Forum Kunst und Literatur Literatur Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe

Literatur Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe

Maxi41
Maxi41
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Maxi41
[/b]Felix Mendelssohn Bartholdy[b]

... fuhr im Sommer 1829 mit Karl Klingemann, einem Freund der Familie, der dichtete und dessen Verse M.-Bartholdy in seiner Klavierlieder-Zyklen aufnahm, ins schottische Hochland, besuchte u.a. York, Durham und den Edingburher Palast der Stuarts, von wo er eine kurze Notenskizze nach Hause sandte, die in die "Hebriden-Overtüre" einging.
Die Wanderung führte die Freunde nach Glasgow und Liverpool.
Die Reiseeindrücke inspirierten ihn auch zur "Schottischen Symphonie".

Ein Brief an die Familie zeigt die akustische Wahrnehmung von Mendelssohn Bartholdy:

"Blair Atoll, 3. Aug. 1829, abends:
Hochlandskneipe an der Tunnelbrücke. Wilde Wirtschaft. Der Sturm heult, saust und pfeift draußen hin und her, schlägt unten die Türe zu und die Fensterläden auf, ob der Wasserlärm vom Regen oder von dem reißenden Schaumstrom herkommt, kann man nicht wissen, weil beide zusammen wüten; wir sitzen hier ruhig am Kaminfeuer, das schüre ich von Zeit zu Zeit an, dann flackert es auf; übrigens ist der Saal groß und leer, an einer Wand tröpfelt´s naß herunter; der Fußboden ist dünn, da hallt das Gespräch aus der Knechtsstube unten herauf, die singen betrunkene Lieder und lachen; ... und trotz all des Windes und Wasserlärms, trotz des Knechtgespräches und Türklappens ist es still! Still und sehr einsam.
Ich möchte sagen, dass die Stille durch den Lärm hindurchklingt..."

So kann nur ein Musiker empfinden!

Bärbel
yoli
yoli
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von yoli
als Antwort auf Maxi41 vom 13.07.2016, 14:26:21
ja das stimmt Bärbel, das hast du gut empfunden.
Ich finde die Worte > die singen betrunkene Lieder >>lustig..hihi
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
In einem Brief (s.u.) an Josephine Deym wird Beethovens Resignation und Traurigkeit wegen der unerfüllten Liebe zu Josephine deutlich. Es gibt einen erschütternden Briefwechsel zwischen diesen beiden Menschen, die aufgrund der damaligen gesellschaftlichen Normen auf eine Verbindung verzichten mussten. Der Adel stand zwischen ihnen. Das Auftauchen von 13 bisher unbekannten Briefen zeigt dass der Brief an die „Unsterbliche Geliebte“ nur Josephine Brunsvik gegolten haben kann.

"Ich bitte sie meine liebe Josephine diese Sonate *) ihrem Bruder zu übermachen - ich danke ihnen, daß sie noch scheinen wollen, als wäre ich nicht ganz aus ihrem Andenken verbannt, selbst, wenn es auch vieleicht mehr auf Veranlassung andrer geschah - sie wollen, ich soll ihnen sagen, wie es mir geht, eine Schwerere Frage kann man mir nicht aufwerfen - und ich will sie lieber unbeantwortet laßen, als - sie zu wahr beantworten - leben sie wohl liebe J.
wie immer ihr ihnen ewig ergebner
Beethowen"


*) Es handelte sich um Beethovens Sonate op. 57 – Appasionata

Anzeige

Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
Susanne Gontard an Hölderlin, nachdem Hölderlin aufgrund der entdeckten Liebe der Beiden seine Stellung verloren hatte.

