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Literatur Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe

RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.01.2019, 17:18:12

Theodor Fontane
an
Paul Heyse

Berlin, 15. Januar 1890

Mein lieber Paul.

Andre, selbst solche, die's verstehn, bringen es auf dem Gebiete des Gelegen­heitsgedichts im günstigsten Fall zu einem einmaligen hochaufragenden Pic, bei Dir ist alles "Perus Ebene". Hochebene also, und das Ganze höher als die Kegel der Andern. Das habe ich jetzt wieder erfahren. Als ich Dein erstes Fontane-Ge­dicht gelesen, erschien mir ein Drüberhinaus unmöglich, und kaum gedacht, so war auch schon das zweite da, nicht drüber hinaus, aber doch bis hinan.
Alles hier (am 30.) war entzückt davon, selbst die, die sich bei der Hummermayon­naise, zu der wir uns aufgerafft, unterbrochen sahn. Es waren schöne Tage, deren Bestes freilich das war, daß auch sie vorübergingen. Zu der Empfindung eines ernsthaft "Gefeierten" bin ich eigentlich keinen Augenblick gekommen, jedes Hoch­gefühl blieb mir fremd, und von dem berühmten "Schwellen der Brust" keine Spur.

Es war ein Stück, in dem ich in einer bestimmten Rolle mitspielte, zugleich aber saß ich auch wieder im Parquet, und alles zog wandelbildartig an mir vorüber. Ich darf sagen, halbe Stunden lang ging es mich gar nichts an, und ich mußte mich immer wieder auf mich selbst besinnen. Der Gedanke, daß alles Irdische nur Bild, Vorstellung, Traum sei, hat mich nie so begleitet.

Eine besondere Freude war mir das briefliche Wiederauftauchen von Personen, von denen ich seit 50 und selbst 60 Jahren nichts mehr wußte. "Mein Gott, mein lieber Rathenow, lebt Er noch; ich dachte, Er wäre längst tot" - diese Worte des Al­ten Fritz auf seiner letzten Ruppiner Reise schwebten mir mehr als einmal auf der Lippe. - Daß Fenzel sich am Festabend so glänzend legitimierte, wirst Du vielleicht in den Zeitungen gelesen haben. Ich kann nur sagen, was Beethoven (ein etwas anmaßlicher Vergleich meinerseits) nach Aufführung des "Freischütz" gesagt ha­ben soll: "Hätt's dem Männel nicht zugetraut."

Der eigentliche Sieger des Abends aber war Goßler. Solche Rede hat, den "catili­narischen Existenzen" gegenüber, noch niemals ein preußischer Minister gehalten Der Jubel war groß.

Meine Damen empfehlen sich Dir angelegentlichst. Empfiehl mich Deiner hochver­ehrten Frau. Wie immer Dein alter, Dir speziell bei dieser Gelegenheit (denn Du brachtest erst Leben in die Bude) zu riesigem Danke verpflichteter

Th. Fontane

***
Im Dankesbrief von Th. Fontane an P. Heyse schildert er seinen 70. Geburtstag

"Mein Gott, mein lieber Rathenow" - Fontane erzählt die Anekdote im ersten Band der "Wanderungen durch die Mark Brandenburg".


Clematis


 
RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied

schön und oft erheiternd sind die voller Respekt und Sinnesfreude gleichermassen gefüllten Briefe des Reformers Martin Luther an seine geliebte Frau Katharina (geb. von Bora), die er sehr respektvoll gerne auch mit "Herr Käthe" ansprach ..

Dessau,24. Juli 1534

Lieber Herr Käthe!
Gestern hatte ich einen bösen Trunk gefasst, da musst ich singen. Gestern hatte ich einen bösen Trunk gefasst: da mußt ich singen. (…) Und ich habe gedacht: Wie gut Wein und Bier hab ich daheim, dazu eine schöne Frau - oder sollt ich sagen: Herrn? Und du tätest wohl, wenn du mir den ganzen Keller voll meines Weins herüberschicken würdest - und ein Pfloschen Deines Bieres, so erst du kannst. (…) Hiermit Gott befohlen samt unsern Kindern und allem Gesinde, Amen.

