Literatur Gedichte zur Jahreszeit
Angelus Silesius (1624-1677)
Die Psyche muntert sich mit dem Frühling zu einem neuen Leben auf
Der Frühling kommt heran,
Der holde Blumenmann,
Es geht schon Feld und Anger
Mit seiner Schönheit schwanger.
Der Blütenfeind, der Nord,
Steht auf und macht sich fort.
Das Turteltäubelein
Lasst hörn die Seufzerlein.
Die Lerch ist aus der Gruft
Und zieret Feld und Luft
Mit ihrem Direlieren,
Das sie so schön kann führen.
Die Künstlern Nachtigall
Lockt und zickt überall.
Die Vöglein jung und alt
Sind munter in dem Wald.
Die Sonne führet schon
Ihr'n freudenreichen Thron Durch ihre güldnen Pferde
Viel näher zu der Erde.
Die Wälder ziehn sich an
Und stecken auf ihr Fahn.
Der Westwind küsst das Laub
Und reucht nach Blumenraub.
Das Wild lauft hin und her
Die Läng und auch die Quer.
Es tanzen alle Wälder,
Es hüpfen alle Felder.
Das liebe Wollenvieh,
Das weidet sich nun früh.
Die stumme Schuppenschar
Schwimmt wieder offenbar.
Die ganze Kreatur
Wird anderer Natur.
Die Erde wird verneuet,
Das Wasser wird erfreuet,
Die Luft ist lind und weich,
Warm, tau- und regenreich.
Der Himmel lacht uns an,
So schön er immer kann.
Drum kreuch auch meine Seel
Herfür aus deiner Höhl.
Lass deines Herzens Erden
Zu einem Frühling werden.
Zertritt Gefröst und Eis
Und werd ein grüner Reis.
Sei eine neue Welt
Und tugendvolles Feld.
Lass deine Seufzer gehn
Mit lieblichem Getön.
Lass hören dein Verlangen,
Den Bräutgam zu empfangen.
Sei eine Nachtigall,
Und lock mit Liebesschall
Der Himmel höchste Zier,
Den süßen Gott, zu dir.
Schwing dich behänd und fein,
Gleich wie ein Lerchelein,
Vom irdischen Getümmel
Und schwebe frei im Himmel.
Bereite dich mit Klang
Und stetem Lobgesang,
Den Schöpfer zu verehrn
Und seinen Ruhm zu mehrn.
Es fähret schon herein
Sein gnädger Sonnenschein.
Er lässt schon seine Strahlen
Dein ganzes Herz bemalen.
Sein Geist, der süße Wind,
Weht schon dich an, sein Kind.
Drum blüh in seiner Lieb
Und folge seinem Trieb.
Die Psyche muntert sich mit dem Frühling zu einem neuen Leben auf
Der Frühling kommt heran,
Der holde Blumenmann,
Es geht schon Feld und Anger
Mit seiner Schönheit schwanger.
Der Blütenfeind, der Nord,
Steht auf und macht sich fort.
Das Turteltäubelein
Lasst hörn die Seufzerlein.
Die Lerch ist aus der Gruft
Und zieret Feld und Luft
Mit ihrem Direlieren,
Das sie so schön kann führen.
Die Künstlern Nachtigall
Lockt und zickt überall.
Die Vöglein jung und alt
Sind munter in dem Wald.
Die Sonne führet schon
Ihr'n freudenreichen Thron Durch ihre güldnen Pferde
Viel näher zu der Erde.
Die Wälder ziehn sich an
Und stecken auf ihr Fahn.
Der Westwind küsst das Laub
Und reucht nach Blumenraub.
Das Wild lauft hin und her
Die Läng und auch die Quer.
Es tanzen alle Wälder,
Es hüpfen alle Felder.
Das liebe Wollenvieh,
Das weidet sich nun früh.
Die stumme Schuppenschar
Schwimmt wieder offenbar.
Die ganze Kreatur
Wird anderer Natur.
Die Erde wird verneuet,
Das Wasser wird erfreuet,
Die Luft ist lind und weich,
Warm, tau- und regenreich.
