hause, ich würde sie um Zwei treffen, wenn ich da Zeit hätte, oder zu einer anderen Stunde.
Ich war froh, daß es noch so abgelaufen war, ging inzwischen gegenüber in die Brera, guckte mir das sposalizio von Raphael an, und um Zwei lernte ich nun die „Freifrau
Dorothea v. Ertmann“ kennen.

Sie nahm mich sehr freundlich auf, war auch sehr gefällig; spielte mir gleich die Cis moll-Sonate von Beethoven vor, und dann die aus D moll. Der alte General, der nun in seinem grauen, stattlichen Commandeur-Rock, mit vielen Orden erschien, war ganz glücklich, und weinte vor Freuden, weil er seine Frau so lange nicht hatte spielen hören; es sei in Mailand kein Mensch, der so was anhören wolle
Den folgenden Tag, als ich zum zweitenmal da war, und ihnen die C moll-Symphonie vorspielte, wollte sie durchaus, ich solle mir den Rock ausziehen, weil es heiß wäre. Zwischendurch bringt er die schönsten Geschichten von Beethoven, wie er Abends, wenn Sie ihm vorspielte, die Lichtputze zum Zahnstocher gebraucht habe usw.
Sie erzählte, wie sie ihr letztes Kind verloren habe, da habe der Beethoven erst gar nicht mehr ins Haus kommen können; endlich habe er sie zu sich eingeladen, und als sie kam, saß er am Clavier, und sagte blos: „wir werden nun in Tönen mit einander sprechen“,und spielte so über eine Stunde immer fort, und wie sie sich ausdrückte: „er sagte mir Alles, und gab mir auch zuletzt den Trost“.


Und nun gute Nacht; ich habe nämlich vor dem Zubettgehen noch ein Bißchen mit Euch plaudern wollen; das ist der Brief geworden.
Felix

Mich berührt es tief, dass anno 1831 ein General weinte, weil seine Frau mal wieder Klavier spielte.
Sirona
Sirona
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Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 17.07.2015, 20:26:21
Dorothea Ertmann erzählte ihrer Nichte wie Beethoven sie nach dem Tod ihres Söhnchens tröstete:
„Mich stumm grüßend, setzte er sich an das Klavier und phantasirte während langer Zeit. Wer könnte diese Musik beschreiben! Man glaubte Engelschöre zu hören, welche den Eingang meines armen Kindes in die Welt des Lichtes feierten. Dann, als er geendet, drückte er wehmüthig meine Hand und ging stumm, wie er gekommen.“

Dorothea Ertmann galt zu ihrer Zeit als die beste Beethoven-Interpretin, sie spielte nur in den Salons des Wiener Adels und des gebildeten Bürgertums, öffentliche Auftritte von Pianistinnen waren damals noch nicht üblich. Erst mit Clara Schumann öffneten sich auch für Musikerinnen die großen Konzertsäle.

Beethovens Schüler Carl Czerny schreibt in seinen „Anecdoten und Notizen über Beethoven“:
„Unter den damaligen Damen war: von 1800 bis 1820 die Baronin Ertmann die trefflichste Spielerin der Beethovenschen Werke. Sie u ihr Gemal Baron Oberst Ertmann gehörten zu seinen intimsten Freunden, u sie war vermuthlich seine Schülerin, den[n] sie spielte bey großer phisischer Kraft seine Werke ganz in seinem Geiste.

Beethoven widmete Dorothea Ertmann seine A-Dur-Sonate op. 101 und schrieb dazu:
„Empfangen sie nun, was ihnen öfters zugedacht war, u. was ihnen ein Beweiß meiner Anhänglichkeit an ihr KunstTalent wie an ihre Person abgeben möge“.‪


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