Internationale Politik Krieg in Israel

Granka
Granka
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Granka
als Antwort auf Anna842 vom 26.11.2023, 16:05:45
Tja, Granka, das ist wirklich eine gute Frage !
Der ganze Gaza-Streifen ist voll mit sicheren unterirdischen
Tunnel und zahlreichen Räumen. 
Dort sollen sich auch die Geiseln befinden.
Über vierzig Tage unterirdischen und all die ganzen israelischen
Raketenangriffe haben all diese Tunnel und Räume unbeschädigt
gelassen.
Also wirklich erstklassige Schutzräume.

Ob bei Angriffen der israelischen Armee auch die palästinensischen
Zivilisten sich in diese Schutzräume zur Sicherheit hinein begeben
konnten, entzieht sich meiner Kenntnis.

Und ja, es ist ein Krieg
Und die zivilen Opfer heißen Kriegsopfer.

Gut es gab auch schon mal Kriege, da wurden sie als " Kollateralschäden "
bezeichnet. Das fand ich nicht so überzeugend.

Es ist auch eher unüblich, die Zivilbevölkerung vorher zu warnen, damit
sie fliehen kann. Z.B. wurde seinerzeit Bagdad in Grund und Boden
geschossen, ohne die Kinder/ Frauen (Männer bleiben immer außen vor,
sorry) vorher zu warnen.
Aber das war gar kein Krieg, sondern irgendeine Mission, welche eine
Art endlosen Frieden ( endouring freedom ) bringen sollte.

Also die Kommunikation ist oftmals sehr kreativ.
Plakativ heißt es : Kriegspropaganda.

Zur " Verhältnismäßigkeit " habe ich mir viele Gedanken gemacht.
Es ist kein guter dabei heraus gekommen.

Wäre ich zynisch dann das Verhältnis 1:1.
Also, ihr habt 2223 Zivilisten ermordet, von 8 Monaten bis 88 Jahre,
die gebt ihr nun auch von eurer Seite und damit ist der Gerechtigkeit
genüge getan. Ich glaube, so etwas nennt man aber Blutrache und gilt
als unzivilisiert.

Egal wie, Israel kann es nicht richtig machen.
Ich wäre da gar nicht erst rein gegangen, ein Grund wäre gewesen,
auf keinen Fall der Hamas genau die Bilder zu liefern, die sie haben 
wollten. Nein. Niemals. Ich bin doch nicht deren Büttel.
Und ob ich die gesamte Hamas in Gaza zerschlagen kann ??
Sehr fragwürdig.

Jetzt habe ich mich wieder aufgeregt.
Muss eine rauchen..und dann mal sehen.
Vielleicht nochmal alles durchdenken, das ist diesbezüglich noch nicht
durch.....

Anna
Anna, ich teile deine Gedanken und wie auch immer, Israel ist in der Zwickmühle, kann aber auch die Hamas nicht ungehindert weiter machen lassen.
Vielleicht taucht irgendwo der angedachte Friedensplan auf, von dem im internationalen Frühschoppen der US Journalist sprach, der schien nach Ansicht der anderen Journalisten ein machbarer Weg zu sein, habe aber nur die ersten Sätze gehört. 
​​​​​Granka
Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Anna842
als Antwort auf Granka vom 26.11.2023, 16:17:17
Ja, Granka, das ist wohl so.
Einleuchtende Friedenspläne, derer gab es schon so viele.
Ich weiß nicht, ob da mal irgendeiner umgesetzt wird, so lange wir beide noch leben. Eher nicht.

Die Hamas ganz ausschalten geht nicht. Die werden sich neu sortieren.
Aber es gibt ja nicht nur die, Nein, Da sind auch noch die Dschyhadisten
und die Hisbollah und der IS...Und die Islamische Republik....und alle wollen
nur das Eine :  Genau !!

Anna


P.S.: Den " Frühschoppen " habe ich Gänze im WDR5 gehört.
         Hoffen, Beten, Bangen....
Edita
Edita
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Edita

Die Palästinenser werden natürlich von Israel unterdrückt und natürlich auch von den brutal mordenden Hamas- Führern, das hat doch nie jemand bestritten! 

