Literatur Dichter oder Dichterinnen raten...
Bingo! Das ist er: Armin T. Wegner. Tollkühn sein legendärer Protestbrief an Hitler!
Was hab' ich rumgesucht, muss ich ja ehrlich gestehen. Im George-Kreis, in Werfels 40 Tage - aber niemand passte für Gedicht und Foto. Jetzt kann ich endlich ruhig schlafen, das Jagdfieber macht einen ja um Jahre älter... )
Der Link ist übrigens wirklich lesenswert und spannend. Und beschämend zugleich. Denn wer kennt ihn noch?!
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emma7
Re: Dichter oder Dichterinnen raten...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ja, Armin T. (Theophil) Wegner war schon ein besonderer Mensch und Schriftsteller.
"Meine Schreibtafel ist die Erde", hat er einmal festgehalten.
Hier allgemeine Informationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Armin_T._Wegner
Seit 2002 gibt es eine Wegner-Gesellschaft.
S. TIPP!
--
elfenbein
"Meine Schreibtafel ist die Erde", hat er einmal festgehalten.
Hier allgemeine Informationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Armin_T._Wegner
Seit 2002 gibt es eine Wegner-Gesellschaft.
S. TIPP!
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elfenbein
Re: Dichter oder Dichterinnen raten...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Eine kleine Geschichte, von einem Mann, der in der Geschichte der Telegraphie bekannt wurde; auch als "Mickelmann"..
Wer hat diese Geschichte geschrieben?
Mikkelmann kömmt
Ich sehe mich ganz plötzlich im Besitze unschätzbarer historischer Information. Und zwar verdanke ich sie einem alten grauen Eckhaus in Göttingen, in dem sich gut wohnen läßt. Es steht ein wenig zugeknöpft da und blickt durch die Brillengläser seiner Fenster zurückhaltend, fast spöttisch auf die knallenden Motorräder der Straße. Und dieses Haus weiß allerhand zu erzählen: die deutsche Romantik hat in ihm ihre frühesten, glühendsten Gedanken gedacht, und später hat Napoleon, sagt man, eine Nacht in ihm geschlafen. Doch was bedeutet das alles gegen das dritte: in diesem Hause ist das erste Telegramm aufgenommen worden!
Ich meine das erste richtige Drahttelegramm; denn «telegrafiert» hat man ja seit undenklichen Zeiten per Feuerzeichen, Trommel oder Semaphor. Hier aber arbeiteten die beiden Professoren Gauß und Weber, denn zum Telegrafieren gehören zwei, und man kann sie noch jetzt aus Bronze gegossen in den städtischen Anlagen sehen - der eine sitzt in erzenem Schlafrock mit einer elektromagnetischen Spule in der Hand, der andere jedoch steht daneben im vielgefältelten Bronzebratenrock, deutet mit dem Zeigefinger auf die Spule und scheint zu sagen: "Herr Professor Weber - diese Spule ist der schönste Tag meines Lebens!"
Doch wie so oft bei historischen Ereignissen spielt auch hier jemand eine Hauptrolle, der weder ein Denkmal bekommen hat, noch in den Annalen erwähnt wird: dieses ist Mikkelmann. Wie die Lokallegende wispert, war Mikkelmann das Faktotum der beiden Gelehrten und eines von jenen Originalen, die knapp nach dem Jünglingsflaum bereits 'der Olle' genannt werden - der olle Mikkelmann, er atmete, kann man sagen, durch seine Tabakspfeife, hatte die unerschütterliche Ruhe des echten Göttingers und wußte alles. Besonders in jener aufregenden Zeit, wo die Erfindung aus dem Stadium des Knobelns in das Stadium des Bastelns überging, ward Mikkelmann schlechthin unersetzlich; er wußte stets, wo der Schraubenzieher lag, so daß mit ziemlicher Gewißheit feststeht: ohne Mikkelmann kein Telegraf.
Als nun einer der Professoren nach der Sternwarte außerhalb Göttingens übergesiedelt war, um von dort in das alte graue Haus zu telegrafieren, ergab sich jene ärgerliche Zwischenzeit, wo man noch keine Verbindung hatte und doch, wegen der fortschreitenden Vorarbeiten, in ständigem Kontakt bleiben mußte. Diese Verbindung, gewissermaßen die letzte Post vor dem Draht, war Mikkelmann - getreulich wanderte er von der Sternwarte zum grauen Haus und zurück, viele, viele Male am Tag.
