Internationale Politik Es ist Krieg in Europa

pschroed
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von pschroed
als Antwort auf Karl vom 07.08.2022, 09:40:54

Hoffen wir das Beste für die Ukraine.  Phil.

aixois
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von aixois
als Antwort auf Karl vom 07.08.2022, 08:27:30

@Karl,

ich könnte zurückfragen, ob für Dich die Geschichte Russlands erst mit Putin beginnt, und ob Du meinst, dass Putin Russland ist.

Putin konnte nur zum Putin werden, weil wir den Russen zu verstehen gegeben haben, dass sie , ihr Land, ihre Wirtschaft, ihr System nichts taugen, nicht mit dem Westen mithalten können, Verlierer vor der Geschichte sind. Die Sektkorken knallten in Washington unter dem lauten Jubelgeschrei wegen des Siegs des kapitalistischen Westens über den planwirtschaftlichen Sozialismus.

Wir sahen nicht, oder wollten es bewusst nicht sehen, dass der Zerfall eines historisch gewachsenen ost-europäischen Großreichs verarbeitet werden muss, dass dieser Zusammenbruch  was macht mit einem Volk, das stolz ist auf sich selbst und seine Geschichte, das viele Opfer gebracht hat, um uns vom Joch des Faschismus zu befreien, das sich zurecht zu den Siegermächten rechnen durfte, aber dann vom amerikanischen Präsidenten, stellvertetend für die westliche Wertegemeinschaft verächtlich als nicht ebenbürtige, zu vernachlässigende "Regionalmacht" abqualifiziert wurde.

Hilfen jeglicher Art wurde den ehemaligen sowjetischen Kolonien zuteil, keiner fragte danach, ob nicht auch die Russen mit ihrer am Boden liegenden Wirtschaft eine Art 'Marshallplan' hätten gebrauchen können.  Sie wurden (weitgehend) sich selbst überlassen, eine Zusammenarbeit von der Akzeptanz der Spielregeln des sich als Sieger fühlenden Westens, abhängig gemacht bei gleichzeitiger Stärkung eines Bündnisses dessen erklärter Feind Russland war.  
Die Russen haben das - zumindest für mich, nachvollziehbar - als Demütigung empfunden.

Wer etwas darüber gelesen hat, was Demütigungen machen aus Menschen, sollte sich nicht überrascht zeigen, über Putin und seine imperialen - aus Sicht des Westens - Wahnvorstellungen.

Gedemütigte Menschen glauben entweder an die ihnen vermittelte Minderwertigkeit , werden devot oder servil, depressiv oder apathisch oder aber sie wehren sich , werden ihrerseits aggressiv, schlagen zurück, mit dem Ziel, es dem Demütiger zu zeigen, ihn selbst zu demütigen.
Berufenere im ST hier können das sicher  besser erklären als ich.

Die Russen gehören mehrheitlich zu den Letzteren und haben deshalb Putin auf den Schild gehoben, der tief in alte Geschichtsbücher geguckt hat, um dem Volk die Einbildung alter Größe und der Notwendigkeit der Abwehr weiteren Wertezerfalls als  erstrebenswerte Ziele quasi als Kompensation  für die Demütigungen zu geben.

Putin ist nicht vom Himmel gefallen. Er und seine ihn stützende Zerfallsgewinnlerclique haben das (Macht) Vakuum gefüllt, das die schwachen, weitgehend alleingelassenen Gorbatschow/Jelzins nicht füllen konnten.

Da selbst viele jungen Russen (ob zurecht oder nicht ist dabei ohne Belang) an den 'gestohlenen' Sieg glauben, an das Bemühen des Westens, einen regime change herbeiführen zu wollen, um ihr System den Russen 'aufzudrängen', wird es keinen 'Frieden' geben, auch keinen 'Systemsturz' im Inneren, höchstens die Ablösung (mit oder ohne Gewalt) einer Clique durch eine andere.

Aber vielleicht ist wirklich nur Putin die Ursache allen Übels und wenn man ihn wegschafft, wird alles wieder gut. ?
 