“ Der palästinensische Widerstand wird von Israel und den USA fälschlich als Terror, Gewalt oder Aufwiegelung eingestuft. Solidarität mit den Palästinenser*innen wird häufig als Antisemitismus dargestellt, und verantwortungsbewusste Jüd*innen, die sich für Rechte der Palästinenser*innen einsetzen, werden als »selbsthassende Jüd*innen« bezeichnet.

Obwohl die Palästinenser*innen den höchsten Bildungsgrad und die niedrigste Analphabetenrate in der arabischen Welt aufweisen, haben sie aufgrund der israelischen Beschränkungen des Zugangs zu ihrem Land und Wasser, zu ihren natürlichen Ressourcen und Grenzen eine der höchsten Arbeitslosenquoten unter gebildeten jungen Menschen weltweit.

Die wenigsten wissen, dass ein*e Palästinenser*in im Durchschnitt nur 50 Kubikmeter Wasser im Jahr verbrauchen darf, während israelische Siedler*innen in den völkerrechtswidrigen Siedlungen pro Person 2.400 Kubikmeter im Jahr zur Verfügung haben – Wasser aus den palästinensischen Wasservorkommen in der West Bank.“ 

Palästinas Weg zu Freiheit und Frieden 



Edita


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aixois
aixois
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von aixois
als Antwort auf Anna842 vom 26.11.2023, 16:05:45
Zur " Verhältnismäßigkeit " habe ich mir viele Gedanken gemacht.
Es ist kein guter dabei heraus gekommen.
Statt unser haben sich viele andere, Berufenere, darüber mehr oder weniger gute 'Gedanken gemacht,. Auch gibt es sicher in den Militärausbildungskursen auch Module und in den Militärhandbüchern ganze Kapitel mit Praxisbeispielen dazu.
Die "Gedienten" unter uns werden das ja noch kennen.

Letztlich  ist es immer eine Ermessensfrage, abhängig von den jeweiligen Vorgaben der Hierarchie (z.B. " es werden keine Gefangenen gemacht") und der Einschätzung der direkt Verantwortlichen der jeweils spezifischen Lage vor Ort.

Gibt es eine konkrete Bedrohungslage, ist man ernsthaft in Gefahr, muss sein Leben verteidigen  oder wird einfach mal - aufgrund vom 'Hörensagen' - auf 'vermutete' Terroristenunterschlupfe 'draufgehalten',  ohne dass vorher von dort aus geschossen wurde ?
Wir auf unseren Sofas können uns da schwerlich ein Urteil bilden, nur an die wenigen, als plausibel anzusehenden,  Meldungen versuchen, Fragen zu stellen, Zweifel zu erheben ... das gibt aber eben kein Bild der echten Lage.

Ich frage mich  uva . immer noch, warum die hochtechnisierten Mittel, die die Israelis schon vor Jahrzehnten entwickelt haben, um die Tunnels unbrauchbar zu machen (z.B. die Tunnelsysteme unter der Grenze zu Ägypten) , diesmal versagen bzw. gar nicht zum Einsatz kommen ?

Wenn das Ziel dann noch ein Wohngebäude mit Zivilisten,  Kinder usw. drin ist, dann hätte das mit 'Verhältnismäßigkeit' nichts zu tun, wäre simpel gesagt, ein Verbrechen, das der IStGH verfolgen und aburteilen/bestrafen müsste.

Und da kann man es drehen und wenden, wie man will, das, was die Zeugnisse vor Ort besagen (die wenigstens davon dürften von der Hamas bestellte 'Opfer' = reine Kriegspropaganda sein),  und was auch die von vielen Beobachtern verifizierten Zahlen der Toten und Verwundeten, die extrem hohe Zahl an Kindern und Jugendlichen,  nahelegen :  das Gebot möglichst zivile Opfer zu vermeiden, sich lieber mal zurückzuziehen, andere Optionen zu erwägen ... dieses Gebot scheint mir bei den IDF Einsätzen dieser Tage in Gaza eher nachrangig zu sein.

Wobei - nur mal so nebenbei - Juristen selbst vor der kniffligen Frage stehen, welcher Natur die israelischen Massnahmen,  rein völkerrechtlich gesehen, überhaupt sind. Artikel 51 der UN Charta greift so nicht .
Er gilt für völkerrechtlich anerkannte (staatliche) Mitglieder der UN, nicht aber für organisierte Verbrecherbanden, Terroristen.

