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Literatur Gedichte verschiedene

enigma
enigma
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von enigma
als Antwort auf arno vom 01.01.2008, 11:28:35
Der Schmetterling

Hast recht. Als eine luftge Flatterlinie
Bin ich so lieblich.
Mein Atlaskleid, so lebend und beweglich
Sind nur zwei Flügel.

Ach frage nicht: wohin ich gehen werde;
Woher ich kam!
Ich ließ mich nur auf leichtem Blümchen nieder,
Und schöpfe Atem.

Ob lange ich, unangestrengt und ziellos,
Noch Atem schöpfe?
Schnell öffnend meine aufleuchtenden Flügel
Entflieg ich plötzlich.

Fet Afanasij
(1884)


enigma
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von enigma
als Antwort auf enigma vom 26.01.2008, 07:46:33
Kleine Korrektur:

Ich hätte hinter "Fet" ein Komma machen müssen, denn das ist der Familienname des Dichters.
Betrachtet das bitte hiermit als geschehen.

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enigma
longtime
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 26.01.2008, 08:37:23
Mit einen Dank an alle Beiträger- und MitdenkerInnen!


Afanasij Fet (1820-1892)



Mit einem Stoß im Lebensboot entschwebe
Vom glattgespülten, ebbetoten Sand,
Mit einem Schwall in andres Sein sich heben
Und atmen Luft von blütenfrohem Strand,

Den dumpfen Schlaf mit einem Klang durchdringen,
Von niegewußtem Trautesten berauscht,
Dem Leben Hauch, den Leiden Süße bringen
Im Nu, der fremd und eignes Fühlen tauscht,

Und raunen, was sich nie dem Wort vermählte,
Reglose Herzen spornen bis zum Tanz:
Des mächtig ist allein der Auserwählte,
Das ist des Sängers Siegel - und sein Kranz.

(1887)
--
longtime

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enigma
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 27.01.2008, 09:52:28
Wilhelm Waiblinger
Carneval

O mein Teurer, du irrest dich sehr, schilt keinen, der heut sich
Auf dem Corso herum wie ein Besessener treibt,
So erscheint mir am wahrsten der Mensch, dies Carneval steht ihm,
Aber das Schlimmere folgt, wenn er kein Mäskchen mehr hat.




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enigma
eleonore
eleonore
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von eleonore
als Antwort auf enigma vom 04.02.2008, 08:17:02
Wie freudig schmiegt ...

Wie freudig schmiegt der Reif aus Blütenzweigen
Sich rings um Deiner Locken blonden Glanz!
Als erste sich der Stirn zum Kuß zu neigen,
Wie sehnt sich Blüt' um Blüte in dem Kranz!

Wie ist das Kleid, das in der Falten Tanz
Die Brust umspannt, um Deinen Wuchs zu zeigen,
So sehr beglückt! Der Spitzen zarter Glanz
Nimmt Hals und Wange sehnsuchtsvoll zu eigen.

Noch inniger freut sich das seidne Band,
Durchwirkt von Gold, die Brust Dir zu umfassen,
Daß nahe Deinem Herzen es erwarme.

Und gar der Gürtel, der Dich fest umspannt,
Sagt Dir: Nie will ich diesen Platz verlassen!
Was täten da erst diese meine Arme!

Michelangelo Buonarroti

Michelangelo Buonarroti


er war ja nicht nur ein begnadete bildhauer und maler........
___________


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eleonore
longtime
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von longtime
als Antwort auf eleonore vom 04.02.2008, 08:27:17
Steffen Jacobs:
Kindertodtenlied

Yes, you were still-born,
yet you are still born.

Wir hätten dir gerne von früher erzählt,
wie es war, als wir dich noch nicht kannten.
Wir hatten nicht mal einen Namen gewählt,
ehe sie dich verbrannten.

Jetzt sticht jedes Wort, das vom Tod spricht,
"müde zum Sterben", "todschick",
"Freund Hein sitzt ihm im Genick" -
leichthin gesagt, aber jedes Wort sticht.

Ich warte, ob einmal der Tod spricht,
und hoffe: aus ihm vielleicht du.
Ich stehe am Grab, höre zu,
und vor mir steht groß dein Gesicht.

Doch als er dann spricht, bist nicht du es,
der Tod regt sich mitten in mir.
Du aber antwortest (bist du es): Tu es!
(Bist du es?) Tu es für mich und bleib hier.

*

Jacobs





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longtime

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enigma
enigma
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 04.02.2008, 12:24:41
ERINNERUNG

Erinnerung – kalter Spiegel,
Graue Schatten und Nacht;
Einen Weg auf rauchigen Flügeln
Haben sie zum Himmel gemacht.
In den toten Städten,
Vom schwarzen Wind bedroht –
Wer wird Kaddisch sagen und beten,
Wer ruft empor zu Gott?
Ich muß dich trinken –
Mein ganzes Leben wie Gift,
Und will ewig sinken
In schwarze Meeresdrift.
Dein Atem zieht
In die ferne Verloschenheit,
Wo die Einsamkeit blüht
Ohne Gott, ohne Zeit.
O ihr frostigen Zelte,
Von den Tagen aufgestellt –
Es liegt an ihrem Wege
Soviel erstarrte Welt!
Mein Volk vergeht in Flammen –
Wie quillt mein Durst, mein Leid,
Gott, Mensch und Kind zusammen
Falln in Vergessenheit.
O Sehnsucht, zersprungen
Im blau-vergasten Duft –
Ihre Töne sind verklungen,
Da Mitternacht in mir ruft.
In den toten Städten,
Vom schwarzen Wind bedroht –
Wer wird Kaddisch sagen und beten,
Wer ruft empor zu Gott?
Erinnerung – kalter Spiegel,
Graue Schatten und Nacht;
Einen Weg auf rauchigen Flügeln
Haben sie zum Himmel gemacht.

