Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Kann Lebensrettung falsch sein?

Internationale Politik Kann Lebensrettung falsch sein?

Edita
Edita
Mitglied

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von Edita
als Antwort auf Mareike vom 14.08.2018, 17:41:55

J.Nida-Rümelins Ausführungen als populistisch abzuwatschen finde ich nicht in Ordnung.
Das darfst Du doch!
Ich watsche nicht ab, sondern ich befinde!

Edita
luchs35
luchs35
Mitglied

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf olga64 vom 14.08.2018, 17:32:08

Heute dachte ich Ähnliches, Olga, denn es ist einfach unvorstellbar, was sich im Mittelmeer abspielt. Aber eben nicht nur dort, sondern auch in der Sahara, diesem sandigen, heißen Massengrab jener, die verzweifelt einen Ausweg  suchten, weil sie in ihren eigenen Ländern keine Chance auf ein halbwegs menschenwürdiges Leben sehen konnten, denn jeder Ansatz zur Selbsthilfe wird von jenen abgeschnitten, die hemmungslos sich holen, was für eigene Zwecke gebraucht wird.

 Solange Europa subventionierte Nahrungsmittel auf den afrikanischen Markt wirft, kann dort keine eigene Industrie entstehen. Wie soll eine Nahrungsmittelproduktion aufgebaut werden, wenn Produkte zu einem Preis nach Afrika verkauft werden, mit dem seine Länder niemals konkurrenzieren können?   Direkt gesagt: Die afrikanischen Staaten wurden aus der Kolonialisierung entlassen, doch die Ausbeutung geht unvermindert weiter – durch westliche Staaten ebenso wie durch solche aus dem Osten.
 
Europa beispielsweise hat viele Rohstoffkonzerne, und deren Investitionen in Afrika haben sich in den letzten zehn Jahren vervielfacht. Es sollte seitens der Regierungen darauf geachtet werden, dass diese Firmen in Afrika weder Menschenrechte  verletzen noch  die Umwelt so schädigen, dass ein Anbau von Getreide, Gemüse etc. nicht mehr möglich ist.
 Das zu ändern wäre  immerhin mal ein Ansatz , wie die Menschen dort Hoffnung auf ein lebenswertes Dasein im eigenen Land bekommen könnten. 

Luchs35
 

olga64
olga64
Mitglied

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von olga64
als Antwort auf luchs35 vom 14.08.2018, 18:45:09

Ich habe bei meinen Reisen nach Afrika auch erlebt, dass dort die alten Klamotten, die wir in Container werfen, wieder auftauchen und zwar auf den Märkten, wo sie dann für einen (aus unserer Sicht) kleinen Betrag verkauft werden.
Dadurch wird das einheimische Schneiderhandwerk hinfällig, weil gerade die jüngeren Menschen vermeintlich tolle Fashion aus Europa bevorzugen.

Ich habe aber auch imponierende kleinere Projekte gesehen, wo sich Menschen vor Ort aus Europa bemühen, gerade den Frauen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. DAs PRoblem dort ist ja auch oft, dass die Frauen schuften und die Männer irgendwo in ihren Hütten sitzen und saufen oder kiffen. Wer die Frauen erreicht, hat in Afrika schon vieles geschafft.

Aber all das wird nur bedingt die Menschen abhalten, zu uns zu kommen. Sie wollen nicht mehr warten, sie wollen es jetzt und begreifen auch nicht,dass sie bei uns teilweise erniedrigt, ausgebeutet oder viel schlechter behandelt werden als in Afrika.

Und die korrupten Regierungstypen sehen es gerne, wenn jemand aus Europa einen Teil seines niedrigen Lohnes dorthin schickt, was ja solche Staaten entlastet und hindert, selbst soziale Mechanismen aufzubauen.

