Forum Kunst und Literatur Literatur Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe

Literatur Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe

Federstrich
Federstrich
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Federstrich
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 01.12.2016, 15:15:48
Nein, wie könnte ich. Der Brunnen, aus dem du schöpfst, muss unergründlich sein. Hab's mit Appetit genossen.

Liebes Grüßle, Federkern
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 01.12.2016, 15:15:48
Liebe Clematis, der netten Geschichte um die Entstehung des Konzertstücks Nr. 1 op. 113 für Klarinette, Bassetthorn und Piano hast Du mit Deiner Kollage einen würdigen Rahmen gegeben. Darf ich noch folgendes dazu weitergeben, das ich in einer Biographie gelesen habe?

Das Konzertstück Nr. 1 op. 113 von Mendelssohn entstand auf eine sehr spaßige Art und Weise. Der damals beste Klarinettist (Heinrich Bärmann) war mit Mendelssohn eng befreundet. Als sich Bärmann mit seinem Sohn während einer Konzertreise in Berlin aufhielt bat Mendelssohn die beiden sein Leibgericht zu kochen, Dampfnudeln und Rahmstrudel. Als Gegenleistung wünschten sich Bärmann und Sohn ein Trio für Klarinette, Bassetthorn und Klavier. Während Mendelssohn komponierte, schwitzten die Bärmanns in der Küche. Ob bei diesem Musikstück Mendelssohns Vorfreude auf sein Leibgericht zu erkennen ist?

Sirona

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Federstrich vom 02.12.2016, 13:56:36
Nein, wie könnte ich. Der Brunnen, aus dem du schöpfst, muss unergründlich sein. Hab's mit Appetit genossen.

Liebes Grüßle, Federkern


Liebes Federle,

der Brunnen ist da, und quillt unaufhörlich für uns.
Wir sind nur zu bequem, zu schöpfen. Viele denken, nach der Schule sind wir gescheit genug.
Das hab ich noch nie gedacht, denn ich bin 1945 in die Schule gekommen, ohne Lesebuch, ohne Atlas, ohne Lehrer, ohne, ohne...

1952 konfirmiert und gleich mal 7 Jahre lang Dienstmädchen in diversen Haushalten.
Du siehst, irgendwann hab ich den Brunnen rauschen hören, hatte gute Freundschaften, die eine in Kunst bewandert, die andere Bibliothekarin, usw.
Und da ich fähig bin, neidlos zu lauschen, wenn jemand mehr weiß als ich, deshalb weiss ich jetzt halt viel.
Und es ist mein Respekt den Künstlern gegenüber, die wir nicht vergessen dürfen.

Ganz einfach.

Sei gegrüßt
Clematis
Advent/Weihnachten(Clematis)

Fritz Uhde: schwerer Gang nach Bethlehem

Erinnern wir uns an die vielen Flüchtlinge..

Anzeige

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 03.12.2016, 16:30:31
Danke, liebe Sirona, für Deine bezaubernden Ergänzungen.

lieben Gruss
Clematis
Federstrich
Federstrich
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Federstrich
als Antwort auf Sirona vom 23.11.2016, 09:02:44
Liebe Sirona,

da ich sehe, dass du zu Hölderlin schon öfter Briefe eingestellt hast, ergänze ich mal mit ein paar Impressionen aus dem Film Die Hälfte des Lebens, der auch in den wenigen Szenen etwas von der Dramatik und der Stimmung einfängt, die in den Briefen zutage tritt, glaubt Federstrich

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Federstrich vom 03.12.2016, 18:36:15
lieber Federleicht!

Du machst mir eine große freude mit diesem Video, hab herzlichen Dank!

Künstler-Gedenken(Clematis)


"Hälfte des Lebens" heißt dieses Gedicht.