Lajser Ajchenrand

Mehr über Ajchenrand
hier zu lesen:


oder bei Lyrikwelt - she. Linktipp!




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enigma
angelottchen
angelottchen
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf enigma vom 07.02.2008, 08:55:56
Ich möchte Euch heute den spanischen Dichter Miguel Hernández vorstellen, der aus einer relativ armen Schäfersfamilie stammte und heute zu den bedeutensten Dichtern und Dramaturgen Spaniens gehört. Wenngleich er schon mit 14 J die Schule verlassen musste, war seine Begeisterung für Dichtung und Literatur gross und so las er schon als Junge die Werke der grossen Dichter wie Cervantes oder Calderon de la Barca. Er war u.a. mit Pablo Neruda befreundet und kämpfte gegen die Faschisten.

Die nachfolgenden Zeilen überneme ich aus der Website seines Heimatortes Orihuela

+++quote+++
Das folgende Gedicht hat Miguel Hernández seinen toten Freund Ramon Sijé gewidmet. Es ist das Bedauern des unerwarteten Todes von Ramon mit gerade 22 Jahren. Miguel war voll von Frustration und Traurigkeits, da er sich nicht von seinen guten Freund verabschieden konnte.

Klagelied
Miguel Hernández


(In Orihuela, seinem Dorf und dem meinen, ist mir, viel zu schnell, Ramón Sijé gestorben, mit dem ich so viel Geliebtes geteilt habe)

Weinend will ich der Gärtner der Erde sein, in der du weilst und die du düngst, so früh, du Gefährte meiner Seele.

Regen, Schnecken ernährend, und Organe, meinen Schmerz ohne Instrument, den mutlosen Mohnblumen werde ich dein Herz als Nahrung geben.

Soviel Schmerz vereine ich in meiner Flanke, vor lauter Schmerz tut mir selbst der Atem weh.

Ein Hieb mit der Hand, ein eisiger Schlag, ein Beilhieb, unsichtbar und mörderisch, ein brutaler Stoss hat dich niedergemacht.

Es gibt keine grössere Fläche, als jene meiner Wunde, ich weine über mein Unglück, und was damit verbunden ist, und fühle deinen Tod stärker als mein Leben.

Ich gehe über die Stoppelfelder der Verstorbenen, und ohne Wärme von niemandem und ohne Trost, gehe ich von meinem Herzen zu meinen Pflichten.

Früh schwang sich der Tod zum Fluge auf, früh dämmerte der Morgen, früh wälzst du dich über den Boden.

Ich verzeihe dem verliebten Tod nicht, ich verzeihe dem unaufmerksamen Leben nicht, ich verzeihe der Erde nicht und dem Nichts nicht.

In meinen Händen löse ich ein Gewitter aus ein Gewitter von Steinen, Blitzen, grellen Äxten durstig nach Katastrophen, und hungrig.

Ich will die Erde mit meinen Zähnen aufkratzen, will die Erde Stück für Stück zur Seite schieben mit trockenen und heissen Bissen.

Ich will die Erde durchlöchern, bis ich dich finde und deinen noblen Schädel küssen,

dir das Totenhemd ausziehen, dich mit mir nehmen.

(10. Januar 1936)

+++quote end++

Das Gedicht von Miguel Hernández wird von den katalanischen Sänger Joan Manuel Serrat in dem bekannten Lied "Elegía" gesungen ...
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angelottchen
enigma
enigma
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von enigma
als Antwort auf angelottchen vom 07.02.2008, 10:58:41
Hallo Angelottchen,

Hernández kannte ich bisher nur dem Namen nach, hatte aber leider noch keine Übersetzung seiner Lyrik gelesen.
Danke dafür und auch für Serrat, dessen Lieder ich besser kenne und sehr liebe. Phantastisch auch die „Elegia“.

Als Dank lasse ich auch noch ein Gedicht da:

PER SEMPRE - FÜR ALLEZEIT

Ohne ein Gran von Ungeduld geh ich ans Träumen,
mache ich mich an die Arbeit,
die nicht mehr enden kann,
und nach und nach, an der Spitze,
tun sich den wiedergeborenen Armen
hilfreiche Hände auf,
in deren Höhlung
tauchen die Augen auf, wieder, spenden Licht, aufs neue,
du wirst auferstanden sein, unversehens,
eine Unversehrte, und es geleitet mich
erneut deine Stimme,
für allezeit seh ich dich wieder.

Giuseppe Ungarette, übersetzt von Paul Celan



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enigma
yankee
yankee
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Re: Gedichte verschiedene
geschrieben von yankee
als Antwort auf enigma vom 07.02.2008, 12:22:21
Ich staune immer wieder, welche Schatzgrube Ihr aus dem Nichts schafft. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich eure Beiträge geniesse. Leider kann ich mit euch da nicht mithalten, was die Breite Eurer Kenntnisse in Phoesie und Lyrik angeht. Ich bitte nur darum, - macht weiter und vielen Dank.

Aus!
Ob jeder Freude seh ich schweben
Den Geier bald, der sie bedroht.
Was ich geliebt, gesucht im Leben,
Es ist verloren, oder tot.

Fortriß der Tod in seinem Grimme
Von meinem Glück die letzte Spur:
Das Menschenherz hat keine Stimme
Im finstern Rate der Natur.

Ich will nicht länger töricht haschen
Nach trüber Fluten hellem Schaum,
Hab aus den Augen mir gewaschen
Mit Tränen scharf den letzten Traum.

Nikolaus Lenau

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yankee

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