Dein Liebchen Martin Luther.

 

RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied

Der noch heute in Lateinamerika sehr verehrte Simon Boliver gilt als Befreier von der Kolonialmacht spanien - El Liberador! Er hatte auch eine sehr schöne Geliebte, die für ihn ihren Mann, ihre Familie und ihren nicht unerheblichen Reichtum aufgab und weiche, seidene Betten und Dienerschaft tauschte mit dem kargen und entbehrungsreichen  Leben als Frau eines Soldaten im ziehenden Heer.

Manuela Sáenz hiess sie,  gilt als eine der ersten feministinnen des Kontinents , stammte aus Quito und war mit einem sehr reichen Engländer verheiratet, der sie vergötterte. Auf einem Ball in Quito lrnte sie den hageren Simon Bolivar kennen und machte ihn quasi unsterblich - denn durch ihre  mutige Tat bei einem Putschversuch im Jahre 1828 in Bogotá stellte sie sich seinen Attentätern mit einem Schwert in der erhobenen Hand in den Weg, wodurch es Bolivar gelang, zu fliehen. So ging sie als „la libertadora del libertador“ in die Geschichte ein - als Befreierin des Befreiers .. beide liebten sich bis ans Ende ihrer Tage. ..waren aber nie miteinander verheiratet.
Einige Briefe sind überliefert. Er war 33, sie 25 als er diesen schrieb -



Hier einer aus dem Beginn ihrer Liebe

Hauptquartier in Guaranda, 3. Juli 1822

An die wunderbare Frau
Manuela Sáenz

Liebe Manuelita,
Ich möchte Ihnen, schöne Manuela, auf Ihre Bitten um Liebe antworten, die sehr fair waren.
Ich will versuchen, so ehrlich zu sein wie Sie es mir gegenüber sind. Zuvor gab es keine  Illusionen für mich. Nicht,  weil  Sie, Manuela, mich noch nicht geliebt hätten  oder ich Sie nicht -  aber ist an der Zeit, dass Sie wissen, dass ich vor Ihnen eine andere Frau mit der einzigartigen Leidenschaft der  Jugend verehrt habe, die ich aus Respekt  vor Ihnen nie nennen werde.

Ich weiche Ihren Briefen nicht aus, die meinen  meinen Wünschen und meiner Leidenschaft so sehr  am Herzen liegen. Ich denke nur nach und gebe Ihnen etwas Zeit, denn Ihre  Worte zwingen mich, zu Ihnen  zurückzukehren. weil ich weiß, dass dies meine Zeit ist, Sie zu lieben und einander zu lieben.

Ich möchte nur etwas Zeit, um mich daran zu gewöhnen, denn das militärische Leben ist nicht leicht oder nicht leicht zurückzuziehen. Ich habe den Tod viele Male verspottet, und er verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Was kann ich Ihnen  geben:  Vielleicht eine reale Begegnung? Lass mich sicher sein, dass Sie vor sich den Bolivar sehen, den Sie bewundern. Ich könnte Dich nie anlügen, Ich lüge nie!
Dass meine Leidenschaft für Sie verrückt ist, wissen Sie -

Geben sie mir Zeit,
Bolívar

 


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RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied

Das meiste aus dem nachfolgendem Text habe ich aus dem Englischen übersetzt, aus verschiedenen Büchern und websides

Liebesbriefe von Pjotr Tschaikowsky an seinen Neffen Bob Davidov

Viele Homosexuelle lieben seit mehr als 100 Jahren die die Musik von Piotr Iljitsch Tschaikowsky (1840-93) vor allem deshalb, weil sie in ihr  (richtig oder falsch) alle Sehnsüchte und Verzweiflung homosexueller Ängste in einer homophoben Welt wahrzunehmen  glauben. Obwohl er einer der großen musikalischen Denker war, ist es wegen der melodischen Lyrik und des Leidens, die in seinem Werk so unüberhörbar sind, dass sie jedem in Erinnerung bleiben wird.

