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Lebenshilfe "Leben in kleinen Portionen"

Tina03
Tina03
Mitglied

"Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von Tina03
Den Titel dieses threads habe ich mir von Franz Rumpler „ausgeliehen“, der unter diesem Titel ein Buch mit „Überlegungen für den Alltag in schwierigen Lebenslagen“ geschrieben hat. An dieses Buch hatte mich nämlich die von @Franz58 in seiner Neuvorstellung vorgenommene Untergliederung des Lebens in bedeutsame Lebensabschnitte erinnert.
 
Das wiederum hatte mich zu der Überlegung geführt, dass es eigentlich doch eine gute Idee ist, jede solcher Lebensphasen für sich anzugehen. So müsste es doch leichter fallen, sich in erster Linie den in einem Neubeginn liegenden Chancen zu widmen, statt Vergangenem nachzutrauern. Und solche Chancen hält insbesondere ein Beginn des Ruhestands zu einem Zeitpunkt bereit, an dem man noch gesund und fit genug ist, das Beste daraus zu machen.
 
Was das Beste für sie/ihn ist – also sich beispielsweise auf all das zu konzentrieren, was Spaß macht und Freude bringt, oder darauf, seinem Leben einen völlig neuen Sinn zu geben – kann natürlich nur Jede*r für sich selbst entscheiden.
 
Für Letzteres hatte sich die Engländerin Dr. Cicely Saunders spontan zu Beginn des 2. Weltkriegs entschieden. Sie brach ihr Studium (Philosophie, Politik, Ökonomie) ab und gab ihrem Leben eine 180 Grad-Kehrtwende, indem sie sich zur Krankenschwester ausbilden ließ.
 
Bei der Ausübung ihres Berufs traf sie nicht zuletzt auf Patienten im Endstadium ihrer Erkrankungen, was sie bewog, sich nach Ende des Krieges besonders für eine bessere Versorgung solcher Patienten einzusetzen, bis sie schließlich – Jahre später – das erste moderne Hospiz gründete. Weitere folgten, finanziert durch Spenden und eine von ihr gegründete Stiftung.
 
Ihr ist es also verdanken, dass es solche Hospize bald überall in Europa und schließlich vielen anderen Ländern der Welt gab und gibt. Und dieser Aufgabe widmete sie sich bis in hohe Alter, d. h. bis sie 2005 im Alter von 87 Jahren, selbst in dem letzten Hospiz, in dem sie tätig war, verstarb.
(Viel mehr über ihr eigenes spanendes Leben erfahrt Ihr bei Eingabe ihres Namens in Wikipedia.)

 
Von ihr stammt das Zitat: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage [Jahre - sic] zu geben, sondern den Tagen [Jahren] mehr Leben."
 
Auch in dieser Weise ist noch im Alter ein erfülltes Leben möglich. Abgesehen davon, ist nicht zu vergessen, dass Alter ohnehin relativ ist, denn (um zu einem heiteren Schluss zu kommen 😊:
 
Das große Glück, noch klein zu sein,
sieht mancher Mensch als Kind nicht ein.
Dann wünscht er, dass er ungefähr
so 14 / 15 / 16 wär'.
 
Doch schon mit 18 denkt er: „Halt!
Ist über 20 nicht schon alt?"
Doch lebt die 20er er vergnüglich
und findet selbst die 30er vorzüglich.
 
Die 40 noch erreicht behende,
gilt ihm die 50 fast als Ende.
Doch letztlich schraubt er peu à peu,
das angestrebte Alter in die Höh'!
 
Dann scheinen 60 noch passabel
und erst die 70 miserabel.
Mit 70 aber denkt er still:
"Die 80 schaff’’ ich, so Gott will."
 
Hat er die 80 überlebt,
zielsicher er nach 90 strebt.
Dort angelangt, sucht er geschwind
nach Menschen, die noch älter sind.
 
Hat er die 90 noch erreicht,
was ihn womöglich nicht mehr wundert,
denkt er gelegentlich: "Na ja, vielleicht
schaff’ ich sogar auch noch die 100!"
 
Danach lasst uns guten Mutes streben,
solange es noch Schönes gibt in uns’rem Leben!

Liebe Grüssle in diesem Sinne
Tina
JuergenS
JuergenS
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf Tina03 vom 06.05.2023, 19:27:41

Ich habe meinen zuständigen Vierzeiler filtriert:

"Hat er die 80 überlebt,
zielsicher er nach 90 strebt.
Dort angelangt, sucht er geschwind
nach Menschen, die noch älter sind."

bingo, bis auf das "geschwind", des gäd ned.