Da Gaza, als Sonderfall,  ja kein völkerrechtlich anerkannter Staat ist, sondern ein von Israel seit 1967 besetztes Gebiet, obliegt es dem israelischen Besatzer in seinem Besatzungsgebiet für Recht und Ordnung zu sorgen, Verbrecher also auch Terroristen mit den üblichen Mitteln zu verfolgen, das wäre aber kein 'Krieg', wie ihn Netanjahu gleich zu Beginn der Hamas gegenüber erklärte , es sei denn, er betrachtet Gaza als souveränen Staat und Hamas als legitime Ordnungsmacht. Was er natürlich nicht tut.
Andererseits beschränkt sich Israel weitgehende auf eine repressiv - passive Haltung, was seine Aufgaben als Besatzer in Gaza angeht, überlässt die "Sorge" um die zivile Bevölkerung lieber der UNRWA bzw. Hamas, deren Tätigigkeiten sie aber genau kontrolliert und, wenn nötig,  auch kritisiert.

Warum aber auch Deutschland und seine Regierungsmitglieder (selbst solche , die in Völkerrecht diplomiert sind) auf Art 51 der UN Charta rekurrieren, wenn sie  legitime Recht auf Selbstverteidigung hinweisen , das ohnehin nur solange gilt, bis der Sicherheitsrat eingegriffen hat, ist mir nicht klar.
Als Besatzungsmacht gelten nämlich nochmals andere, viel striktere,  (keine 'Kriegs-') Regeln, wie man mit der Bevölkerung des Besatzungsgebiets 'umgehen' , sie 'behandeln' darf.

Vielleicht weil Russland diese Rechtsauffassung (die von vielen Völkerrechtlern auch im Westen geteilt wird) vertritt ?


 
Nordlicht 55
Nordlicht 55
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Nordlicht 55
als Antwort auf Anna842 vom 26.11.2023, 11:40:13


Mit der Anteilnahme am Leid anderer Menschen, wird es erträglicher, wenn
du auf eine Handlungsebene kommen kannst.
Ohnmächtig und damit unerträglich wird sie, wenn du diese nicht hast.
 

Anna, es stimmt schon, dass wir in Bezug auf die Situation in Israel, in Gaza und zunehmend auch im Westjordanland
das Leid der Menschen nur ohnmächtig wahrnehmen können - und nichts dagegen tun können!
Gerade deshalb bringen mich hier so manche Aussagen zur Verzweiflung !

Die Möglichkeit zu einer Handlungsebene habe ich aber hier in Deutschland und die nehme ich durchaus wahr!

Katja
Lenova46
Lenova46
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Lenova46
als Antwort auf aixois vom 26.11.2023, 17:31:20

"Eine Besatzungsmacht hat kein Recht auf Selbstverteidigung gegen die Besetzten
Interview mit Jacques Baud*

Das Vorgehen Israels verstösst gegen das Kriegsrecht

Zeitgeschehen im Fokus Hat der Mossad den Überfall vom 7. Oktober nicht vorhersehen können?

Jacques Baud Zunächst einmal ist nicht der Mossad dafür zuständig. Wir verwenden den Begriff «Mossad», um die israelischen Geheimdienste zu bezeichnen. Das ist nicht richtig. Es gibt mehrere Geheimdienste in Israel, und der Mossad ist nicht an vorderster Front für die Gazafrage zuständig. Die Aufgaben des Mossad sind mit denen der CIA in den USA vergleichbar: verdeckte Operationen und Auslandsaufklärung. Geheimdienstlich gesehen fällt Gaza in den Zuständigkeitsbereich des militärischen Geheimdienstes. Dazu gehören vor allem AMAN und die Geheimdiensteinheiten, die dem Militärkommando Süd-Israels (DAROM) unterstehen sowie die der Gaza Division, einer Formation, die für die Überwachung der Lage in Gaza verantwortlich ist.
Zu diesem Dispositiv gehören auch die elektronischen Aufklärungselemente (SIGINT) des Stützpunkts Urim, der 17 km von der Grenze zu Gaza entfernt liegt. Es handelt sich um eine der grössten Stationen für elektronische Aufklärung der Welt. Sie wird von der AMAN-Einheit 8200 betrieben. Sie setzt unter anderem Spionageballons ein, um Gaza zu überwachen. Diese Ballons haben nichts mit den chinesischen Wetterballons zu tun, die die NZZ auf recht kindische Weise mit Spionageballons verwechselte.¹