Der Himmel lacht uns an,
So schön er immer kann.
Drum kreuch auch meine Seel
Herfür aus deiner Höhl.
Lass deines Herzens Erden
Zu einem Frühling werden.
Zertritt Gefröst und Eis
Und werd ein grüner Reis.
Sei eine neue Welt
Und tugendvolles Feld.
Lass deine Seufzer gehn
Mit lieblichem Getön.
Lass hören dein Verlangen,
Den Bräutgam zu empfangen.
Sei eine Nachtigall,
Und lock mit Liebesschall
Der Himmel höchste Zier,
Den süßen Gott, zu dir.
Schwing dich behänd und fein,
Gleich wie ein Lerchelein,
Vom irdischen Getümmel
Und schwebe frei im Himmel.
Bereite dich mit Klang
Und stetem Lobgesang,
Den Schöpfer zu verehrn
Und seinen Ruhm zu mehrn.
Es fähret schon herein
Sein gnädger Sonnenschein.
Er lässt schon seine Strahlen
Dein ganzes Herz bemalen.
Sein Geist, der süße Wind,
Weht schon dich an, sein Kind.
Drum blüh in seiner Lieb
Und folge seinem Trieb.
Wenn der Frühling kommt
Wenn der Frühling kommt,
Von den Bergen schaut,
Wenn der Schnee im Tal
Und von den Hügeln taut,
Wenn die Finken schlagen
Und zu Neste tragen,
Dann beginnt die liebe, goldne Zeit
Wenn der Weichselbaum
Duft'ge Blüten schneit,
Wenn die Störche kommen
Und der Kuckuck schreit,
Wenn die Bächlein quellen
Und die Knospen schwellen,
Dann beginnt die liebe, goldne Zeit
(Volkslied)
Wenn der Frühling kommt,
Von den Bergen schaut,
Wenn der Schnee im Tal
Und von den Hügeln taut,
Wenn die Finken schlagen
Und zu Neste tragen,
Dann beginnt die liebe, goldne Zeit
Wenn der Weichselbaum
Duft'ge Blüten schneit,
Wenn die Störche kommen
Und der Kuckuck schreit,
Wenn die Bächlein quellen
Und die Knospen schwellen,
Dann beginnt die liebe, goldne Zeit
(Volkslied)
Grün
Mit solcher Gewalt bricht der Frühling herein,
daß wir nicht nachkommen, um uns zu sehen.
Über Nacht sind Wunder und Wunder geschehen.
Über Blüten, blau, gelb schon Schmetterlingswehen.
Überstürzen, Brausen, Außersichsein.
Vorausgeworfene Sommertage
Anfang April. Ob das wohl bedeute:
lebt, was ihr könnt und lebt unbedingt heute! zertrümmert
Der Sommer wird schlimmer Wirrnisse Beute,
Zeit des Entsetzens und Zeit sein der Klage.
So ist uns der Glücksrausch von Ängsten zersetzt.
Wie würden wir diesen Frühling genießen,
in dem schon Ströme des Sommers fließen,
wär nicht die Stille zertrümmert vom Schießen
und der Himmel von eisernen Vögeln verletzt.
Und doch dieser Tag, um uns alles zu geben.
Tag grün mit dem wie gewendeten Duft
aus des Erdreichs eben geöffneter Gruft,
der sich mit der geläuterten Luft
mischt zum Geruch von ewigem Leben.
Überstürzen, Brausen, Außersichsein.
Über Blüten, blau, gelb schon Schmetterlingswehen.
Über Nacht sind Wunder und Wunder geschehen.
Daß wir nicht nachkommen, um uns zu sehen.
Mit solcher Gewalt fällt der Frühling ein.
Eva Strittmatter
Mit solcher Gewalt bricht der Frühling herein,
daß wir nicht nachkommen, um uns zu sehen.
Über Nacht sind Wunder und Wunder geschehen.
Über Blüten, blau, gelb schon Schmetterlingswehen.
Überstürzen, Brausen, Außersichsein.