😉

Chopra
Chopra
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von Chopra
als Antwort auf Tina03 vom 06.05.2023, 19:27:41
Guten Abend Tina,

wir sind mitten im Wochenende und können, so wir denn einigermaßen gesund und fit sind, schöne Dinge planen. Unternehmungen, die uns erfreuen, oder einfach nichts planen und diese Zeit genießen.

Du, oder wer auch immer festgestellt hat, dass jede Lebensphase lebenswert ist, hat Recht. Aber, um dies auch so für sich selbst zu sehen, ist es notwendig, in sich eine Lebensfreude zu spüren, die trägt.  

Nun gehöre ich zu den Menschen, die oft mit vielen Umschwüngen fertig werden musste, daraus aber einiges mitgenommen hat. Deshalb ist ein Rückwärts schauen gar nicht mal so übel. So und so war das – so und so habe ich es angenommen.

Irgendwann wurde es bei mir auch übersichtlicher und ruhiger. Aber – das Leben macht, was es halt so macht, ohne, dass wir Einfluss hätten.

Somit habe ich auch dein nächstes Thema durchlebt. Die Zuwendung eines Hospizes. So, wie Dr. Saunders vor vielen Jahren die Idee hatte und den Grundstein für ein Hospiz legte, hat es in unserer kleinen Stadt eine ebenso visionäre Frau gegeben. Meine Dankbarkeit ist groß, für diese würdevolle Art schwerstkranke Menschen zu begleiten.

Jetzt, liebe Tina, zu deinem letzten Punkt, dem relativen Alter und den humorvollen Versen. Gut haben mir sie mir gefallen.
 
Wünsche dir ein frohes Wochenende, Chopra
 

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Xalli
Xalli
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von Xalli
als Antwort auf Tina03 vom 06.05.2023, 19:27:41
mit solch trefflicher Lebensbetrachtung in Gedichtform tut es mir immer leid,
dass Wilhelm Busch sein Traumziel nicht erreicht hat, er wurde nur 76 Jahre.

Gruß Xalli
Zwergohreule
Zwergohreule
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von Zwergohreule
als Antwort auf Tina03 vom 06.05.2023, 19:27:41
 
Das wiederum hatte mich zu der Überlegung geführt, dass es eigentlich doch eine gute Idee ist, jede solcher Lebensphasen für sich anzugehen. So müsste es doch leichter fallen, sich in erster Linie den in einem Neubeginn liegenden Chancen zu widmen, statt Vergangenem nachzutrauern. Und solche Chancen hält insbesondere ein Beginn des Ruhestands zu einem Zeitpunkt bereit, an dem man noch gesund und fit genug ist, das Beste daraus zu machen.
 
Ich denke, wenn jemand am Beginn des Ruhestands steht und gesund und fit ist, braucht er keine Ermunterung, das Beste daraus zu machen und sich, wenn er Lust dazu hat, neue Aufgabengebiete zu erschließen. Aber was macht jemand, der nicht gesund und fit ist und sich nicht mehr zur Krankenschwester (oder was auch immer) ausbilden lassen und eine Stiftung gründen kann, und den in seiner Umgebung keiner mehr zu brauchen scheint, bzw. er/sie sogar als Last empfunden wird?
Da helfen auch keine humorvollen Gedichte!
Tina03
Tina03
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von Tina03
als Antwort auf Zwergohreule vom 06.05.2023, 20:24:19
Aber was macht jemand, der nicht gesund und fit ist ....

... den Beginn des Ruhestands schon seit vielen Jahren überschritten hat und ... (mehr Zutreffendes möchte ich nicht zitieren)

Frag' mich mal, und ich würde Dir sagen:
Erstaunlicherweise geht es dann doch irgenwie immer weiter, und zwischendrin gibt es dann doch auch wieder einmal Wohltuendes (sofern man nicht verlernt hat, es zu erkennen und wertzuschätzen), das wie Balsam für die Seele wirkt, das Licht ins Dunkel bringt und neuen Mut und neue Hoffnung geben könnte.

Die wenigsten Menschen sind oberflächlich oder teilnahmslos und würden nur zu gerne helfen, wenn sie es könnten. Leider sind die Zeiten für alle hektisch geworden, so dass alle oft mit sich und ihrer Familie schon selbst zuviel zu tun haben, um auch noch für andere da sein zu können - eben das Dilemma zwischen Wollen und Können.

