Internationale Politik Es ist Krieg in Europa
Trotzdem könnte die Ukraine ihr Getreide aber noch reichlich exportieren, wenn man sie nur nicht so massiv daran hindern würde, denn ein großer Teil der Weltbevölkerung ist dringend darauf angewiesen.Wenn gerade mal 20 % der Länder mit geringem bzw.unterem Mittelklasse Einkommen Getreide aus der Ukraine bezogen haben, dann kann ich das nicht gerade als einen großen Teil der Weltbevölkerung ansehen. Es sei denn, die Statistik der UN ist falsch, wonach 44 % in Länder hohen bzw. 37 % in Länder der oberen Mitteleinkommenklasse gehen (= 81 %).
Die Kapazitäten des Exports auf dem Landweg wurden erheblich verbessert und könnten , bei guter Organisation, rund 1/3 der Getreeideexporte abführen.
Soweit ich mich erinnere, hat Polen aber immer noch seine Grenzen geschlossen für ukrainische Getreideimporte und erhält weiterhin EU Extrasubventionen , um die polnischen Bauern/Händler für die Billigpreise des ukrainischen Getreides zu entschädigen.
Die Händler scheinen Probleme zu haben, dieses ukrainische Getreide weltweit zu exportieren, weil es sich für die angebotenen Preise nicht lohnt.
Besser, weil profitabler, ist es dann, Mais an die Schweine zu verfüttern.
Da die Ukraine in erster Linie an möglichst hiohen Deviseneinnahmen interessiert ist, weniger an der Bekämpfung des Welthungers, ist dieses Verhalten zumindest nachvollziehbar, wenn auch nicht zu billigen.
Gerade mal 3, höchstens 5 % der Getreidexporte der Ukraine unter dem Getreideabkommen sind in die allerärmsten, am meisten vom Hunger betroffenen Gebiete (Länder) gegangen (Quelle siehe oben).
Was aber viel mehr geholfen hat, war der Preissenkungseffekt durch die (global) höhere Versorgung des Getreidemarkts. Die erwarteten Exportausfälle werden umgekehrt, die Preise weltweit wieder steigen lassen, nicht weil Getreide tatsächlich ein knappes Gut geworden ist, sondern weil mit den Preisen spekuliert wird. Diese Spekulanten sitzen aber nicht am Schwarzen Meer (siehe meinen vorangegangenen Kommentar).
Was oft nicht bekannt ist : Getreide, das fachgerecht gelagert ist, verrottet nicht so schnell (das gilt auch für russischen und ukrainischen Weizen !) kann locker bis zu 20 Jahre und länger auf Lager bleiben (ein paar Katzen braucht es schon wegen der Mäuse ...) , ist also ideal geeignet, um damit Spekulation zu treiben
Das ist eigentlich allen, die ein bisschen Ahnung vom Getreidehandel haben, nichts Neues. Deshalb ist es störend, dieses Thema "Hunger-Spekulation - Getreidemarkt" nur mit (kriegs-) propagandistischem Unterton in der Öffentlichkeit zu diskutieren, so dass beim uninformierten Bürger hängen bleibt, dass die Ursache für die 200 Millionen akut Hungernden im Ausfall der Getreidelieferungen aus dem Schwarzen Meer zu suchen sei.
Es liegt am Preis, nicht an der Menge. Ob man das sehen will oder nicht.
Und wenn man jetzt noch die Frage stellt, wem eigentlich ein hoher Preis besonders von Nutzen ist, wer Verknappungssignale als Spekulationsimpuls brauchen kann, dann ... aber das gehört in einen anderen Faden , nicht hierher.
Rosi - mich verunsichern bei dieser unendlichen Getreide-Angelegenheit mehrere Dinge:
1.) dass Polen,das doch von Anfang an als so grosser Freund und Partner für die Ukraine gesehen wird, sich gegen diese Lieferungen sträubt, weil sich sonst polnische Bauern zu sehr darüber aufregen.
Wie soll das erst gehen, wenn die Ukraine gleichwertiger Partner in der EU ist? Geht dann das Theater auf dieser Ebene weiter?
2.) es ist auch nicht richtig, dass nur die Ärmsten auf der Welt von diesen Getreidelieferungen abhängig sind. Die grössten Abnehmer sind China und Spanien - und beide Länder verwenden das GEtreide als Tierfutter, um den hohen Fleischbedarf in ihren Ländern zu befriedigen.
3.) eine sehr wichtige Rolle wird wieder Herr Erdogan spielen (war beim letzten Mal nicht anders). Putin wird vermutlich bald wieder "grünes Licht" geben, dafür aber auch einiges für Russland verlangen.