Endlich war alles bereit. Am einen Ende des Drahtes saß Gauß, am anderen Weber; und nun sollte das erste Telegrammm abgehen. Zu gleicher Zeit wie dieses wurde auch der olle Mikkelmann von der Sternwarte in die Stadt abgeschickt; mit Botensack und Pfeife schritt er rüstig fürbaß, wie der technische Ausdruck lautet.
Und jetzt bin ich, vor Aufregung zitternd, in der Lage, einer staunenden Nachwelt den Inhalt des ersten Telegramms der Weltgeschichte kundzutun. Man bedenke, was das bedeutet - welche ungeheuer historischen Worte seitdem telegrafiert wurden und wie noch heute der Normalmensch bei Empfang eines Telegramms aufgeregt wird und an alles Mögliche denkt ...
Das erste Telegramm, hier ist es. Es lautet:
"MIKKELMANN KÖMMT."
Nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht das einzige würdige Gegenstück zu "La vérité est en marche": "Mikkelmann kömmt!" Und wie wunderbar hier bereits der ganze kommende Telegrammstil vorgeprägt ist in seiner gehaltvollen Knappheit: "Mikkelmann kömmt!"
Vivat Mikkelmann! Er wurde nicht in Bronze gegossen, in keinem Lexikon wirst du ihn finden - doch er bekam sein Denkmal in der Sache selbst, die er zu fördern half, im ersten Telegramm. Und nun ist es meine Pflicht, eine Lokaltradition zu erwähnen, die noch heute durch die Räume des alten grauen Hauses zirkuliert.
Sie besagt, daß Mikkelmann früher angekommen sei als das Telegramm.
*
(Abdruckerlaubnis für dieses Forum, erteilt vom Nachlassverwalter Herrn Zemborksi.)
--
elfenbein
Wer hat diese Geschichte geschrieben?
Mikkelmann kömmt
Ich sehe mich ganz plötzlich im Besitze unschätzbarer historischer Information. Und zwar verdanke ich sie einem alten grauen Eckhaus in Göttingen, in dem sich gut wohnen läßt. Es steht ein wenig zugeknöpft da und blickt durch die Brillengläser seiner Fenster zurückhaltend, fast spöttisch auf die knallenden Motorräder der Straße. Und dieses Haus weiß allerhand zu erzählen: die deutsche Romantik hat in ihm ihre frühesten, glühendsten Gedanken gedacht, und später hat Napoleon, sagt man, eine Nacht in ihm geschlafen. Doch was bedeutet das alles gegen das dritte: in diesem Hause ist das erste Telegramm aufgenommen worden!
Ich meine das erste richtige Drahttelegramm; denn «telegrafiert» hat man ja seit undenklichen Zeiten per Feuerzeichen, Trommel oder Semaphor. Hier aber arbeiteten die beiden Professoren Gauß und Weber, denn zum Telegrafieren gehören zwei, und man kann sie noch jetzt aus Bronze gegossen in den städtischen Anlagen sehen - der eine sitzt in erzenem Schlafrock mit einer elektromagnetischen Spule in der Hand, der andere jedoch steht daneben im vielgefältelten Bronzebratenrock, deutet mit dem Zeigefinger auf die Spule und scheint zu sagen: "Herr Professor Weber - diese Spule ist der schönste Tag meines Lebens!"
Doch wie so oft bei historischen Ereignissen spielt auch hier jemand eine Hauptrolle, der weder ein Denkmal bekommen hat, noch in den Annalen erwähnt wird: dieses ist Mikkelmann. Wie die Lokallegende wispert, war Mikkelmann das Faktotum der beiden Gelehrten und eines von jenen Originalen, die knapp nach dem Jünglingsflaum bereits 'der Olle' genannt werden - der olle Mikkelmann, er atmete, kann man sagen, durch seine Tabakspfeife, hatte die unerschütterliche Ruhe des echten Göttingers und wußte alles. Besonders in jener aufregenden Zeit, wo die Erfindung aus dem Stadium des Knobelns in das Stadium des Bastelns überging, ward Mikkelmann schlechthin unersetzlich; er wußte stets, wo der Schraubenzieher lag, so daß mit ziemlicher Gewißheit feststeht: ohne Mikkelmann kein Telegraf.
Als nun einer der Professoren nach der Sternwarte außerhalb Göttingens übergesiedelt war, um von dort in das alte graue Haus zu telegrafieren, ergab sich jene ärgerliche Zwischenzeit, wo man noch keine Verbindung hatte und doch, wegen der fortschreitenden Vorarbeiten, in ständigem Kontakt bleiben mußte. Diese Verbindung, gewissermaßen die letzte Post vor dem Draht, war Mikkelmann - getreulich wanderte er von der Sternwarte zum grauen Haus und zurück, viele, viele Male am Tag.
