Internationale Politik Es ist Krieg in Europa

MarkusXP
MarkusXP
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von MarkusXP
als Antwort auf olga64 vom 15.02.2023, 16:59:44
Ich empfehle allen Interessierten, den sehr langen Aufsatz des Herrn Habermas in der heutigen SZ zu lesen, sich dafür aber Zeit zu nehmen, weil man viel Konzentration bei den Erkenntnissen dieses deutschen Intellektuellen benötigt.
Ich habe es auch erst insoweit gelesen, dass ich ungefähr glaube zu wissen, worum es Herrn Habermas hier geht. Aber es ist für mich erforderlich, diesen Beitrag noch mindestens 1 - 2 x auf mich einwirken zu lassen.

 
Ich habe den Aufsatz von Habermas gelesen! Das sind ausgesprochen interessante Gedanken, die er sich da gemacht hat! Ich bin von seiner Sichtweise sehr angetan, fast angerührt! Man muss es in der Tat konzentriert lesen! Der Gedanke, dass wir da in etwas "hineinschlittern" ist mir auch schon gekommen ... "Die Ukraine darf nicht verlieren!" hört man von allen Seiten ... aber wie sieht dieses "Nicht-Verlieren" denn konkret aus? Der Artikel ist wirklich lesenswert!

Der Kommentar dazu aus der Ukraine ist da eher niederschmetternd! Sinngemäß: Nun machen die Deutschen Intellektuellen auch schon die Sache des Kreml! Jeder, der eine, von der  Ukrainischen Lesart abweichende Meinung hat, macht automatisch die Sache Putins! Das hat mich fast entsetzt!

Wenn die Ukraine auf Gedeih und Verderb dabei bleibt, Gespräche erst führen zu wollen, wenn die Russen vollständig von ihrem Staatsgebiet verschwunden sind, dann ist dieser Krieg endlos! ... unabhängig davon was Russland aktuell dazu sagt! 

Habermas ist der Meinung, dass wir, bei einer Andauer des Krieges, in eine Situation geraten könnten zu entscheiden, entweder

"in einen ersten Weltkrieg mit atomarer Bewaffnung der Kriegsparteien zu geraten, oder aber, die Ukraine ihrem Schicksal überlassen zu müssen!"

Tatsache ist bedauerlicherweise, dass keine der Kriegsparteien aktuell Verhandlungsbereitschaft zeigt!

Meine Vermutung jedoch: wenn die erste Partei Verhandlungsbereitschaft signalisiert, dann ist zweite Partei auch dazu bereit! Nur ... wenn keiner den Ersten Schritt tut, laufen wir in ein Desaster, und zwar möglicherweise nicht nur die direkten Kriegsteilnehmer!
MarkusXP



 
Leutnant_der_Reserve
Leutnant_der_Reserve
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Leutnant_der_Reserve
als Antwort auf Edita vom 16.02.2023, 10:24:04
 
Eine Korrektur Deiner Behauptung, die Du weiter oben noch mal wiederholt hast!

" Einerseits ist es richtig, dass die Bevölkerung im Gebiet der DDR in deutlich höherem Maße für die Folgen des vom Deutschen Reich entfesselten zweiten Weltkriegs aufkommen musste.
Ihr Anteil liegt mit fast 40 Prozent deutlich über dem Bevölkerungsanteil von knapp 28 Prozent oder dem Anteil am Volksvermögen von gut 28 Prozent. Andererseits ist es falsch, dass sich das Verhältnis auf 98 zu 2 beläuft."           Quelle


Edita
Sehr gute Quelle! Die Zahlen, die Hr. Merkel hier aufgeführt hat, sind in ihrem Verhältnis gut nachvollziehbar. Im Blick hatte ich unter der Rubrik "Reparationszahlungen" bisher ausschließlich Demontagen, Beute und vor allem die Dauerlieferungen an die UdSSR. Weniger bspw. die Besatzungkosten, welche in die Berechnungen mit eingehen. Insgesamt korrigiert das Zahlenmaterial mein Bild ein wenig, wenngleich die Mehrbelastung der DDR im Vergleich zur BRD damit dennoch bestehen bleibt.
 
Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Anna842
als Antwort auf Der-Waldler vom 16.02.2023, 15:05:22

DW, ich habe dich schon richtig verstanden.
Ich habe es nochmals genauer geschildert, um klar zu machen, wie
unerträglich zynisch besagter Satz der " Sozen " war, angesichts der
Realität, in der wir uns befanden.
Nach einem Jahr hatte sich unsere Klasse bereits halbiert.
Was nicht verwundert, wenn man sich mit diesen Bedingungen befasst.
Ich habe keinesfalls ein Loblied auf die "Sozen" gesungen. Im Gegenteil.
Betrifft nicht dich, sondern andere.

LG. Anna


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olga64
olga64
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von olga64
als Antwort auf MarkusXP vom 16.02.2023, 16:14:10
Der Kommentar dazu aus der Ukraine ist da eher niederschmetternd! Sinngemäß: Nun machen die Deutschen Intellektuellen auch schon die Sache des Kreml! Jeder, der eine, von der  Ukrainischen Lesart abweichende Meinung hat, macht automatisch die Sache Putins! Das hat mich fast entsetzt!