Aber alles muss schnell gehen,da sonst das gelagerte Getreide in den Silos verrottet und unwiederbringlich kaputt ist. Olga
Genau genommen, kämpft sie noch nicht einmal um diese Werte im eigenen Land, sondern erst einmal um ihr Territorium, ihre Souveränität, um nach dem Krieg endlich ein demokratisches Land mit den entsprechenden Werten werden zu können.
Dem kann ich nur zustimmen.
Vor einiger Zeit hatte ich mal so am Rande ein Gespräch im Radio mitgehört, ich glaube unter jungen Leuten in bzw.aus der Ukraine. Darunter auch welche , die an der Front waren. Sie sind motiviert, den Russen aus ihrem Land zu schmeissen, ihre Familie, ihre Kinder und Frauen, ihre Häuser, Heimat nicht unter die Russen kommen zu lassen.
"Westliche Werte" , das ist was für das Aussenverhältnis, eben für den Westen, nicht aber etwas, das den Ukrainern in ihren alltäglichen Herausforderungen präsent ist.
Mich hat beeindruckt, was ein US Militärausbilder so um 2017/2018 sagte: die alten Militärs sind zu sehr wie die Russen, sie kann man kaum noch umpolen, 'modernisieren', sie werden nie motivierende Menschenführung lernen.
Für sie gilt Disziplin, absolute Unterordnung, menschenunwürdige Bestrafungen, Herren-Sklaven Beziehungen, das haben sie schon immer erfahren und gelernt, das ist uns völlig fremd, das kriegen wir nicht in den Griff, nicht mehr aus ihnen raus, sie werden nie unser modernes Kriegsmanagement begreifen oder gar praktizieren.
Er regte an, die Ausbildungspogramme sofort ausschließlich auf die Jüngeren abzustellen und deren Anzahl schleunigst zu erhöhen, um für den Angriff der Russen gewappnet zu sein.
Es waren dann diese Offiziere und die von ihnen ausgebildeten Soldaten, die in den USA/UK , DE weiter ausgebildet werden konnten, vor und nach dem Feb 22.
Auch Ungarn wurde ja einst über den grünen Klee gelobt als es sich auf den EU Beitritt vorbereitete, dass es ein Leuchtturm der Freiheit und der Demokratie selbst im Sozialismus gewesen sei, es immer schon westliche Werte hochgehalten habe usw...
Man sah nur die bebildeten, liberalen, freiheitlichen Alten wie Arpad Göncz, Guyla Horn etc. nicht aber die nachrückende Generation, die ihren eigenen (wie sie meinen einzig richtigen) Weg gehen wollten, der aber nicht der westliche Werte Weg sein musste.
Das wird mit der Ukraine nicht viel anders sein, man wirft viele zig Jahre Sozialisation nicht so einfach mal über Bord, nur um etwas zu praktizieren, was man nie vorher gelernt und gemacht hatte.
Ich jedenfalls warne vor überstürzter Eile. Eine nationalistisch-rückwärtsgewandte FIDESZ oder PIS reichen mir , noch mehr kann die ohnehin schon hüftlahme EU nicht verkraften, sei würde überdehnt werden und in ihrer jetzigen Form zerfallen.
Will sagen, was meine Überzeugung seit 1989/90 ist: es braucht mindestens 2 Generationen in einem offenen sozialen Umfeld, um die alten Verhaltensweisen , das alte Denken abzulegen und sich das Neue (auch Werteverständnis) anzueignen, ohne einfach das Vorhandene nur gehorsam zu kopieren (wie das beim Anschluss der DDR erwartet wurde).
@ Olga
@ aixois
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann wurde von den polnischen Bauern aus mehreren Gründen protestiert:
- Die versprochene Finanzhilfe wurde ihnen als Ausgleich vom Staat nicht gezahlt
- Polen sollte nur Transitland auf dem Weg nach Afrika sein
- Ukrainisches Getreide wurde durch illegale Firmen in Polen günstig verkauft
Export-Statistik Getreidelieferung Ukraine
Die Statistiken weichen scheinbar voneinander ab, denn hier sieht die Quelle wieder ganz anders aus, was mich jetzt irritiert.
Danach hätte ja die Türkei, jedenfalls nach dieser Statistik, den größten Anteil erhalten und China und einige Länder in Afrika nur einen kärglichen Rest. Sorry, möchte natürlich nichts Falsches interpretieren.
Rosi65
Die Statistiken weichen scheinbar voneinander ab, denn hier sieht die Quelle wieder ganz anders aus, was mich jetzt irritiert.Ohne in Details zu gehen : das könnte sich dadurch erklären, dass einmal nur der Weizen , das andere mal alles, was unter Getreide läuft erfasst wird auch corn (Mais, der > 40 % der UA Getreide Exporte ausmacht) und sonstige Mischungenu.a. Raps, Sonnenblumenkernöl
UA produziert sogar auch Reis, 1500 kg pro Kopf in 2021 !