Mit einem solchen Aufklärungsapparat scheint es unglaublich, dass die Israelis die Operation vom 7. Oktober nicht vorhersehen konnten.
Wahrscheinlich muss man diese Operation in ihrem Kontext betrachten. Unsere Medien berichten nie über die Spannungen, die in Palästina herrschen. Seit Anfang des Jahres gab es jedoch sehr viele und heftige Spannungen in Palästina. Das Welternährungsprogramm der Uno sowie Katar haben ihre Finanzierung für den Gazastreifen gekürzt, was zu sozialen Spannungen geführt hat. Im Westjordanland haben sich die Siedlungen auf sehr gewalttätige Weise vermehrt, und obwohl sie illegal sind, hat die internationale Gemeinschaft absolut nichts dagegen unternommen. In Jerusalem fördert der geplante Bau des dritten Tempels Salomons die Unruhen von ultraorthodoxen und ultrarechten Aktivisten auf der Moscheen-Esplanade. Ägypten und der israelische Geheimdienst wussten, dass die Situation explosiv war. 
All das reicht nicht aus, um eine Operation wie die Al-Aqsa-Flut zu antizipieren. Es kann zwar Notmassnahmen auf Führungsebene bewirken, aber es ermöglicht keine operationellen Massnahmen.  Ausserdem ist es möglich, dass bei den vielen Brennpunkten überall die Signale, die auf eine solche Operation hindeuteten, in der Gesamtheit der Informationen, die die Dienste erreichten, «untergingen».
Allerdings ist nicht auszuschliessen, dass die Warnungen absichtlich ignoriert wurden, um eine Krise entstehen zu lassen, die es Netanjahu ermöglicht, die Situation nach monatelangen Protesten der Bevölkerung gegen seine Justizreform wieder unter Kontrolle zu bringen. Dies ist eine Möglichkeit, die jedoch zum jetzigen Zeitpunkt spekulativ bleibt.
Warum gelang es Israel nicht, die Raketen der Hamas mit dem Iron Dome abzufangen?
Was im Oktober geschah, war, dass die Palästinenser mehr Raketen abfeuerten, als Israel abschiessen konnte. Technisch ausgedrückt: Sie haben das israelische System gesättigt. Es kam also zu Abfangaktionen, aber ein Grossteil der palästinensischen Raketen konnte ungehindert passieren.
Die palästinensischen Raketen haben relativ bescheidene Sprengladungen, und die Zahlen zeigen, dass ihre Letalität sehr gering ist. Tatsächlich werden sie eher eingesetzt, um den Widerstandswillen zu demonstrieren.
Kann Israel einen Selbstverteidigungskrieg gegen ein von ihm besetztes Gebiet führen?
Zunächst einmal muss daran erinnert werden, dass Israel offiziell eine Besatzungsmacht ist und seine Präsenz in den palästinensischen Gebieten gemäss der Resolution 242 (1967) des Uno-Sicherheitsrats illegal ist. Folglich ist der Widerstand gegen diese Besatzung legal. Die Resolution 45/130 (1990) der Generalversammlung gibt den Palästinensern das Recht auf Widerstand «mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, einschliesslich dem bewaffneten Kampf».² 
Genau aus diesem Grund erkannte Russland vor seiner Intervention in der Ukraine am 21. Februar die Unabhängigkeit der Donbas-Republiken an. Dies ermöglichte es diesen beiden Republiken, Russland um Hilfe zu bitten, um einen Verteidigungskrieg gemäss Artikel 51 der Charta gegen die beginnende ukrainische Offensive zu führen. Ich hatte diesen Mechanismus in meinen Büchern über den Ukraine-Konflikt und in Ihrer Zeitung beschrieben. 
Würde – ironischerweise – Israel die Existenz eines palästinensischen Staates anerkennen, könnte es einen Verteidigungskrieg gegen ihn führen. Israels international anerkannter Status ist jedoch der einer Besatzungsmacht, und als solche ist es seine Verantwortung, die palästinensische Bevölkerung zu schützen, nicht sie zu zerstören.
Ist das Timing des Überfalls auf eine gewollte Störung der vorsichtigen Annäherung zwischen Israel und den arabischen Staaten zurückzuführen?
Nein, das glaube ich nicht. Es ist vielmehr die Konsequenz einer Situation, die Israel auf seinem eigenen Territorium nicht mehr unter Kontrolle hat.