Aber diese Regierungen ernennen sich entweder selbst oder werden in quasi demokratischen Wahlen gewählt; die Hoffnung ist meist gross, wenn wieder ein alter Diktator weggewählt oder weggeputscht wird - aber ändern tut sich meist nichts. Darauf haben wir keinerlei Einfluss.
Ich denke auch, dass die Konzeren, die sich dort ansiedeln, nur bedingt auf Menschenrechte Einfluss nehmen können. Werden diese mit diesen Aufgaben überfrachtet, ziehen sie dort nicht hin, weil das Risiko der moralischen Überfrachtung zusammen mit fehlender Rechtssicherheit nicht gerade motivierend ist.
Es ist ein unseliger Kreislauf und nicht erst seit gestern; vieles wurde auch noch schlimmer nach Beendigung der Kolonosierung. Denken wir nur an Simbabwe.
Der Hoffnungsschimmer Äthiopien/Eritrea bekommt auch schon wieder Risse: der frühere Diktator, mittlerweile ein sehr alter Mann, floh damals nach Simbabwe. Während seiner Machtzeit liess er den damaligen Kaiser von Äthiopien ermorden, verscharrte ihn vor seinem Regierungssitz und baute über dem Grab eine Toilette, die er gerne benützte (wie er erklärt).
Mit diesem alten Mann wird nun Kontakt aufgenommen, ob er nicht zu einer Rückkehr zu bewegen ist. Die jungen Leute von Äthiopien/Eritrea, die so begeistert waren vom Umschwung, sind nun wieder der Verzweiflung nahe.  Olga


Anzeige

wandersmann
wandersmann
Mitglied

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf olga64 vom 14.08.2018, 17:32:08
Ich schäme mich als europäische Bürgerin dafür,dass schon wieder ein Schiff mit ca 150 hilfesuchenden Menschen im Mittelmeer dümpelt und sich die Anrainerstaaten Italien, Malta und dieses Mal auch Spanien weigern, das Schiff andocken zu lassen.

 

Schon seltsam, für was sich heute manche Mitbürger gern schämen möchten.
Vermutlich vergisst olga64, dass euopäische Bürger deutscher Nationalität es sind, die in unvergleichlicher Art und Weise in den vergangenen Jahren rund 2 Millionen Flüchtlinge in ihr Land aufgenommen haben, sie mit Unterkunft versorgt haben, ihren Lebensunterhalt bestreiten inkl. einer hervorragenden med. Betreuung. Die finanziellen Grundlagen dieses beispiellosen Aktes von Solidarität mit Flüchtlingen wurden von den Werktätigen, von den Arbeitern und Angestellten unseres Landes erwirtschaftet. Von keinem anderen.
Und dies alles, obwohl unser Land rechtlich gesehen dazu weder verpflichtet oder gar befugt war(Dublin II).

Die "Aquarius" übrigens durfte heute in Malta anlegen, die 141 Migranten können nun wunschgemäß ihre europäischen Zielstaaten ansteuern. Man könnte dieses Vorgehen auch fingierte, selbst verursachte Seenot nennen, inklusive der Nötigung der "Retter", sie nach Europa zu schippern. Ich befürchte, diese europäischen Schlepper haben sogar noch ein gutes Gefühl dabei, und meinen, hier menschlich zu handeln, und machen sich in Wirklichkeit doch nur zum Hanswurst.

 
Karl
Karl
Administrator

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von Karl
als Antwort auf wandersmann vom 14.08.2018, 19:50:23

Ich bezweifle, dass diejenigen, die wirklich etwas für die Integration geleistet haben, identisch mit denjenigen sind, die nun die Schotten schließen.

Karl

wandersmann
wandersmann
Mitglied

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf Karl vom 14.08.2018, 21:06:11

@ karl

Am Ende ist es immer der Steuerzahler, also der Werktätige, der das benötigte Geld für Integration bereitsstellt, er ist der Leistungsträger in dieser Sache, ob er will oder nicht.

Die Entscheidung darüber, ob die Schotten geöffnet, oder ob sie geschlossen werden, obliegt ihm nicht. Das entscheiden Andere.


Anzeige

Edita
Edita
Mitglied

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von Edita
als Antwort auf luchs35 vom 14.08.2018, 18:45:09
Heute dachte ich Ähnliches, Olga, denn es ist einfach unvorstellbar, was sich im Mittelmeer abspielt. Aber eben nicht nur dort, sondern auch in der Sahara, diesem sandigen, heißen Massengrab jener, die verzweifelt einen Ausweg  suchten, weil sie in ihren eigenen Ländern keine Chance auf ein halbwegs menschenwürdiges Leben sehen konnten, denn jeder Ansatz zur Selbsthilfe wird von jenen abgeschnitten, die hemmungslos sich holen, was für eigene Zwecke gebraucht wird.

