Literatur Künstler-Gedenken
RE: Anekdoten und Aphorismen - Witziges und Be-Denkliches
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Burg Weibertreu - Weinsberg - Foto:Wikipedia
Die Weiber von Weinsberg
Wer sagt mir an, wo Weinsberg liegt?
Soll sein ein wackres Städtchen,
Soll haben, fromm und klug gewiegt,
Viel Weiberchen und Mädchen.
Kömmt mir einmal das Freien ein,
So werd′ ich eins aus Weinsberg frei′n.
Einsmals der Kaiser Konrad war
Dem guten Städtlein böse,
Und rückt′ heran mit Kriegesschar
Und Reisigengetöse,
Umlagert′ es, mit Roß und Mann,
Und schoß und rannte drauf und dran.
Und als das Städtlein widerstand,
Trotz allen seinen Nöten,
Da ließ er, hoch von Grimm entbrannt,
Den Herold ′nein trompeten:
Ihr Schurken, komm′ ich ′nein, so, wißt,
Soll hängen, was die Wand bepißt.
Drob, als er den Avis also
Hinein trompeten lassen,
Gab′s lautes Zetermordio,
Zu Haus und auf den Gassen.
Das Brot war teuer in der Stadt;
Doch teurer noch war guter Rat.
"O weh, mir armen Korydon!
O weh mir! die Pastores
Schrie′n: Kyrie Eleison!
Wir gehn, wir gehn kapores!
O weh, mir armen Korydon!
Es juckt mir an der Kehle schon."
Doch wann′s Matthä′ am letzten ist,
Trotz Raten, Thun und Beten,
So rettet oft noch Weiberlist
Aus Ängsten und aus Nöten.
Denn Pfaffentrug und Weiberlist
Gehn über alles, wie ihr wißt.
Ein junges Weibchen Lobesan,
Seit gestern erst getrauet,
Gibt einen klugen Einfall an,
Der alles Volk erbauet;
Den ihr, sofern ihr anders wollt,
Belachen und beklatschen sollt.
Zur Zeit der stillen Mitternacht
Die schönste Ambassade
Von Weibern sich ins Lager macht,
Und bettelt dort um Gnade.
Sie bettelt sanft, sie bettelt süß,
Erhält doch aber nichts, als dies:
"Die Weiber sollten Abzug han,
Mit ihren besten Schätzen,
Was übrig bliebe, wollte man
Zerhauen und zerfetzen."
Mit der Kapitulation
Schleicht die Gesandtschaft trüb′ davon.
Drauf, als der Morgen bricht hervor,
Gebt Achtung! Was geschiehet?
Es öffnet sich das nächste Thor,
Und jedes Weibchen ziehet,
Mit ihrem Männchen schwer im Sack′,
So war ich lebe! Huckepack.-
Manch Hofschranz suchte zwar sofort
Das Kniffchen zu vereiteln;
Doch Konrad sprach: "Ein Kaiserwort
Soll man nicht dreh′n noch deuteln.
Ha bravo! rief er, bravo so!
Meint′ unsre Frau es auch nur so!"
Er gab Pardon und ein Bankett,
Den Schönen zu gefallen.
Da ward gegeigt, da ward trompet′t,
Und durchgetanzt mit allen,
Wie mit der Burgemeisterin,
So mit der Besembinderin.
Ei! sagt mir doch, wo Weinsberg liegt?
Ist gar ein wackres Städtchen.
Hat, treu und fromm und klug gewiegt,
Viel Weiberchen und Mädchen.
Ich muß, kömmt mir das Freien ein,
Führwahr! muß Eins aus Weinsberg frei′n.
Gottfried August Bürger
(* 31.12.1747, † 08.06.1794)
Das Kernerhaus in Weinsberg - mit Geisterturm und Burg Weibertreu - Wikipedia
Und wer noch einen Spaß von J. G Bürger erträgt:
Der Kaiser und der Abt
Ich will euch erzählen ein Märchen, gar schnurrig:
Es war ′mal ein Kaiser; der Kaiser war knurrig;
Auch war ′mal ein Abt, ein gar stattlicher Herr;
Nur schade! sein Schäfer war klüger, als Er.
Dem Kaiser ward′s sauer in Hitz′ und in Kälte:
Oft schlief er bepanzert im Kriegeszelte;
Oft hatt′ er kaum Wasser zu Schwarzbrot und Wurst;
Und öfter noch litt′ er gar Hunger und Durst.
