Internationale Politik Kann Lebensrettung falsch sein?
Danke. Nach dreimal hin und her hat es geklappt.
Zu der angeblichen Völkerwanderung habe ich vor kurzem einen sehr interessanten Artikel in der FAZ (wohlgemerkt, das ist eine konservative, keine linke Zeitung) gelesen, den ich dem geneigen Leser zur Lektüre empfehle.
Da Links meistens nicht angeklickt werden, hier ein Auszug:
Zitat:
Die Fiktion der Einreise
Wer würde wirklich kommen, wenn alle Grenzen offen wären?
Stimmt es überhaupt, dass alle Welt nach Deutschland will? Auch andere Menschen haben eine Heimat, die sie lieben. Was unseren Heimatschützern, Heimatbeschwörern und Heimatministern entgeht.
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Fünf Asylsuchende, die große Invasion
Es musste aber, im politischen Streit des Sommers 2018, erst die „Fiktion der Nichteinreise“ erfunden werden, dass endlich offenbar wurde, dass die ganze Politik der Migrantenabwehr auf der Fiktion der Einreise beruhte. Man muss den semantischen Winkelzügen des Kompromisses, auf den sich die Koalitionsparteien endlich geeinigt haben, gar nicht folgen wollen: Interessanter ist ja, dass die Regelung, wie immer sie verwirklicht wird, für etwa fünf bis sechs Asylsuchende pro Tag gelten wird. Das ist also die große Invasion, der Strom, die Flut, wovor sich angeblich alle fürchten – und das in einer Zeit, da Wladimir Putin, der Held fast aller Ausländerfeinde in Europa, seinen Schützling Baschar al Assad kräftig unterstützt dabei, noch weitere Teile Syriens unbewohnbar zu machen und Hunderttausende Syrer zu vertreiben aus Häusern und Wohnungen, in denen sie lieber geblieben wären.
Und genau das ist der Punkt, der eigentlich auch all unseren Heimatschützern, Heimatbeschwörern, Heimatministern irgendwann einleuchten könnte: dass auch andere Menschen eine Heimat haben, die sie lieben und in der sie bleiben möchten. Dass die allermeisten Menschen (diverse Studien kommen immer wieder auf die Quote von 97 Prozent) ein beschwerliches Leben in vertrauter Umgebung und der eigenen Sprache einem reicheren Leben in der Fremde vorziehen – wie man das ja in der Europäischen Union sehen kann, wo, trotz enormer Einkommensunterschiede, offener Grenzen und, was ja angeblich so wichtig ist, verwandteren kulturellen Bedingungen, die große Wanderung von Ost nach West und vom Süden in den Norden ausgeblieben ist.
Die vielen Migranten, die sich im Spätsommer auf den Weg über den Balkan nach Mitteleuropa machten, waren die Anomalie (für welche es viele, inzwischen überholte Gründe gab) – und nicht etwa der Normalzustand, der sofort wiederkäme, wenn Europa seine Grenzen nicht bis zur Unüberwindbarkeit befestigte.
Unter dem Titel „Was, wenn alle Grenzen offen wären“ hat vor zweieinhalb Jahren die „Neue Zürcher Zeitung“ den Stand der Migrationsforschung referiert, unter fast demselben Titel hat das Magazin „brand eins“ in seiner neuesten Ausgabe diesen Stand aktualisiert. Es ist offensichtlich, dass man zu solchen, sich in der Gegenwart abspielenden Prozessen, keine absolut gesicherten, quasi feuerfesten wissenschaftlichen Aussagen machen kann.
Mehr Paranoia als Politik
Und doch sprechen Empirie (das Referenzbeispiel ist immer wieder die Grenze zwischen den reichen Vereinigten Staaten und dem vergleichsweise armen Mexiko) und Plausibilität dafür, dass die folgenden Aussagen mehr als bloß fragile Hypothesen oder wilde Spekulationen sind: Dass, erstens, die meisten Menschen lieber zu Hause bleiben, aus den oben genannten Gründen. Dass, zweitens, Migration den Wohlstand fördert – im Herkunfts- wie im Ankunftsland; die Ökonomen sind nur nicht einig darüber, ob das Wachstum bei offenen Grenzen etwas weniger oder sogar mehr als hundert Prozent ausmachte.