Endlich war alles bereit. Am einen Ende des Drahtes saß Gauß, am anderen Weber; und nun sollte das erste Telegrammm abgehen. Zu gleicher Zeit wie dieses wurde auch der olle Mikkelmann von der Sternwarte in die Stadt abgeschickt; mit Botensack und Pfeife schritt er rüstig fürbaß, wie der technische Ausdruck lautet.
Und jetzt bin ich, vor Aufregung zitternd, in der Lage, einer staunenden Nachwelt den Inhalt des ersten Telegramms der Weltgeschichte kundzutun. Man bedenke, was das bedeutet - welche ungeheuer historischen Worte seitdem telegrafiert wurden und wie noch heute der Normalmensch bei Empfang eines Telegramms aufgeregt wird und an alles Mögliche denkt ...
Das erste Telegramm, hier ist es. Es lautet:
"MIKKELMANN KÖMMT."
Nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht das einzige würdige Gegenstück zu "La vérité est en marche": "Mikkelmann kömmt!" Und wie wunderbar hier bereits der ganze kommende Telegrammstil vorgeprägt ist in seiner gehaltvollen Knappheit: "Mikkelmann kömmt!"
Vivat Mikkelmann! Er wurde nicht in Bronze gegossen, in keinem Lexikon wirst du ihn finden - doch er bekam sein Denkmal in der Sache selbst, die er zu fördern half, im ersten Telegramm. Und nun ist es meine Pflicht, eine Lokaltradition zu erwähnen, die noch heute durch die Räume des alten grauen Hauses zirkuliert.
Sie besagt, daß Mikkelmann früher angekommen sei als das Telegramm.
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(Abdruckerlaubnis für dieses Forum, erteilt vom Nachlassverwalter Herrn Zemborksi.)
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elfenbein
Gegenfrage (weil ich es nicht - jedenfalls nicht genau - weiss):
Hat die Geschichte evtl. mit Hans Wussing zu tun?
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enigma
Hat die Geschichte evtl. mit Hans Wussing zu tun?
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enigma
Elfenbein - wo nimmst Du nur Deine Raritäten her?! Toll. Und wenn Du nicht einen so eindeutigen Hinweis als Link geliefert hättest...
Sigismund von Radecki (1891-1970) hat nicht nur viele russische Werke ins Deutsche übertragen (siehe Linktipp). Häufige Themen seiner Essays und Feuilletons sind Literatur, Lesen, Sprachen. Dabei kann er ganz schön hintergründig und humoristisch (bis hin zur Satire) sein.
"...die deutsche Sprache. Sie lebt vom Hauptwort. Es wird bei uns rechtens mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben. Wie bedeutsam, wie feierlich bringt die deutsche Sprache das Hauptwort! "Der Mensch" und englisch "man", das ist dasselbe und doch nicht dasselbe. Denn für uns ist das Hauptwort die Hauptsache, und die Hauptsache ist die Einheit. "Deutsch sein, heißt eine Sache um ihrer selbst willen tun" - das heißt in jeder Sache die Hauptsache sehen und einen Verein um sie herum gründen. Das ist eine Tugend und ein Laster. Die deutsche Sprache kann immerfort Hauptwörter bilden, bis zur Absurdität: sie nimmt die beiden tiefsinnigen Silben als ob und macht daraus ein Hauptwort - das Als-Ob. 2. Beispiel: Wenn das Wenn und Aber nicht wäre. Oder sie pappt einen Stadtverordnetenversammlungsvorsteher zusammen. Sie schafft immerfort Hauptwörter...Ich habe einmal einen Hecht geangelt, in dem war ein Seebarsch drin, in dem war ein Weißfisch drin, in dem war eine Sprotte drin. Genau so kommt mir der Stadtverordnetenversammlungsvorsteher vor. Ein Wort hat immer das andere geschluckt..."
Aus: Die Welt in der Tasche. 1938.
Schade, die Geschichte ist zu lang. Da gehts damals schon um Sprachüberfremdung, und dass man sich jetzt mehr um die Reinheit unseres Wortschatzes kümmern solle (was Radecki allerdings fröhlich ad absurdum führt). Kommt uns das nicht bekannt vor??