Das Pfäfflein, das wusste sich besser zu hegen,
Und weidlich am Tisch und im Bette zu pflegen.
Wie Vollmond glänzte sein feinstes Gesicht.
Drei Männer umspannten den Schmerbauch ihm nicht.
D′rob suchte der Kaiser am Pfäfflein oft Hader.
Einst ritt er, mit riesigem Kriegesgeschwader,
In brennender Hitze des Sommers vorbei.
Das Pfäfflein spazierte vor seiner Abtei.
"Ha, dachte der Kaiser, zur glücklichen Stunde!"
Und grüßte das Pfäfflein mit höhnischem Munde:
"Knecht Gottes, wie geht′s dir? Mir deucht wohl ganz recht,
Das Beten und Fasten bekomme nicht schlecht.
Doch deucht mir daneben, euch plag Langeweile.
Ihr dankt mir′s wohl, wenn ich euch Arbeit erteile,
Man rühmet, ihr wäret der pfiffigste Mann,
Ihr hörtet das Gräschen fast wachsen, sagt man.
So geb′ ich denn euren zwei tüchtigen Backen
Zur Kurzweil drei artige Nüsse zu knacken.
Drei Monden von nun an bestimm′ ich zur Zeit.
Dann will ich auf diese drei Fragen Bescheid.
Zum ersten: Wann hoch ich, im fürstlichen Rate,
Zu Throne mich zeige im Kaiserornate,
Dann sollt ihr mir sagen, ein treuer Wardein,
Wie viel ich wohl wert, bis zum Heller mag sein?
Zum zweiten sollt ihr mir berechnen und sagen:
Wie bald ich zu Rosse die Welt mag umjagen?
Um keine Minute zu wenig und viel!
Ich weiß der Bescheid darauf ist euch nur Spiel.
Zum dritten noch sollst du, o Preis der Prälaten,
Aufs Härchen mir meine Gedanken erraten.
Die will ich dann treulich bekennen: allein
Es soll auch kein Titelchen Wahres dran sein.
Und könnt ihr mir diese drei Fragen nicht lösen,
So seid ihr die längste Zeit Abt hier gewesen;
So lass′ ich euch führen zu Esel durchs Land,
Verkehrt, statt des Zaumes, den Schwanz in der Hand." -
Drauf trabte der Kaiser mit Lachen von hinnen.
Das Pfäfflein zerriss und zerspliss sich mit Sinnen.
Kein armer Verbrecher fühlt mehr Schwulität,
Der vor hochnotpeinlichem Halsgericht steht.
Er schickte nach ein, zwei, drei, vier Un′vers′täten,
Er fragte bei ein, zwei, drei, vier Fakultäten,
Er zahlte Gebühren und Sportuln vollauf:
Doch löste kein Doktor die Fragen ihm auf.
Schnell wuchsen, bei herzlichem Zagen und Pochen,
Die Stunden zu Tagen, die Tage zu Wochen,
Die Wochen zu Monden; schon kam der Termin!
Ihm ward′s vor den Augen bald gelb und bald grün.
Nun sucht′ er, ein bleicher hohlwangiger Werther,
In Wäldern und Feldern die einsamsten Örter.
Da traf ihn, auf selten betretener Bahn,
Hans Bendix, sein Schäfer, am Felsenhang an.
"Herr Abt, sprach Hans Bendix, was mögt ihr euch grämen?
Ihr schwindet ja wahrlich dahin, wie ein Schemen.
Maria und Joseph! Wie hotzelt ihr ein!
Mein Sixchen! Es muss euch was angetan sein." -
"Ach, guter Hans Bendix, so muss sich′s wohl schicken.
Der Kaiser will gern mir am Zeuge was flicken,
Und hat mir drei Nüss′ auf die Zähne gepackt,
Die schwerlich Beelzebub selber wohl knackt.
Zum ersten: Wann hoch Er, im fürstlichen Rate,
Zu Throne sich zeiget, im Kaiserornate,
Dann soll ich ihm sagen, ein treuer Wardein,
Wie viel er wohl wert, bis zum Heller mag sein?
Zum zweiten soll ich ihm berechnen und sagen:
Wie bald er zu Rosse die Welt mag umjagen?
Um keine Minute zu wenig und viel!
Er meint, der Bescheid darauf wäre nur Spiel.
Zum dritten, ich ärmster von allen Prälaten,
Soll ich ihm gar seine Gedanken erraten;
Die will er mir treulich bekennen: allein
Es soll auch kein Titelchen Wahres dran sein.
