Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Was wird aus dem "arabischen Frühling"?

Internationale Politik Was wird aus dem "arabischen Frühling"?

luchs35
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Mitglied

Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf Medea vom 19.09.2012, 11:49:25
Peter Scholl-Latour gehört leider zu einer aussterbenden Generation von klugen, journalistischen "Dinosauriern". Für mich war er immer mein persönliches Vorbild in meinem Beruf, ohne ihn auch nur annähernd zu erreichen, aber von seiner Gelassenheit habe ich viel gelernt.

Zur Thematik, ob dieser Hetzfilm über Mohammed verboten werden sollte, möchte ich ein heute in meiner Zeitung gelesenes Wort meines Ex-Chefs zitieren:

"Das deutlichste Zeichen einer dekadenten Gesellschaft ist, wenn sich die eigene Kultur durch eine fremde verbieten lässt!"

Damit spielte er darauf an, dass bei künstlerischen Ausstellungen Werke entfernt werden müssen, weil sie Menschen anderer Kulturen beleidigen könnten. Auch Theateraufführungen oder Bücher stehen da in der Kritik, wobei der wahre künstlerische Wert dabei eine untergeordnete Rolle spielt. Werke von Voltaire sind dieser Anpassung ebenso zum Opfer gefallen wie die dazu gehörenden Übersetzungen von Goethe.

Das soll keinesfalls ein Plädoyer für diesen üblen Mohammed- Schmähfetzen sein, der nur dazu diente, gewissen Kreisen einen Vorwand zu liefern, um den Mob auf der Straße zu mobilisieren. Hintergründe sind andere, ich habe das schon zu Beginn der Diskussion geschrieben - ist für mich also nicht das Resultat der Maischberger-Runde.

Was ich allerdings absolut ohne Wenn und Aber verurteile, ist die Verletzung religiöser Gefühle von gläubigen Menschen, obwohl ich eher in die agnostische Richtung ziehe.

Man stelle sich aber vor, Jesus (nicht der Mensch Papst) wäre vor noch einem Jahrhundert derart in einem Schmuddelfilmchen verunglimpft worden, da hätten ebenfalls gläubige Christen "gezündelt" ohne Rücksicht darauf, ob dabei Menschen zu Schaden gekommen wären. Denn auch bei uns ist der hirnlose Mob schnell zu fanatisieren, das sollten wir nicht vergessen bei aller Verurteilung der Geschehnisse in den arabischen Ländern. Wir sehen dies ja schon bei politischen Auseinandersetzungen.

Luchs
Mitglied_bed8151
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Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Medea vom 19.09.2012, 11:49:25
die vorwiegend islamisch geprägte kultur des morgenlandes ist eine faszinierende kultur. ich war lange in arabien - in algerien, mali, marokko - und habe den zauber erlebt, der von dieser kultur ausgeht. ich habe nirgends friedlichere menschen erlebt. - in diesem thema geht es um den arabischen frühling und nicht um die befindlichkeiten von westlern. die haben sich, das ist meine meinung, vollständig aus arabien zurückzuziehen. sie haben auch ihre einmischungen zu unterlassen (insbesondere die einmischung, die im liefern von waffen besteht an despoten, die diese waffen gegen die eigene bevölkerung einsetzen). dass das saudische regime DIE westliche stütze in arabien ist, ist ein skandal. das zeigt überdeutlich die westliche doppelmoral, das schäbige spiel mit den menschenrechten, die es angeblich hochzuhalten gilt.

gegen "therapeutisches reden", das auch hier im st gepflegt wird, habe ich etwas. das ist heuchlerisches gesülze. so lange westler krieg gegen muslime führen, wird es keinen frieden geben. auch noch so oberlehrerhaftes getue und noch so viele hochgehaltene zeigefinger werden daran nichts ändern. - noch einmal: westler haben in arabien nichts zu suchen. ihre kultur, eine brutale kolonisatorenkultur, ist inkompatibel zur arabischen kultur.

der dialog der kulturen muss geführt werden. der setzt aber voraus, dass man nicht schwer bewaffnet erscheint mit westlicher "weisheit" im sturmgepäck. muslime sind keine knechte, die sich von europäischen bzw. amerikanischen selbsternannten herrenmenschen noch etwas sagen lassen. wer so ankommt, um das vorauszusagen muss man kein hellseher sein, wird weiter bekämpft werden.