Einige brauchen aus Alters-/Gesundheitsgründen alle Kraft, die sie aufbringen können, zur Bewältigung ihres eigenen Lebens; andere pflegen schon nahe Angehörige, wieder andere sind durch ihren Beruf voll ausgelastet oder stehen einfach just zu dem Zeitprunkt, zu dem sie gebraucht würden, nicht zur Verfügung.

Es macht das Leben nicht einfacher und große Probleme nicht kleiner, sich als bedauernswertes Opfer zu fühlen. Davon gibt es heutzutage eider mehr, als zur Hilfe befähigte Helfer. Es ist die Kehrseite des demografischen Wandels.

Noch schwerer als das Leben ist, wird es allerdings, wenn man die kleinen Freuden des Alltags - wie Vogelgezwitscher, den Blumenduft der Frühlingsluft oder ein freundliches Hallo" - nicht mehr wahrnimmt und über ein humoriges Gedicht, in dem man sich in dem einen oder anderen Punkt vielleicht sogar selbst erkennen könnte, nicht eimal mehr schmunzeln kann. Das sind die Menschen, die mir am meisten leid tun.

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Tina03
Tina03
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von Tina03
als Antwort auf Xalli vom 06.05.2023, 20:00:54
mit solch trefflicher Lebensbetrachtung in Gedichtform tut es mir immer leid, dass Wilhelm Busch sein Traumziel nicht erreicht hat, er wurde nur 76 Jahre.
Wenn man bedenkt, dass ich bereits 84 geschafft habe und vielleicht .... 😌
Einfach ist mein Leben beileibe nicht mehr, doch ich hänge immer noch daran, denn ich finde immer noch etwas, das mich - auch hier im ST - zum Lachen oder zumindest zum Grinsen oder Schmunzeln bringen kann. Schön, dass Du auch noch einen Sinn dafür hast 😃

LG Tina
minerva
minerva
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von minerva
als Antwort auf Zwergohreule vom 06.05.2023, 20:24:19
dann hilft positives denken und herausfinden, was noch geht. ich war schon sehr früh sehr krank und hab u.a. deshalb mehrmals den beruf gewechselt bis ich einen hatte, der mir spaß macht und den ich noch lange ausüben kann, weil es auch dann noch geht, wenn ich nur noch im sessel sitzen und reden kann.
zeitweise war auch das nicht möglich, aber dank pos. denken und nach infos suchen und viel tun um alles zu bessern, ging es teils nach einigen wochen, teils nach einigen monaten doch wieder, wenn auch etwas eingeschränkter.

wer keine lust oder keine möglichkeit hat eine weitere ausbildung zu machen um einen beruf zu haben, der auch bei einschränkungen noch geht, kann sich z.b. beim silbernetz o.ä. engagieren.

da wird er/sie gebraucht und es geht auch dann noch, wenn man nur noch im sessel sitzen oder im bett liegen und reden kann.


lg
minerva
Tina03
Tina03
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von Tina03
als Antwort auf Chopra vom 06.05.2023, 19:54:19
Guten Abend @Chopra, Du hast meinen Text ofensichtlich serh bewusst gelesen 😉, und ich stimme Dir in allem, was Du geschrieben hast, zu.

Aus allen schwierigen Phasen nimmt man auch etwas mit, was später hilfreich sein kann.
Es ist wichtig, die Fähigkeit, sich zu freuen und auch zur Dankbarkeit zu bewahren und nicht zuletzt, den Humor - auch wenn das Leben mal nur noch Kapriolen zu schlagen scheint - nie ganz zu verlieren.

Wenn man dann noch Deine Gelassenheit aufbringt - good on you!

Auch Dir ein schönes (Rest-)Wochenende
Tina
Tina03
Tina03
Mitglied

RE: "Leben in kleinen Portionen"
geschrieben von Tina03
als Antwort auf minerva vom 06.05.2023, 21:44:01

Deinen Leensweg habe ich in vielen Deiner Beiträge verfolgt, liebe minerva und bewundert, wie Du mit Deinen Einschränkungen umgehst.

"da wird er/sie gebraucht und es geht auch dann noch, wenn man nur noch im sessel sitzen oder im bett liegen und reden kann."

Vorausgesetzt, er/sie hat die Zeit dazu. Chronischer Zeitmangel ist leider eins meiner größten Probleme, Um das zu mildern, würde ich "nur" 😥 ein gesünderes Konto brauchen, denn "Am Golde hängt, zum Golde drängt ..."

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag
Tina


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