Vorausgeworfene Sommertage
Anfang April. Ob das wohl bedeute:
lebt, was ihr könnt und lebt unbedingt heute! zertrümmert
Der Sommer wird schlimmer Wirrnisse Beute,
Zeit des Entsetzens und Zeit sein der Klage.
So ist uns der Glücksrausch von Ängsten zersetzt.
Wie würden wir diesen Frühling genießen,
in dem schon Ströme des Sommers fließen,
wär nicht die Stille zertrümmert vom Schießen
und der Himmel von eisernen Vögeln verletzt.
Und doch dieser Tag, um uns alles zu geben.
Tag grün mit dem wie gewendeten Duft
aus des Erdreichs eben geöffneter Gruft,
der sich mit der geläuterten Luft
mischt zum Geruch von ewigem Leben.
Überstürzen, Brausen, Außersichsein.
Über Blüten, blau, gelb schon Schmetterlingswehen.
Über Nacht sind Wunder und Wunder geschehen.
Daß wir nicht nachkommen, um uns zu sehen.
Mit solcher Gewalt fällt der Frühling ein.
Eva Strittmatter
William Wordsworth:
I wandered Lonely
As A Cloud
I wandered lonely as a cloud
That floats on high o'er vales and hills,
When all at once I saw a crowd,
A host, of golden daffodils;
Beside the lake, beneath the trees,
Fluttering and dancing in the breeze.
Continuous as the stars that shine
And twinkle on the milky way,
They stretched in never-ending line
Along the margin of a bay:
Ten thousand saw I at a glance,
Tossing their heads in sprightly dance.
The waves beside them danced; but they
Out-did the sparkling waves in glee:
A poet could not but be gay,
In such a jocund company:
I gazed--and gazed--but little thought
What wealth the show to me had brought:
For oft, when on my couch I lie
In vacant or in pensive mood,
They flash upon that inward eye
Which is the bliss of solitude;
And then my heart with pleasure fills,
And dances with the daffodils.
Eine Übersetzung ins Deutsche von Walter A. Aue:
William Wordsworth:
Ich wandert' einsam
wie die Wolk'
Ich wandert' einsam wie die Wolk',
Die über Tal und Hügel zieht.
Da sah ich, daß ein ganzes Volk -
Ein Heer! - von Goldnarzissen blüht;
Am See, wo Steine moosig sind,
da tanzen flatternd sie im Wind.
Wie lange Reih'n von Sternen, die
Hell schimmern auf im Überschwang,
So zieht der Blumen Galaxie
Dem Ufer einer Bucht entlang:
Zehntausend Blumen sieht mein Blick
Im Tanz, den Kopf gewandt zurück.
Gleich ihnen, Wellen tanzen heut,
Doch Blumen tanzen froher noch.
Der Dichter selbst fühlt Fröhlichkeit
In solcher heit'ren Menge doch.
So starrt' ich - starrt' - doch merkt' ich nicht
Welch' Schatz mir brachte diese Sicht:
Lieg' jetzt ich auf der Couch allein,
Oft still verträumt, oft denkbereit,
Erscheinen sie dem Auge mein
Als Wonne meiner Einsamkeit:
Dann füllt mein Herz mit Glück sich ganz
Als Tänzer im Narzissentanz.
Das Gedicht zweimal gesprochen (davon einmal von Jeremy Irons)
auf dieser Seite:
Enigma
I wandered Lonely
As A Cloud
I wandered lonely as a cloud
That floats on high o'er vales and hills,
When all at once I saw a crowd,
A host, of golden daffodils;
Beside the lake, beneath the trees,
Fluttering and dancing in the breeze.
Continuous as the stars that shine
And twinkle on the milky way,
They stretched in never-ending line
Along the margin of a bay:
Ten thousand saw I at a glance,
Tossing their heads in sprightly dance.
The waves beside them danced; but they
Out-did the sparkling waves in glee:
A poet could not but be gay,
In such a jocund company:
I gazed--and gazed--but little thought
What wealth the show to me had brought:
For oft, when on my couch I lie
In vacant or in pensive mood,
They flash upon that inward eye
Which is the bliss of solitude;
And then my heart with pleasure fills,
And dances with the daffodils.
