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Internationale Politik Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern

Juro
Juro
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RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von Juro

Guten Tag liebe Userinnen und User,

nun sind die Europawahl 2024 und der Friedensgipfel zum Ukrainekrieg auf den Bürgenstock in der Schweiz gelaufen. Ich hatte ja versprochen, danach die Betrachtung fortzusetzen.

Was hat beides dem "Westen" nun gebracht?
Die Europawahl 2024 schloss mit einem wirklich fatalen Rechtsruck des Europaparlamentes ab. Aber demokratisch betrachtet, ist das ein Erfolg der Demokratie. Die Völker der EU und die Menschen, die deren Politik am eigenen Leibe zu spüren bekommen, haben mehr als nur ein Achtungszeichen gesetzt, wohin die gegenwärtig eingeschlagene Politik letztendlich führen kann. Sie führt zu einer Polarisierung der Strebungen und zu einer zunehmenden Ablehnung der gegenwärtigen Standpunkte und der Art, Politik in Europa zu machen. 
Nationalisten sind auf dem Vormarsch!

Und die Friedenskonferenz in der Schweiz, Hat die einen von Selenskyj gewünschten Erfolg gebracht? Weit gefehlt. Großes ja sogar pompöses Medien-Gesumm, in Deutschland zumindest, aber das Ziel musste weit abgesenkt werden, die Nichtteilnahme Russlands, ein Kernwunsch Selenskyjs, hat eher geschadet. Die Mehrheit, einschließlich DE, sieht nur einen weiteren Sinn in der Teilnahme Russlands. Frau Harrys sagte zur Ukraine-Hilfe so etwas wie: Wir helfen der Ukraine, weil es im Interesse der USA liege. Frage: War das schon vor 2022 so und welches Bild wirft das auf die Rolle der USA und welche Interessen sind das? UND: Dient eine solche Politik den Interessen Europas? UND WEITER: Welche Gegeninteressen hat Russland, die wir, der "Westen", nicht zulassen wollen? UND NOCH WEITER: Stehen vielleicht auch die Interessen der USA und des "Westens" unseren verkündeten Werten als Hindernis im Weg? 
Mal mit Selbstkritik versuchen, hat schon vielen geholfen.

Juro

Lenova46
Lenova46
Mitglied

RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von Lenova46

Der Abschlusserklärung stimmten 80 von 93 Ländern zu.

"Erstens“, heißt es dort, „muss jede Nutzung von Kernenergie und Kernanlagen sicher, geschützt und umweltverträglich sein. Ukrainische Kernkraftwerke und -anlagen, einschließlich des Kernkraftwerks Saporischschja, müssen unter vollständiger souveräner Kontrolle der Ukraine und im Einklang mit den Grundsätzen der IAEA und unter ihrer Aufsicht sicher betrieben werden.“ Jede Androhung oder jeder Einsatz von Atomwaffen im Krieg sei unzulässig.

Als zweiten Punkt einigte man sich auch auf folgendes: „Zweitens hängt die globale Ernährungssicherheit von einer unterbrechungsfreien Produktion und Versorgung mit Nahrungsmitteln ab. In dieser Hinsicht sind eine freie, vollständige und sichere kommerzielle Schifffahrt sowie der Zugang zu Seehäfen im Schwarzen und Asowschen Meer von entscheidender Bedeutung. Angriffe auf Handelsschiffe in Häfen und entlang der gesamten Route sowie auf zivile Häfen und zivile Hafeninfrastruktur sind inakzeptabel.“ Die Sicherung der Ernährung dürfe niemals zu einer Waffe werden.

Punkt drei: „Alle Kriegsgefangenen müssen durch vollständigen Austausch freigelassen werden. Alle abgeschobenen und unrechtmäßig vertriebenen ukrainischen Kinder sowie alle anderen unrechtmäßig inhaftierten ukrainischen Zivilisten müssen in die Ukraine zurückgebracht werden.“

Die Schweiz hat bewiesen, dass sie eine große Konferenz ausrichten kann.
Ansonsten bleiben der Ukraine wie gehabt nur kleine Schritte in der Zukunft. 