Tschaikowskys Homosexualität wurde bis vor kurzem von sowjetischen Musikwissenschaftlern bestritten, und es muss noch viel Material aus russischen Archiven abgerufen und in übersetzt werden, um den wahren Tschaikowsky zu beschreiben. Bisher war dieses Archiv uner Verschluss.

Zu seinen Liebhabern gehörte auch sein Neffe Vladimir Davidov (zweiter Sohn seiner Schwester Alexandra) in den 1880er bis 1890er Jahren, dem er die Symphonie Pathétique (1893) widmete.

In seinem kryptographischen Tagebuch notierte er viele seiner Liebhaber und viele kurze Ereignisse. Stets war er aber in seiner Veranlagung ein Gejagter, der sich ständig verstellte -  im Gegensatz zu seinem Bruder Modest, der ebenfalls schwul war und der mit seinem Freund Nikolai ('Kolia') Hermanovich Konradi (1868-1923), einem taubstummen Jungen, den Modest betreute, fast 17 Jahre zusammenlebte und dazu auch in der Gesellschaft stand.

Während einer Krise im Alter von 36 Jahren schrieb Piotr an seinen Bruder:

Ich durchlebe jetzt eine sehr kritische Phase meines Lebens. Ich werde später noch ausführlicher darauf eingehen, aber im Moment sage ich Ihnen einfach, ich habe mich entschlossen zu heiraten. Es ist unvermeidlich. Ich muss es tun, nicht nur für mich selbst, sondern auch für Sie, Modeste und alle, die ich liebe.

Ich denke, dass für uns beide unsere Dispositionen das größte und unüberwindliche Hindernis für das Glück sind, und wir müssen unsere Natur nach besten Kräften bekämpfen. Was mich angeht, werde ich mein Möglichstes tun, um in diesem Jahr zu heiraten, und wenn mir der nötige Mut fehlt, werde ich jedenfalls meine Gewohnheiten für immer aufgeben. Sicher ist dir klar, wie schmerzhaft es für mich ist, zu wissen, dass die Leute Mitleid haben und mir vergeben, wenn ich in Wahrheit nichts schuldig bleibe.

Wie entsetzlich zu denken, dass diejenigen, die mich lieben, sich manchmal für mich schämen. Kurz gesagt, ich suche eine Ehe oder eine Art öffentliches Engagement bei einer Frau, um den Mund verschiedener verächtlicher Kreaturen zu schließen, deren Meinungen mir nichts bedeuten, die aber in der Lage sind, den Menschen in meiner Nähe Bedrängnis zu bereiten.

 


Tschaikowsky heiratete dann Antonina Milyukova im Jahr 1877, sagte aber offen zu seiner Frau, dass er sie nicht liebte, obwohl er ihr ein hingebungsvoller Freund sein würde.
Es überrascht nicht, dass die Ehe nach einigen Monaten katastrophal endete, was Tschaikowsky einem Nervenzusammenbruch nahe brachte , ihm aber auch half, seine unveränderliche sexuelle Natur zu akzeptieren und sich selbst nicht zu quälen.

Es folgten zahlreiche Affairen und Liebeleien, bis dann sein Neffe Vladimir Lvovich Davïdov in den späten 1880er Jahren sein Liebhaber und  Begleiter wurde. Tschaikowsky hatte auf seinen musikalischen Tourneen im Ausland immer Heimweh - er hasste die Einsamkeit der Großstädte - und er sehnte sich immer danach, zu seinem geliebten Neffen - "mein Idol", den er zu seinem Erben gemacht hatte, nach Hause zu kommen.