Eine Übersetzung ins Deutsche von Walter A. Aue:
William Wordsworth:
Ich wandert' einsam
wie die Wolk'
Ich wandert' einsam wie die Wolk',
Die über Tal und Hügel zieht.
Da sah ich, daß ein ganzes Volk -
Ein Heer! - von Goldnarzissen blüht;
Am See, wo Steine moosig sind,
da tanzen flatternd sie im Wind.
Wie lange Reih'n von Sternen, die
Hell schimmern auf im Überschwang,
So zieht der Blumen Galaxie
Dem Ufer einer Bucht entlang:
Zehntausend Blumen sieht mein Blick
Im Tanz, den Kopf gewandt zurück.
Gleich ihnen, Wellen tanzen heut,
Doch Blumen tanzen froher noch.
Der Dichter selbst fühlt Fröhlichkeit
In solcher heit'ren Menge doch.
So starrt' ich - starrt' - doch merkt' ich nicht
Welch' Schatz mir brachte diese Sicht:
Lieg' jetzt ich auf der Couch allein,
Oft still verträumt, oft denkbereit,
Erscheinen sie dem Auge mein
Als Wonne meiner Einsamkeit:
Dann füllt mein Herz mit Glück sich ganz
Als Tänzer im Narzissentanz.
Das Gedicht zweimal gesprochen (davon einmal von Jeremy Irons)
auf dieser Seite:
Enigma
Hier ein Gedicht zu allen Jahreszeiten. Der Verfasser ist mein Enkel Jan, er war, als er es dichtete, 8 Jahre alt.
Frühling bunt,
Sommer grün,
Herbst braun,
Winter weiß,
ohne Ferien alles scheiß.
Frühling bunt,
Sommer grün,
Herbst braun,
Winter weiß,
ohne Ferien alles scheiß.
Super, das Gedicht von Deinem Enkel, Mariamaus! Ein Minimalist, der Jan, der in wenigen Worten alles ausdrücken kann! Clara
Noch ein Frühlingslied
Der Frühling zündet die Kerzen an
in den grünen Kastanienkronen,
und die Wiesen sind gelb vom Löwenzahn
und rot von Anemonen.
Am Abend tollt ein junger Wind,
bläst in die Apfelblüten,
die schnei'n auf die, die mürrisch sind
und immer Trübsal brüten.
Sie werden davon ganz zugedeckt,
vom Kopf bis zu den Sohlen.
Die Kerle, die kein Frühling weckt,
die sollte der Teufel holen.
Und weckt diese Kerle kein Blütengeflock,
wird sie auch der Sommer nicht lohnen,
und rauscht es in unserm Bienenstock,
so enden sie wie die Drohnen.
Text: Louis Fürnberg
Der Frühling zündet die Kerzen an
in den grünen Kastanienkronen,
und die Wiesen sind gelb vom Löwenzahn
und rot von Anemonen.
Am Abend tollt ein junger Wind,
bläst in die Apfelblüten,
die schnei'n auf die, die mürrisch sind
und immer Trübsal brüten.
Sie werden davon ganz zugedeckt,
vom Kopf bis zu den Sohlen.
Die Kerle, die kein Frühling weckt,
die sollte der Teufel holen.
Und weckt diese Kerle kein Blütengeflock,
wird sie auch der Sommer nicht lohnen,
und rauscht es in unserm Bienenstock,
so enden sie wie die Drohnen.
Text: Louis Fürnberg
Frühlingserwachen
Wieder hat sich die Natur verjüngt,
wieder sich mit frischem Stoff gedüngt,
und dem Moder wie den jungen Keimen
hat die Kunst zu malen und zu reimen.
Die Gebeine harren der Bestattung,
währenddem die Früchte der Begattung
fröhlich ins Bereich des Lebens ziehn -
insoferne sie soweit gediehn.
Viech- und Menschen heben sich die Büsen;
in den Bäumen quillt's und den Gemüsen.
Tief im Kern der Erde hat's gekracht:
Ja, der Früh-, der Frühling ist erwacht.