Habermas ist der Meinung, dass wir, bei einer Andauer des Krieges, in eine Situation geraten könnten zu entscheiden, entweder

"in einen ersten Weltkrieg mit atomarer Bewaffnung der Kriegsparteien zu geraten, oder aber, die Ukraine ihrem Schicksal überlassen zu müssen!"

Tatsache ist bedauerlicherweise, dass keine der Kriegsparteien aktuell Verhandlungsbereitschaft zeigt!

Meine Vermutung jedoch: wenn die erste Partei Verhandlungsbereitschaft signalisiert, dann ist zweite Partei auch dazu bereit! Nur ... wenn keiner den Ersten Schritt tut, laufen wir in ein Desaster, und zwar möglicherweise nicht nur die direkten Kriegsteilnehmer!
MarkusXP

 
Ich habe mir den Habermas-Aufsatz vergangene Nacht "vorgenommen" und auch mir bleibt vor allem der von Ihnen markierte Satz sehr im Gedächtnis.
Die Lieferung von Waffensystemen, Waffen und Munition in immer stärkerem Umfang hängt aber auch damit zusammen, dass bereits gelieferte und im Einsatz befindliche logischerweise in einem Krieg zerstört werden und dann Nachschub erforderlich ist.
Ausserdem dürfte es Russland gezielt darauf abgesehen haben, diese westlichen WAffenlieferungen zu zerstören und dies vermutlich oft schon auf dem Transport in die Ukraine.
Und wie lange und inwieweit  der sog. Westen dies noch akzeptiert, bzw sich leisten kann, dürfte die schwierigste Frage derzeit sein - für eine Problematik, die Russland nicht hat: weder bei Waffensystemen, Munition noch Menschenmaterial.

Auch bei Habermas kann man gut erkennen - wie bei allen, die sich ernsthaft mit diesem Krieg beschäftigen - dass aktuell keine Verhandlungsbereitschaft der kriegführenden Parteien vorhanden ist, ebenso wenig wie die klare Definition der Kriegsziele.
Aber über den Gedanken, dass dadurch die waffenliefernden westlichen Staaten - insbesondere die USA - Einfluss nehmen müssen, um eine Verhandlungsmöglichkeit (und/oder bereitschaft zu forcieren) denke ich seit gestern viel nach. Und Herr Habermas hat m.E. auch hier recht, wenn er in Bezug auf eine Einmischung der USA explizit zu Verhandlungsmöglichkeiten meint, dass das schnell gehen müsste. Die USA befinden sich in Kürze wieder im Wahlkampf und haben darüberhinaus weitergehende Probleme, wie zB. ihr Verhältnis zu China usw.
Ein neuer Präsident in den USA - evtl. von den Republikanern - dürfte das Verhältnis des Landes zu diesem europäischen Krieg stark verändern. Darauf müssen wir uns alle gefasst machen - auch in der Ukraine.
Olga
Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Rispe
als Antwort auf olga64 vom 16.02.2023, 17:31:42

Liebe @Olga,
natürlich können wir heute nicht genau wissen, welche Folgen unsere Waffen- und erst recht Panzerlieferungen mal haben werden, das wird irgendwann die Zukunft erweisen.
Ich bin da auch manchmal ratlos, und ich denke, man muss sich eingestehen, dass es eine Entscheidung immer zwischen Skylla und Charybdis ist, will sagen: Jede Enscheidung ist mehr oder weniger falsch, die, Waffen zu liefern, aber auch die, keine zu liefern, weil jede dieser Entscheidungen zu Schlechtem führt. Die Waffenlieferungen führen natürlich zu mehr Toten, da sollten wir uns gar nichts vormachen. Aber fehlende Waffenlieferungen würden Russland helfen, die Ukraine schneller zu besiegen und zu unterwerfen, was ist nun schlimmer?

Ich weiß es letzten Endes auch ncht ganz genau, und wir alle können es nicht ganz genau wissen, denke ich. Vorerst bin ich aber immer noch der Meinung, dass man die Ukraine nicht einfach abschlachten lassen soll, sondern ihr helfen muss. Man darf die Russen nicht einfach weiter wüten lassen ohne genug Gegenwehr, das war schon viel zu lange so, als in der Ostukraine 2014 alles begann und man hier nur zugeguckt und ein nutzloses Abkommen (Minsker Abkomen) ausgehandelt hat, an das sich niemand gehalten hat. Schon da konnten die Russen mit zu wenig Gegenwehr ihre Macht da weiter ausbauen und die Ukrainer teilweise unterwerfen, auch mit der Krim-Annexion, die sie sich durch betrügerische Machenschaften unter den Nagel gerissen haben.
Damals hat man gesehen, wohin das führt, wenn man der Ukraine nicht hilft.
So sehe ich das jedenfalls zur Zeit noch, ich weiß nicht, ob sich das mal ändert.