Und kann ich ihm diese drei Fragen nicht lösen,
So bin ich die längste Zeit Abt hier gewesen;
So lässt er mich führen zu Esel durchs Land,
Verkehrt, statt des Zaumes, den Schwanz in der Hand." -
"Nichts weiter? erwidert Hans Bendix mit Lachen,
Herr, gebt euch zufrieden! das will ich schon machen.
Nur borgt mir eu′r Käppchen, eu′r Kreuzchen und Kleid;
So will ich schon geben den rechten Bescheid.
Versteh′ ich gleich nichts von lateinischen Brocken,
So weiß ich den Hund doch vom Ofen zu locken.
Was ihr euch, Gelehrte, für Geld nicht erwerbt,
Das hab′ ich von meiner Frau Mutter geerbt."
Da sprang, wie ein Böcklein, der Abt vor Behagen.
Mit Käppchen und Kreuzchen, mit Mantel und Kragen,
Ward stattlich Hans Bendix zum Abte geschmückt,
Und hurtig zum Kaiser nach Hofe geschickt.
Hier thronte der Kaiser im fürstlichen Rate,
Hoch prangt′ er, mit Zepter und Kron′ im Ornate:
"Nun sagt mir, Herr Abt, als ein treuer Wardein,
Wie viel ich itzt wert, bis zum Heller, mag sein?" -
"Für dreißig Reichsgulden ward Christus verschachert;
Drum gäb′ ich, so sehr ihr auch pochet und prachert,
Für euch keinen Deut mehr, als zwanzig und neun,
Denn Einen müsst ihr doch wohl minder wert sein." -
"Hum, sagte der Kaiser, der Grund lässt sich hören,
Und mag den durchlauchtigen Stolz wohl bekehren.
Nie hätt′ ich, bei meiner hochfürstlichen Ehr′!
Geglaubet, dass so spottwohlfeil ich wär′.
Nun aber sollst du mir berechnen und sagen:
Wie bald ich zu Rosse die Welt mag umjagen?
Um keine Minute zu wenig und viel!
Ist dir der Bescheid darauf auch nur ein Spiel?" -
"Herr, wenn mit der Sonn′ ihr früh sattelt und reitet,
Und stets sie in einerlei Tempo begleitet,
So setz′ ich mein Kreuz und mein Käppchen daran,
In zweimal zwölf Stunden in alles getan." -
"Ha, lachte der Kaiser, vortrefflicher Haber!
Ihr futtert die Pferde mit Wenn und mit Aber.
Der Mann, der das Wenn und das Aber erdacht,
Hat sicher aus Häckerling Gold schon gemacht.
Nun aber zum dritten, nun nimm dich zusammen!
Sonst muss ich dich dennoch zum Esel verdammen.
Was denk′ ich, das falsch ist? das bringe heraus!
Nur bleib mir mit Wenn und mit Aber zu Haus!" -
"Ihr denket, ich sei der Herr Abt von St. Gallen." -
"Ganz recht! Und das kann von der Wahrheit nicht fallen." -
"Sein Diener, Herr Kaiser! Euch trüget eu′r Sinn:
Denn wisst, dass ich Bendix, sein Schäfer, nur bin!" -
"Was Henker! Du bist nicht der Abt von St. Gallen?"
Rief hurtig, als wär′ er vom Himmel gefallen,
Der Kaiser mit frohem Erstaunen darein;
"Wohlan denn, so sollst du von nun an es sein!
Ich will dich belehnen mit Ring und mit Stabe.
Dein Vorfahr besteige den Esel und trabe!
Und lerne fortan erst quid iuris verstehn!
Denn wenn man will ernten, so muss man auch sä′n." -
"Mit Gunsten, Herr Kaiser! Das lasst nur hübsch bleiben!
Ich kann ja nicht lesen, noch rechnen und schreiben;
Auch weiß ich kein sterbendes Wörtchen Latein.
Was Hänschen versäumet holt Hans nicht mehr ein." -
"Ach, guter Hans Bendix, das ist ja recht schade!
Erbitte demnach dir ein′ andere Gnade!
Sehr hat mich ergötzet dein lustiger Schwank:
Drum soll dich auch wieder ergötzen mein Dank." -
"Herr Kaiser, groß hab′ ich so eben nichts nötig:
Doch seid ihr im Ernst mir zu Gnaden erbötig,
So will ich mir bitten zum ehrlichen Lohn,
Für meinen hochwürdigen Herren Pardon." -
"Ha bravo! Du trägst, wie ich merke, Geselle,
Das Herz, wie den Kopf, auf der richtigen Stelle.