Reinhard Mey, 1994 (auch einer von den naiven 'Putin-Verstehern')

 
Juro
Juro
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Juro
als Antwort auf MarkusXP vom 06.08.2022, 23:58:20

Hallo MarkusXP,
du sagst es, - völliger Quatsch. Hättest auch meine letzten Sätze verlinken können, wo ich das zum Ausdruck bringe.
Da es hier von einigen Usern eingebracht worden ist und Rispe Edita z.B. immer noch darauf verweisen, hat es mich einfach interessiert. 

Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein Putin als enger Freund des Patriarchen von Moskau, ernsthaft zu solchen Spinnern gehört. Der setzt doch nicht die Unterstützung der russischen Orthodoxie aufs Spiel.

Was anderes finde ich da die Einlassung zu den Genen. Man kann ihm hier nur sagen, lass die Finger von Dingen, die du nicht verstehst. Das ist etwas für Wissenschaftler etlicher Fachgebiete, zu denen er nicht gehört. Und eine politische Ableitung eines genetischen Herrschaftsanspruches wäre nun absoluter Humbug. Das haben wir Deutschen in der Vergangenheit schon zu spüren bekommen.

Was mir hier in der Diskussion noch aufgefallen ist, dass Imperium (Großreich) und Imperialismus (Gesellschaftsform des entwickelten Kapitalismus) durcheinnder gebracht werden. Russland ist nicht imperialistischer als die USA oder China oder Frankreich oder Deutschland. Aber es ist imperial wie die USA oder China oder die EU.

Juro


 


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Juro
Juro
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Juro
als Antwort auf Rispe vom 07.08.2022, 09:26:50

Guten Tag Rispe,
bevor du hier so pauschal vom Leder ziehst, solltest du dich mit der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts beschäftigen, insbesondere mit dem britischen kolonialen Imperialismus und dem osmanischen Imperialismus.
Die kamen nämlich in sehr engen Kontakt mit dem zaristischen Russland, kriegerischen Kontakt. und das nicht auf englischem oder türkischem Boden!

Juro

Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Mareike
als Antwort auf aixois vom 07.08.2022, 12:36:21

Deine Ausführungen Aixois kann ich gut nachvollziehen und auch zustimmen.

Gestern fiel mir beim Aufräumen ein Büchlein in die Hand mit dem Titel: "Einigkeit statt Recht und Freiheit - Aachen 1933".
Aachen war nach dem 1. Weltkrieg 11 Jahre lang eine besetzte Stadt, gedemütigt, arm, verlor immer mehr an wirtschaftlicher Substanz. Eine Entwicklung die in den zwanziger Jahren zur Dauerkrise durchschlug.
Am 30. November 1929 ziehen die belgische Truppen ab. Jubel.
Knapp ein Jahr später jubelt Aachen abermals: Hindenburg kam.
Die nächste große Festivität Juli 1933: Hermann Göring berauschte die Stadt.
"Die parteipolitische Zerrissenheit der Bürgerschaft ist ein Alpdruck von gestern ... die Stadt, der Staat, das Reich sind einig, einig, einig."
"Die Stadt in einer wirtschaftlichen Dauerkrise, für viele Bewohner seit einer halben Generation nur Entbehrung, bittere Not; Kleinbürgertum und Mittelstand, die herausragenden Wählerschichten der NSDAP, verarmt bis an den Rand des sozialen Absturzes; die Politiker konzeptlos, Verwalter nur noch der Misere, ein Ausweg nirgendwo in Sicht. Wer sich nicht abfinden wollte mit einer elendigen Aussicht, der konnte eigentlich nur hoffen, dass die Verhältnisse radikal umgewälzt würden."

Wir kennen die weitere Entwicklung zu Genüge ...

Nick42
Nick42
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Nick42
als Antwort auf aixois vom 07.08.2022, 12:36:21
....Putin konnte nur zum Putin werden, weil wir den Russen zu verstehen gegeben haben, dass sie , ihr Land, ihre Wirtschaft, ihr System nichts taugen, nicht mit dem Westen mithalten können, Verlierer vor der Geschichte sind.......
 
