Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Günter Grass macht den Mund auf... »mit letzter Tinte«:

Internationale Politik Günter Grass macht den Mund auf... »mit letzter Tinte«:

Karl
Karl
Administrator

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von Karl
als Antwort auf adam vom 07.04.2012, 14:05:08
@ adam,


Du machst viele Worte, aber im Kern wirfst Du dem Iran weiterhin etwas vor, wofür es keine Belege gibt, nämlich Atomwaffen zu entwickeln. Anderslautende Aussagen der US-Geheimdienste missachtest Du einfach.

Auch der Irak hatte bei Bush jun. keine Chance. Er konnte noch so oft beteuern, keine Massenvernichtungswaffen zu besitzen. Er hatte Inspektoren ins Land gelassen, aber deren negativer Bericht wurde von Bush verworfen, weil der Krieg gewollt war.

Ähnlich läuft das derzeit (allerdings nicht von Seiten der USA) auch mit dem Iran ab. Da kein Nachweis für den Atomwaffenbau führbar ist, soll nun schon allein die Befähigung zum Atomwaffenbau Kriegsgrund genug sein. Aber, Adam, Du hast ja selbst bereits geschrieben, dass es gar nicht um die Atombombe, sondern um Öl geht - ich würde addieren, es geht um die Vorherrschaft in der Region.


Karl

P.S.: Ich verlinke noch einen Kommentar von Jakob Augstein

justus39
justus39
Mitglied

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von justus39
als Antwort auf Karl vom 07.04.2012, 18:04:23
@ karl
Zunächst vielen Dank für diesen Link.

Auch die ausländische europäische Presse versteht dieses deutsche Grassbashing nicht und reagiert völlig lockerer auf die Gedanken von Günter Grass.
Hier habe ich auch eine Stellungnahme der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V. zum Gedicht von Günter Grass gefunden.

"Die Mitglieder der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, gratulieren Günter Grass für seine aufrichtige Aussage in Bezug auf die Atompolitik Israels."

Es bleibt zu hoffen, dass sich das israelische Volk, welches ebenfalls die gefährlichen Kriegsspielereien seiner Regierung mit Sorge sieht, eine friedliebendere Regierung wählt.

wuli
wuli
Mitglied

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von wuli
als Antwort auf Karl vom 07.04.2012, 18:04:23
Ja Karl, du hast schon Recht mit deinen Ausführungen, aber muss so ein Mensch wie der Grass mit so einer Vergangenheit darüber in der Öffentlichkeit philosophieren?
Ich kenne hier mehrere solche älteren Herren, die immer noch die braune Philosophie inne haben. Sie werdens auch nicht verlernen. Ich weiss wovon ich spreche!

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hafel
hafel
Mitglied

Re: Günter Grass und der Faktencheck.
geschrieben von hafel
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 07.04.2012, 17:20:33
@ mart:

Versuchen wir doch hier selber einmal Fakten zusammen zu tragen, soweit uns das überhaupt von unserer Warte aus gelingt.

"Mit letzter Tinte" schreibt Grass seine schwerste Anschuldigung gegen Israel nieder: Die Atommacht gefährde "den ohnehin brüchigen Weltfrieden". Er setzt ein Fragezeichen dahinter, was die Behauptung kaum abschwächt.
Meiner Meinung umkehrt Grass Ursache und Folge. Der Iran erkennt das Existenzrecht Israels nicht an und unterstützt Israel-feindliche Gruppen wie die Hisbollah im Libanon und die Hamas oder die radikalere Vereinigung "Islamischer Dschihad" in den Palästinensergebieten mit Waffen und Geld. Ahmadinedschad drohte in der Vergangenheit damit, dass das zionistische Besatzerregime von den Seiten der Geschichte verschwinden müsste. Nun ist Israel auch kein Unschuldslamm. Die Anschläge auf iranische Nuklearforscher dürften auf das Konto des israelischen Geheimdienstes Mossad gehen. Der Staat droht seinerseits mit Militärschlägen (allerdings ohne Vernichtungsphantasien). Doch gäbe es das Säbelrasseln wohl kaum, wenn sich Israel nicht in seiner Existenz ernsthaft bedroht fühlte. Das finde ich alles nicht wieder in seinem Gedicht. Dazu schrieb aber schon ausführlich Adam.