Man spricht von 10 000 toten Zivilisten in Gaza, davon ungefähr die Hälfte Kinder. Ist die Zahl realistisch?
Die Zahlen stammen vom Gesundheitsministerium in Gaza. Sie sind daher nicht mehr oder weniger zuverlässig als die von Israel angegebenen Zahlen. Im Gegensatz zu Israel, das noch nicht alle Namen seiner Opfer deklassifiziert hat, haben die palästinensischen Opfer jedoch einen Namen und eine feststehende Identität. Dies lässt vermuten, dass die palästinensischen Zahlen glaubwürdig sind.
Es ist bemerkenswert, dass Israel in einem Monat³ mehr Zivilisten getötet hat als die Russen und Ukrainer zusammen in mehr als 20 Monaten (nach der letzten Zählung der Uno).
Dies zeigt die Brutalität der israelischen Reaktion. Ich erinnere daran, dass nach dem humanitären Völkerrecht der Einsatz von Waffen im Kampf drei Prinzipien unterliegen muss:
- Die Differenzierung zwischen Zivilisten und Militärs (man muss das militärische Ziel wählen können, sonst schiesst man nicht);
- Verhältnismässigkeit (man muss eine verhältnismässige Reaktion auf den Angriff anwenden. Zum Beispiel ist die Eliminierung eines Hamas-Führers mit einer Fliegerbombe oder einer Rakete nicht verhältnismässig); a fortiori, der von einem israelischen Minister vorgeschlagene Einsatz der Atombombe gegen den Gazastreifen verstösst gegen dieses Prinzip.
- Das Vorsichtsprinzip (wenn man Gefahr läuft, Unschuldige zu töten, schiesst man nicht).
Israel wendet diese Grundsätze nicht an. So forderte die Eliminierung von Salah Shahada am 23. Juli 2002 mit einer 1000 kg schweren Bombe, die von einem F-16-Flugzeug abgeworfen wurde, 14 Tote (darunter mehrere Kinder) und 150 Verletzte, während die Eliminierung von Scheich Ahmed Yassin am 22. März 2004 durch eine Salve von Hellfire-Raketen den Tod von einem Dutzend unschuldiger Zivilisten zur Folge hatte. Kein westliches Land protestierte gegen diese Unverhältnismässigkeit, von der man wusste, dass sie zu erheblichen Kollateralschäden führen würde.
Beachten Sie, dass es keinerlei internationale Proteste gab. Im Juli 2014 hatte Präsident François Hollande Benjamin Netanjahu sogar ermutigt, «alle Massnahmen zu ergreifen, um seine Bevölkerung zu schützen», als die Operation Protective Edge begann, bei der mehr als 2200 Palästinenser getötet wurden, darunter mehr als 500 Kinder.⁶ Wir werden von fanatischen Dummköpfen regiert, denn die israelische Regierung hat zwar das Recht – und die Pflicht –, ihre Bevölkerung zu schützen, aber die Methoden und Massnahmen dazu sind nicht unbegrenzt und müssen dem humanitären Völkerrecht oder Kriegsrecht entsprechen.
Für die laufende Operation in Gaza haben die Israelis, wie die britische Zeitung The Telegraph berichtete, erklärt, dass sie nicht Präzisions-, sondern Vernichtungsfeuer durchführen. Die Situation ist also eindeutig: In einem Kampf in einem dicht besiedelten Gebiet verstösst das israelische Vorgehen gegen das Kriegsrecht.
Die Israelis haben die Palästinenser immer als ein minderwertiges Volk betrachtet. Wie der israelische Verteidigungsminister es ausdrückt, sind sie «menschliche Tiere»!
Im Jahr 2014 gingen die Einwohner von Sderot übrigens hin, um den israelischen Beschuss des Gazastreifens zu beobachten, und sie applaudierten den Schlägen.9 Diejenigen, die sich über das Unglück anderer freuen, verdienen keine Beachtung.
Ist eine Zwei-Staaten-Lösung von Israel noch gewollt?
Israel hat nie eine Zwei-Staaten-Lösung gewünscht. Aus diesem Grund hält es sich nicht an die Resolutionen der Uno, insbesondere nicht an die Resolution 181 vom November 1947, die die Gründung eines jüdischen und eines arabischen Staates vorsah. Sie werden feststellen, dass Israel und seine westlichen Verbündeten in den letzten 75 Jahren alles getan haben, damit diese Resolution nicht umgesetzt wird. Tatsächlich wurde sie nicht einmal an einem einzigen Tag umgesetzt. Am Tag vor der Abstimmung in der Generalversammlung der Uno hatte die CIA dem amerikanischen Präsidenten Truman einen geheimen Bericht übergeben. Darin hiess es:
