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Internationale Politik Wirtschaftskrieg nach altem Muster

olga64
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von olga64
als Antwort auf justus39 vom 03.12.2014, 11:56:54
Wir schaden uns, um Russland zu schaden und Russland ist schließlich gezwungen, Wege zu suchen, die wiederum uns schaden werden, und ich habe immer geglaubt, dass Politiker bei ihrem Amtsantritt schwören, Schaden vom Volk abzuwenden statt ihn zu verursachen.

justus[/q
geschrieben von justus
uote]

Wer ist wir? Die wenigsten europäischen Staaten schaden sich mit den berechtigten Sanktionen für Russland - auch Deutschland nicht ,da Russland nie der sehr grosse Handelspartner von uns war. Kurzfristig ist es sogar zum 'Vorteil der deutschen Verbraucher, weil ein Überangebot an Waren besteht, die früher nach Russland geliefert wurden, sinken die Preise. Das betrifft übrigens auch das Öl und Gas,das wir benützen - besonders in den Wintermonaten.
Und wenn man pathetisch den Politiker-Eid erwähnt - musste Putin diesen eigentlich nicht ablegen - sein von ihm regiertes Volk dürfte wirklich Probleme haben: Rubel im freien Fall, die Einnahmen aus GAs und Öl decken den Staatshaushalt nicht mehr ,weil die Preise so tief gesunken sind, begehrte Lebensmittel und andere Waren sind nicht mehr erhältlich usw. usw. Olga
carlos1
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 03.12.2014, 20:45:16
margarit, ja, genau den von dir genannten Artikel in der SZ meinte ich. Die Presse bringt unisono ähnliche Meldungen. Ob Russland bald am Boden liegt, wie phil neulich schrieb, weiß ich nicht. Jedenfalls wird damit kommuniziert, dass man Putin nichts Gutes wünscht. Ihm persönlich wird es aber immer gut gehen, die Folgen werden die Russen tragen und wir. Warum sollte ich das wünschen? Viele deutsche Firmen in Russland werden das auch spüren.

Neulich war der russische Wirtschaftsminister Uklulajew (so ähnlich heißt er) in Stuttgart und warb für Investitionen in Russland bei der IHK. Großer Zulauf. Er wurde im Gespräch gefragt, ob die Investitionen (vor Enteignung) sicher seien. Er schüttelte nur den Kopf und meinte, es mache doch keinen Sinn das Huhn zu schlachten, das goldene Eier legt oder legen soll.

Zu fragen ist, ob Putin noch Herr seiner eigenen Entschlüsse ist. Besser: Wer beschließt? Wie zu Zeiten des kommunistischen Politbüros ist es ein kleiner Kreis um Putin, seine Vertrauten, die ohne jede Transparenz die Beschlüsse fassen. Geheim, kaum nachvollziehbar, keine Einsicht in die Entstehungsgründe erkenntlich. Die Folge: Russland wird als Partner zunehmend unberechenbar. Nicht nur das. Durch diese Abschottung bei der Entscheidungsfindung erschwert das "System Putin" das Zusammenspiel aller wichtigen politischen Kräfte im Land. Bald aber besteht Erklärungsbedarf. Natürlich schwimmen die Russen auf einer Woge nationalistischer Euphorie. Die Heiterkeit des Daseins muss aber durch Wohltaten des Systems unterfüttert werden, nicht durch Mangelerscheinungen in den Supermärkten.

Interessant: In seiner Botschaft an die Nation von heute (4.12.2014) erhob er die Annexion der Krim in die Sphäre des Sakralen. Der Autokrator beschwört den Segen des Himmels und erhält wohl auch den Segen der Kirche. An was erinnert uns das?

Die EU stellt ein anderes, attraktiveres Modell der Konfliktlösung dar. Keine militärische Gewalt. Selbstkritik und internationale Zusammenarbeit. Der EU ist es klar, dass die Ukraine nicht allein durch Europa gerettet werden kann. Russland hätte anstatt seine vermummten Kettenhunde in die Ostukraine zu schicken auch wirtschaftlich der Ostukraine unter die Arme greifen können, ja müssen. Stattdessen warten jetzt die Rentner in Donezk auf ihre ausbleibenden Renten aus Kiew. Das ist keine auf die Zukunft ausgerichtete Politik, wenn man Leute, die für Russland votiert haben so hängen lässt. Diese Politik ist ein auf Machtgetöse ausgelegtes Durchwursteln. Putin war nicht in der Lage die Wirtschaftsmacht Russland für politische Zwecke einzusetzen.

Das Scheitern von South Stream ist auch eine außenpolitische Niederlage für Russland. Dies Projekt sollte die Abhängigkeit von einem starken Russland deutlich machen. Stattdessen wird nun der türkische Präs. Erd. mit Freundschaft überschüttet und er erhält so viel Gas aus Russland, wie er es gar nicht gefordert hat.

Russlands wirtschaftliche Stärke hätte in der ukrainischen Politik eine Rolle spielen können, auch ohne den korrupten Statthalter Janukowitsch.

Dtld wird in der EU vorgeworfen sich Europa durch seine Wirtschaftspolitik zu unterwerfen. Welche Chancen hätte erst Russland gehabt, wenn es in der Ukraine durch seine wirtschaftliche Stärke friedlich eingesetzt hätte? Stattdessen schlittert R. jetzt in eine Rezession. Wenn einer nicht verlieren kann und darf, dann kann aber doch alles nur noch schlimmer werden.

