Internationale Politik Krieg in Israel

Rispe
Rispe
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RE: Krieg in Israel
geschrieben von Rispe

Den bisher für mich besten Artikel zu diesem Krieg gibt es jetzt in der taz.
Der bringt die Dinge ohne Manschetten glasklar auf den Punkt. Er ist sehr lang, es lohnt sich unbedingt, ihn ganz zu lesen, wenn man die Fakten erfahren will:

Das laute Schweigen der Deutschen

Auszug:
. . .  Doch der deutschen Politik hat es die Sprache verschlagen. Damit verrät Deutschland seine Werte, macht sich unglaubwürdig und entfremdet sich vom Rest der Welt.

Katastrophale Lage
In seiner Neujahrsansprache erwähnte Scholz die Lage in Gaza mit keiner Silbe, dabei ist sie dramatisch. 85 Prozent der 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen wurden in den letzten drei Monaten innerhalb ihrer Enklave vertrieben und suchen in deren Süden Schutz, die Hälfte von ihnen ist minderjährig. Mehr als einer Million droht der Hungertod, warnt die UN. Vier von fünf der hungrigsten Menschen der Welt leben in Gaza, schrieb UN-Generalsekretär António Guterres kurz vor Weihnachten auf dem Nachrichtendienst X. Ein Viertel der Menschen in Gaza könnte im Laufe eines Jahres an Hunger und Krankheiten sterben, weil es an Nahrung, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung fehlt, warnt die Global-Health-Analystin und Guardian-Kolumnistin Devi Sridhar. Die Menschenrechtsorganisationen Oxfam und Human Rights Watch werfen Israel vor, Hunger als Kriegswaffe zu benutzen.
Mehr als 22.000 Menschen sind offiziellen palästinensischen Angaben zufolge bereits israelischen Bomben zum Opfer gefallen, mehr als zwei Drittel davon sollen Frauen und Kinder sein. Die tatsächliche Zahl dürfte höher sein, weil Tausende weitere Menschen womöglich noch unter den Trümmern begraben liegen. Zehntausende sind teilweise schwer verletzt, allein tausend Kinder sollen eines oder beide Beine verloren haben. Doch höchstens 13 von 36 Krankenhäusern im Gazastreifen sind laut der WHO noch funk­tionsfähig, im Norden kein einziges mehr.
Unter den vielen Opfern finden sich eine Rekordzahl an Ärztinnen und Ärzten, Journalistinnen und Journalisten, UN-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, aber auch Intellektuelle und Kunstschaffende. Das Rechercheteam von Forensic Architecture wirft Israel eine systematische Kampagne gegen die medizinische Infrastruktur in Gaza vor. Das Internationale Presse-Institut (IPI) spricht von „der größten Anzahl von Journalisten, die in einem modernen Krieg oder Konflikt in so kurzer Zeit getötet wurden“. Das Committee to Protect Journalists (CPJ) in New York zeigte sich „besonders besorgt über ein offensichtliches Muster von Angriffen des israelischen Militärs auf Journalisten und ihre Familien“.
Die vierte Gewalt fällt aus
Die israelische Kriegsführung im Gazastreifen gehöre schon jetzt zu den tödlichsten und zerstörerischsten der jüngeren Geschichte, berichtete die amerikanische Agentur Associated Press. In knapp drei Monaten habe Israels Armee mehr Zerstörung angerichtet als Assads Armee im syrischen Aleppo in den vier Jahren zwischen 2012 und 2016, Russlands Armee im ukrainischen Mariupol oder die US-geführte Koalition in ihrem dreijährigen Feldzug gegen den IS in Mossul und Rakka. Sie zitierte die Wissenschaftler Corey Scher und Jamon Van Den Hoek, zwei ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der Kartierung von Kriegsschäden, die dafür Satelliten­daten auswerteten.
Der US-Sender CNN berichtete, fast die Hälfte der Bomben, die Israels Armee über Gaza abwerfe, seien sogenannte „dumme“, unpräzise Bomben, die viele Zivilisten töteten. Die New York Times berichtete, Israels Armee habe einige dieser „dummen“ 2.000-Pfund-Bomben über Gebieten abgeworfen, die sie vorher zu angeblich sicheren Schutzzonen für die Zivilbevölkerung erklärt habe, auch über Flüchtlingslagern.
Solche Recherchen sucht man in deutschen Leitmedien vergeblich. Hier empört man sich eher über Greta und Masha Gessen als über den Krieg in Gaza. Denn viele Journalistinnen und Journalisten hierzulande verstehen sich vor allem als Hüter der Staatsräson. Sie sind mehr damit beschäftigt, abweichende Meinungen zu verurteilen, als den deutschen Schulterschluss mit Israel zu hinterfragen. Statt ihre Leserinnen und Leser zu informieren, missionieren sie. Als vierte Gewalt fallen sie aus. Deshalb machen sich in Deutschland viele keine Vorstellung davon, was gerade in Gaza passiert. Oder, weil sie es gar nicht wissen wollen. Weil sie sich die Dinge schönreden.