---
w.
Medea
Medea
Mitglied

Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von Medea
als Antwort auf luchs35 vom 19.09.2012, 12:27:33
Luchs
Deinem Beitrag ist zuzustimmen;
auch als Nichtkatholikin empörte ich mich über
das Lächerlichmachen des Papstes in der "Titanic" -
das habe ich hier im ST deutlich gemacht,
aber ich hätte deswegen nicht zum Revolver gegriffen.

Die Runde gestern bei Maischberger war gut besetzt, mich störte allerdings sehr, daß sie ihre Gäste nicht ausreden ließ und laufend dazwischen sabbelte.

Dem Satz Deines früheren Chefs

"Das deutlichste Zeichen einer dekadenten Gesellschaft ist, wenn sich die eigene Kultur durch eine fremde verbieten lässt!"

stimme ich ausdrücklich zu - wir, unsere Kunstschaffenden und die ganze Republik sollten vor lauter vorauseilendem Gehorsam sich vor dem Haxenbrechen und Ausrutschen hüten
und unsere gesellschaftliche und kulturelle Identität nicht zu Markte tragen.

Medea.

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Mareike
Mareike
Mitglied

Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Medea vom 19.09.2012, 13:46:35
"Gesellschaftliche und kulturelle Identität" klingt schön, aber was sind den die Pfeiler "unserer" Kultur?
Und welche Identität ist gemeint?

Zitat:
Die Ideologie vom Kampf der Kulturen aufgrund unversöhnlicher Differenzen ihrer sozialen Grundwerte findet in den empirischen Daten keine Bestätigung, Im Gegenteil: Kulturübergreifende Ähnlichkeiten und Überlappungen lassen sich zwischen allen Kulturen erkennen. Die Konfliktlinien, die in der Sache begründet sind, verlaufen vielmehr in den Kulturen.

Ähnlich argumentiert auch der indische Nobelpreisträger Amartya Sen gegen Huntingtons Vorstellungen von Konflikten, die sich aus Unterschieden in der kulturellen Identität ergeben würden:

Eine Person kann gänzlich widerspruchsfrei amerikanische Bürgerin, von karibischer Herkunft mit afrikanischen Vorfahren, Christin, Liberale, Frau, Vegetarierin, Langstreckenläuferin, Heterosexuelle, Tennisfan etc. sein.

Die Menschen seien eben „auf unterschiedliche Weise verschieden“: Der Begriff der kulturellen Identität tauge daher nicht dazu, Prognosen über das Verhalten kulturell definierter Kollektive zu machen."

Kulturelle Identität

Mareike
luchs35
luchs35
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Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf Medea vom 19.09.2012, 13:46:35
Trotzdem ist das Lächerlichmachen des Papstes nicht gleichzusetzen mit einer Verunglimpfung von Mohammed oder ,um bei uns zu bleiben, Jesus. Da unterscheide ich gewaltig.

Deine kritischen Worte zu Maischberger kann ich voll unterstreichen, wenn ich auch nachvollziehen kann, dass einer Moderatorin schnell die Zügel entgleiten, wenn plötzlich alle durcheinander reden, so dass man oft nicht mehr die verschiedenen Argumente bis zum Schluss hören konnte. Aber es war schon auch so, dass ein interessanter Meinungswechsel - etwa zwischen Peter Scholl-Latour und Alice Schwarzer von der Moderatorin an spannenden Punkten unterbrochen wurden.