Inzwischen rekrutiert die Ukraine wie bereits Russland Häftlinge für den militärischen Einsatz. 
Der Krieg fordert vielfache Anstrengungen. Möge er nicht fester Bestandteil werden. 


 

aixois
aixois
Mitglied

RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von aixois
als Antwort auf Juro vom 17.06.2024, 14:09:41

Es gäbe viel dazu zu sagen. ins fiel mir besonders auf: die Berichterstattung in den Medien (auch ÖRR wie ARD und ZDF) , die dazu angetan war eine bestimmte Meinung zu bilden, d.h. ein besonders positives Bild über die "Friedens-" Konferenz und  über die Anstrengungen auf westlicher Seite zu zeichnen, die erneut guten Willen zeigt und verstärkt nun den Fokus auf die Diplomatie  legt.
Um das enorme positive Echo zu untermauern, wurden laufend weit höhere Teilnehmerzahlen gemeldet, als die offizielle Web-Seite des CH Aussenministeriums angab. Erst heute morgen hieß es noch 'gut hundert Staaten' hätten unterzeichnet.

Fast alle kommen ins Bürgerstock Hotel, nur Putin kommt nicht. Dass er gar nicht eingeladen war, wird nicht aber nicht gesagt. 
Mein Eindruck war, dass die Schweiz sich nur mit einem unguten Gefühl für diese 'Inszenierung' hergegeben.
Von Regierungsseite wurde von Anfang an deutlich gemacht, dass von diesem Treffen bestenfalls Ideen hergehen könnten, welche Schritte versucht werden sollten, um einen Prozess vorzubereiten, der als Endziel zu einer friedlichen Regelung kommen führen könnte. In keinem Fall wäre die Schweiz zu einer weiteren Konferenz bereit, ohne das die Russen eingeladen werden.
Das zeigt m.E. ziemlich deutlich, dass die Nicht-Einladung Putins keine Schweizer Idee war.

Das "Ergebnis" war entsprechend und ist m.E. mit dem Budapester Memorandum vergleichbar, was die Verbindlichkeit angeht, nichts Neues, keine Sanktionen bei Nichtbefolgung.
Es wird nur bestätigt bzw. bekräftigt, zu was alle Unterzeichnerstaaten sich an anderen Stellen schon völkerrechtlich verpflichtet hatten.

In meinen Augen bestätigt sich , dass die Staatengemeinschaft in der causa Ukraine zwiegespalten ist, was nicht zuletzt sich auch auf die Wirksamkeit von Sanktionen gegen Russland auswirkt.
Ob von Bürgenstock deshalb ein 'positives' Signal ausging , ich bezweifle es, bin aber gleichzeitig auf eine Reaktion Trumps gespannt.

Schon heute berichtet Radio Trottoir, dass es einflussreiche Kreise in den USA  gäbe, die Putins Verhandlungsbereitschaft  als etwas ansehen, das man nicht so einfach als Propaganda vom Tisch wischen  sollte, sondern dass man ihn beim Wort nehmen sollte, überhaupt mal mit Gesprächen Ernst zu machen.


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lupus
lupus
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RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von lupus
als Antwort auf aixois vom 17.06.2024, 16:38:37
 Erst heute morgen hieß es noch 'gut hundert Staaten' hätten unterzeichnet.

 
Können die nicht zählen? Am Ende ist wohl unsicher wer überhaupt da war?

Der MDR umgeht das geschickt und berichtet, dass die Mehrheit unterschreibt

lupus
aixois
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RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von aixois
als Antwort auf lupus vom 17.06.2024, 17:29:55
Können die nicht zählen? Am Ende ist wohl unsicher wer überhaupt da war?
Doch, die können schon zählen, d.h. sie müssen es gar nicht, das macht das EDA (CH Außenministerium ) schon, und zwar öffentlich, für jeden zugänglich.
Nicht nur für seriöse Journalisten, die gelernt haben sauber zu recherchieren.