Bedenkliche Fantasien
Wenn das Ziel des Krieges ist, die Hamas, und ausschließlich die Hamas, vernichtend zu schlagen – warum hat die israelische Armee den Norden von Gaza praktisch unbewohnbar gemacht? Warum zweifeln israelische Politikerinnen und Politiker bis hin zum Präsidenten an, dass man in Gaza zwischen Terroristen und Zivilbevölkerung unterscheiden könne? Warum sprechen manche Minister ganz offen davon, die Palästinenser aus Gaza zu vertreiben und dort wieder jüdische Siedlungen zu errichten? Und warum beschwor der israelische Premier im Kampf gegen die Hamas die biblische Legende vom Volk Amalek, das immer wieder gegen das Volk Israel kämpfte und dafür zur Strafe mit Stumpf und Stiel ausgerottet wurde?“

Hier zum interessanten Beginn und Schluss des Artikels:
Das laute Schweigen der Deutschen

Elbling
Elbling
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Elbling

@Tina1, die Hamas benutzt die Menschen als Schutzschild - Krankenhäuser, Wohngebiete, Schulen. Ich trae ihr auch zu die Hilfsgüter zu blockieren um so "..auf die Tränendrüsen.." zu drücken.

@Lenova46, Deinen Komentar zweifle ich nicht an, aber gebe zu bedenken das die Hamas auch versucht sein könnte Waffen und Munition über die 'Hilfsgüter' zu transportieren. Das Israel da die Kontrolle haben will ist verständlich und nachvollziehbar. Die UN und die Mitarbeiter sind kein Garant das es nicht so ist.

Michiko
Michiko
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Michiko
als Antwort auf Rispe vom 08.01.2024, 11:00:29
"Den bisher für mich besten Artikel zu diesem Krieg gibt es jetzt in der taz.
Der bringt die Dinge ohne Manschetten glasklar auf den Punkt. Er ist sehr lang, es lohnt sich unbedingt, ihn ganz zu lesen, wenn man die Fakten erfahren will:

Das laute Schweigen der Deutschen
 

Ich habe ihn vollständig gelesen, der letzte Absatz lautet:

"Die Deutschen möchten gerne glauben, sie hätten aus ihrer Geschichte gelernt. Der Rest der Welt hört ihr lautes Schweigen und sieht ihr bewusstes Wegschauen. Er nimmt deutsche Politikerinnen und Politiker nicht mehr ernst, wenn sie von Menschenrechten sprechen. Das hat fatale Folgen: Es untergräbt die Bemühungen um eine regelbasierte Weltordnung und ermuntert auch andere Staaten, auf das Recht des Stärkeren zu setzen."

