Literatur Ein Bild von dir Jojo Moyes
In diesem in der deutschen Übersetzung 2015 erschienen Roman schildert Jojo Moyes einerseits mit Bezug auf den Ersten Weltkrieg das tragische Schicksal Sophies und ihres in Kriegsgefangenschaft geratenen Ehemanns, des Malers Edouard, und andererseits die Entwicklung der problematischen Beziehung zwischen der verwitweten Liv und dem für eine Kanzlei arbeitenden Paul in London ca. 100 Jahre später. Beide Beziehungsgeschichten sind verbunden durch ein ausdrucksstarkes Bild Edouards von seiner jungen Frau Sophie. Dieses Bild ist einst auf verschlungenen Wegen in den Besitz des Ehepaars David und Liv gekommen. Als die habgierigen Erben des Malers das Gemälde in einem Gerichtsverfahren zu-rückfordern, wehrt sich die verwitwete Liv trotz ihrer Liebe zu Paul, der als mitleidender Prozessgegner auftritt, mit allen Kräften trotz drohender Verschuldung gegen die Rückgabe des mittlerweile auch materiell sehr wertvollen Gemäldes, das ein Hochzeitsgeschenk ihres verstorbenen Ehemanns war. Der Roman ist spannend, stilistisch anspruchsvoll und in emotionaler Hinsicht sehr bewegend. Er ist für mich aber vor allem eine eindrucksvolle Darstellung der Härten der deutschen Besetzung von Teilen Nordfrankreichs im Ersten Weltkrieg am Beispiel des Kleinstädtchens St. Péronne. Sehr interessant ist auch die moralisch fragwürdige Perspektive des kunstinteressierten deutschen Kommandanten, der trotz seiner Härte und Brutalität auch einige wenige positive menschliche Züge aufweist und vergeblich eine echte Liebesbeziehung zu Sophie anstrebt. Sophie, die im Interesse ihrer Familie und anderer Einwohner von St. Péronne häufig gegen die harten Besatzungsregeln verstößt, überlässt schließlich das geliebte Gemälde dem Kommandanten in der Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihrem Ehemann, geht aber selber einem z. T. tragischen Schicksal entgegen,das letzlich aber auch postive Züge aufweist. Der Roman ist auch eine differenzierte Analyse der Kunstraubproblematik und der damit verbundenen rechtlichen Rückgaberegeln, die aus verschiedenen Perspektiven beschrieben werden. Das Schlusskapitel gerät zwar etwas kurz, aber insgesamt gesehen ist dieser Roman ein sehr lesenswerter historischer Liebesroman, dessen Autorin sehr viel Einfühlungsvermögen zeigt.