Olga, es mag sein, dass der Außenhandel mit Russland nur 3% des Gesamthandelsvolumens Dtlds ausmacht. Immerhin sind aber 6000 (nach anderen Quellen nur 3000) deutsche Unternehmen in R. engagiert. Für die Beteiligten und ihre Mitarbeiter ist es keine Nebensache. Außenpolitk muss über den Tag hinaus denken. R. gehört zu Europa.
olga64
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von olga64
als Antwort auf carlos1 vom 04.12.2014, 17:33:40
Viele deutsche Firmen, die schon lange mit Russland zusammenarbeiten, haben dort auch Niederlassungen - dies sind nicht betroffen von den Sanktionen und auch nur bedingt vom Rubelverfall.
Was South-Stream anbelangt, so dürfte der Stop ein Vorteil für die EU sein - Herr Putin nimmt ihr hier die Entscheidung ab, wie eine Sanktion hier angewandt werden sollte.
Europa hatte ja ein Pendant zu South-Stream "in der Pipeline" - nämlich Nabucco, wofür sich ja mal Joschka Fischer vermutlich gegen bestens Honorar stark machte. Dieses versank auch stillschweigend in der Versenkung. Olga

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wandersmann
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf olga64 vom 04.12.2014, 17:47:30
Ach i wo!
Seit gestern ist die US-amerikanische Investmentbankerin und frühere Angestellte der US-Regierung Natalie Jaresko Finanzministerin der neuen ukrainischen Regierung. Stunden vorher wurde ihr im Schnellverfahren die ukrainische Staatsbürgerschaft attestiert.
Vermutlich misstraut Washington dem Kiewer Filz so sehr, dass man es nicht bei Anweisungen belässt, sondern die Schaltstellen vorsichtshalber gleich selber mit eigenem Personal besetzt.
olga64
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von olga64
als Antwort auf wandersmann vom 04.12.2014, 21:55:11
DAs verstehe ich jetzt nicht: ich sprach z.B. von deutschen Firmen, die in Russland ihre Dependancen haben und dadurch von den Sanktionen nicht betroffen sind und Sie erwähnen nun eine US-Amerikanerin, die ein politisches Amt in der Ukraine übernimmt und vermuten dahinter eine Verschwörungsmassnahme der Amerikaner.
Aber was bitte hat die Ukraine mit Russland zu tun? Bis auf die Krim ist dies doch ein souveräner Staat und wenn es keine geeigneten Politiker gibt (wie manchmal wirklich zu vermuten ist) nimmt man das, was sich anbietet, oder? Die US-Amerikanerin wird sicher auch ihren US-Pass nicht eingetauscht haben- den behält sie bestimmt, wenn sie wieder die Ukraine verlassen wird. Olga
wandersmann
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf olga64 vom 05.12.2014, 18:06:32
Sie haben recht, Olga, ich befand mich irgendwie im falschen Strang mit meinem Beitrag.

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sittingbull
sittingbull
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von sittingbull
als Antwort auf carlos1 vom 04.12.2014, 17:33:40
Die EU stellt ein anderes, attraktiveres Modell der Konfliktlösung dar. Keine militärische Gewalt. Selbstkritik und internationale Zusammenarbeit.


wow ... darauf muss man ob der unübersehbaren realitäten erstmal kommen .

sitting bull
ingo
ingo
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von ingo
als Antwort auf olga64 vom 05.12.2014, 18:06:32
Die Meldung über diese Frau ist sehr erklärungsbedürftig, Olga. Es lohnt sich, den Artikel zu lesen, um diese Einbürgerung zu verstehen. Sie ist keine Fremde.
olga64
olga64
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von olga64
als Antwort auf ingo vom 08.12.2014, 10:16:48
DAnke Ingo - ich habe zwischenzeitlich inder Südd. Zeitung über die Vita dieser Frau gelesen - sie ist eine Finanzexpertin und die Ukraine ist ihr alles andere als fremd. Wenn die Ukraine schon Geld von der EU und dem IWF erhält, ist es wohl mehr recht als billig, hier neutrale Kontrolleure einzusetzen, die was von der Sache verstehen.
Vermutlich hilft sie diesem Land mehr als der frühere Boxer Klitschko oder gar die Zopfliesel, von der man ja auch überhaupt nichts mehr hört, nachdem ihr Rückenleiden in Deutschland hoffentlich gut geheilt wurde. Olga
pschroed
pschroed
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von pschroed
Russland droht der Zusammenbruch.
Man kann nur noch den Kopf schütteln.

Phil.

ZITAT SPON:
Russland hat es versäumt, Strukturprobleme seiner Wirtschaft zu lösen. Die Modernisierung kommt nur schleppend voran, die Staatskonzerne sind ineffizient, die Sanktionen des Westens setzen dem Land zu.

Für Russlands Konzerne könnte der Kursverfall zu einem Problem werden. Der Großteil ihrer Einnahmen beläuft sich in Rubel, bis Ende Dezember aber müssen sie Kredite in Höhe von 33 Milliarden Dollar bedienen. 2015 kommen mindestens weitere 100 Milliarden Dollar hinzu. Gleichzeitig ist die Refinanzierung wegen der Sanktionen deutlich schwieriger geworden. Die großen staatlichen Banken Sberbank und VTB sitzen zudem auf vielen faulen Krediten. Sie könnten bald schon auf Staatshilfen angewiesen sein.

Der Rubel-Absturz wird beschleunigt durch weitere Hiobsbotschaften. Am Montag warnte die Zentralbank vor einer tiefen Rezession: Sollte der Ölpreis auf dem jetzigen Niveau von rund 60 Dollar verharren, werde die Wirtschaft um bis zu 4,5 Prozent schrumpfen. Die Krise hat auch die Kapitalflucht beschleunigt, bis Ende 2014 werden rund 134 Milliarden Dollar aus Russland abfließen.

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