Fazit: Deutschland ermuntert andere Staaten, auf das Recht des Stärkeren zu setzen. Das glaube ich nun ganz und gar nicht, aber wie man es auch dreht und wendet, Deutschland ist am Ende immer der Schuldige für alles und jedes, egal was passiert.
Deutschland mit seinem unsäglichen Erbe Holocaust (wenn schon vom Lernen aus der Geschichte die Rede ist) sitzt in einer Zwickmühle, zumal es immer wieder antisemitische Vorfälle gibt. Frau Baerbock besucht aktuell auch das Westjordanland und sagte u.a.: "Der Siedlungsbau ist illegal. Er untergräbt den dauerhaften Frieden und gefährdet die Zweistaatenlösung und gefährdet damit auch die Sicherheit Israels." Sie schweigt nicht und sie schaut nicht weg.
Könnte überhaupt irgendetwas, das bei der Lösung des Nahostkonfliktes hilfreich wäre, von Deutschland ausgehen? Zumal deutsche Politiker der taz nach nicht mehr ernst genommen werden?

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Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Rispe
als Antwort auf Rispe vom 08.01.2024, 11:00:29

Hier ein Artikel der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem: Israel hungert Gaza aus
Mit dem Edge-Browser von Microsoft erhält man automatisch die deutsche Übersetzung.

Diese Seite enthält auch viele andere interessante Artikel, und es sind israelisch-jüdische Menschenrechtler, die hier berichten, also wird man ihnen wohl kaum andere Absichten unterstellen können.

Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Michiko vom 08.01.2024, 14:37:21

Könnte überhaupt irgendetwas, das bei der Lösung des Nahostkonfliktes hilfreich wäre, von Deutschland ausgehen?
Hier sagt das Wort BEFANGENHEIT genug ...
Lenova46
Lenova46
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Lenova46

Selbstverständlich können und gehen auch von Deutschland Impulse für eine Lösung des Nahost-Konflikts aus.
Sie müssen nur wahrgenommen werden.
Hoffentlich werden sie jetzt mehr.
Immerhin nimmt zurzeit die Außenministerin Annalena Baerbock an Ort und Stelle etliches wahr. 

Wer will denn weiter die Augen verschließen. 
 


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Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Anna842
Die Bewohner des Gaza sind auf Lebensmittel von außerhalb des
Gaza angewiesen.
Diese kommen allesamt über dem Landweg aus Ägypten.
Warum macht Ägypten nicht endlich die Grenze auf, so dass
die Lebensmittel und anderes nicht zu den Menschen kommen,
sondern genau umgekehrt !

Ägypten, dieser arabische Bruderstaat, hätte das schon längst
machen müssen.
Auf dem Sinai fallen keine Raketen.
Ein Flüchtlingscamp hätte dort schon längst eingerichtet werden
können, von all den vielen Hilfsorganisationen.

Ägypten kann diese Hungersituation ändern.

Sind Länder nicht auch verpflichtet, Kriegsflüchtlinge auf zu nehmen. ? !

Ich zeige jetzt mal mit dem Finger nicht auf Israel, sondern auf
Ägypten, die den hungernden Kriegsflüchtlinge keinen Schutz
gewähren.
Israel wäre froh, wenn alle Zivilisten raus wären aus dem Kampfgebiet !
Ganz bestimmt.
Wer kämpft da noch mal gegen wen: Israel gegen die Hamas und nicht
Israel gegen die Zivilbevölkerung.

Rote Karte für Ägypten !