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emma7
Sigismund von Radecki (1891-1970) hat nicht nur viele russische Werke ins Deutsche übertragen (siehe Linktipp). Häufige Themen seiner Essays und Feuilletons sind Literatur, Lesen, Sprachen. Dabei kann er ganz schön hintergründig und humoristisch (bis hin zur Satire) sein.
"...die deutsche Sprache. Sie lebt vom Hauptwort. Es wird bei uns rechtens mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben. Wie bedeutsam, wie feierlich bringt die deutsche Sprache das Hauptwort! "Der Mensch" und englisch "man", das ist dasselbe und doch nicht dasselbe. Denn für uns ist das Hauptwort die Hauptsache, und die Hauptsache ist die Einheit. "Deutsch sein, heißt eine Sache um ihrer selbst willen tun" - das heißt in jeder Sache die Hauptsache sehen und einen Verein um sie herum gründen. Das ist eine Tugend und ein Laster. Die deutsche Sprache kann immerfort Hauptwörter bilden, bis zur Absurdität: sie nimmt die beiden tiefsinnigen Silben als ob und macht daraus ein Hauptwort - das Als-Ob. 2. Beispiel: Wenn das Wenn und Aber nicht wäre. Oder sie pappt einen Stadtverordnetenversammlungsvorsteher zusammen. Sie schafft immerfort Hauptwörter...Ich habe einmal einen Hecht geangelt, in dem war ein Seebarsch drin, in dem war ein Weißfisch drin, in dem war eine Sprotte drin. Genau so kommt mir der Stadtverordnetenversammlungsvorsteher vor. Ein Wort hat immer das andere geschluckt..."
Aus: Die Welt in der Tasche. 1938.
Schade, die Geschichte ist zu lang. Da gehts damals schon um Sprachüberfremdung, und dass man sich jetzt mehr um die Reinheit unseres Wortschatzes kümmern solle (was Radecki allerdings fröhlich ad absurdum führt). Kommt uns das nicht bekannt vor??
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emma7
Re: Dichter oder Dichterinnen raten...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Hall, engima!
Ich habe nachgelesen, dass Wussing ein Naturwissenschaftler.
Aber er hatte mit diesen Telegrafie-Versuch inde Geschichte nichts zu tun.
--
elfenbein
Ich habe nachgelesen, dass Wussing ein Naturwissenschaftler.
Aber er hatte mit diesen Telegrafie-Versuch inde Geschichte nichts zu tun.
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elfenbein
Re: Dichter oder Dichterinnen raten...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
... emma7 - hallo!
"Ja, prima - sehr schön!" - würde ein Pauker sagen: Ja, das ist der alte Sigismund von Radecki.
Die Betrachtung, die du zitierst, kenne ich nicht. Hast du den Titel...?
"Stadtverordnetenversammlungsvorsteher" ist natürlich ein "Hauptwort", das einem Sprachfreund und -kritiker auffallen muss.
Dass von Radecki Mark Twain kannte, glaube ich; habe es aber noch nicht nachlesen können.
Weißt du da was?
*
Dieser Text ist wunderschön:
Sigismund von Radecki: Erinnerungen an Else Lasker-Schüler
--
elfenbein
"Ja, prima - sehr schön!" - würde ein Pauker sagen: Ja, das ist der alte Sigismund von Radecki.
Die Betrachtung, die du zitierst, kenne ich nicht. Hast du den Titel...?
"Stadtverordnetenversammlungsvorsteher" ist natürlich ein "Hauptwort", das einem Sprachfreund und -kritiker auffallen muss.
Dass von Radecki Mark Twain kannte, glaube ich; habe es aber noch nicht nachlesen können.
Weißt du da was?
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Dieser Text ist wunderschön:
Sigismund von Radecki: Erinnerungen an Else Lasker-Schüler
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elfenbein
Hallo elfenbein,
danke für die Antwort.
Inzwischen ist auch mir klar, dass die Geschichte von Radecki gemeint war.
Ich hatte einen Zusammenhang gesucht, weil Hans Wußing auch Biografien geschrieben hat über Naturwissenschaftler, z.B. auch über Carl-Friedrich Gauß.
In dieser Biografie steht auch das Zitat über "Mickelmann".
Aber, wie gesagt, Sigismund von Radecki als Autor leuchtet mir ein.
--
enigma
danke für die Antwort.
Inzwischen ist auch mir klar, dass die Geschichte von Radecki gemeint war.
Ich hatte einen Zusammenhang gesucht, weil Hans Wußing auch Biografien geschrieben hat über Naturwissenschaftler, z.B. auch über Carl-Friedrich Gauß.