Erich Mühsam
Wieder hat sich die Natur verjüngt,
wieder sich mit frischem Stoff gedüngt,
und dem Moder wie den jungen Keimen
hat die Kunst zu malen und zu reimen.
Die Gebeine harren der Bestattung,
währenddem die Früchte der Begattung
fröhlich ins Bereich des Lebens ziehn -
insoferne sie soweit gediehn.
Viech- und Menschen heben sich die Büsen;
in den Bäumen quillt's und den Gemüsen.
Tief im Kern der Erde hat's gekracht:
Ja, der Früh-, der Frühling ist erwacht.
Erich Mühsam
@ enigma!
Besonderen Dank für den Beitrag zu Wordsworth.
Ich zitiere aus dem Gedicht nochmals, was da am Gedichtende ausgedrückt wird und mit den Erläuterungen zur Quelle der deutschen Übertragung formuliert wird:
William Wordsworth:
I wandered Lonely
As A Cloud
(...)
Lieg' jetzt ich auf der Couch allein,
Oft still verträumt, oft denkbereit,
Erscheinen sie dem Auge mein
Als Wonne meiner Einsamkeit:
Dann füllt mein Herz mit Glück sich ganz
Als Tänzer im Narzissentanz.
Besonderen Dank für den Beitrag zu Wordsworth.
Ich zitiere aus dem Gedicht nochmals, was da am Gedichtende ausgedrückt wird und mit den Erläuterungen zur Quelle der deutschen Übertragung formuliert wird:
William Wordsworth:
I wandered Lonely
As A Cloud
(...)
Lieg' jetzt ich auf der Couch allein,
Oft still verträumt, oft denkbereit,
Erscheinen sie dem Auge mein
Als Wonne meiner Einsamkeit:
Dann füllt mein Herz mit Glück sich ganz
Als Tänzer im Narzissentanz.
Und dräut der Winter noch so sehr
Und dräut der Winter noch so sehr
mit trotzigen Gebärden,
und streut er Eis und Schnee umher,
es muss doch Frühling werden.
Und drängen die Nebel noch so dicht
sich vor dem Blick der Sonne,
sie wecket doch mit ihrem Licht
einmal die Welt zur Wonne.
Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht!
mir soll darob nicht bangen,
auf leise Sohlen über Nacht
kommt doch der Lenz gegangen.
Da wacht die Erde grünend auf,
weiß nicht, wie ihr geschehen,
und lacht in den sonnigen Himmel hinauf
und möchte vor Lust vergehen.
Sie flicht sich blühende Kränze ins Haar
und schmückt sich mit Rosen und Ähren
und lässt die Brünnlein rieseln klar,
als wären es Freudenzähren.
Drum Still! Und wie es frieren mag,
o Herz, gibt dich zufrieden!
Es ist ein großer Maientag
der ganzen Welt beschieden.
Und wenn dir oft auch bangt und graut,
als sei die Höll´ auf Erden,
nur unverzagt auf Gott vertraut!
Es muss doch Frühling werden.
Emanuel Geibel
Und dräut der Winter noch so sehr
mit trotzigen Gebärden,
und streut er Eis und Schnee umher,
es muss doch Frühling werden.
Und drängen die Nebel noch so dicht
sich vor dem Blick der Sonne,
sie wecket doch mit ihrem Licht
einmal die Welt zur Wonne.
Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht!
mir soll darob nicht bangen,
auf leise Sohlen über Nacht
kommt doch der Lenz gegangen.
Da wacht die Erde grünend auf,
weiß nicht, wie ihr geschehen,
und lacht in den sonnigen Himmel hinauf
und möchte vor Lust vergehen.
Sie flicht sich blühende Kränze ins Haar
und schmückt sich mit Rosen und Ähren
und lässt die Brünnlein rieseln klar,
als wären es Freudenzähren.
Drum Still! Und wie es frieren mag,
o Herz, gibt dich zufrieden!
Es ist ein großer Maientag
der ganzen Welt beschieden.
Und wenn dir oft auch bangt und graut,
als sei die Höll´ auf Erden,
nur unverzagt auf Gott vertraut!
Es muss doch Frühling werden.
Emanuel Geibel