«Auf lange Sicht wird kein Zionist in Palästina mit den territorialen Vereinbarungen des Teilungsplans zufrieden sein. Selbst die konservativsten Zionisten werden den gesamten Negev, den westlichen Teil Galiläas, die Stadt Jerusalem und schliesslich ganz Palästina erhalten wollen. Die Extremisten werden nicht nur ganz Palästina fordern, sondern auch Transjordanien haben wollen […].
In dem Chaos, das auf die Umsetzung der Teilung folgt, werden mit Sicherheit Gräueltaten von fanatischen Arabern begangen werden; diese Aktionen werden eine breite Öffentlichkeit erhalten und von der jüdischen Propaganda sogar übertrieben werden. Die Araber werden ungeachtet der tatsächlichen Umstände als Angreifer beschuldigt.»10
Zwanzig Jahre später, im November 1967, erklärte General de Gaulle in einer Pressekonferenz:
«Israel griff an und eroberte in einem sechstägigen Kampf die Ziele, die es erreichen wollte. Nun organisiert es in den eroberten Gebieten die Besetzung, die nicht ohne Unterdrückung, Repression und Vertreibung auskommt, und wenn es Widerstand dagegen gibt, bezeichnet es diesen als Terrorismus.»11
Wir hatten in den 1960er Jahren eine objektivere Wahrnehmung der Situation als heute. Aber wir stellen auch fest, dass es damals viel weniger antisemitische Handlungen gab. Das zeigt, was ich bereits vor zwanzig Jahren in meinem Buch über asymmetrische Kriegsführung erklärt hatte: Antisemitismus wird weniger durch Israels Handlungen ausgelöst als durch die Tatsache, dass es diese ungestraft durchführt. Wenn wir den Antisemitismus eindämmen wollen, müssen wir Israel wie ein anderes Land behandeln und dürfen ihm nicht das Recht zugestehen, das Völkerrecht zu missachten.12
Wo sehen Sie eine Lösung des Konflikts? 
Ich glaube, dass es keine militärische Lösung für diesen Konflikt geben wird, da der «globale Süden» heute das Diktat der westlichen Länder nicht mehr akzeptiert. Ausserdem zeigt die Straflosigkeit Israels für seine Missachtung des internationalen Rechts katastrophale Folgen und dass eine Lösung gefunden werden muss. Darüber hinaus erinnere ich daran, dass das Projekt des dritten Tempels Salomons, das die Zerstörung der dritten heiligen Stätte des Islam auf dem Haram al-Scharif bedeuten würde, einen echten Krieg auslösen könnte, der die gesamte muslimische Welt mobilisieren würde und bei dem es nicht sicher ist, ob Israel intakt bleiben würde.
Wir müssen uns daher einer politischen Lösung zuwenden, die auf der Einhaltung der Uno-Resolutionen seit 1967 beruht. Dies wurde am 11. November 2023 von den in Riad versammelten arabischen Ländern vorgeschlagen. Die Vermittlung und die Lösungen sollten nicht mehr in den Händen der Amerikaner liegen, sondern in denen der internationalen Gemeinschaft und der Uno. Aber man muss realistisch bleiben. Von da an beginnen die Schwierigkeiten, denn das würde Israel dazu zwingen, insbesondere den Rückzug der Siedlungen in den besetzten Gebieten und  alle seine Verstösse gegen das Völkerrecht rückgängig zu machen …
Kurzfristig sollen sich Agenten des israelischen Mossad und der Hamas in Kairo getroffen haben, um die Modalitäten für einen Waffenstillstand zu besprechen. Es ist schwer zu bestätigen, aber nicht sehr überraschend, denn in diesem Konflikt haben die Geheimdienste im Gegensatz zu dem, was unsere Medien berichten, ziemlich viel dazu beigetragen, Friedensversuche zu diskutieren, die dann von den Politikern abgelehnt wurden …
Meine Befürchtung ist, dass angesichts der erhitzten Stimmung, die Wahrscheinlichkeit, dass Israel zerstört wird, grösser ist als die Wahrscheinlichkeit, dass es in den besetzten Gebieten einen Rückzieher macht …
Herr Baud, vielen Dank für das Gespräch. 
Interview Thomas Kaiser"
 