Sein Brief an Bob aus einem Hotelzimmer in London im Mai 1893 zeigt, dass diese Korrespondenz seine Lebenslinie gewesen ist:

„Ich schreibe Ihnen mit einem üppigen Vergnügen. Der Gedanke, dass dieses Blatt Papier in Ihren Händen sein wird, erfüllt mich mit Freude und bringt mir Tränen in die Augen. “


Später in diesem Jahr wurde Modest von 'Kolia' ausgeworfen, und es war geplant, in St. Petersburg eine Wohnung zu erwerben, in der Modest, Piotr und Bob zusammen leben würden. Es sollte aber nicht sein, denn im November 1893, weniger als einen Monat nach der Premiere der Symphonie Pathétique, wurde Tschaikowsky ermordet.

Es wurde berichtet, dass er an Cholera starb, verursacht durch das Trinken eines nicht gekochten Glases Wasser. Am 1. November (Julianischer Kalender)  speiste er mit Bob nach einem Theaterstück in einem Restaurant und bestand darauf, ein Glas Wasser zu trinken,  obwohl es nicht abgekocht war und obwohl seine Freunde dringend davon abrieten  (Eine andere Version besagt, dass er in die Küche in Modests Wohnung gerannt war, um das ungekochte Wasser zu holen, und schrie: "Wen interessiert das?") 
Am 2. November wurde er krank und am 6. November starb er an Nierenversagen und Austrocknung Erbrechen und Durchfall. Der Tod durch Cholera kann jedoch nicht so schnell nach einer Infektion stattfinden, und selbst Rimsky-Korsakov, der in Modests Wohnung dem Komponisten den Respekt erwies, fand es seltsam, dass die Wohnung nicht desinfiziert worden war und dder o0ffen aufgebahrte Leichnahm von den Trauernden geküsst wurde, trotzdem eine behördliche  Vorschriften vorlag, welche die Versiegelung des Sarges bei Cholera erforderten.
Gerüchte über Selbstmord kamen in Umlauf. Erst in den 1920er Jahren gab einer der anwesenden Ärzte, Vasily Bertenson, zu, dass Tschaikowsky sich selbst vergiftet hatte.

Seine Liebe zu seinem Neffen war wohl so etwas wie fast die Erfüllung seiner Sehnsüchte und einige seiner Briefe blieben erhalten:

New York2. Mai 1891
Die Dinge überschlagen sich hier so dermassen,  dass es unmöglich ist, Briefe zu schreiben. Kein freier Moment, und ich schaffe es kaum, mein Tagebuch zu schreiben. Ich machte einen Ausflug nach Niagara. Nach meiner Rückkehr musste ich einen Mr. Mayer in seinem Landhaus besuchen und in den wenigen freien Stunden, die ich noch hatte, einige Besuche machen.

Dann wurde ich zum Mittagessen eingeladen. Insgesamt war ich furchtbar beschäftigt und bin vor Erschöpfung völlig taub. Heute Nacht muss ich bei einem großen Abendessen sein und dann um Mitternacht nach Baltimore fahren.
Morgen eine Probe und ein Konzert dort, am Tag darauf Washington, dann Philadelphia, dann zwei Tage hier, wo meine ganze Zeit bereits gebucht ist, und endlich geht es am Morgen des 21. zurück nach Hause.

Oh Gott! Werde ich jemals zu diesem glücklichen Moment kommen !!!
In etwa einer Woche, nachdem Sie diesen Brief erhalten haben, werde ich bei Ihnen sein !!!

Dies scheint ein unerreichbares, unmögliches Glück zu sein!
Ich versuche, so wenig wie möglich darüber nachzudenken, genug Kraft zu haben, um den letzten unerträglichen Tagen standzuhalten. Aber trotz allem habe ich das Gefühl, dass ich mich mit Liebe an Amerika erinnern werde.

Jeder war wunderbar nett. Hier sind einige Zeitungsausschnitte. Bringt noch viel mehr mit. Ich denke, Sie werden mein Tagebuch lieber lesen als nur kurze Nachrichten aus meinen Briefen.    
Ich umarme euch alle.         
P. Tschaikowsky    
In nur einer Woche !!!