Dass, drittens, die Frage, ob die Grenzen durchlässig oder geschlossen seien, auf die Migration einen ähnlichen Einfluss hat, wie es Verbote auf den Drogenkonsum haben: Die Migration nimmt nicht ab, aber die Kollateralschäden steigen, und die Mafia der Schlepper hat den Profit. Und viertens befördern durchlässige Grenzen, wie das mexikanische Beispiel zeigt, die sogenannte zirkuläre Migration: Menschen, die genug Geld verdient haben, kehren zurück und mehren den Reichtum ihrer Heimat.
All das sind Aussagen, die sich nicht hundertprozentig beweisen lassen; immerhin sind sie seriöser als alles, was dem entgegensteht: Kontrollverlust, Unterwanderung, Bevölkerungsaustausch, Islamisierung, Asyltourismus. Mehr Paranoia als Politik.
Bleibt die Angst vor der kulturellen Unvereinbarkeit: Warum so verzagt, möchte man aber, als traditionsverliebter Konservativer, fragen: Glaubt ihr wirklich nicht daran, dass Menschenrechte attraktiver sind? Habt ihr vergessen, dass das Wesensmerkmal der literarischen und musikalischen Klassik, auf die ihr angeblich so stolz seid, nicht deren Deutschheit, sondern deren Universalität war?
Wäre es, in diesem Sinn, nicht deutscher, die Leute von Beethoven zu überzeugen, als den Muezzin zum Schweigen zu bringen?
Das ist nicht der ganze Artikel, den langen Anfangspassus habe ich weggelassen.
Hier der Link: Die Fiktion der Einreise
Danke für diesen Artikel. Bemerkenswert finde ich z. B. folgende Passage:
Dieser Artikel führt vor Augen, dass die Flüchtlingsdebatte hysterisch geführt wird, wenn behauptet wird, dass alle Flüchtlinge dieser Welt zu uns kommen wollen.Dass die allermeisten Menschen (diverse Studien kommen immer wieder auf die Quote von 97 Prozent) ein beschwerliches Leben in vertrauter Umgebung und der eigenen Sprache einem reicheren Leben in der Fremde vorziehen – wie man das ja in der Europäischen Union sehen kann, wo, trotz enormer Einkommensunterschiede, offener Grenzen und, was ja angeblich so wichtig ist, verwandteren kulturellen Bedingungen, die große Wanderung von Ost nach West und vom Süden in den Norden ausgeblieben ist.
Quelle marinas Link zur FAZ: Die Fiktion der Einreise
Karl
@ karl,
das ist aber nun eine arg an den Haaren herbei gezogene Logik, die Du hier bemühst.
Die 97%, die ein Leben in der Heimat, so beschwerlich es auch sein mag, einem u.U besseren Leben in der Fremde vorzuziehen, sind ja nunmal logischerweise keine Flüchtlinge, sondern die in der Studie angeführten restlichen 3%. Um die geht es, und in deren Fokus liegt nunmal Europa, und dort vor allem Deutschland. Deutschland deshalb, weil es sich in besonderem Maße solidarisch und großzügig den aufgenommen Flüchtlingen gegenüber verhält. Und diese sehr offenherzige und liberale Haltung lässt natürlich diese Sogwirkung entstehen.
Die 97%, die ein Leben in der Heimat, so beschwerlich es auch sein mag, einem u.U besseren Leben in der Fremde vorzuziehen, sind ja nunmal logischerweise keine Flüchtlinge, sondern die in der Studie angeführten restlichen 3%. Um die geht es, und in deren Fokus liegt nunmal Europa, und dort vor allem Deutschland. Deutschland deshalb, weil es sich in besonderem Maße solidarisch und großzügig den aufgenommen Flüchtlingen gegenüber verhält. Und diese sehr offenherzige und liberale Haltung lässt natürlich diese Sogwirkung entstehen.Ich mache gerade für mich persönlich eine Zeitreise: wenn ich solche Kommentare lese, werde ich unweigerlich an die vielen Flüchtenden aus der früheren DDR erinnert, die diesen ARbeiter- und Mauernstaat auch unter riskanten Fluchtmöglichkeiten eintauschen wollten gegen Freiheit und Wohlstand in der BRD. Auch diesen Menschen halb die sehr offenherzige, liberale und grosszügige Haltung de BRD zu einem anderen Leben.