Hier noch ein interessanter Artikel von einem berühmten russischen Schriftsteller, den ich vor einiger Zeit mal in der SZ gelesen habe, ist nicht ohne weiteres abrufbar, aber man kann sich kostenlos anmelden: Sorokin: "Wir sind alle schuldig, natürlich"

Karl
Karl
Administrator

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Karl
als Antwort auf Anna842 vom 16.02.2023, 10:54:42

Off topic

@Anna842,

diese Erfahrungen sind schon interessant und auch glaubhaft. Ich weiß, dass meine 9 Jahre ältere Schwester sich immer über die Benachteiligung der Mädchen und jungen Frauen aufgeregt hat, sie durfte auch nicht das Gymnasium besuchen, weil sie ein Mädchen war.

Karl

 


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olga64
olga64
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von olga64
als Antwort auf Rispe vom 16.02.2023, 18:33:31

Danke liebe Rispe (den Artikel kenne ich!).

Keiner hat eine seriöse Antwort - aber auch diejenigen nicht ,die jetzt dieses "Manifest" ins Leben gerufen haben und zwar in teilweise sehr zweifelhafter, personeller Zusammensetzung.
Der erste Satz lautet, dass die Russen die Ukraine überfallen haben - aber dann geht es weiter,d ass man die Ukrainer allmählich ihrem eigenen Schicksal überlassen soll (nicht ganz wortgetreu aber dem Sinn nach von mir zitiert).
Das übersetze ich  so,dass wirendlich unsere Ruhe wieder haben wollen und dann zu so fadenscheinigen Manifesten aufrufen -ist auch erfolgreich: c 500.000 Leute haben wir schon unterschrieben.

Da ist mir dann doch ein zwiespältiger Philosoph wie Herr  Habermas lieber, aus dem ich lesen kann, wie zerrissen er selbst ist trotz seines sehr langen Lebens und aller Intellektualität. Olga

Rispe
Rispe
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Rispe
als Antwort auf olga64 vom 16.02.2023, 18:42:52

Diese Unterschriftenaktion finde ich geradezu lachhaft und ungeheuer naiv, ganz gleich, was für namhafte Personen da unterschrieben haben. Die sitzen da in ihren sicheren Zimmern im Warmen und maßen sich an zu wissen, was hier Richtig und Falsch ist.
Ich zitiere mal aus einer Mail, die ich gerade an einen Bekannten geschrieben habe:

Im Grunde genommen verlangen die, dass die Ukraine sich ihrer Besatzung unterwirft, auch wenn sie es abstreiten, aber zu nichts anderem würde es führen, wenn denen die Waffen ausgingen. Ganz abgesehen davon glaube ich nicht, dass der Krieg dann zu Ende wäre. Dann wäre sehr schnell das Land russisch, und die Sieger würden ihre Morde und Bombardierungen, Vergewaltigungen, Kindesentführungen etc. nicht stoppen, sondern im Gegenteil das ganze Land einnehmen und dann vielleicht auch noch in die umliegenden Länder vorstoßen, wenn man sie einfach so lässt und gewissermaßen belohnt für ihren völkerrechtswidrigen Krieg. So traurig das ist, aber unter diesen Umständen haben deren Forderungen meiner Meinung nach nichts mit Pazifismus zu tun, sondern eher mit politischer Blindheit. Es ist einfach, Pazifist zu sein, wenn man nicht angegriffen wird, für mich heißt Pazifismus, dass ich Angriffskriege ablehne, aber nicht, dass ich die Verteidigung gleichermaßen ablehne. Diese Leute, die da unterschrieben haben, tun das von ihrem sicheren Schreibtisch aus, kein Ukrainer würde ihnen zustimmen, die ganze Bevölkerung steht dahinter, dass sie nicht aufgeben will. Ich finde es geradezu anmaßend, wenn wir von unserer sicheren Warte aus meinen, denen diktieren zu dürfen, was sie zu tun und zu lassen haben.

Edita
Edita
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Edita
als Antwort auf Karl vom 16.02.2023, 18:36:37
Off topic

@Anna842,

diese Erfahrungen sind schon interessant und auch glaubhaft. Ich weiß, dass meine 9 Jahre ältere Schwester sich immer über die Benachteiligung der Mädchen und jungen Frauen aufgeregt hat, sie durfte auch nicht das Gymnasium besuchen, weil sie ein Mädchen war.

Karl

 
geschrieben von Karl

Weil das „Bildungssystem“ es nicht hergegeben hat? 
Das trifft aber für NRW zur damaligen Zeit nicht zu, wenn es sowas gab, dann kam das von zuhause, weil sich dort das Klischee vom „ Schule brauchen Mädchen nicht weil sie eh bald heiraten und Kinder kriegen“ hartnäckig verfestigt hatte, ich ging sogar auf ein reines neusprachliches Mädchengymnasium in Dortmund. 


Edita
 
Karl
Karl
Administrator

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Karl
als Antwort auf Edita vom 16.02.2023, 18:53:30

Nein, das war nicht das Schulsystem, das wäre gegangen, es war die familiäre Tradition, in der unsere Eltern standen.

Karl


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