Noch ein kleiner "Weihnachtsbrief":

Weihnachten 1836
(Mit einem Edelmardermuff)

Schöne Frau! die ich verehre,
Wenn ich ein Naturgeist wäre,
Würd ich heut zur Weihnachtsspende
Für die vielgelobten
Blumenschöpferischen Hände
Nicht das Fell des Marders geben;
Nein! zum Schutz vor Frostesqualen
Würde ich aus Frühlingssonnenstrahlen
Einen Zaubermuff dir weben.

Ernst Moritz Arndt
an
Charlotte Pistorius

Gruss an alle, die sich hier beteiligen
und an alle, die gerne hier reinschauen.

Clematis

Anzeige

Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
Ich habe ein Buch über W. Hosenfeld, in dem seine umfangreichen Briefe an seine Ehefrau während der Kriegs- und Gefangenenjahre von 1939 – 1952 im Einvernehmen mit seiner Familie veröffentlicht worden sind. Sein letzter Brief stammt aus Stalingrad vom 15. Juni 1952 (s.u.). Aufgrund der Schreibweise, die fast als Stenogrammstil gedeutet werden kann, ist erkenntlich dass er aufgrund seiner schweren Erkrankung – im Gegensatz zu seinen früheren Schreiben - zu ausführlichen Briefen nicht mehr fähig war. Zwei Monate später starb W.H. und damit auch seine lang gehegte Hoffnung auf Entlassung aus der Gefangenschaft und ein Wiedersehen mit seiner Familie.
W. Hosenfeld rettete den polnischen Pianisten Władysław Szpilman vor dem Hungertod (bekannt geworden durch den Film „Der Pianist“).

Stalingrad 15. Juni 1952
Liebe Annemie!
Von Paketen habe von von Dir alle erhalten, seit meiner letzten Karte waren es 5. Die genaue Zahl kann ich Dir nicht angeben. Du kannst beruhigt sein, die Pakete erreichen mich schon. Heilmittel bitte nicht schicken! Deine Karte vom 19.04. vor einer Woche eingetroffen. Was macht Helmut in Frankfurt? Die Sachen, die Du geschickt hast, sind sehr gut. Für Martin die besten Wünsche, besonders den Mädels zu den guten Zeugnissen. Die Kopfschmerzen haben nachgelassen. Dem Großvater nachträglich die besten Wünsche zu seinem Geburtstag. Grüße vielmals die Konstanzer! Über mich mache Dir keine Sorge, es geht mir den Verhältnissen entsprechend. Ich grüße Euch alle recht herzlich, alles Gute! Euer Wilm
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Federstrich vom 03.12.2016, 18:36:15
Hallo lieber Federstrich,

natürlich können die wenigen Szenen des von Dir eingestellten Videos die seelischen Leiden von Hölderlin nicht wiedergeben, insbesondere diejenigen, die er nach der Trennung von Suzette Gontard durchlitten hat. Aber auch Suzette konnte sich mit der Trennung von Hölderlin nicht abfinden, folgende Zeilen geben ihre Verzweiflung wieder.

Man begegnet mir, wie ich vorhersah, sehr höflich, bietet mir alle Tage neue Geschenke, Gefälligkeiten und Lustpartien an, allein, von dem, der das Herz meines Herzens nicht schonte, muß die kleinste Gefälligkeit anzunehmen mir wie Gift sein, so lange die Empfindlichkeit dieses Herzens dauret, denn wer könnte wohl auf den Sturz seines Freundes sich sogenannte gute Tage machen wollen, noch Selbstgefühl und Zartheit behaupten; aus diesem Gefühl lebe ich also gerne einfacher wie sonst, schränke aus Neigung meine Bedürfnisse ein, dieser Stolz, und dies Gefühl sind mir lieber als alle Güter der Erde. Gott! meine Liebe! bewahre mich darin. Ich bin fast immer allein mit den Kindern, suche ihnen so nützlich zu werden wie ich kann.
Schon oft habe ich es bereut, daß ich Dir beim Abschied den Rat gab auf der Stelle Dich zu entfernen, noch habe ich nicht begriffen, aus welchem Gefühl ich so dringend Dich bitten mußte, ich glaube aber, es war die Furcht, vor der ganzen Empfindung unserer Liebe, die zu laut in mir wurde bei diesem gewaltigen Riß, und die Gewalt welche ich fühlte machte mich gleich zu nachgiebig; wie manches, dachte ich nachher, hätten wir noch für die Zukunft ausmachen können? hätte nur unser aus einander Gehen nicht diese feindselige Farbe angenommen, niemand hätte Dir den Zutritt in unser Haus wehren können, aber jetzt, o! sage mir Du Guter, wie gehet es wohl an, daß wir uns wiedersehen? sei es auch noch so entfernt? – Dem ganz entsagen kann ich nicht! Es bleibt immer meine liebste Hoffnung! … Sinne darauf.