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Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Anna842
als Antwort auf aixois vom 26.11.2023, 17:31:20
Tja, Aixois, gedient habe ich ja nun nicht.
Und von militärischen Strategien verstehe ich auch nix.

Ich habe mir eher auf der politischen Ebene Gedanken gemacht.
Und ich hätte gar nicht angegriffen.
Warum nicht?
Was will ich mit diesem militärischen Einsatz erreichen?
Die Hamas komplett zerschlagen?
Wie sind denn da meine Chancen? 50:50 würde ich da mal sagen.
Das reicht nicht.
Außerdem liefere ich mit diesem Großangriff genau jene Bilder, die um die Welt
gehen, welche die Hamas haben will. Wie ich bereits schrieb: Nein, ich
bin doch nicht der Büttel der Hamas.
Das sind rein politisch-strategische Überlegungen.

Dann kam ein Angebot der Hamas: 5000 gefangene Palästinenser gegen
alle Geiseln.
Ich hätte sofort zugestimmt.
Das wäre auf der Ebene der politischen Ethik.

Dann: Zeit der Trauer.
Dann: Zeit der Aufarbeitung.

That's all ! 

Völkerrecht. Ist gut, dass es das gibt. Kriegsrecht. Auch gut. Muss sein.

Aber auch du weist, jedes Recht kann von jedem bis zur Unkenntlichkeit
gebeugt werden, mitunter solange, bis es bricht.

Anna
Tina1
Tina1
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Tina1
als Antwort auf Granka vom 26.11.2023, 16:17:17
Tja, Granka, das ist wirklich eine gute Frage !
Der ganze Gaza-Streifen ist voll mit sicheren unterirdischen
Tunnel und zahlreichen Räumen. 
Dort sollen sich auch die Geiseln befinden.
Über vierzig Tage unterirdischen und all die ganzen israelischen
Raketenangriffe haben all diese Tunnel und Räume unbeschädigt
gelassen.
Also wirklich erstklassige Schutzräume.

Ob bei Angriffen der israelischen Armee auch die palästinensischen
Zivilisten sich in diese Schutzräume zur Sicherheit hinein begeben
konnten, entzieht sich meiner Kenntnis.

Und ja, es ist ein Krieg
Und die zivilen Opfer heißen Kriegsopfer.

Gut es gab auch schon mal Kriege, da wurden sie als " Kollateralschäden "
bezeichnet. Das fand ich nicht so überzeugend.

Es ist auch eher unüblich, die Zivilbevölkerung vorher zu warnen, damit
sie fliehen kann. Z.B. wurde seinerzeit Bagdad in Grund und Boden
geschossen, ohne die Kinder/ Frauen (Männer bleiben immer außen vor,
sorry) vorher zu warnen.
Aber das war gar kein Krieg, sondern irgendeine Mission, welche eine
Art endlosen Frieden ( endouring freedom ) bringen sollte.

Also die Kommunikation ist oftmals sehr kreativ.
Plakativ heißt es : Kriegspropaganda.

Zur " Verhältnismäßigkeit " habe ich mir viele Gedanken gemacht.
Es ist kein guter dabei heraus gekommen.

Wäre ich zynisch dann das Verhältnis 1:1.
Also, ihr habt 2223 Zivilisten ermordet, von 8 Monaten bis 88 Jahre,
die gebt ihr nun auch von eurer Seite und damit ist der Gerechtigkeit
genüge getan. Ich glaube, so etwas nennt man aber Blutrache und gilt
als unzivilisiert.

