Literatur Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
Liebe Woschi,
mit Sicherheit kann man mich nicht als prüde bezeichnen, aber wie Du uns schon dieser Tage die
Tschaikowski-Beziehungen etwas näher gebracht hast, so frage ich mich hier auch bei Jean Marais,
ob manche PRIVATEN Briefe unbedingt den Weg in die Öffentlichkeit finden mußten, ob die
Briefschreiber jemals in Erwägung gezogen haben, daß FREMDE diese Zeilen lesen...................
Ich würde einen kleinen Unterschied machen zu den bisherigen Beiträgen in diesem Thread, wo
es sich auch um private Briefe handelt, aber nicht so um INTIME.
Bitte, entschuldige, aber das Voyeuristische liegt mir dann doch nicht so............
C.S.
Die Briefe wurden in einem Buch veröffentlicht - so wie alle hier zitierten oder kopierten Briefe.
Unter einem Thema wie "Ich habe mein Herz hineingeschrieben" sollte man doch Liebesbriefe erwarten und keine Bitt- und Bettelbriefe, wie sie Bach und Wagber zu Hauf geschrieben haben und auch keine Geschäftsbriefe.
Auch wenn Du vielleicht hoch geschnürte Briefe im viktorianischen Stil erwartet hast - was bitte sehr ist denn an den sehnsuchtsvollen Briefen von Tschaikovsky oder Cocteau anstössig? Weil sie von homosexuellen Männern geschrieben wurden? Wo stgeht denn in dem Brief irgend etwas anstössiges oder schmutziges oder ist es vielleicht deine Phantasie?
Und: Ja, Du bist prüde - in hohem Maße. Wie du ausgerechnet auf so zarte und sehnsuchtsvolle Briefe von Homosexuellen reagierst, das sagt viel über Dich. Allein dein Satz " mit Sicherheit kann man mich nicht als prüde bezeichnen, aber..." jaja ...
Sorry aber Deine Kritik weise ich zurück und werde mich an Karl und Margit wenden , die sollen darüber urteilen.
Ach du liebe Zeit, gerade gucke ich mal hier rein und fass mir an den Kopf.
In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? Und in welchem Jahrhundert haben diese Herren gelebt, war das etwa fortschrittlicher und freier als das 21.?
Das waren Zeiten, wo Homosexualität noch strafbar war, auch ein Oscar Wilde landete dafür im Zuchthaus und starb an den harten Folgen der Zwangsarbeit. Und in der NS-Zeit landeten sie im KZ und wurden umgebracht.
Und diese hochanständigen und überhaupt nicht pornographischen Briefe sind also anstößig?
Aber Kunsturteile sind so subjektiv und Geschmacksache, und auch diese Briefe fallen unter die Kunst, ich würde da nicht unbedingt Richter heranziehen, die das einzig wahre, vor der Welt bestehende Urteil abgeben sollen. Da muss schon jede/r selber sehen, wie er oder sie damit umgeht.
Ja, marina - genau wie Du schreibst: Gerade weil es für Homosexuelle ( Männer wie Frauen) in dieser Zeit noch viel schwerer war, überhaupt zu den Menschen zu stehen, die sie liebten und welche Last sie mit sich getragen haben müssen, gerade wenn sie denn auch noch im Fokus der Öffentlichkeit standen - das wäre eigentlich ein eigenes Thema wert, denn ich bin sicher, dass unter den vielen ST-Usern so einige sind, denen die Thematik vertraut ist und die selbst auch unter dem Vorurteil der Mitmenschen gelitten haben oder es noch tun, weil sie hmosexuell sind.
Ich lese gerade eine sehr interessante Biografie über den Kunstsammler, Dandy und Mäzen Harry Graf Kessler, der 57 Jahre lang Tagebücher schrieb, unzählige bekannte Zeitgenossen kennen lernen durfte - von Bismark bis Josefine Baker .. ein unglaublich interessanter Mann , weltgereist und sowohl Diplomat als auch bunter Vogel .. aber seine Homosexualität konnte er niemals ausleben, dagegen war Thomas Mann geradezu mit den berühmten und sich frei auslebenden Schwulen unserer Zeit zu vergleichen und der war noch sehr verklemmt ..
Nein, wieso sollen wir darüber urteilen? Die Briefe gehören unserer Meinung nach zum Thema. Bei diesem Thema erwartet man ja Beziehungsbriefe und homosexuelle Beziehungen müssen heutzutage nicht mehr verschwiegen werden.woschi
"Sorry aber Deine Kritik weise ich zurück und werde mich an Karl und Margit wenden , die sollen darüber urteilen."
Trotzdem darf natürlich auch Kritik geäußert werden. CharlotteSusanne hat ja nicht die Homosexualität zum Thema gemacht, sondern die Frage aufgeworfen, ob diese Briefe von den Autoren je zur Veröffentlichung frei gegeben worden wären. Das darf diskutiert werden, auch wenn die Praxis weltweit wohl dahin geht, dass Briefe, an denen ein größeres öffentliches Interesse besteht, publiziert werden, ohne Verstorbene fragen zu können.
Wir bewegen uns hier also in einem normalen Rahmen und ein Eingriff unsererseits wäre deplaziert.
Karl (in Abstimmung mit Margit)
vielen Dank Karl.
Ab 1786 besuchte Hölderlin die Klosterschule von Maulbronn, dort lernte er seine Jugendliebe Louise Nast kennen. Die Beziehung scheiterte jedoch nach drei Jahren an seinem mürrischen, missmutigen und kränkelnden Wesen. Ende April 1788 schrieb er aus Maulbronn folgenden Brief an Louise Nast, der noch an keine Trennung denken ließ.