 Solange Europa subventionierte Nahrungsmittel auf den afrikanischen Markt wirft, kann dort keine eigene Industrie entstehen. Wie soll eine Nahrungsmittelproduktion aufgebaut werden, wenn Produkte zu einem Preis nach Afrika verkauft werden, mit dem seine Länder niemals konkurrenzieren können?   Direkt gesagt: Die afrikanischen Staaten wurden aus der Kolonialisierung entlassen, doch die Ausbeutung geht unvermindert weiter – durch westliche Staaten ebenso wie durch solche aus dem Osten.
 
Europa beispielsweise hat viele Rohstoffkonzerne, und deren Investitionen in Afrika haben sich in den letzten zehn Jahren vervielfacht. Es sollte seitens der Regierungen darauf geachtet werden, dass diese Firmen in Afrika weder Menschenrechte  verletzen noch  die Umwelt so schädigen, dass ein Anbau von Getreide, Gemüse etc. nicht mehr möglich ist.
 Das zu ändern wäre  immerhin mal ein Ansatz , wie die Menschen dort Hoffnung auf ein lebenswertes Dasein im eigenen Land bekommen könnten. 

Luchs35
 
Liebe Luchs zu diesem ganzen Themenkomplex, hatte ich neulich mal einen interessanten Artikel aus der Schweiz gefunden, muß mal suchen wo er ist, und da hieß es in etwa so :
Die Antwort auf Nationalismus und Neoliberalismus kann nur die Entwicklung einer demokratischen Weltinnenpolitik sein, d.h. nicht nur die Entwicklungsländer bedürfen der Entwicklung, sondern die Industriestaaten gleichermaßen, nur eine demokratische Weltinnenpolitik könnte eine Angleichung in den bereits  bestehenden globalen Wertschöpfungsketten von Kapital und Arbeit auch eine Globalisierung der Rechte vorantreiben.

Was soziale, umweltfreundliche und ökonomische Weltverträglichkeit betrifft, so sind wir auf dem Gebiet auch in Europa, alle Entwicklungsländer, es braucht eine innenpolitische Weltverfassung, die selbstverständlich auch Bestandteil jeder nationalstaatlichen Verfassung sein muß.
Den sogenannten Entwicklungsländern gehen nach Schätzungen des US-Think-Tanks Global Financial Integrity jährlich 1000 Milliarden US-Dollar an möglichen Steuereinnahmen durch Steuervermeidung von Privatpersonen und globalen Konzernen, Geldwäscherei und Korruption verloren, weil Lücken in den gegenwärtigen nationalstaatlichen Steuersystemem es den Konzernen zudem erlauben, ihre Gewinne nicht dort zu versteuern, wo sie ihre Wertschöpfung erzielen, sondern dort, wo die Steuern am tiefsten, am geringsten sind.
Diese weltweit nationalstaatlich garantierte Steuerflexibilität für Konzerne drängt sie nationalstaatlich betrachtet geradezu dazu, immer genau das zu tun, was ihre Nachbarn und Standortkonkurrenten auch tun. Und das hiess in den letzten Jahrzehnten fast immer - Steuern senken und/ oder am besten vermeiden, vor allem jene von Grossunternehmen, für den Privatmann, für das Individuum hieß es aber Gürtel enger schnallen!
Nur eine globale Steuerpolitik die auf weltinnenpolitischer Zusammenarbeit beruht, kann die elendige Standortkonkurrenz ausschalten und den Weg freimachen für neue demokratische Organisationen, Behörden und Unternehmen, regional - national und global!
Wenn daraufhin gearbeitet werden würde, dann wäre jeglichem Nationalismus, sei es regional, national und auch global,
das Futter entzogen!

Edita
 
Tina1
Tina1
Mitglied

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von Tina1
als Antwort auf luchs35 vom 14.08.2018, 18:45:09
Heute dachte ich Ähnliches, Olga, denn es ist einfach unvorstellbar, was sich im Mittelmeer abspielt. Aber eben nicht nur dort, sondern auch in der Sahara, diesem sandigen, heißen Massengrab jener, die verzweifelt einen Ausweg  suchten, weil sie in ihren eigenen Ländern keine Chance auf ein halbwegs menschenwürdiges Leben sehen konnten, denn jeder Ansatz zur Selbsthilfe wird von jenen abgeschnitten, die hemmungslos sich holen, was für eigene Zwecke gebraucht wird.