Ein weiterer Grund, für mich wichtigerer Grund, ist der Zeitraum: einmal Juli 2022 - Juni 2023 , bei statista / ITC ist es das Kalenderjahr 2022
.
Die UN Daten werden an der Kontrollstelle in der Türkei Schiff pro Schiff auf die Tonne genau erfasst, sie sind für mich daher sehr akkurat.
Was natürlich keiner so auf die Schnelle weiss , was geschieht mit den Exporten , wenn sie im Primärzielland angekommen sind ?
Werden sie als Rohgetreide oder in verabeiteter Form (Mehl; Viehfuttermischungen) in andere Länder exportiert, wieviel verbleibt im Land tatsächlich, erreichen sie die Hungernden ?
Bei mir muss gar nicht zwischen den Zeilen gelesen werden, olga, da kommen ausschließlich verifizierte Fakten auf den Tisch, in einfachen Sätzen formuliert. Vielleicht hätte ich besser vom "richtigen Maß" schreiben sollen, anstatt vom "rechten Maß", was ja auch bei edita bereits zu Fehlinterpretationen führte, aus Sicht der Deutschen Sprache aber das Gleiche bedeutet. Und dieses richtige Maß, angewandt durch eine Bundesregierung, die verantwortungsvoll im Sinne ihre Bürger entscheidet und handelt, das wäre mein Wunsch. Und um beim Beispiel zu bleiben - dass eben nach einer Aufnahme der Ukraine in die EU nicht bei jedem Fingerschnipps des ukrainischen Präsidenten milliarden von Euro nach Kiew transferiert werden, während gleichzeitg hier die Schulen und damit die Bildung vergammeln, Rentner Flaschen sammeln müssen, um über die Runden zu kommen, Mieten nicht mehr bezahlbar werden aufgrund zunehmender Gentrifizierung, ländliche Gegenden verelenden usw.Hier bekommt man einen kleinen Vorgeschmack auf das, was uns nach der Aufnahme der Ukraine in die EU erwarten wird. Forderungen und nochmals Forderungen. Man kann nur hoffen, dass wir spätestens dann eine Regierung haben, die das rechte Maß noch kennt.Tja, Leutnant - bei Ihnen muss "man" zwischen den Zeilen lesen - wenn es um "das rechte Mass" geht.
Momentan jedenalls funktioniert in dieser Hinsicht nicht viel, und die Befürchtung besteht, dass auch nach Beendigung des Krieges für unsere Regierung die Interessen der Ukraine über denen ihreseigen Volkes stehen.
Ich werde jetzt nicht im Detail darüber mit denen diskutieren wollen, die Probleme haben, anderen (Menschen und Staaten) etwas gönnen zu wollen, obwohl sie selbst wohlgenährt und sicher in heimischen Sesseln ihre Zeit verbringen.
Wenn dieser Krieg jemals zu Ende geht, wird dieUkraine völlig zerstört sind; die Menschen hoch traumatisiert,bzw. in anderen Ländern lebend und ein weiteres Leben von vorne beginnen müssen.
Und dabei müssen wir, die wir soviel Glück in unserem Leben haben, helfen mit allem, was uns möglich ist.
Oft denke ichderzeit an die russischen Oligarchen,deren Geldmassen eingefroren irgendwo auf internationalen Banken liegen, aber ihrem Zugriff entzogen sind - und es auch so bleiben wird, wenn nach einem Kriegsende diese Summe dafür verwendet werden, um die Ukraine wieder aufzubauen.
Wann werden diese Oligarchen-Menschen aufbegehren gegen ihren eigenen Präsidenten Putin, weil sie logischerweise diesen dafür verantwortlich machen müssten und dieser ihnen sicherlich nie mehr helfen kann, ihren alten Reichtum wieder herzustellen? KÖnnte das zu einem Ende des Krieges führen, wenn sich Putin auch dieser Macht gegenüber sieht, aber keine Möglichkeiten hat, adäquat darauf zu reagieren? Olga
@ LdR:
Bitte nicht aus dem Auge verlieren; die EU besteht aus 27 Ländern, von denen jedes einzelne ja auch 'mitbezahlen' müsste ... so einfach mit einem 'Fingerschnips' geht das nicht, zumal sich die Bevölkerung jedes Landes sich in Zukunft entscheiden muss, wie nah an seinem Herzen ihm die Ukraine ist bzw. wie hoch die Bereitschaft ist, auf Wohlstand im eigenen Land zu verzichten. Helfen zu "wollen" ist das eine, aber helfen zu "müssen", was anderes.