Warum haben gerade Ostdeutsche, die damals zu Scharen diesen Unrechtsstaat verlassen haben, so gar kein Verständnis für andere, die es heute machen? WArum können sie nicht aus eigener Biografie resultierend, Mitgefühl aufwenden und nur die Gangart vertreten: die nehmen mir womöglich was weg...?
Was sind das nur für Menschen, die Menschlichkeit nur bei anderen erwarten und fordern? Olga
@ olga64
Hier hat meiner Kenntnis nach noch Niemand mit dem Argument operiert, dass DIE UNS was wegnehmen.
Denn das ist ja auch nicht der Fall. Deutschland ist wirtschaftlich imstande, knapp 2 Millionen Flüchtlinge aufzunehmen, ohne dass es woanders klemmt. Was konsequenterweise weitere Fragen aufwirft, die besprochen werden müssen.
Der Vergleich mit den damals in den Westen geflüchtenden DDR-Bürgern wird von Geschichtsverschiebern ja gerne gebracht, funktioniert so aber nicht. Er soll lediglich dazu dienen, Ostbürger zu diskreditieren, sie als dumm, braun und ausländerfeindlich zu diffamieren, so wie das ja auch Deine Lieblingssportart ist.
Mittlerweile stelle ich mir die Frage: Warum gibt es eigentlich noch Außengrenzen?
Sie sollten sich die Frage stellen, wo sind die Aussengrenzen. Dann werden Sie feststellen, dass Deutschland keine hat, weil wir ein Binnenland sind und die Aussengrenzen geografisch in Italien, Spanien und Griechenland zu finden sind.
Wenn Sie nun die hochinteressante Frage stellen, ob "wir" diese Aussengrenzen noch benötigen, was schlagen Sie vor? Die Meere zubetonieren? Was bietet sich an?
Wandersmann: immer wenn Sie nicht mehr weiterwissen, unterstellen Sie mir ,ich würde Ostdeutsche diffamieren wollen. Das ist nicht so, wenn ich auf Fakten hinweise, wie viele damals geflohen sind und froh waren, vom grosszügigen Klassenfeind aufgenommen und unterstützt zu werden.
Ich bin auch nicht der Meinung, dass die Nazis nur in Ostdeutschland auftauchen - aber Faktum ist natürlich schon ,dass sich dort besonders viele tummeln und auch die Affinität zur AfD gewaltig ist.
Warum können Sie Tatsachen nicht akzeptieren? Olga
@wandersmann_1,
wenn Menschen ihre Heimat ungern verlassen, dann erklärt dies auch, warum der Löwenanteil der Flüchtlinge in den Nachbarstaaten ihres Heimatlandes oder - wenn möglich - innerhalb der eigenen Landesgrenzen verweilt. Die Hoffnung weicht nicht, dass irgendwann die Rückkehr möglich sein wird.
Ich finde also nicht, dass meine Logik falsch war. Ich bestreite jedoch gar nicht, dass Flüchtlinge aufzunehmen eine logistische Großaufgabe sein kann, ich bin nur allergisch gegen Übertreibungen und halte Aussagen wie 60 Millionen ständen vor unserer Tür für miese rechte Propaganda.
Karl
Mittlerweile stelle ich mir die Frage: Warum gibt es eigentlich noch Außengrenzen?
Es gibt diese Aussengrenzen weil es ausserhaslb der EU noch andere Staaten gibt.
Man könnte diese Grenzen auch einfach Grenzen nennen, denn innerhalb der EU gibt es
keine Grenzen weil jeder von Nord nach Süd kommt und von West nach Ost.
Die sogenannten Kontrollen in Bayern zum Beispiel sind Augenwischerei und
ausserdem findet Kontrolle auch auf Rastplätzen EU weit statt.