Die Schweizer wissen natürlich auch genau, wer da war : 57 (62%) Regierungsoberhäupter, 30 (33%) mit Ministerrang, 5 (5% - darunter Israel) nur durch Vertreter mit Diplomatenstatus , macht 92 Teilnehmer plus 8 " Organisation ", wie die EU Kommission, der Europa Rat  , der EU - Europäische Rat, das EU Parlament etc.
Gerechnet hat man mit > 120 Teilnehmern (= 75 % von 160 Eingeladenen).
Der Einladung Folge geleistet haben 57 %, "gut die Hälfte". Aber das hört man so nicht in den Nachrichten, ist es doch eine Zahl, die nicht gerade begeistert.
Eben eine, die die globale Spaltung widerspiegelt.

Von den 92 Teilnehmern haben 13 nicht unterschrieben ( Armenien, Bahrain, Brasilien, Indien, Indonesien, Kolumbien, Libyen, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Suriname, Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate). Andere Quellen berichten von 8 , die abgelehnt hätten.

Das sind Zahlenspielereien, eigentlich Lappalien .
Die fehlende Sorgsamkeit im Umgang mit der Berichterstattung über Konferenz (manche hatten sogar behauptet, sie fände am Genfer, nicht am Vierwaldstätter See unweit Zürich statt)  zeigt aber auch, wie wenig bedeutsam sie eingeschätzt wird.

Biden kam nicht, weil ihm eine Wahlkampfspendenparty wichtiger war. Recht hat er. Scholz als Chef des wichtigsten europäischen  Unterstützerlandes  war ja da, begleitet von Macron, der offensichtlich keine Spenden sammeln muss für seinen Wahlkampf ...
Juro
Juro
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RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von Juro
als Antwort auf lupus vom 17.06.2024, 17:29:55

Hallo Lupus,

vielleicht wollen sie nicht zählen, denn können werden sie schon. Aber wer vorher so laut tönte, der muss beim Nicht-Erreichen der Wunschwerte eben ungenau bleiben, sonst Blamage.
Die Schweiz vermeldete 94 Delegationen. Davon haben 80 die Abschlusserklärung unterschrieben.
Auf die Frage, warum Russland nicht eingeladen worden sei, kam die offizielle Antwort, dass dies auf Betreiben von Herrn Selenskyj erfolgt sei, der seine Teilnahme vom Nicht-Einladen Russlands abhängig machte. "Man wollte auf die Ukraine nicht verzichten." - So die Antwort.
Dieser Punkt war bei der Konferenz dann auch Anlass, weitere Gespräche nur mit Russlands Teilnahme zu planen. Sozusagen ein eindeutiges Signal an Selenskyj, sein Verhalten zu überdenken.
Die restlichen Inhalte der Abschlusserklärung sind seit langem bekannte Grundsätze und keine neuen Denkansätze. Diese Erklärung berührt keine Lösungsansätze zu Kernfragen des Konfliktes und der Krieg geht weiter. Scholz und andere haben das klar ausgesprochen.

Wenn sich die Vordenker der USA-Politik schon mit den Vorschlägen Putins beschäftigen, dann ist die Erzählung von einer fehlenden Verhandlungsbereitschaft Putins, wie sie unsere Medien verbreiten, die Bedienung der "großen Nebelmaschine".

Juro


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aixois
aixois
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RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von aixois
als Antwort auf Juro vom 18.06.2024, 11:45:27
von Herrn Selenskyj erfolgt sei, der seine Teilnahme vom Nicht-Einladen Russlands abhängig machte. "Man wollte auf die Ukraine nicht verzichten."
da müsste man jetzt tiefer sich die Geschichte und Intentionen dieser großen weltweiten "Friedenskonferenz" zu Gemüte führen. Es war aber nicht  die Schweiz, die da hinter dem Steuer sass als quasi "treibende Kraft" - sie bot sich als (neutrales) Gastland an, übernahm die Organisation /Logistik und auch die Kosten dieses Events, bemühte sich aber, deutlich zu machen, dass 'sie' es anders gemacht hätten, auch, um nicht die CH  mit einem (absehbaren) bescheidenen Konferenz- Ergebnis zu assoziieren.