Egal wie, Israel kann es nicht richtig machen.
Ich wäre da gar nicht erst rein gegangen, ein Grund wäre gewesen,
auf keinen Fall der Hamas genau die Bilder zu liefern, die sie haben 
wollten. Nein. Niemals. Ich bin doch nicht deren Büttel.
Und ob ich die gesamte Hamas in Gaza zerschlagen kann ??
Sehr fragwürdig.

Jetzt habe ich mich wieder aufgeregt.
Muss eine rauchen..und dann mal sehen.
Vielleicht nochmal alles durchdenken, das ist diesbezüglich noch nicht
durch.....

Anna
Anna, ich teile deine Gedanken und wie auch immer, Israel ist in der Zwickmühle, kann aber auch die Hamas nicht ungehindert weiter machen lassen.
Vielleicht taucht irgendwo der angedachte Friedensplan auf, von dem im internationalen Frühschoppen der US Journalist sprach, der schien nach Ansicht der anderen Journalisten ein machbarer Weg zu sein, habe aber nur die ersten Sätze gehört. 
​​​​​Granka
Tina1
Tina1
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Tina1

https://www.n-tv.de/politik/Schuster-kritisiert-eindimensionale-deutsche-Haltung-zu-Israel-article24558364.html

"Es sei durchaus möglich, fest an Israels Seite zu stehen und gleichzeitig dessen Regierung zu kritisieren, erklärt der Präsident des Zentralrats der Juden. Im Allgemeinen sieht Schuster die deutsche Haltung gegenüber Israel aber kritisch - und nennt als Beispiele insbesondere intellektuelle Milieus.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat Zweifel an der Belastbarkeit der westlichen Solidarität mit Israel und dem Judentum bekundet. Zwar sei die Bedeutung von Politikerreisen nach Israel wie die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas "kaum hoch genug einzuschätzen", schrieb der mitreisende Schuster in einem Beitrag für den "Spiegel". Aber die deutsche Enthaltung bei der UN-Resolution für eine dauerhafte Waffenruhe im Gazastreifen trübe das Bild.
Zudem kritisiert der langjährige Zentralrats-Präsident, der Hamas-Terror werde im Westen "gerade an jenen Orten, die sich für besonders zivilisiert halten - den Universitäten, den Theaterhäusern, ja auch den Redaktionsstuben, einigen Regierungssitzen und bürgerlichen Milieus - relativiert"."
 
ISRAEL IM KRIEG - FRIEDMAN: „Jüdische Menschen merken, dass das ‚Aber‘ größer ist als die Empathie“
 



 
Michiko
Michiko
Mitglied

RE: Krieg in Israel
geschrieben von Michiko
als Antwort auf Lenova46 vom 26.11.2023, 18:14:54

Du meine Güte, die Beiträge hier werden immer länger. Das dachte ich und machte mich an die Arbeit, habe den Text bis zum Ende gelesen. Ein roter Faden zieht sich mE durch alles, denn immer wieder wird auf Israel anhand zahlreicher Beispiele als dem eigentlich Schuldigen an der aktuellen Situation hingewiesen. z.B. wenn es heißt:

"Allerdings ist nicht auszuschliessen, dass die Warnungen (vor einem möglichen Angriff der Hamas) absichtlich ignoriert wurden, um eine Krise entstehen zu lassen, die es Netanjahu ermöglicht, die Situation nach monatelangen Protesten der Bevölkerung gegen seine Justizreform wieder unter Kontrolle zu bringen."


Oder wenn es um Raketeneinsatz geht:

"Die palästinensischen Raketen haben relativ bescheidene Sprengladungen, und die Zahlen zeigen, dass ihre Letalität sehr gering ist. Tatsächlich werden sie eher eingesetzt, um den Widerstandswillen zu demonstrieren."


Aha, mag sein, ein Spielzeug also.

Am Ende des Interview's sagt Herr Baud:

"Meine Befürchtung ist, dass angesichts der erhitzten Stimmung, die Wahrscheinlichkeit, dass Israel zerstört wird, grösser ist als die Wahrscheinlichkeit, dass es in den besetzten Gebieten einen Rückzieher macht".


Das befürchte ich auch. Nämlich dass der Hass und die Wut der Hamas und ihrer Verbündeten samt dem Wunsch, den Staat Israel zu vernichten, letztendlich überwiegt, denn Israel wird sich niemals aus den besetzten Gebieten zurückziehen.

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