"Erstschlag" entstammt der Terminologie des Kalten Krieges und bedeutet Angriff mit Atomwaffen. Über entsprechende israelische Pläne ist nichts bekannt. Was es gibt, sind Planspiele eines israelischen Militärschlags auf iranische Atomanlagen, ohne Nuklearwaffen. Israel befürchtet, dass der Iran kurz vor dem Bau der Atombombe steht und will dies unbedingt vorher verhindern. Die Gefahr eines baldigen Angriffs ist durchaus real. Denn Teheran ist dabei, seine Produktionsstätten unter die Erde zu verlagern. Noch fehlt Israel offenbar die nötige Unterstützung aus den USA (was hoffentlich so bleibt). Eine absolut falsche Formulierung des "Dichters". Hier soll mit dem Begriff "Atomkrieg" Angst geschürt werden.

Ein weiterer Fehler steckt in den Zeilen von Grass: "Ein israelischer Angriff könnte das iranische Volk auslöschen". Das Wort "auslöschen" wählte der Dichter wohl in Anlehnung an den Holocaust. Allerdings würden Bombardements der Atomanlagen kaum 78 Millionen Iraner töten, die in einem Land leben, das mit einer Fläche von 1,65 Millionen Quadratkilometern fast fünfmal so groß wie Deutschland ist. Ein Angriff könnte allerdings einen regionalen Krieg heraufbeschwören, in den auch die USA hereingezogen würden. Zivile Opfer wären die Folge. Jedes Opfer ist ein Opfer zuviel! Aber warum operiert Grass mit derartigen Begriffen, wie "auslöschen"?
...

Präsident Ahmadinedschad mag bisweilen wie ein Maulheld auftreten, ihn darauf zu reduzieren, wäre allerdings eine Verharmlosung. Allerdings hat Ahmadinedschad ohnehin nicht das Sagen im Iran. Mächtigster Mann ist der oberste geistliche Führer, Ajatollah Ali Chamenei. Er erkennt das Existenzrecht Israels öffentlich nicht an, bezeichnete Israel zuletzt als Krebsgeschwür. Ängste Israels vor dem Iran sind durchaus berechtigt.

Grass thematisiert, dass Israel über ein "wachsend nukleares Potential" verfüge, dies aber "keiner Prüfung zugänglich" und daher unkontrollierbar sei.
Das ist richtig und stimmt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Israel seit den 60er-Jahren über Atomwaffen verfügt. Es gibt nur Schätzungen darüber, wie groß das Arsenal ist. Sie reichen von 75 bis 200 Atomwaffen, dazu soll es ein hochentwickeltes Trägersystem geben. Israel weigert sich, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten. Es gibt keine Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO). Der Westen duldet diese Atomwaffen des von vielen Feinden umgebenen Staates, da sie den Einschätzungen zufolge allein der Abschreckung dienen. Muss man glauben oder nicht. Ich denke wenn hier der Iran mit "Atomoffenheit" beginnen würde, gäbe es auch Mittel Israel zu mehr Offenheit zu zwingen.

Die Sache mit den U-Booten aus Kiel:
Deutschland hat Israel bereits drei ältere "Dolphin"-U-Boote geliefert; drei weitere sollen dieses Jahr übergeben werden, wobei man sich auf das sechste erst jüngst einigte – auf jenes spielt Grass wohl an. Von den U-Booten können nach nicht bestätigten Berichten über Torpedorohre tatsächlich nukleare Marschflugkörper verschossen werden. (Experten nehmen es an!) Anders als der Schriftsteller suggeriert (hier hat er sichtlich keinerlei Ahnung), sind diese taktischen Nuklearwaffen aber nicht für einen Erstschlag geeignet. Es handelt sich um Kurzstreckenraketen, die vielmehr den Gegner von einem Erstschlag abschrecken sollen. Denn auch wenn Militärs von den U-Booten aus kaum Atomanlagen angreifen können, ließe sich mit den Raketen durchaus Schaden zufügen. Keine Frage! Hier hat Grass einfach so -ohne Ahnung- etwas dahin geschrieben.

Wenn Grass behauptet, dass die Existenz auch nur einer einzigen (iranischen) Atombombe unbewiesen ist, hat er somit Recht. Doch er verfehlt mit der Aussage den Punkt: Denn genau den Bau einer Atombombe wollen Israel und der Westen verhindern, da die Folgen einer solch mächtigen Waffe in den Händen des Teheraner Regimes unkalkulierbar wären. Wie nah der Iran am Bau einer Bombe ist, ist umstritten und letztlich kaum zu klären. Hier kann nur der Iran selber für Offenheit beitragen. Ende Februar gab es überraschend Berichte, nach CIA-Informationen sei das Waffenprogramm vor Jahren eingestellt worden. Darüber hatte Karl berichtet. Davor kursierten Geheimdienstangaben, nach denen der Iran noch ein bis zwei Jahre brauche. Vor wenigen Tagen dagegen behauptete ein früherer iranischer Funktionär, dass das militärische Atomprogramm seines Landes nicht mehr zu stoppen sei. Was ist nun richtig? Grass vermutet auch nur. Der Iran könne bereits zündfähige Nuklear-Sprengköpfe herstellen, so Hossein Mousavian. Der Ex-Sprecher der iranischen Atom-Verhandlungsdelegation forscht derzeit an der Princeton University. Alles nur Propaganda?