In dieser Biografie steht auch das Zitat über "Mickelmann".
Aber, wie gesagt, Sigismund von Radecki als Autor leuchtet mir ein.
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enigma
Re: Dichter oder Dichterinnen raten...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Hallo, Elfenbein
Herr Lehrer, ich weiß was?? Na, hoffentlich hat sich meine Auflösung deines Rätsels nicht so gelesen?? Wenn doch - im Lauf der Zeit kann ich eigentlich nur lockerer werden, aller Anfang ist schwer...
Zum Titel, nach dem du fragst. "Hauptsache" heißt schlicht und einfach der Text (im Buch "Die Welt in der Tasche"), in dem Radecki u.a. (jetzt kann ich's doch wieder nicht lassen) behauptet:
"Bis etwa um 1350 lebten in England zwei Sprachen getrennt nebeneinander her: Französisch und Sächsisch. Wie entstand daraus Englisch? - Es klingt seltsam, ist aber nachweislich wahr: die englische Sprache entstand durch die Pest. Die soziale Katastrophe des schwarzen Todes vollbrachte mit der Vermischung aller Gesellschaftsschichten auch die der beiden Sprachen. Etwa 20 Jahre darauf beginnen sich bereits die Umrisse des heutigen Englisch abzuzeichnen. Und noch vor Ablauf jenes Jahrhunderts steht die Sprache, die die Welt eroberte, in Chaucer's "Canterbury Tales" frisch, jung und kräftig da. Das nationalste aller Völker hat die vermischteste aller Sprachen. Nein, nicht die vermischteste - denn was wäre eigener als Englisch! -, sondern die Sprache der lebendigsten inneren Polarität." etc. etc.
Zur Frage Mark Twain. Nein, ich glaube nicht, dass die beiden sich je gesehen haben. Ich habe auch beim Rumstöbern in Twains Leben keinerlei Hinweise dafür gefunden. (Radecki ist 1891 erst geboren, Twain schon 1910 gestorben. Twains 1. Schiffsreise nach Europa/Mittelmeer war 1867, sein 2. Europa-Aufenthalt 1878-79. Da hat er Heidelberg für Amerika entdeckt. Seine 3. weltweite Tournee dauerte von 1891 bis 1900 - neun Jahre - und führte ihn u.a. nach Berlin.)
Im Rowohlt Bändchen Nr. 84 (1953/Das ABC des Lachens) stehen nur ein paar Anekdoten von SvR über MT:
"Vor seiner ersten Vorlesung hatte Mark Twain große Angst. Er hatte im Publikum Freunde placiert und sie angewiesen, recht ansteckend zu lachen. Doch dieses Arrangement erwies sich als überflüssig. Denn schon mit dem 1. Satz begeisterte Twain sein Publikum. Dieser berühmte erste Satz lautete:
'Julius Cäsar ist tot, Shakespeare ist tot, Napoleon ist tot, Abraham Lincoln ist tot, und auch ich fühle mich nicht ganz gesund.' "
LG, ich bin gespannt aufs nächste Rätsel...
--
emma7
Re: Dichter oder Dichterinnen raten...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Danke für die Ergänzungen, prima!
Eine neue Runde, um Rätsel-Viereck:
Ob von einem Mann oder einer Frau...?
Kleine Betrachtung über die Sendung des Dichters
Ob ein Dichter eine Sendung habe, lässt sich meinem Empfinden nach eigentlich nur aus historischer Sicht feststellen, also erst durch die Nachwelt, nicht durch seine Zeitgenossen, und am allerwenigsten durch den Dichter selbst. Denn erst die Nachwelt kann die Wirkung überblicken, die vom Werk eines Dichters ausgegangen ist, und kann ermessen, ob die Art dieser Wirkung die Anwendung des hohen Begriffes einer Sendung rechtfertigt.
Ich gehe davon aus, daß in dem Begriff »Sendung« nicht nur das sogenannte Gottesgnadentum, also eine Berufung, eine entwicklungsfähige Begabung, ein Nichtanderskönnen als eben zu dichten, enthalten ist, sondern vor allem jener dem Dicher selbst meist unbewußte »höhere Auftrag«, wie er sich in Gesetzgebern und Propheten, in den großen Führern der Menschheit verkörpert, und wie Dichter gleich Homer, Dante, Shakespeare, Goethe ihn im Kosmos ihres Werkes erfüllt und veranschaulicht haben.