Luchs
olga64
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Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von olga64
als Antwort auf Medea vom 19.09.2012, 13:46:35
Es ist leider üblich, dass in den vielen Talkshows keiner mehr ausreden darf und kann und teilweise die Moderatoren sich selbst als wichtigste Person in den Raum stellen, womit sie den Sinn des Moderierens missverstehen. Angefangen damit hat Herr Plasberg, den viele Deutsche ja so sehr schätzen.
DAs hat den Nachteil, dass Leute, die zu diversen Themen wirklich was zu sagen haben, in solche Talkshows nicht mehr gehen und immer die gleichen dort auftauchen, die damit anscheinend nicht so viele Probleme haben. Z.B. wird Herr Lanz immer penetranter, wenn er einen seiner Gäste attackiert um die Lacher und Beifallklatscher auf seine Seite zu bringen. Ich finde das abstossend! Olga

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pschroed
pschroed
Mitglied

Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von pschroed
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 19.09.2012, 13:30:03


- in diesem thema geht es um den arabischen frühling und nicht um die befindlichkeiten von westlern. die haben sich, das ist meine meinung, vollständig aus arabien zurückzuziehen. sie haben auch ihre einmischungen zu unterlassen (insbesondere die einmischung, die im liefern von waffen besteht an despoten, die diese waffen gegen die eigene bevölkerung einsetzen). dass das saudische regime DIE westliche stütze in arabien ist, ist ein skandal. das zeigt überdeutlich die westliche doppelmoral, das schäbige spiel mit den menschenrechten, die es angeblich hochzuhalten gilt.

der dialog der kulturen muss geführt werden. der setzt aber voraus, dass man nicht schwer bewaffnet erscheint mit westlicher "weisheit" im sturmgepäck. muslime sind keine knechte, die sich von europäischen bzw. amerikanischen selbsternannten herrenmenschen noch etwas sagen lassen. wer so ankommt, um das vorauszusagen muss man kein hellseher sein, wird weiter bekämpft werden.

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w.


Hallo Wolfgang

So sehe ich es zum Teil auch !

Danke Phil.
susi
susi
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Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von susi
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 19.09.2012, 13:30:03
Zur Zeit bekämpfen sich aber die Arabischen Staaten und Religionsgruppierungen selber.

Saudis und Türken gegen Assat
Irak, Iran für Assat

Wahabiten mobilisieren Salafisten.

Sunniten gegen Schiiten.

Und alle zusammen gegen den Westen und gegen die Christen.

Wohin wird das führen? Sieht nach Selbstzerstörung aus.
Mitglied_bed8151
Mitglied_bed8151
Mitglied

Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
muslimehasser. oder: zum kolonisator gehört eine kolonisatorische kultur
in den usa sind sich christlich und auch sich jüdisch gerierende hassprediger unterwegs. sie haben es geschafft, muslime unter den generalverdacht des terrorismus zu stellen. "Es ist eine aktive Industrie, die national und international vernetzt ist und die Provokation sucht.", sagt ibrahim hooper vom 'council on american-islamic relations (cair)'. -> http://www.cair.com/
finanzstark. gut vernetzt
über das unselige wirken rechter republikaner berichtet dorothea hahn in der taz. (linktipp)
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w.
susi
susi
Mitglied

Re: Was wird aus dem "arabischen Frühling"?
geschrieben von susi
als Antwort auf susi vom 20.09.2012, 22:17:33
Gescheite Libyer. Die haben dazu gelernt.

In der ostlibyschen Hafenstadt Bengasi haben Bewohner in der Nacht auf Samstag bei einer Demonstration gegen Gewalt mehrere Lager islamistischer Milizen gestürmt. "Nach dem, was im amerikanischen Konsulat geschehen ist, haben wir genug von den Extremisten", so ein Demonstrant.

Zitat aus der Kronen-Zeitung

Finde ich sehr klug, wo doch in anderen Länder, besonders in Pakistan durch den Hass im eigenen Land Zerstörungen und großer Schaden angerichtet wird.

Vielleicht sollen wir in Europa die Salafisten auch hinaus werfen um den Frieden zu erhalten.

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