Was wir doch für Menschen sind – Liebe! Ich meine, dieser Augenblick, da ich bei Dir war, sei seliger gewesen als alle, alle Stunden, da ich bei Dir. Unaussprechlich wohl war mirs, als ich so oben am Berg ging, und Deinen Kuß noch auf meinen Lippen fühlte – Ich blickte so heiß in die Gegend, ich hätte die ganze Welt umarmen mögen – und noch, noch ists mir so! Deine Veilchen stehen vor mir, Louise! Ich will sie aufbewahren, so lang ich kann.
Weil Du den Don Carlos liest, will ich ihn auch lesen, auf den Abend, wenn ich ausgeschafft habe.
Ich mache wirklich über Hals und Kopf Verse – ich soll dem braven Schubart ein Paket schicken.
Auf meinen Spaziergängen reim ich allemal in meine Schreibtafel - und was meinst Du? – an Dich! an Dich! und dann lösch ichs wieder aus. Dies hatt ich eben getan, als ich vom Berg herab Dich kommen sah.
O Liebe! An Gott und an mich denkst Du in Deinem Stübchen? Bleibe Du so, wann Du schon vielleicht die einzige unter Hunderten bist.
Kommt Deine Jfr. Schwester Wilhelmine heut? Hast Du ihr das Briefchen geschickt? Oder gibst Dus ihr erst? Ich höre, sie befindet sich besser. Ich soll Bilfingern auch ein Briefchen schicken – aber ich seh, es ist unmöglich bis morgen.
Wann ich nur immer so zufrieden bliebe, wie ich jetzt bin. Doch – ich liebe Dich ja unter jeder Laune fort – mein Zustand ist also doch nicht der schlechteste. Denke recht oft an mich. Du weißts – ich bleibe unzertrennlich
Dein Hölderlin
1799 erwähnte er in einem Brief an seine Mutter den Bruch dieser Verbindung mit folgenden Worten:
Und daß ich von einer Person, die mir so teuer war, über meine Veränderung, die sie selbst für nötig einsah, und die mich tausend Kämpfe kostete, Vorwürfe hören muß, daß ich denken muß, du machst dem Mädchen traurige Tage – O liebe Mamma! So viel hab ich doch nicht verdient!! – Aber hab ich doch ein gutes Gewissen, und weiß mich unter meinen Büchern zu trösten, und das ist herrlich! Ich wäre vielleicht schon oft auf Irrwege gekommen, wenn mein Los nicht wäre, mehr zu dulden als andere.
(aus: „Behalten Sie mich immer in freundlichem Angedenken“ – Briefe von und an Friedrich Hölderlin)
Woschi, was wolltest Du denn bei den Admins erreichen ?
Warum beschimpfst Du mich als prüde ?
Ich habe lediglich zu fragen gewagt, ob mancher prominente Briefschreiber wohl damit
einverstanden gewesen wäre, wenn so private Post von jedermann zu lesen sein würde.
Steht da von mir irgendwas, was gegen Schwule gerichtet ist ?
Wenn man nicht durch jedes Schlüsselloch gucken möchte, ist man prüde ?
Na ja...............................
C.S.
Woschi, was wolltest Du denn bei den Admins erreichen ?Liebe Charlie,
Warum beschimpfst Du mich als prüde ?
Ich habe lediglich zu fragen gewagt, ob mancher prominente Briefschreiber wohl damit
einverstanden gewesen wäre, wenn so private Post von jedermann zu lesen sein würde.
Steht da von mir irgendwas, was gegen Schwule gerichtet ist ?
Wenn man nicht durch jedes Schlüsselloch gucken möchte, ist man prüde ?
Na ja...............................
C.S.
Deine Frage ist berechtigt. Auch mir ist es oft mulmig, wenn alles was möglich ist und wird, öffentlich dasteht.
Es wurde hier in diesem Thread ein sehr sexistischer Brief eines Mannes eingestellt, den ich und meine Freundin Sirona pornografisch hielten.
Der Admin wurde informiert, er frug den ST-Beirat, ob dieser Brief gelöscht werden sollte.
Ergebnis: der Beirat beschloss, dass nicht gelöscht wird/werden muss, weil ein Mann sich auf seine Angebetete freue und sich das Treffen bis in alle Einzelheiten vorstellt und darüber ihr schreibt.
So, ich bin halt noch ein wenig "schenant", ich will solche Ausbrüche nicht lesen, befeuert mich nicht.
Für andere ist es offenbar ein Vergnügen, weil ein Künstler seine Sex-Träume - eben künstlerisch - schreibt.
Dies ganze schreib ich Dir, damit stell ich mich neben Dich. Auch wenn es jetzt einfach "nur" um intime Mitteilungen eines Liebespaares ging und nicht direkt um Sex. Fragen nach der Berechtigung zur Veröffentlichung ist absolut in Ordnung.
Schwierig macht es allerdings der ST.
Es wird sofort bewertet, und wie!
Davon könnten wir beide einen 8stimmigen Kanon singen, gelle! Pfeif drauf!
Liebe Grüsse in Deinen Abend
Ingeborg
Nun, der Gedanke liegt auf der Hand, zumal Du erst bei 2 Briefen Homosexueller so reagierst, bei allen anderen nicht. Und das seit 2015 ... Alle hier zitierten Briefe wurden schon in Büchern veröffentlicht und anderswo zitiert und weder habe ich mich über die Briefe lustig gemacht noch kritisiert - also warum dann erst bei diesen Briefen, aber keinem anderen zuvor?
War nur rhetorisch gefragt, Du brauchst nicht antworten.