Bei letzterem kann sehr sachnell die Stimmung kippen und sich auf dem Wählerstimmenkonto niederschlagen. Ob die Neo-National-Konservativen, die derzeit überall aufpoppen, da immer für einen erheblichen Mitteltransfer zugunsten der Ukraine sein werden, das wage ich ganz erheblich zu bezweifeln.
Auch dürften hohe, bislang unbekannte Milliardenbeträge für die Schadensbeseitigungen, die Klimaprävention und -anpassungsmassnahmen zu Buche schlagen, jedes Land für sich, aber auch für die jeweiligen Hilfstöpfe der EU.
Schließlich wollen die Jungen später auch nicht nur Schuldendienst leisten.
Einfach wird das nicht. Für die Ukraine schon mal gar nicht, aber auch für die anderen nicht.
Es gilt, auch und gerade bei Forderungen, unbedingt diplomatisches Gespür walten zu lassen (das mir in der Ukraine nicht immer im Überfluss vorhanden zu sein scheint) und zu erkennen, wo die Stimmung zu kippen droht, wo aus einer Bitte beim Empfänger Erpressung verstanden wird. Geschähe dies, wäre das im Interesse von keiner Seite.
Aufnahme in die EU
Es kommt unter vielen Dingen meiner Meinung nach darauf an, wer eine schnelle Aufnahme wünscht, ob sie gut von den Aufnehmenden sowie den Aufnahmebereiten durchdacht wurde und ab wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Leider spielen dann auch außenpolitische Entwicklungen eine rolle und können zu vorschnellen schwer korrigierbaren Entscheidungen führen.
Du schriebst vom Anschluss der DDR an die BRD. Es wäre nicht die schlechteste Idee gewesen, für eine gewisse Zeit noch zwei Staaten nebeneinander existieren zu lassen.
Für mich gehört, (vielleicht sollte man nun schon "gehörte schreiben), also gehörte die „Zweigeteiltheit“ der Ukraine dazu, den Prozess der Aufnahme nicht mit übereilten Erwartungen zu starten – östlich und westlicher zugewandt, eingebettet in weitere Problemen. Zu spät.
Hinter gesellschaftliche Prozesse zu steigen, Entwicklungen zu erkennen ist schwer, da es um Menschen geht, um subjektives Erleben, subjektive Abbildungen der Außenwelt und je nach Mensch/ Menschengruppe/Generation sowie werden Entwicklungen anders gesehen, anders bewertet werden, andere Schlüsse gezogen.
Bereits den Menschen an sich als Individuum zu verstehen schon das ist schwer, bis ins Detail vielleicht sogar unmöglich.
Ergänzend zum Getreide:
Es sind 5 Länder der EU, die auch weiterhin kein Getreide aus der Ukraine für sich mehr importieren wollen. Natürlich ist man dort verärgert darüber, spricht von „Diskriminierung“ und hält sich „Gegenmaßnahmen“ vor. Ich frage mich, welche da in Betracht kämen.
(Und sofort fällt mir Herr Wallace wieder ein, der mit dem „Amazon-Spruch“.)
Warum weigern sich Länder gegen die Importe (Getreide und Lebendmittelprodukte: Eier, Wein, Gemüse, Fleisch u.a.)?
1. Zollfreiheit ukrainischer Importe
2. preiswerte Vorräte an ukrainischem Getreide innerhalb der EU, weil es
3. beim Transit hängenbleibt
All das behindert den Verkauf und drückt die Preise einheimischen Getreides.
Polens Meinung: Es sei die Pflicht eines jeden Staates auch die Interesse seiner Bürger zu schützen. So unrecht hat man mit dieser Aussage nicht. Die Solidarität hört auf, wo sie zunehmend den eigenen Bürgern Probleme macht, im Getreidefall sind es die Bauern.
Reinhard Mey, Hannes Wader, Konstantin Wecker: Es ist an der Zeit
"Stell dir vor, es ist Frieden, und jeder geht hin!“ Mit dem Song WIR ZIEHEN IN DEN FRIEDEN ruft Udo Lindenberg zu einer neuen Friedensbewegung auf! Denn: „Utopien sind zum Vorverlegen da! - Kinder werden nicht als Rassisten und Kriegstreiber geboren, sie sind unsre Hoffnungsträger für eine friedliche Welt, die nur durch konsequente Abrüstung incl. weg mit dem ganzen Atomraketenschrott zu erreichen ist. Ich hab das Wort Abrüstung schon lange nicht mehr gehört, aber das liegt ja auch nicht im Interesse der Rüstungsindustrie, also wozu sind Kriege da? - damit sie noch mehr ihren schmutzigen Profit machen können.“ (Udo Lindenberg)