So weit hatte ich schon in den 1ten 8 Tagen Deiner Entfernung geschrieben, und mein Herz kämpfte mit meiner Vernunft ob ich würklich diese Zeilen Dir schicken sollte, oder nicht; mein Herz siegte, in dem Fall, daß alle andere Beziehungen mit Dir mir abgeschnitten würden, Gelegenheit zu suchen Dir wenigstens Rechenschaft davon zu geben, denn den Gedanken so nah wie wir noch zu leben, und nach solcher Innigkeit gar nichts von einander zu hören und wissen zu wollen, konnte ich nicht fassen, es wäre mir unmöglich, diese Enthaltsamkeit mit Zartheit des Gemüts zu reimen, und ich glaube fast, Du mußtest das von mir erwarten, und hättest wenn ich schwiege Ursache mich des Gegenteils zu beschuldigen. Du konntest nicht zuerst schreiben, das fühlte ich wohl, weil ich immer dagegen war. Diese Gedanken bestimmten mich, verdenke es mir nicht daß ich Dir schrieb, und daß ich Dir klage; wären diese Klagen nicht zugleich Beweise meiner Gefühle, gewiß, Du würdest sie nicht hören. Jetzt bekam Henry Deinen Brief, welcher mich sehr aufrichtete, ich hatte immer nur Deine neue Freiheit und Unabhängigkeit vor Augen, Dein häuslich Leben, Deine stillen Zimmer und Deine grünen Bäume, am Fenster; Deinen Brief, diesen lieben Trost behielt ich aber kaum eine Viertelstunde, indem Henry ihn mir sehr gewissenhaft zurückforderte, um ihn zu zeigen, und so bekam ich ihn nicht wieder. Ich weiß nicht was Henry bei dieser Gelegenheit alles verboten wurde, ich fand ihn aber nachher sehr verändert, und er scheute sich Deinen Namen zu nennen. Du kämest nach Frankfurt und ich sah Dich nicht einmal von weitem, das war mir sehr hart! ich hatte immer auf den Sonnabend gerechnet, doch mußte ich eine Ahndung von Dir haben, denn ich öffnete, am Abend wie Du vorbeigingest, ungefähr um halb 9 Uhr das Fenster und dachte, wenn ich Dich doch im Schein der großen Laterne erblickte. Einige Zeit nachher, als ich Henry zum Hegel schicken wollte, antwortete er, es sei ihm nicht
mehr erlaubt, ich sagte ihm sehr ernsthaft, daß er ein undankbares Herz hätte wenn er gegen dieses Verbot gar keine Einwendungen gemacht, und wenn es ihm nicht sehr leid wäre, es half nichts, er sagte, er müsse doch gehorsam sein.
Jetzt wo denn alle Wege der Mitteilung uns abgeschnitten sind, und ich dadurch sehr empört bin, hoffe ich auf den Mann, den Du aus dem Gasthofe uns schicktest.
Du kannst mir, wenn Du es gut findest, und Sinclair einmal hierher kömmt, ihn bitten, wenn es angeht, und Du Dich nicht gegen ihn in ein falsches Licht setzest, mich zu besuchen, und mir durch ihn den Hipperion schicken wenn Du ihn schon bekommen, es ist mir nicht möglich ihn für ein paar Geldstücke zu kaufen. Ich werde dann wieder Nachricht von Dir bekommen, wie sehr wird es mich freuen! wenn es Dir gut gehet! –
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
Wie Mendelssohn bei dem alten Goethe das Interesse für Beethoven wecken konnte ist in diesem Brief an seine Lieben nachzulesen.

Weimar, den 25. Mai 1830
Eben bekomme ich Euren lieben Brief vom Himmelfahrtstag, und kann mir nicht helfen, muß noch einmal von hier aus darauf antworten. Dir, liebe Fanny, schicke ich nächstens die Copie meiner Symphonie; ich lasse sie hier abschreiben, und schicke sie nach Leipzig, (wo sie vielleicht aufgeführt werden wird) mit der gemessenen Ordre, sie Dir baldmöglichst zuzustellen. Sammle doch Stimmen über den Titel, den ich wählen soll. Reformationssymphonie, Confessionssymphonie, Symphonie zu einem Kirchenfest, Kindersymphonie, oder wie Du willst; schreib mir darüber, und statt aller dummen Vorschläge, einen klugen; die dummen, die aber bei der Gelegenheit ausgeheckt werden, will ich auch wissen.

Gestern Abend war ich in einer Gesellschaft bei Goethe, und spielte den ganzen Abend allein: Concertstück, Aufforderung, Polonaise in C von Weber, drei Wälsche Stücke, Schottische Sonate. Um zehn war es aus; ich blieb aber natürlich unter dummem Zeug, Tanzen, Singen u. s. w. bis zwölf, lebe überhaupt ein Heidenleben. – Der Alte geht immer um neun Uhr auf sein Zimmer, und so wie er fort ist, tanzen wir auf den Bänken, und sind noch nie vor Mitternacht aus einander gegangen.