Drum sei der Pardon ihm in Gnaden gewährt,
Und obenein dir eine Rente beschert:
Wir lassen dem Abt von St. Gallen entbieten:
Hans Bendix soll ihm nicht die Schafe mehr hüten.
Der Abt soll sein pflegen, nach unserm Gebot,
Umsonst, bis an seinen sanftseligen Tod."
Gottfried August Bürger
(* 31.12.1747, † 08.06.1794)
Vielleicht heute mit einem Lachen 2022 beginnen?
machts gut!
Clematis
RE: Anekdoten und Aphorismen - Witziges und Be-Denkliches
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Moin und einen guten Rutsch. 😊
Ich wünsche uns allen einen gutes neues Jahr, von dem ich wie immer mit unerschütterlichen Optimismus annehme, dass es das beste aller Zeiten wird. 😊
Maikel 😊
Bild von Gerhard G. auf Pixabay
RE: Anekdoten und Aphorismen - Witziges und Be-Denkliches
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Auch an Silvester kommt hier keine Langeweile auf.
Clematis
Dein Stüble, liebe Clematis ist nicht nur ein Stüble, es ist ein richtiges Schatzkästle, in dem so viel Erbauliches, Informatives, zum Lachen bringendes, Erinnerndes ...... täglich zu lesen ist. Großer Dank an dich für diesen liebevoll geführten Faden.
Viel gab es heute wieder zu lesen, deshalb bringe ich zum Ende des Jahres ein wenig Musik
und wünsche dir, liebe Clematis und allen Mitschreibenden und Lesenden ein gutes Hinüberkommen nach 2022 mit allen guten Wünschen für das neue Jahr.
Herzlichen Gruß
Roxanna
Viel gab es heute wieder zu lesen, deshalb bringe ich zum Ende des Jahres ein wenig Musik
und wünsche dir, liebe Clematis und allen Mitschreibenden und Lesenden ein gutes Hinüberkommen nach 2022 mit allen guten Wünschen für das neue Jahr.
Herzlichen Gruß
Roxanna
RE: Anekdoten und Aphorismen - Witziges und Be-Denkliches
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Allen Besuchern wünsche ich ein gutes Jahr 2022.
Clematis
Das Jahr 2021 möchte ich nicht beschließen, ohne noch einmal im gemütlichen Stüble eingekehrt zu sein - was ich sehr gern mache - weil es einfach so gemütlich ist und bildet.
So möchte ich allen hier Beteiligten ein gutes neues Jahr wünschen mit viel Gesundheit, Zufriedenheit und vielen schönen und glücklichen Momenten - und auf ein freudiges Wiederlesen grüßt herzlich
aurora
Guten Morgen in einem NEUEN JAHR !
Quelle : Aphorismen. de
Prosit Neujahr, liebe Clematis und alle, die hier beitragen und lesen !
Gesundheit und ein Ende der Pandemie wünscht uns allen
Charlie
Quelle : Aphorismen. de
Prosit Neujahr, liebe Clematis und alle, die hier beitragen und lesen !
Gesundheit und ein Ende der Pandemie wünscht uns allen
Charlie
RE: Anekdoten und Aphorismen - Witziges und Be-Denkliches
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Wünsche zum neuen Jahr
Ein bisschen mehr Friede und weniger Streit,
ein bisschen mehr Güte und weniger Neid,
ein bisschen mehr Liebe und weniger Hass,
ein bisschen mehr Wahrheit - das wäre was.
Statt so viel Unrast ein bisschen mehr Ruh,
statt immer nur Ich ein bisschen mehr Du,
statt Angst und Hemmung ein bisschen mehr Mut,
und Kraft zum Handeln - das wäre gut.
In Trübsal und Dunkel ein bisschen mehr Licht,
kein quälend Verlangen, ein bisschen Verzicht,
und viel mehr Blumen, solange es geht,
nicht erst an den Gräbern - da blühn sie zu spät.
Ziel sei der Friede des Herzens,
Besseres weiß ich nicht.
Peter Rosegger
1843 - 1918
bleibt gesund
Clematis
RE: Anekdoten und Aphorismen - Witziges und Be-Denkliches
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Clematis
RE: Anekdoten und Aphorismen - Witziges und Be-Denkliches
geschrieben von ehemaliges Mitglied
habt einen friedlichen Tag!
Clematis