Internationale Politik Mit Empathie das Miteinander stärken
Das gilt nicht grundsätzlich @Jutta.
Mein Lieblingsschwiegersohn wurde als Kind vor der Glotze geparkt. Dort hat er seine Talente entdeckt, hat studiert, schreibt tolle Texte, ist im wahrsten Sinne ein Wortkünstler und nicht nur das.
Um im deutschen Bildungssystem überhaupt als Kind eine Chance zu haben,braucht es zumindest Eltern, die die deutsche Sprache beherschen in Wort und Schrift.
Dazu Geduld, Zeit und die Fähigkeit bei den Hausaufgaben bei Bedarf Hilfestellung zu geben. Denn vieles fällt in den Unterrichtsstunden flach, weil der Lehrermangel extrem ist.
Kein Wunder, dass ca 20% der Grundschüler den Mindestanforderungen nicht mehr entsprechen kann.
Mareike
in den 60ern, als ich eingeschult wurde, gab es Klassen mit 30 und mehr Schülern. Ich meine mich erinnern zu können, dass ab 35 neue Klassen gebildet werden sollten. Man hat aber auch mal überzogen.
Weil ich meiner Erinnerung nicht so ganz vertraut habe, habe ich noch mal nach Zahlen gegooglet:
Klassengröße – gestern und heute/ Klassengröße BRD – Wikibooks, Sammlung freier Lehr-, Sach- und Fachbücher
Wir hatten damals auch Mangel an Lehrern und meine Eltern wenig Zeit. Dennoch war in meinem Jahrgang keine sprachliche Förderung erforderlich. Die Frage ist, warum war das so und weshalb ist das heute anders und das, obwohl Kinder eigentlich heutzutage mehr Förderung erfahren können.
Was mein Vater aber in der Zeit vor Schuleintritt getan hat war, mir die Freude an Sprache, Geschichten, Fantasie mitzugeben. Sicher, den Rest musste ich ab Mitte des ersten Schuljahrs alleine erledigen, aber den Anstoss, den habe ich von ihm und nicht durch die Schule erhalten.
Ach ja - und dann gab es noch diese Hörgeschichten im Radio. Auch das bildet Sprache.
Ich bin ja aufgrund der Erkrankung meines Mannes regelmässig bei unterschiedlichen Logopäden im Wartezimmer. Es überrascht mich immer noch, wie viele Kinder ich dort antreffe die Probleme bei der Sprachentwicklung haben. Und häufig sind es Kinder deren Eltern deutschstämmig sind und die Sprache beherrschen und das private Umfeld ebenfalls.
Im deutschen Bildungssystem gibt es (zumindest in BaWü) Förderung in Form von Hausaufgabenbetreuung und auch Förderunterricht in kleinen Gruppen. Davon hätten wir früher träumen können.
Ich stelle mir auch die Frage wo die Probleme bei der Einschulung schon her kommen. Im Gegensatz zu meiner Kindheit besucht doch fast jedes Kind heutzutage einen Kindergarten und damit Vorschulförderung.
Es ist zum Teil die unterschiedliche Zusammensetzung der Schüler.
Hier in NRW sind die Klassengrößen immer noch so um die 30 Schüler.
Je nach dem in welchem Bezirk gibt es oft Klassen mit einem hohen Migrantenanteil. Dann wird es mit dem Unterrichten schnell schwierig. Es fehlt ja auch an angepasstem Lehr- und Lernmaterial.
Bei meinem letzten Krankenhausaufenthalt erlebte ich live eine sehr kranke, total überforderte (deutsche) junge Mutter. Durchaus nicht dumm aber total überfordert.
Sie hat 2 Kinder: Ein Kleinkind und ein 6 jähriger Erstklässer.
Dieses Kind kam Nachmittags ins Krankenhaus, weil die Mutter befürchtete, dass der Kindesvater bei der Hausaufgabenbetreuung durchdrehen wurde. Dabei hat sie dann selber über Stunden mit dem Kind geschimpft, mit Sonderschule gedroht, ständig alles wegradiert, selber den Sinn der Aufgaben nicht verstanden.
Der Junge sollte verpassten Unterrichtsstoff nachholen plus noch die geplanten Hausaufgaben. Da hätte man locker 2 bis 3 Stunden gebraucht.
Dabei gibt es die Vorgabe im ersten Schuljahr maximal 30 Minuten Hausaufgaben am Tag.