Hallo aixois,
der Westen besteht aus offenen Gesellschaften, in denen auch solche Positionen vertreten werden, wie du sie oben anführst. Aber es gibt auch viele, die seit der Auflösung der Sowjetunion Aussöhnung und friedliche Zsammenarbeit mit Russland immer angestrebt haben.

Und durch keine Haltung des Westens ist dieser Angriffskrieg Putins in der Ukraine zu rechtfertigen. Jeder Krieg mit all seinen  entsetzlichen Gräueltaten bleibt die Geisel der Menschheit. Putin hat diesen Krieg ohne Notwendigkeit veranlasst und er ist auch für die Gräueltaten, die Zerstörung und das Leid verantwortlich, da gibt es keine Rechtfertigungen. 

Nick42

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Alkmar
Alkmar
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Alkmar
als Antwort auf Bias vom 07.08.2022, 07:38:55

Guten Tag Bias,

die Evolution schafft etwas, prüft, verwirft oder entwickelt es weiter.
Nach der bisherigen Erfolgsstrategie einen Evolution, wäre die Wahrscheinlichkeit übergroß, dass sich ein Evolutions-Ablauf wiederholen würde.
Meine Sorge wäre allerding, ob dann die Frauen so hübsch wie heute, sein würden... 😄

Einen Neuversuch aber grundsätzlich zu bestreiten, hieße die Evolution selbst zu bestreiten.

Ich bezweifele die Qualitäten eines Erich Kästner nicht, zumal ich ja auch eine Erklärung für seine Destruktivität genannt hatte.
Es war damals Hunger und Not und man kämpfte ums tägliche Überleben.

Aber Du musst zugeben, dass er ja in seinem Denkmodell fortschrittlicher war, als wir es heute sind.
Er sprach von einer "Weltregierung", die anscheinend voller verzweifelter und depressiven Politikern (und Politikerinnen?) bestand.
Menschen, denen ich auch ein juristisches und moralisches Recht absprechen würde, zu morden.
Oder wenn man es christlich betrachtet, "Gottes Werk", zu tun.

Ich habe Kästners Aussagen noch einmal für diese Antwort an Dich angehört und mir ist ein satter Logikfehler aufgefallen.
Es muss ja dennoch jemand oder sogar mehreren gelungen sein zu überleben oder es sind die von mir beschriebenen Menschen Version 2.0? 😉
Das ergibt sich aus den Aussagen des Erzählers, der sich im ja Bericht auf einen in der Vergangenheit liegenden Genozid bezieht. (Ein Flugzeug flog…)

 


 

Michiko
Michiko
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Michiko
als Antwort auf aixois vom 07.08.2022, 12:36:21
Die Russen gehören mehrheitlich zu den Letzteren und haben deshalb Putin auf den Schild gehoben, der tief in alte Geschichtsbücher geguckt hat, um dem Volk die Einbildung alter Größe und der Notwendigkeit der Abwehr weiteren Wertezerfalls als  erstrebenswerte Ziele quasi als Kompensation  für die Demütigungen zu geben.

Putin ist nicht vom Himmel gefallen. Er und seine ihn stützende Zerfallsgewinnlerclique haben das (Macht) Vakuum gefüllt, das die schwachen, weitgehend alleingelassenen Gorbatschow/Jelzins nicht füllen konnten.

Da selbst viele jungen Russen (ob zurecht oder nicht ist dabei ohne Belang) an den 'gestohlenen' Sieg glauben, an das Bemühen des Westens, einen regime change herbeiführen zu wollen, um ihr System den Russen 'aufzudrängen', wird es keinen 'Frieden' geben, auch keinen 'Systemsturz' im Inneren, höchstens die Ablösung (mit oder ohne Gewalt) einer Clique durch eine andere.geschrieben von aixois
In dem link viel gelobten link Was lief schief , vor ein paar Tagen hier in diesem thread mehrfach gepostet, auch von Dir und von mir, sieht Bernd Greiner das etwas anders: 

"(...) Aus dieser Perspektive sind die aus dem Urschlamm russischer Geschichte geschürften Begründungen, die Putin für seinen Krieg gegen die Ukraine zum Besten gibt, nichts weiter als Geschwurbel – das Beschwören einer „russischen Welt“, der vermeintlich innigen Verwandtschaft zwischen „Weißrussen“, „Kleinrussen“ und „Großrussen“ oder der „zivilisatorischen Mission“ Moskaus in Zeiten um sich greifender Dekadenz.