Ich kreide Grass nicht an, dass er als 17-Jähriger SS-Mann wurde. Er war 17 und vielleicht ein dummer Junge!
Was ich ihm verüble ist, dass er seinerzeit mit seiner eigenen Wahrheit nur immer soviel zugab, wie die Öffentlichkeit bereits wusste. Seit dieser Zeit war Grass (für mich) nicht mehr das moralische Gewissen.

Hier wollte er wohl mal wieder ins Gespräch kommen und nicht in Vergessenheit geraten.

Hafel
silhouette
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Mitglied

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von silhouette
als Antwort auf margit vom 07.04.2012, 11:29:50

Wenn bei uns eine ausländische Macht mit ähnlicher Begründung unser Kernforschungszentrum bei Karlsruhe mit militärischer Gewalt zerstören würde, wie würden wir das benennen?

Margit

Tut mir leid, aber diese Hypothese ist Unsinn:

Es gibt seit etwa 1990 kein Kernforschungszentrum mehr bei Karlsruhe, der Kernforschungsanteil wurde auf den Anteil zurückgefahren, der noch notwendig ist, um die in Deutschland vorhandenen Kernkraftwerke "zurückzubauen". Schließlich sollen sie bis zum Zustand der "grünen Wiese" immer noch sicher sein.

Die letzten Kernspaltungen fanden logischerweise auch ca. 1990 statt. Der einzige Ort, der noch nicht abgewickelt und meines Wissens noch nicht vollkommen frei von radioaktivem Material ist, ist die Wiederaufarbeitungsanlage, die als Pilotanlage für eine Industrieanlage diente, welche aber nie gebaut werden durfte.
Die Forschungseinrichtung ist per Gesetz dazu verdonnert worden, auf ihrem Gelände einen hohen Anteil von radiokativem Abfall "zwischenzulagern", der hauptsächlich aus dem Rückbau von Kraftwerken, der sonstigen Industrie und der Medizin kommt. Ob diese Riesenbunker, die dazu oberirdisch gebaut wurden, einer Atomrakete standhalten, hat sich noch niemand gefragt Sie erfüllen meines Wissens die klassischen neuen Bedingungen bezgl. der Sicherheit vor Flugzeugabstürzen, die auch die modernen Kernkraftwerke erfüllen mussten. Eher wäre durch eine Atombombe der Raum Nordbaden mit etlichen Millionen Einwohnern zerstört und radioaktiv verseucht, egal, ob da noch freigesetzte radioaktive Abfälle aus den Zwischenlagern dazukommen oder nicht.

Folglich hat keine ausländische Macht auch nur einen müden Euro übrig, ein "Kernforschungszentrum Karlsruhe" militärisch anzugreifen. Die Frage hätte genauso gut am 1. April gestellt werden können.

Das "Forschungszentrum", wie es seit 1990 heißt, gibt es auch nicht mehr. Sondern es fusionierte vor ein paar Jahren mit der Universität, ist mittlerweile eine der Elite-Hochschulen, die besonders viele staatliche Fördergelder erhalten, und heißt KIT.
adam
adam
Mitglied

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 07.04.2012, 18:04:23
Du machst viele Worte, aber im Kern wirfst Du dem Iran weiterhin etwas vor, wofür es keine Belege gibt, nämlich Atomwaffen zu entwickeln. Anderslautende Aussagen der US-Geheimdienste missachtest Du einfach.
geschrieben von karl


karl,

In kurzen Worten: Stimmt.

Wenn ich behaupte, keinen PC zu haben, hast Du auch keine Belege dafür, daß ich einen habe.