Die Initiative (und Agenda) kamen von Selenskyi, es war seine Konferenz, die sich m.E. vorangig an die bislang und zunehmend wenig enthusiastischen Staaten des Globalen Südens  richtete. Druck in handelspolitischen Fragen sollen angeblich vereinzelt auch eine Rolle gespielt haben - schließlich geht es um viele hunderte Milliarden $ die beim in jedem Fall anstehenden Wiederaufbau in kurzer Zeit verausgabt werden müssen .

Mich würde nicht wundern, wenn es zu einer Art Institutionalisierung dieser "Friends of Ukranie" _ Konferenz käme, mit , teilweise, Aufgaben der OSZE /VN, aber eben ohne ein blockierendes Russland. Möglicherweise auch als Rahmen für das, besonders von Baerbock betriebene Sondertribunal (nach Nürnberger Vorbild) zur Verurteilung der russischen Kriegsverbrecher. 

Was an der Konferenz "friedensvorbereitend" sein soll,  kann ich nicht so recht erkennen, sehe darin eher einen Versuch, die 'Reihen' zu festigen, aufkommendem Desinteresse/Kriegsmüdigkeit entgegenzuwirken.

I)ch glaube immer noch, dass der Einfluss der US Wahlen, ein drohendes weiteres Trump - Regnum, im Herbst Bewegung bringen werden. Es geht nur darum, wie man das alles einigermaßen 'gesichtswahrend' über die Bühne bringen kann.

Waffenstillstand,  mit vielen noch weiter zu verhandelnden Punkten (z.B.keine endgültige, völkerrechtlich verbindliche Gebietsüberlassung ).
Dann kommt die volle Konzentration auf den  Wiederaufbau, neues Wachstum, neue Wohlstandsperspektiven (ein kleines Wirtschaftswunder ?), die man sich nicht kaputtmachen lassen will,    währenddessen geht die Zeit ins Land und nichts wird mehr so heiss gegessen, wie es gekocht wurde ... Gibt es in Korea einen Friedensvertrag ? Eben.


 
Edita
Edita
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RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von Edita

Viel Theater um nichts oder um fast nichts! 
Welche Rolle spielte die Schweiz denn bisher in diesem unsäglichen Krieg? 
Keine nennenswerte, von der Flüchtlingshilfe abgesehen, weder eine unterstützende noch eine vermittelnde Rolle, wenn es um Lieferung von Getreide und Austausch von Gefangenen oder Kindern geht, hier haben andere europäische Länder und die arabische Halbinsel bis jetzt die Nase weit vorn! 
Nicht Selenskyj hat gefordert Putin nicht einzuladen, sondern Putin selber 
„habe mehrfach, auch öffentlich, gesagt, daß er kein Interesse an einer Teilnahme an dieser Konferenz hat", hieß es seitens des Außenministeriums der Schweiz! 



Edita

Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von Rispe
als Antwort auf Edita vom 18.06.2024, 13:20:25

Und so redet man also hier von einer „Verhandlungsbereitschaft Putins“ und der fehlenden Bereitschaft Selenskyis, ohne dazuzuschreiben, dass es einer Kapitulation gleichkäme, wenn die Ukraine auf Putins Forderungen einginge.
Dass er sämtliche besetzten Gebiete bereits als russisch erklärt hat und seine Verhandlung darin besteht, dies von der Ukraine anerkannt zu wissen, das muss natürlich große Geister wie deine Vorschreiber nicht weiter stören.
Die stehen darüber, schließlich sind sie ja nicht von den Auswirkungen betroffen.

skys
skys
Mitglied

RE: Friedenspolitik hilft, Kriege zu verhindern
geschrieben von skys

Gestern erwähnte jemand, dass es evtl. auch eine Art Missverständnis ist:
Im Westen versteht man unter Verhandeln die Möglichkeit, miteinander zu reden und z. B. zu einem Kompromiss zu finden.
In Russland, speziell Putin, ist Verhandeln nur ein weiteres Mittel im Krieg, um das Ziel zu erreichen. Es hat gar nicht den Zweck eines Kompromisses, sondern wie schon gesagt wurde, es geht eher darum, dass etwas akzeptiert werden soll.
Also zwei völlig verschiedene Herangehensweisen, wenn ein "Verhandeln" im Raum steht.


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