Ich werde einmal nachforschen, ob der Film nicht in ganzer Länge zu bekommen ist.
Sirona

P.S. Ich bin tatsächlich fündig geworden.
Hölderlin
Federstrich
Federstrich
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Federstrich
als Antwort auf Sirona vom 06.12.2016, 18:33:20

P.S. Ich bin tatsächlich fündig geworden.
Hölderlin

PS: Ja, das ist er, denn es gibt auch eine Hölderlin-Verfilmung unter dem Titel "Feuerreiter" von Nina Grosse, auch mit Ulrich Mühe aber hier als Jacob Gontard.
Hälfte des Lebens gibt evtl. auch in Bibliotheken auszuleihen (online im WebOPAC checken), als Streaming für ca. 4€ oder auch schon für 10 € gebraucht, inklusive Versand bei amazon. Bei ebay ist alles teurer und nicht auktioniert.
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Federstrich vom 07.12.2016, 07:56:16
Hallo Federstrich, ich kaufe meistens bei Amazon, dort gibt es gute Angebote. Nochmals Danke für Deinen Tipp. Bin schon sehr gespannt.

Hier ein Brief mit der bangen Erwartung Susettes ob sie Hölderlin sehen könnte.

Donnerstag Morgen
Wirst Du nun kommen! … Die ganze Gegend ist stumm, und leer, ohne Dich! und ich bin so voll Angst, wie werde ich die starken Dir entgegen wallenden Gefühle wieder in den Busen verschließen und bewahren? – wenn Du nicht kömmst! … Und wenn Du kömmst! ist es auch schwer das Gleichgewicht zu halten, und nicht zu lebendig zu fühlen. Versprich mir daß Du nicht zurückkommen, und ruhig wieder von hier gehen willst, denn wenn ich dies nicht weiß, komme ich in der größten Spannung und Unruhe bis morgen früh nicht vom Fenster, und am Ende müssen wir doch wieder ruhig werden, drum laß uns mit Zuversicht unsern Weg gehen und uns in unserm Schmerz noch glücklich fühlen und wünschen daß er lange noch für uns bleiben möge weil wir darin vollkommen edel fühlen und gestärkt. – Leb wohl! Leb wohl! der Segen sei mit Dir …


Susette Gontard und Fr. Hölderlin konnten nach seiner Entlassung als Hauslehrer lediglich durch Briefe in Verbindung bleiben. Mit Susettes frühem Tod 1802 (sie steckte sich bei ihren Kindern an Röteln an) endete diese tragische Liebesgeschichte. Seitdem irrte Hölderlin wie ein Fremder in der Welt umher und landete im Tübinger Turm, wo er bis zu seinem Tod gelebt hat. Er überlebte Susette fast 41 Jahre.

Einige Briefe von Susette an Hölderlin sind im Geheimfach seines Reisekoffers erhalten geblieben. In einem der letzten erhaltenen Briefe (vielleicht vom 5. März 1800) schreibt sie: „Ich kann nicht weiter schreiben, Lebe wohl! Lebe wohl! Du bist unvergänglich in mir! und bleibst so lang ich bleibe. -

Hier sind einige Briefe Susettes zu lesen:
Projekt Gutenberg

Anzeige