Anna

 
Bruny_K
Bruny_K
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Bruny_K
als Antwort auf Anna842 vom 09.01.2024, 12:05:47

Ich finde es anmaßend, dass Deutsche den Ägyptern sagen wollen wann sie ihre Grenzen zu öffnen haben. Glaubst du allen Ernstes, dass die Zivilbevölkerung diejenigen sind, die sofort die Grenzen überschreiten?
Und im übrigen, auf dem Sinai gibt es auch kein Wasser. Nicht die umliegenden Staaten müssen ihre Grenzen öffnen, sondern Netanjahu und seine mehr als fragwürdige Regierung haben das Töten der Zivilbevölkerung einzustellen. 
Bruny

Michiko
Michiko
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RE: Krieg in Israel
geschrieben von Michiko
als Antwort auf Lenova46 vom 09.01.2024, 11:47:24
Selbstverständlich können und gehen auch von Deutschland Impulse für eine Lösung des Nahost-Konflikts aus.
Sie müssen nur wahrgenommen werden.
Hoffentlich werden sie jetzt mehr.
Immerhin nimmt zurzeit die Außenministerin Annalena Baerbock an Ort und Stelle etliches wahr. 

Wer will denn weiter die Augen verschließen. 
 

Dann hilf mir mal auf die Sprünge Lenova mit den Impulsen. Es wäre gut, wenn der Beitrag "Das Schweigen der Deutschen" in der taz doch nicht ganz ernst zu nehmen ist und man die Deutschen in der Welt auch positiv wahrnimmt. Dass Frau Baerbock gestern vor Ort im Westjordanland die Siedlungspolitik Israels als Fehler anprangerte, hatte ich schon geschrieben.
MarkusXP
MarkusXP
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RE: Krieg in Israel
geschrieben von MarkusXP
als Antwort auf Anna842 vom 09.01.2024, 12:05:47
Die Bewohner des Gaza sind auf Lebensmittel von außerhalb des
Gaza angewiesen.
Diese kommen allesamt über dem Landweg aus Ägypten.
Warum macht Ägypten nicht endlich die Grenze auf, so dass
die Lebensmittel und anderes nicht zu den Menschen kommen,
sondern genau umgekehrt !

Ägypten, dieser arabische Bruderstaat, hätte das schon längst
machen müssen.
Auf dem Sinai fallen keine Raketen.
Ein Flüchtlingscamp hätte dort schon längst eingerichtet werden
können, von all den vielen Hilfsorganisationen.

Ägypten kann diese Hungersituation ändern.

Sind Länder nicht auch verpflichtet, Kriegsflüchtlinge auf zu nehmen. ? !

Ich zeige jetzt mal mit dem Finger nicht auf Israel, sondern auf
Ägypten, die den hungernden Kriegsflüchtlinge keinen Schutz
gewähren.
Israel wäre froh, wenn alle Zivilisten raus wären aus dem Kampfgebiet !
Ganz bestimmt.
Wer kämpft da noch mal gegen wen: Israel gegen die Hamas und nicht
Israel gegen die Zivilbevölkerung.

Rote Karte für Ägypten !

Anna

 
Das wäre also nach deinem Verständnis ein Fall von "unterlassener Hilfeleistung"!

Durch die Attacken der Israelis sterben viele Menschen im Gaza-Streifen, die humanitäre Lage ist extrem schlecht, Hunger und Seuchen machen sich breit ... und Ägypten öffnet seine Grenzen nicht. Alles Elend, oder zumindest ziemlich viel, wäre zu vermeiden, wenn Ägypten dies täte ... dafür gibt es von dir die "Rote Karte"!

Dann brauchte Israel nur noch den Druck weiter erhöhen ... dann ist der Gaza-Streifen palästinenserfrei!

Es gibt auch noch das West-Jordan-Land. Was ist mit diesen Palästinensern? Auch nach Sinai? Sie stören Israel ja auch, und zwar gewaltig.

Ich kann ja deinen Wunsch nach Grenzöffnung unter rein humanitären Gesichtspunkten nachvollziehen, nicht aber die Schuldzuweisung an Ägypten. Auch Ägypten hat ein Recht auf die Selbstbestimmung über seine Staatsgrenze ... auch wenn dies einen bitteren Beigeschmack hat.
MarkusXP

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