Hier gilt, wie mir scheinen will, das Wort:
"Viele sind berufen, aber wenige auserwählt."
Es gibt sehr viele Dichter "von Gottes Gnaden", die den Kelch ihrer Berufung, der wohl niemals ein bloßer "Taumelkelch", sondern immer durchsetzt von Bitterkeit, ja, von tödlichen Giften ist, die erst mittelbar heilsam werden können, bis zum Grunde geleert haben, die weit über ihre Zeit hinaus anerkannt, bewundert, verehrt und geliebt wurden und werden, ohne daß ihnen doch eine Sendung in dem Sinne, in dem wir diesen Begriff einzig verstehen dürfen, zugesprochen werden könnte.
Wo aber ein Dichter sich selbst eine Sendung zuspricht und ihre Anerkennung von seinen Zeitgenossen erwartet, da mag sein Bewußtsein dessen, was dieser Begriff in sich schließt, theoretisch noch so stark ausgeprägt sein, es wird sich dann dennoch wahrscheinlich immer erweisen, daß die Essenz seines Werkes in ihrer Wirkung sich schneller verflüchtigt, nicht so stark in die Zukunft hineinstrahlt, als das Werk jener, die ihre Berufung mit allen Opfern, die sie ihnen auferlegte, als Schicksal und unausweichliche Aufgabe auf sich nahmen und in ihr aufbrannten, indem sie ihr gehorchten, ohne jenen höchsten Kranz, den nur die Nachwelt verleihen kann, schon bei Lebzeiten für sich zu beanspruchen.
??
- Jahreszahlen werden auch verschwiegen?!-
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elfenbein
Eine neue Runde, um Rätsel-Viereck:
Ob von einem Mann oder einer Frau...?
Kleine Betrachtung über die Sendung des Dichters
Ob ein Dichter eine Sendung habe, lässt sich meinem Empfinden nach eigentlich nur aus historischer Sicht feststellen, also erst durch die Nachwelt, nicht durch seine Zeitgenossen, und am allerwenigsten durch den Dichter selbst. Denn erst die Nachwelt kann die Wirkung überblicken, die vom Werk eines Dichters ausgegangen ist, und kann ermessen, ob die Art dieser Wirkung die Anwendung des hohen Begriffes einer Sendung rechtfertigt.
Ich gehe davon aus, daß in dem Begriff »Sendung« nicht nur das sogenannte Gottesgnadentum, also eine Berufung, eine entwicklungsfähige Begabung, ein Nichtanderskönnen als eben zu dichten, enthalten ist, sondern vor allem jener dem Dicher selbst meist unbewußte »höhere Auftrag«, wie er sich in Gesetzgebern und Propheten, in den großen Führern der Menschheit verkörpert, und wie Dichter gleich Homer, Dante, Shakespeare, Goethe ihn im Kosmos ihres Werkes erfüllt und veranschaulicht haben.
Hier gilt, wie mir scheinen will, das Wort:
"Viele sind berufen, aber wenige auserwählt."
Es gibt sehr viele Dichter "von Gottes Gnaden", die den Kelch ihrer Berufung, der wohl niemals ein bloßer "Taumelkelch", sondern immer durchsetzt von Bitterkeit, ja, von tödlichen Giften ist, die erst mittelbar heilsam werden können, bis zum Grunde geleert haben, die weit über ihre Zeit hinaus anerkannt, bewundert, verehrt und geliebt wurden und werden, ohne daß ihnen doch eine Sendung in dem Sinne, in dem wir diesen Begriff einzig verstehen dürfen, zugesprochen werden könnte.
Wo aber ein Dichter sich selbst eine Sendung zuspricht und ihre Anerkennung von seinen Zeitgenossen erwartet, da mag sein Bewußtsein dessen, was dieser Begriff in sich schließt, theoretisch noch so stark ausgeprägt sein, es wird sich dann dennoch wahrscheinlich immer erweisen, daß die Essenz seines Werkes in ihrer Wirkung sich schneller verflüchtigt, nicht so stark in die Zukunft hineinstrahlt, als das Werk jener, die ihre Berufung mit allen Opfern, die sie ihnen auferlegte, als Schicksal und unausweichliche Aufgabe auf sich nahmen und in ihr aufbrannten, indem sie ihr gehorchten, ohne jenen höchsten Kranz, den nur die Nachwelt verleihen kann, schon bei Lebzeiten für sich zu beanspruchen.
??
- Jahreszahlen werden auch verschwiegen?!-
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elfenbein