 Solange Europa subventionierte Nahrungsmittel auf den afrikanischen Markt wirft, kann dort keine eigene Industrie entstehen. Wie soll eine Nahrungsmittelproduktion aufgebaut werden, wenn Produkte zu einem Preis nach Afrika verkauft werden, mit dem seine Länder niemals konkurrenzieren können?   Direkt gesagt: Die afrikanischen Staaten wurden aus der Kolonialisierung entlassen, doch die Ausbeutung geht unvermindert weiter – durch westliche Staaten ebenso wie durch solche aus dem Osten.
 
Europa beispielsweise hat viele Rohstoffkonzerne, und deren Investitionen in Afrika haben sich in den letzten zehn Jahren vervielfacht. Es sollte seitens der Regierungen darauf geachtet werden, dass diese Firmen in Afrika weder Menschenrechte  verletzen noch  die Umwelt so schädigen, dass ein Anbau von Getreide, Gemüse etc. nicht mehr möglich ist.
 Das zu ändern wäre  immerhin mal ein Ansatz , wie die Menschen dort Hoffnung auf ein lebenswertes Dasein im eigenen Land bekommen könnten. 

Luchs35
 
Liebe Luchs, ich stimme deinem Kommentar zu..Die Frage steht in der EU im Raum, wie kann man das Sterben im Mittelmeer u. der Sahara verhindern. Also was kann man in den Ländern für die Menschen tun, damit sie sich nicht mehr auf den gefährlichen Weg begeben müssen. Wo zum Ende der Traum, einen Job in Europa zu bekommen, aus vielen Gründen zerplatzen wird.

Prof. Julian Nida-Rümelin ( Philosoph) u. ehemaliger SPD Politiker hat sich viel mit dem Thema Zuwanderung, Migration, vorallem was Afrika betrifft, auseinandergesetzt. Es gibt viele Vorträge, Interviews, Bücher in den letzten Jahren, wo er seinen Standpunkt, seine Thesen erläutert. Seine Thesen ähneln sehr, denen, die auch Paul Collier vertritt. Collier hat die Flüchtlingspolitik von Merkel kritisiert, er begründet das auch. Es geht ihm dabei um das Sterben im Mittelmeer. Nun ist er schon länger Berater von Merkel in Bezug Afrika.

Ich denke, die unterschiedliche Betrachtungsweise zu all den Fragen die heute anstehen, die nie einseitig sind, muss man nicht alle teilen, sie regen aber zum Nachdenken an. So empfinde ich es.

Das ist einer der neueren Interviews (2017), wo es um viele verschiedene Punkte geht.

Was ist deine Meinung zu den Thesen von Prof. Julian Nida- Rümelin in dem Interview  ? Natürlich entscheidest du, ob du darauf eingehen willst. Das mal vorweggenommen.
Tina
 
Karl
Karl
Administrator

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von Karl
als Antwort auf Tina1 vom 15.08.2018, 11:14:36

Tina1
" Wo zum Ende der Traum, einen Job in Europa zu bekommen, aus vielen Gründen zerplatzen wird."

Wobei, wir brauchen doch Einwanderer. Bei uns bekommst Du fast keinen Handwerker mehr, weil die alle beschäftigt sind. Die Wartezeiten sind lang. Es fehlt an Pflegekräften überall. Die Müllabfuhr in Freiburg sucht händeringend Mitarbeiter, der Müll wird so eben fast jedes 2. Mal liegengelassen, was in diesen heißen Tagen zum Himmel gestunken hat.

Ich habe das Gefühl, den wenigstens ist wirklich bewusst, welchen Zeiten unsere alternde Gesellschaft entgegengehen würde, wenn wir keine Migranten hätten.

Karl

 
Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Kann Lebensrettung falsch sein?
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Karl vom 15.08.2018, 11:57:06

Auch da wird doch deutlich, dass wir Zuwanderung brauchen auf LEGALEM Wege mit den entsprechenden Regelwerken, die dazu gehören.
Wäre das rechtzeitig in die Wege geleitet worden, hätten wir jetzt nicht diese unselige AFD.
Man sollte den "Durchschnittsbürger" ernst nehmen, der es vorzieht in geordneten Strukturen zu leben ..
 


Anzeige