Morgen wird mein Portrait fertig; es wird eine große, schwarze, sehr ähnliche Kreidezeichnung; aber ich sehe sehr brummig aus. Goethe ist so freundlich und liebevoll mit mir, daß ich's gar nicht zu danken, und zu verdienen weiß. Vormittags muß ich ihm ein Stündchen Clavier vorspielen, von allen verschiedenen großen Componisten, nach der Zeitfolge, und muß ihm erzählen, wie sie die Sache weiter gebracht hätten; und dazu sitzt er in einer dunklen Ecke, wie ein Jupiter tonans, und blitzt mit den alten Augen. An den Beethoven wollte er gar nicht heran. – Ich sagte ihm aber, ich könne ihm nicht helfen, und spielte ihm nun das erste Stück der C Moll-Symphonie vor. Das berührte ihn ganz seltsam. – Er sagte erst: »das bewegt aber gar nichts; das macht nur Staunen; das ist grandios,« und dann brummte er so weiter, und fing nach langer Zeit wieder an: »das ist sehr groß, ganz toll, man möchte sich fürchten, das Haus fiele ein; und wenn das nun alle die Menschen zusammenspielen!« Und bei Tische, mitten in einem anderen Gespräch, fing er wieder damit an.

Daß ich nun alle Tage bei ihm esse, wißt Ihr schon; da fragt er mich denn sehr genau aus, und wird nach Tische immer so munter und mittheilend, daß wir meistens noch über eine Stunde allein im Zimmer sitzen bleiben, wo er ganz ununterbrochen spricht. Das ist eine einzige Freude, wie er einmal mir Kupferstiche holt und erklärt, oder über Hernani und Lamartines Elegien urtheilt, oder über Theater, oder über hübsche Mädchen. Abends hat er schon mehreremal Leute gebeten, was jetzt bei ihm die höchste Seltenheit ist, so daß die meisten Gäste ihn seit langem nicht gesehen hatten. Dann muß ich viel spielen, und er macht mir vor den Leuten Complimente, wobei »ganz stupend« sein Lieblingswort ist.

Heute hat er mir eine Menge Schönheiten von Weimar zusammen gebeten, weil ich doch auch mit den jungen Leuten leben müsse. Komm ich dann in solcher Gesellschaft an ihn heran, so sagt er: »Meine Seele, Du mußt zu den Frauen hingehen, und da recht schön thun.« – Ich habe übrigens viel Lebensart, und ließ gestern fragen, ob ich nicht doch vielleicht zu oft käme. Da brummte er aber Ottilie an, die es bestellte, und sagte: »Er müsse erst ordentlich anfangen mit mir zu sprechen, denn ich sei über meine Sache so klar, und da müsse er ja vieles von mir lernen.« – Ich wurde noch einmal so lang, als Ottilie mir das wiedersagte, und da er mir's gestern gar selbst wiederholte, und meinte, es sei ihm noch Vieles auf dem Herzen, über das ich ihn aufklären müsse, so sagte ich »O ja« und dachte »es soll mir eine unvergeßliche Ehre sein.« Öfter geht es umgekehrt!
Felix.
Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Sirona vom 30.11.2016, 10:28:05
Vielen Dank, liebe Sirona.
Es ist doch immer wieder ein Genuss, ihn
zu lesen.

Künstler-Gedenken(Clematis)


Gruss
Clematis

Anzeige

Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 30.11.2016, 14:35:46
Es ist doch immer wieder ein Genuss, ihn zu lesen.


Und nicht nur zu lesen, liebe Clematis, sondern auch zu hören. Seine "Lieder ohne Worte" sind Poesie in Tönen.

Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 30.11.2016, 14:35:46
Es ist doch immer wieder ein Genuss, ihn zu lesen.


Und nicht nur zu lesen, liebe Clematis, sondern auch zu hören. Seine "Lieder ohne Worte" sind Poesie in Tönen.

Federstrich
Federstrich
Mitglied

Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Federstrich
Sirona und Clematis, vielen Dank für die interessanten Beiträge zu Mendelssohn, die mir klaffende Wissenslücken aufgezeigt und mich zu spontanem Nachlesen inspiriert haben. Gern würde ich die schwarzen Löcher etwas ausfüllen, wenn ich die Kraft dazu hätte.

Ein stiller Leser
Re: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Federstrich vom 01.12.2016, 11:19:42
Sirona und Clematis, vielen Dank für die interessanten Beiträge zu Mendelssohn, die mir klaffende Wissenslücken aufgezeigt und mich zu spontanem Nachlesen inspiriert haben. Gern würde ich die schwarzen Löcher etwas ausfüllen, wenn ich die Kraft dazu hätte.

Ein stiller Leser


lieber stiller Leser

will Dir gerne entgegenkommen, wenn Du - wenn Deine Kraft ausreicht - die Geschichte mit der Dampfnudel vielleicht auch noch nicht kennst?

Künstler-Gedenken(Clematis)


liebe Grüsse an Dich
Clematis

Anzeige