Literatur 1965 Kriminalroman von Thomas Christos
In diesem 2021 erschienenen Kriminalroman schildert Thomas Christos die Aufklärung mysteriöser Mord-fälle von 1939 bis 1965 durch den jungen Kriminalkommissar Thomas Engel in Verbindung mit ausgewähl-ten historischen Aspekten. Als Sohn eines konservativen Polizisten befreit sich der ermittelnde manchmal etwas naiv wirkende Kommissar von der biederen und durch den Nationalsozialismus mitgeprägten Welt von fortschritts- und demokratiefeindlichen feindlichen Klischees und Einstellungen und scheut nicht mehr die Distanzierung von seinem Vater und dessen Freund, zwei durch ihren Einsatz in einem Polizeibataillon in Osteuropa schuldbelasteten immer noch aktiven Polzisten. Die teilweise vor allem im Beamtenapparat, in der Justiz und in der Welt der Mediziner gescheiterte Entnazifizierung, die damit verbundene Verdrängung der NS-Vergangenheit bzw. der damit verbundenen Schuld und die Beibehaltung sehr fragwürdiger Nor-men aus dieser Zeit werden sehr deutlich in diesem Roman thematisiert. Eine sehr persönliche Note er-fährt der Roman auch durch Peggy, die als Halbwaise in einem Pflegeheim mit brutalen Betreuern auf-wächst und schließlich aus diesem Milieu fliehen kann und sich in Thomas Engel verliebt, der diese Liebe erwidert und seine Persönlichkeit immer mehr verändert. Interessant ist auch die Erfassung des die 60-er Jahr prägenden Konflikts hinsichtlich des Musikgeschmacks der verschiedenen Generationen. Es gelingt Thomas Engel, die Sexulamorde an jungen Mädchen und weitere damit verbundene Morde auf-zuklären. Ernüchternd, aber durchaus historisch korrekt ist die Tatsache, dass alte NS-Seilschaften weit-gehend ungeschoren davonkommen und die Relikte von NS-Normen in der Gesellschaft dieser Zeit wei-terhin eine große Rolle spielen. Dass manche Charaktere plakativ bzw. schemenhaft oder überzeichnet wirken, kann man z. T. gut damit erklären, dass sie als Repräsentanten großer Teile der Gesellschaft eben keine ausgeprägte Individualität besitzen. Trotz des ernsten Themas enthält dieser Roman auch humorvolle Passagen.
Insgesamt gesehen ist dieser historische Kriminalroman sehr lesenswert.