 

Willy
Willy
Mitglied

RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von Willy
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.02.2019, 12:23:50

Großartig und leider habe ich die Arbeit und andere mehr oder weniger zufällig gefunden. 
LG
Willy

RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Willy vom 10.02.2019, 12:31:56

das freut mich, Danke Willy!

Schön, wenn man eine so positive Reaktion bekommt.
ich habe noch weitere Briefe von Tchaikovsky aus dem engl Band "Letters to his Family"
die ich gerne noch übersetzen werde, wenn Interesse besteht


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RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Willy vom 10.02.2019, 12:31:56

Theodor Fontane

an Carl Müller-Grothe
Berlin, 17. Dezember 1884

Hochverehrter Herr und Freund.

Empfangen Sie meinen ergebensten Dank für das schöne Hebbel-Buch, das erstens wundervoll aussieht (so müssen Bücher aussehn) und zweitens inhaltlich was bedeutet. Sie werden Ehre und Freude daran haben, auch wenn der Absatz nicht bedeutend sein sollte. Gestern abend - ich wollte nur blättern - habe ich mich gleich hineinvertieft. Es interessiert mich aufs höchste, trotzdem mir der Mann im höchsten Grade unsympathisch ist. Seine Natur widersteht mir, seine Art sich auszudrücken ist geschraubt, geziert, aber die geistige Potenz und daneben der echte Künstlerernst ist so groß, dass ich ihn liebe und bewundre trotz seiner Unausstehlichkeit. Lesen Sie S. 313 die Geschichte vom kleinen Hündchen etc. Welche Haberei, welche Selbstbespiegelung. Und doch hat es wieder einen Zauber. Man kommt aus dem Zwiespalt nicht heraus.

In vorzüglicher Ergebenheit

Th. Fontane


Clematis
 
RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Jean Marais (1913 - 1998) und Jean Cocteau (1889 - 1993)

Als Marais geboren wurde, hatte Cocteau bereits einige Gedichte veröffentlicht und die ersten Liebesaffairen hinter sich. Cocteau, der Universalkünstler und Marais, der Schauspieler und Bildhauer, begegneten sich zum ersten Mal 1937 und Marais gestand später, dass er die Verliebtheit des viel älteren Cocteaus, der dem schönen Marais sehr schnell verfiel, zunächst nur ausnutzen wollte, um seine eigene Karriere anzuschieben. Das soll sich aber schnell geändert haben und die beiden blieben bis zu Coctgaus Tod zwar nicht immer ein Paar, aber sich stets in Liebe verbunden.  Jean Cocteau erschuf als Schriftsteller, Choreograph, Maler sowie als Filmregisseur ein vielseitiges Oeuvre und den Film "Es war einmal" ( La Belle et la Bête ) schrieb er Marais quasi auf den Bauch.  Aus ihrer gemeinsamen Preis sind zahlreiche Briefe erhalten:
 * * * * * * * *
19, Place de la Madeleine (1939)

Meine geliebte Jeannot,

Ich bin gekommen, um dich so zu lieben (mehr als alles andere auf der Welt), dass ich mir selbst den Befehl gegeben habe, dich nur als Vater zu lieben, und ich möchte, dass du weißt, dass es nicht darum geht, dass ich dich weniger liebe, sondern mehr.

Ich hatte Angst, ja geradezu Todesangst,  zu viel zu wollen, Ihnen nicht die Freiheit zu geben und Sie wie in einem Bühnenstück zu monopolisieren [Les Parents terribles, erstmals 1938 im Pariser Théâtre des Ambassadeurs aufgeführt].

Und dann fürchtete ich, ich könnte furchtbar leiden, wenn Sie sich verlieben würden und wenn Sie mich nicht verletzen wollten. Ich sagte mir, wenn ich dich frei ließe, würdest du mir alles sagen, und ich sollte weniger unglücklich sein, als wenn du das Geringste vor mir verbergen müsstest.