Wer dergleichen für bare Münze nimmt, sitzt einem billigen Ablenkungsmanöver auf. Denn Putin simuliert Stärke, um seine Schwächen zu kaschieren. Die Not eines Regimes nämlich, das auf permanente Vorwärtsverteidigung setzt, weil die gewohnten Pufferzonen entlang der West- und Südgrenzen, landläufig „Cordon sanitaire“ genannt, weggefallen sind. Und weil es auch in drei Jahrzehnten nicht gelungen ist, die Webfehler eines dysfunktionalen Wirtschaftssystems zu korrigieren."
----------------------------

Und warum glauben wohl viele junge Russen an einen "gestohlenen" Sieg? Weil Putins Propagandamaschinerie ihnen das einhämmert, ihnen verspricht, Russland zu alter Größe zu führen, zu Wohlstand und die jungen Leute, die weder eine alte Größe des Landes kennen, noch den Krieg und auch keinen dauerhaften Wohlstand in Russland erlebt haben, glauben ihm das.
Edita
Edita
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Edita
als Antwort auf aixois vom 07.08.2022, 12:36:21

Nein - so kann man eben nicht zurückfragen, also ich würde das nicht tun ............
denn es ist nur 33 Jahre her, daß es in der UdSSR eine kurze Zeit der politischen Sytemumgestaltung gab, der Perestrojka, sie befreite ganz Ost-Mitteleuropa vom Kommunismus, ließ die Mauer fallen und vereinigte Deutschland, setzte dem Kalten Krieg ein Ende und hatte den Zerfall der UdSSR zur Folge.

Perestrojka scheiterte aber an der "politischen Kultur" in Rußland, sie konnte Perestrojka nicht auf Dauer verändern, Rußlands Bürger waren damals und sind es größtenteils immer noch, nach Jahrhundertelangen
Drangsalierungen und Entmündigungen politisch einfach nicht reif oder mündig für solch gravierende Veränderungen.

Putin wurde ganz klar und folgerichtig beim KGB zum Putin und die Schnapsnase Jelzin hat seinen Aufstieg im Kreml "gesichert", denn Putin diente sich an Jelzins Seite ganz "manierlich" und "wohlerzogen", also fügsam hoch, sodaß alle Oligarchen, die im Lande eigentlich das Sagen hatten, ihn für einen Handlanger  Jelzins hielten und ihn 1999 darum zum Nachfolger kürten!
So kam er 2000 an die Macht und wurde 2004
 praktisch konkurrenzlos wiedergewählt.

Ende 2007 stellte man der Öffentlichkeit den „Nachfolger“, Dmitrij Medwedjew, vor, der das Amt für Putin „freihalten“ sollte, der dann für vier Jahre Ministerpräsident wurde.
Ende September 2011 richteten Medwedjew und Putin aus, dass sie im nächsten Jahr ihre Ämter tauschen wollen.
Das war ein, wie wir sagen würden Kuhhandel, der keinerlei Fragen oder gar Unruhe im russischen Volke nach sich zog, daß im Westen so was möglich wäre - unvorstellbar!
Und Putin hat in den letzten 10, 12 Jahren gründlichst dafür vorgesorgt, daß es im Lande keine wirklich unabhängigen politischen Kräfte mehr gibt, die bei Wahlen eine glaubwürdige Alternative darstellen könnten!

Und Du glaubst, daß dieser Mann sich vom Westen
beeinflussen ließe???  Keine Chance!
Dieser Mann hat seine Träume, die er schon als Schuljunge träumte wahr gemacht, indem er  gnadenlos durchgezogen hat, was er als Agent gelernt hat!

Edita
 

pschroed
pschroed
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von pschroed
als Antwort auf Nick42 vom 07.08.2022, 13:24:56

Ich kann mir deinem Beitrag nur anschliessen, es ist immer die Schuld des Westen dass Russland nicht erwachsen wird. Phil.


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