Dieses Kind war zusätzlich auch in der sogenannten Hausaufgabenbetreuung. Da läuft es genau so chaotisch ab wie im Unterricht.
Ich weiß wovon ich spreche, war Grundschullehrerin.
Ich bot der jungen Frau kostenlose "Nachhilfe" an. Dieses Angebot hat sie aber nicht angenommen.
Mareike
"Begleitend" zu diesem Geschimpfe lief nebenbei durchgehend RTL an ihrem Tablett (bis nachts um 3) Sie begründete das damit, dass sie diese Geräuschekulisse brauchte ...
Ich war nach einer Woche am Ende meiner Nerven. Für nicht wenige Kinder ist das jedoch ständiger ALLTAG.
Mareike
"Begleitend" zu diesem Geschimpfe lief nebenbei durchgehend RTL an ihrem Tablett (bis nachts um 3) Sie begründete das damit, dass sie diese Geräuschekulisse brauchte ...
Ich war nach einer Woche am Ende meiner Nerven. Für nicht wenige Kinder ist das jedoch ständiger ALLTAG.
Mareike
was letztendlich dann doch bedeutet, dass es auf's Elternhaus hinaus läuft. Dein Bericht über die Hausaufgabenunterstützung der Mutter las sich grauenhaft. Das arme Kind.
Mein Mann war übrigens bis 2016 ein sehr engagierter Realschullehrer und hat die letzten 4 Berufsjahre, nach seiner Zeit in der Lehrerausbildung, in einer Verbundschule unterrichtet. Manchmal auch als Vertretungslehrer bei den Zwerglein.
Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung hatte er ebenfalls übernommen.
Wir haben hier noch überschaubaren Migrationsanteil. Mein Mann hat in der Ausprägung wie Du es beschreibst nur während seiner Zeit als Ausbilder erlebt. Und ja, das ist dann schon noch mal eine ganz andere Sache als das was wir hier haben.
Aber auch hier läuft es letztlich auf die Eltern hinaus. Gleichgültig ob Migranten oder Deutsche die die Sprache beherrschen.
Mein Mann hat noch die syrische Flüchtlingswelle miterlebt. Es gab einige syrische Eltern die sehr dahinter her waren, dass ihre Kinder am Unterricht teilnahmen und Angebote zur Förderung auch gerne annahmen. Da haben die damals Jugendlichen auch ihren Weg gemacht bzw. machen ihn.
Ähnlich sieht es auch bei Problemfamilien mit deutschstämmigem Hintergrund aus. Ob ein Kind seinen Weg machen kann oder nicht liegt auch viel daran, ob Hilfsangebote konsequent angenommen werden. Manchmal denke ich auch, die jungen Eltern haben auch weder Disziplin, Ruhe und Geduld gelernt.
In einem stimme ich aber vorbehaltlos zu: Es ist heutzutage sehr schwer für ein Kind seinen schulischen Weg zu gehen wenn das Elternhaus nicht unterstützt.
Was erschwerend dazu kommt, sind die veränderten Lehrmethoden, sprich Mengenlehre und Lesen lernen durch Schreiben.
Diese von mir beschriebene Mutter hat den Jungen gezwungen, jede Aufgabe auf seinen 10 Fingern abzuzählen: Keinerlei Begriff von Mengen wie z B 5 auf einer Hand. So werden die Kinder verwirrt.
Dass die Schreibübungen irgendwie zum Lesen verhelfen sollten, hat die Mutter auch nicht gescheckt. Sie war der Meinung, dass die Kinder erst im 2. Schuljahr lesen lernen würden - leider ist dann oft schon der Zug quasi abgefahren.
Nicht umsonst braucht es ein Lehrerstudium: Ohne Didaktik- und Pädagogikkenntnisse geht es in der Regel nicht, auch wenn es Kinder gibt, die es irgendwie trotzdem hinkriegen. Das sind dann eben die Begabten ...
Ich bin der Meinung, dass es nicht an erster Stelle Aufgabe der Eltern ist, den Kindern das Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen.
Ich bin der Meinung, dass es nicht an erster Stelle Aufgabe der Eltern ist, den Kindern das Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen.
na ja, wenn ich ehrlich bin, Lesen und Rechnen - in beiden Fällen hat meiner Mutter Knoten gekappt den ich in der Schule hatte. Da war noch nicht einmal viel nötig, aber sie wusste wie sie mir den "Trick" näher bringen konnte. Beim Lesen das Verbinden der Silben (an diesen Aha-Moment erinnere ich mich so viele Jahre später immer noch) und beim Rechnen das Dividieren.