Ich kann nicht sagen, dass dies eine Entscheidung war, die sehr schwer zu treffen war - weil meine Anbetung mit Respekt vermischt ist - sie hat einen religiösen, fast heiligen Charakter - und weil ich Ihnen alles geben will, was ich von mir geben kann.

Ich befürchte jedoch, dass es zu einer gewissen Zurückhaltung Ihrerseits kommt, wenn ich es Ihnen direkt sage. Deshalb schreibe ich Ihnen von Herzen, anstatt zu sprechen.


Mein Jeannot, ich sage Ihnen noch einmal, dass Sie alls für mich sind. Schon die Vorstellung, Sie zu behindern, Ihre wundervolle Jugend auszunutzen, wäre abscheulich. Ich konnte Ihnen einige s meines Glanzes und Erfolges zu geben und von der Ehre, die mir zu Teil wird - und das ist das einzige wirkliche Ergebnis dieses Spiels, das einzige Ergebnis, das zählt und das mich wärmt.

Denken Sie nach - Sie werden jemanden in Ihrem Alter treffen, den Sie vor mir verbergen werden, oder den Sie sich vor der Liebe aus Angst vor der Verzweiflung  ausbremsen könnten. Ich sollte bis zu meinem Tod wütend auf mich sein, wenn das passiert.  Zweifellos ist es vorzuziehen, mir einen kleinen Teil meines Glücks zu nehmen, um Selbstvertrauen zu gewinnen und mutig genug zu werden, damit Sie sich freier fühlen als mit einem Papa oder einer Mumie.

Sie müssen meine Bedenken, meine Skrupel und meine Not erraten haben. Sie sind sehr scharfsinnig, mein kleiner Jeannot, und Sie wissen viel mehr als zwei oder drei Dinge, wie sie gerne behaupten.

Ich musste Ihnen meine Haltung einfach erklären, damit Sie auch nicht nur für einen Moment glauben, dass der Schatten eines Schattens zwischen uns ist. Ich schwöre Ihnen, dass ich fair und ritterlich genug bin, um überhaupt nicht eifersüchtig zu sein, und dies zwingt mich dazu, in Übereinstimmung mit dem Gott zu leben, zu dem wir beten. Dieser Gott hat uns so viel gegeben, dass es falsch wäre, mehr von ihm zu verlangen. Ich glaube, dass Opfer ihre Belohnung finden, tadelt mich nicht, mein wunderschöner Engel.

Ich sehe durch die Art und Weise, wie Sie mich betrachten, dass Sie wissen, dass niemand Sie mehr liebt als ich - und ich sollte mich schämen, das geringste Hindernis in Ihren Weg zu stellen. Mein Jeannot verehrt mich, wie ich Ihn verehre und mich tröste. Drücke mich in dein Herz. Hilf mir, ein Heiliger zu sein, deiner und meiner selbst würdig zu sein. Ich lebe nur durch dich

J.C.


ein Bild aus dem Sommer 1938 oder 39



PS ich habe den Brief von einer Französischen Seite übernommen und übersetzt
RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.02.2019, 11:25:11
Ach, der Jean Marais, ich weiss noch, als ich als junge Frau von seinem "Verhältnis" erfuhr, sagte ich zu meiner Freundin:
"Der hübsche Kerle soll doch Frauen beglücken!"

Hat er aba nich!

Dankeschön.
Clematis



 
RE: Ich hab mein Herz hineingeschrieben - Briefe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.02.2019, 11:30:45

da gent es Dir nicht alleine so . liebe Clematis :-) Er war wirklich ein so schöner Mann ... und es war mir als junger Frau stets unverständlich, was er nur an diesem nicht geradesattraktiven Cocteau fand .. damals war ich 16 :-) Aber die 2 waren schonein sehr ungleiches Paar ..


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