Literatur Andorra liegt am Meer
Andorra liegt am Meer
Sie saß alleine vor dem Spiegel und schaute sich an. Zusammengesunken, gebeugt wie die Marktfrau auf dem Gemälde in der Rathaushalle. Auf einem alten Bild aus einer untergegangenen Zeit. Sie hatte es immer wieder angeschaut. Diese alte Frau im Vordergrund, mit all den Narben ihres Lebens, tief ins Gesicht gegraben.
Nackt, wie sie zur Welt gekommen war, saß sie auf dem schwarzen Drehstuhl. Sie konnte sich so nie aus den Augen verlieren, dachte sie.
Ihre Brüste hingen etwas hinab in einem sanften Bogen, wie die Wellen ans Ufer schlagen.
Ihr strähniges, ungeordnetes Haar verdeckte ihren Hals. Auch Schwäne heiraten nur einmal in Weiß.
Sie hörte in sich hinein, und dort wo früher viele Stimmen waren, spricht keine mehr.
Andorra liegt am Meer, sagten sie einmal, und in ihrem Ton schwang das Meer mit. Manchmal konnte sie es sogar riechen.
Das Meer ergoss sich schnell in ihr, und dann roch es nach Tabak und Schweiß.
Letztes Jahr hatten die Krähen das letzte Junge gefressen, dachte sie, und weinte.
Es war aus dem Nest im alten Kirschbaum gefallen. Nackt lag der kleine Vogel, und noch bevor sie es wegnehmen konnte, hatten die Krähen es geholt.
Manchmal schaut noch einer, dachte sie, und ein Lächeln lag auf dem Spiegel und wanderte durch den Raum.
Es riecht nicht mehr nach Meer. Erdig und schwer ist der Geruch, der dann noch auf ihrer Haut liegt, bis sie es abgeduscht hat.
Sie riecht dann nach Lavendel, und streichelt ihre weiche, warme Haut.
Letztes Jahr war sie in Andorra gewesen.
Es liegt in den Bergen
copyright:S.D.H.
Sie saß alleine vor dem Spiegel und schaute sich an. Zusammengesunken, gebeugt wie die Marktfrau auf dem Gemälde in der Rathaushalle. Auf einem alten Bild aus einer untergegangenen Zeit. Sie hatte es immer wieder angeschaut. Diese alte Frau im Vordergrund, mit all den Narben ihres Lebens, tief ins Gesicht gegraben.
Nackt, wie sie zur Welt gekommen war, saß sie auf dem schwarzen Drehstuhl. Sie konnte sich so nie aus den Augen verlieren, dachte sie.
Ihre Brüste hingen etwas hinab in einem sanften Bogen, wie die Wellen ans Ufer schlagen.
Ihr strähniges, ungeordnetes Haar verdeckte ihren Hals. Auch Schwäne heiraten nur einmal in Weiß.
Sie hörte in sich hinein, und dort wo früher viele Stimmen waren, spricht keine mehr.
Andorra liegt am Meer, sagten sie einmal, und in ihrem Ton schwang das Meer mit. Manchmal konnte sie es sogar riechen.
Das Meer ergoss sich schnell in ihr, und dann roch es nach Tabak und Schweiß.
Letztes Jahr hatten die Krähen das letzte Junge gefressen, dachte sie, und weinte.
Es war aus dem Nest im alten Kirschbaum gefallen. Nackt lag der kleine Vogel, und noch bevor sie es wegnehmen konnte, hatten die Krähen es geholt.
Manchmal schaut noch einer, dachte sie, und ein Lächeln lag auf dem Spiegel und wanderte durch den Raum.
Es riecht nicht mehr nach Meer. Erdig und schwer ist der Geruch, der dann noch auf ihrer Haut liegt, bis sie es abgeduscht hat.
Sie riecht dann nach Lavendel, und streichelt ihre weiche, warme Haut.
Letztes Jahr war sie in Andorra gewesen.
Es liegt in den Bergen
copyright:S.D.H.