Ich mache mir Gedanken um politische Vorgänge, nicht um Geheimdienstmeldungen, die heute so und morgen anders lauten und auch lauteten.
Auch der Irak hatte bei Bush jun. keine Chance. Er konnte noch so oft beteuern, keine Massenvernichtungswaffen zu besitzen. Er hatte Inspektoren ins Land gelassen, aber deren negativer Bericht wurde von Bush verworfen, weil der Krieg gewollt war. Da kein Nachweis für den Atomwaffenbau führbar ist, soll nun schon allein die Befähigung zum Atomwaffenbau Kriegsgrund genug sein.
geschrieben von karl


Irrelevant. Alles ist anders, nur diejenigen, die behaupten, es sei gleich, sind immer noch dieselben. Andere Zeit, andere Regierungen, andere Menschen, andere Länder, anderer Hintergrund.

Der Bush-Irak-Hinweis sollte schleunigst ad acta gelegt werden.
Aber, Adam, Du hast ja selbst bereits geschrieben, dass es gar nicht um die Atombombe, sondern um Öl geht - ich würde addieren, es geht um die Vorherrschaft in der Region.
geschrieben von karl


Das stimmt teilweise. Ich habe geschrieben:

"Die Krise um den Iran ist meines Erachtens ein Krise um das arabische Öl und keine Krise zwischen Israel und Iran."

Es geht sehr wohl darum, daß der Iran versucht, die A-Bombe zu bauen, eben um seinen Hegemonievorhaben das nötige Machtpotenzial zu verleihen. Mit der Bombe könnte der Iran seine Ansprüche auf der Arabischen Halbinsel durchsetzen und hätte eine Abschreckung gegenüber Pakistan.

Die Drohungen gegen Israel bringen dem Schiiten Ahmadinedschad Sympathien unter der sunnitischen Bevölkerung in den arabischen Staaten. Und Netanjahu weiß natürlich, daß es längerfristig schlecht für Israel aussehen würde, könnte der Iran seine Vormachtstellung mit Hilfe nuklearer Waffen ausbauen. Insoweit ist Israel involviert.

--

adam




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margit
margit
Administrator

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von margit
als Antwort auf silhouette vom 07.04.2012, 19:50:52
Hallo Silhoutte,

leider hast Du nicht begriffen, worum es in meiner Antwort auf Klaus ging.

Vielleicht liest Du sie noch einmal genau durch. Karlsruhe darfst Du gern dann durch Jülich oder einen anderen Ort ersetzen - wenn Du dann das Beispiel verstehen kannst.


Margit
Karl
Karl
Administrator

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von Karl
als Antwort auf wuli vom 07.04.2012, 18:40:06
Ich kenne hier mehrere solche älteren Herren, die immer noch die braune Philosophie inne haben.
geschrieben von wuli
Lieber wuli,

du willst doch nicht den Autor der Blechtrommel der braunen Philosophie verdächtigen? Diese Querassoziationen und persönlichen Verunglimpfungen, die Du wahrscheinlich vielerorts gelesen hast, sollen nur vom Inhalt des Textes ablenken. Wer vom Inhalt einer schlechten Nachricht ablenken will, desavouiert den Überbringer der Nachricht. Das ist eine Taktik, die manchmal aufgeht.

Karl
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von silhouette
als Antwort auf margit vom 07.04.2012, 20:49:16
Natürlich habe ich es nicht begriffen. Eine andere Antwort habe ich auch nicht erwartet. Deren Substanz würde sich auch nicht ändern, würde dafür "Jülich" stehen. Weil du es so haben willst.

Es gibt das nicht, was du gerne hättest. Da kann ich nichts dafür.
Und gewisse Scheuklappen sind mir nun mal fremd, genauso wie Argumente auf der Basis von wissensfreier Ideologie.

Kannst mich jetzt gerne rausschmeißen.

Gruß an Karl: seinen "Faktencheck" kann er sich am Anfang des Threads abholen, ich hatte ihn verlinkt. Aber das Imkreisrumdrehen muss ja weitergehen.
margit
margit
Administrator

Re: Ein Gespräch mit Günter Grass
geschrieben von margit
als Antwort auf silhouette vom 07.04.2012, 20:55:18
Aber Silhouette,

warum so aggressiv?

Frohe und friedliche Ostern wünscht Dir

Margit

P.S.
"Unter »Kernforschungszentrum« oder »Forschungszentrum Karlsruhe« wird seit Gründung des KIT umgangssprachlich entweder der KIT-Campus Nord (als geografische Angabe) oder der Großforschungsbereich des Karlsruher Instituts für Technologie verstanden." Quelle: Stadtwiki Karlsruhe.
Als gebürtiger Karlsruherin möge mir der umgangssprachliche Lapsus gnädig verziehen werden.

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