Warum soll das heute anders sein? Die Basis legt die Schule. Zu Hause wird unterstützt/geübt.
Die Schule lehrt alles Mögliche - nur wie man miteinander umgeht nicht. Und wie man Kinder erziehen sollte auch nicht. Man kann den Eindruck gewinnen das die Schule was ausbildet - nur nicht für das Leben. Influenzer, TikTok sind die Lehrmeister. Und die Lehrausbilder da draußen haben ja alle keine Ahnung, wenn sie dem Nachwuchs ablehnen wegen '..nicht Ausbildungsfähig..'.
Diese Mutter sollte man nicht verurteilen - sie hat selber nie gelernt wie man es richtig macht.
Hallo Mareike,
nach dem Eintritt in die Rente hatte ich Zeit und Lust noch etwas zu tun. da las ich ein Inserat, dass eine Nachhilfeschule (privat und unbekannt) einem Lehrer für Grundschüler suchte. also telefoniert und sofort Vorstellungstermin.
1. Hürde: Die "Einrichtung" war eine private Musikschule, die sich aus Geschäftsgründen den Nachhilfezweig zulegen wollte. (Mehrfachnutzung der Kundenkontakte.) Der Leiter, ein anerkannter und professioneller Musiker aus dem Herkunftsland der Musikschüler/innen, hatte keine Ahnung vom deutschen Schulrecht. Da ich alles zu machen hätte, also Schulorganisation, Buchhaltung, Unterricht, Akquise, schlug ich vor, mich als GFB einzustellen. No way! Das regeln wir unter der Hand. Bei mir fiel die erste Klappe.
2. Hürde: Die möglichen Kinder kamen aus geordneten Verhältnissen. gehobener Einkommensbereich sozusagen. Mutti immer dabei, meist Jungs kaum Mädchen. Natürlich wurde zu Hause Muttersprache gesprochen und Söhnchen hatte mehr zu sagen als Mama und wurde von allen Seiten verwöhnt. Mit diesem kulturellen Hintergrund hatte ich keine Erfahrung.
Diese Eltern wurden befragt, ob sie einen Deutschen als Nachhilfelehrer akzeptieren würden. Die Mehrzahl konnte es sich nicht vorstellen. Sie waren skeptisch, ob ich die kulturellen Hintergründe auch genügend beachten würde.
Das war dann die 2. Klappe die zufiel. Endgültig. So viel Empathie konnte ich mir in einem Geschäftsverhältnis nicht vorstellen.
Ich habe danach noch als Freelancer an einer Krankenpflegeschule Nachhilfe für Migranten gegeben, aber ohne Honorar, rein ehrenamtlich. Richtig angemeldet und mit schriftlicher Basis.
Ich denke, als Gast in unserem Land sollte man unser Recht und unsere Kultur kennen und achten. Die eigene Kultur darf ja jeder mitbringen und sie auch hier einbringen. sie bereichert auch uns. Aber das fremde Recht kann und darf uns nicht dominieren.
Juro
Nicht umsonst braucht es ein Lehrerstudium: Ohne Didaktik- und Pädagogikkenntnisse geht es in der Regel nicht, auch wenn es Kinder gibt, die es irgendwie trotzdem hinkriegen. Das sind dann eben die Begabten ...
Manchmal machts halt auch die Methode. In den Basisschulen wird häufig aufbauend unterrichtet. D.h. vom Kleinen zum Großen/Gesamten entwickelt. Manche Kinder tun sich aber leichter wenn sie vom Großen/Gesamten auf die Kleinteile folgern dürfen. Hat man so ein Kind zu Hause, ist Unterstützung der Eltern sehr förderlich.
Wobei ich es durchaus auch so sehe, dass die Unterstützung nicht Überhand nehmen muss/darf weil sonst viel zu viel Druck auf beiden Seiten aufgebaut wird.
Ich verurteile nicht. Ich habe nur beschrieben, wie aus meiner Sicht die 20 % der sogenannten Schulversager in der Grundschule zu erklären sind.
Nicht die Kinder oder die Eltern versagen, sondern das Bildungssystem.