Internationale Politik Es ist Krieg in Europa

schorsch
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von schorsch
als Antwort auf olga64 vom 24.11.2022, 17:48:27

Hättest du, wenn du damals schon gelebt hättest, geglaubt, dass Hitler eine Deutsche Radiostation an der Grenze zu Polen, von in polnische Uniformen gekleideten deutschen Soldaten überfallen würde -, um nachher die bereits vorher eingeübten Worte in das Mikrofon zu schreien: "Von heute an wird zurückgeschossen!"?

Wilfrid45
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Wilfrid45
als Antwort auf schorsch vom 25.11.2022, 09:13:51
Schorsch; zur kleinen Korrektur - noch Perfider war es,  KZ-Häftlinge wurden in diese Uniformen gesteckt!
aixois
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von aixois
als Antwort auf olga64 vom 24.11.2022, 19:16:10

Weil dem so ist, weil Kriege grausam sind, inder Praxis weitgehend unreguliert und außerhalb des normalen Rechtsrahmens und Rechtsgefühls stattfinden, war und bin ich gegen (jeden) Krieg.
Das wird mir als naives Gutbürgertum vorgehalten. So what. Der Krieg als alternativlos und deshalb 'dauerhaft' bis zum Sieg - wenn auch teilweise widerwillig - hingenommen, gar akzeptiert.
Gibt es einen Krieg, der nicht ohne Grausamkeiten, ohne blutiges Morden, ohne Unmenschlichkeiten ... daherkommt ?
Selbst die Legende von der 'sauberen ' deutschen Wehrmacht wurde - zwar sehr spät, aber immerhin - letztlich als feiges, weil nicht zur  Verantwortung stehendes Narrativ der Vertuschung  entlarvt.

Auch mich macht immer wieder erneut die Perversionsgewalt des Kriegsalltags betroffen.
Aber jeder Tag macht die grausame Bilanz der Schäden und Verluste an Leib und Leben länger. Dreht die Gewaltanwendung, die Bereitschaft kein 'Pardon ' zu geben, es den jeweils anderen heimzuzahlen, die Gräueltaten zu rächen, um eine Umdrehung weiter. Fortgesetztes Kriegshandeln, verringert nicht das Schreckliche, sondern macht es nur noch schrecklicher. Es gibt wohl kaum noch eine Familie in der Ukraine, die nicht unmittelbar betroffen wäre.
Das bedeutet,  dass ein Verständigungsfrieden in immer weitere Ferne rückt, wenn nicht gar unmöglich wird, ein Ende des Kriegs erst dann eintritt, wenn einer 'tot' oder kampfunfähig am Boden liegt - ein 'Siegfrieden' in dem der Keim des Revanchismus, des Revisisonismus angelegt ist und der eine 'Kohabitation', ein miteinander Auskommen auf Generationen hinaus nicht vorstellbar macht.

Ich habe es bereits angedeutet: das wird die EU vor eine Zerreissprobe stellen, von der nicht sicher ist, dass sie die Spannungen in ihrem jetzigen Zustand aushält.

Eins sollte aber so langsam (am besten so schnell wie möglich) in das Bewusstsein dringen, gerade für uns, für Deutschland als leistungsfähigsten Mitgliedsstaat wird das sehr, sehr teuer werden und der Lebensstandard wird sinken, ein Großteil unserer Abgaben wird in die Rüstung gehen oder für den Wiederaufbau und hohe Finanzhilfen für die in die EU/NATO strebenden Länder(z.B. Balkan, Türkei, Kaukasus) verwendet werden müssen.
Von den Folgekosten des Klimawandels gar nicht zu reden.

Das Paradoxe ist doch, dass auch wir auf jeden Fall verlieren werden, auch wenn wir den Krieg gewinnen sollten.

 


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aixois
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von aixois
als Antwort auf schorsch vom 25.11.2022, 09:13:51

Hättest du, wenn du damals schon gelebt hättest, geglaubt

... aber von den damals Lebenden hat auch so gut wie keiner wirklich geglaubt, dass die Polen Deutschland angegriffen, den Radiosender Gleiwitz  im Handstreich besetzt hätten, um polnische Programme auszustrahlen und an vielen Stellen die deutsche Grenze überschritten hätten.

Der Krieg lag in 'der Luft'. Das 'Unternehmen Tannenberg', der Angriff auf die Länder des Ostens, ging ja nicht ohne den großen Aufwand der Mobilisierung der Wehrmacht, staatlichen Kommandostellen und Teilen der Wirtschaft vonstatten. 
Und das haben alle mitgekriegt und mehrheitlich gutgeheissen.
Da spielte es keine Rolle, ob Gleiwitz fingiert war oder nicht. 

Das war Propaganda pur, in erster Linie für die ausländischen Nachrichtenorgane.
Bias
Bias
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Bias
als Antwort auf aixois vom 25.11.2022, 11:52:37
. . . . .
Eins sollte aber so langsam (am besten so schnell wie möglich) in das Bewusstsein dringen, gerade für uns, für Deutschland als leistungsfähigsten Mitgliedsstaat wird das sehr, sehr teuer werden und der Lebensstandard wird sinken, ein Großteil unserer Abgaben wird in die Rüstung gehen oder für den Wiederaufbau und hohe Finanzhilfen für die in die EU/NATO strebenden Länder(z.B. Balkan, Türkei, Kaukasus) verwendet werden müssen.
Von den Folgekosten des Klimawandels gar nicht zu reden.
Das Paradoxe ist doch, dass auch wir auf jeden Fall verlieren werden, auch wenn wir den Krieg gewinnen sollten.
geschrieben von aixois
Solange die Erzählung vom „reichen, leistungsfähigen Deutschland“ aufrechterhalten wird, aufrechterhaltbar ist, Aixois, so lange mag das gültig sein.
Eine ehrliche, vergleichende Bilanz, könnte Überraschendes offenbaren.

Was Soldaten, Kriege und saubere Kriegsführungen angeht, vermute ich, dass unterschiedliche Sichtweisen unterschiedliche Einsichten zeitigen.
Soldaten unter Beschuss werden – wenn sie das Verrecken rund um sich herum wahrnehmen oder wahrgenommen haben – sich mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Thema anders nähern als wir hier im Forum.
Nicht zufällig wird sein, dass so viele deutsche Teilnehmer am WK II – im Gegensatz zu gängigen Behauptungen (Opa erzählt wieder vom Krieg) – gar nicht oder nur äußerst ungern über das reden, was sie an den Fronten gesehen und erlebt haben.

Vorm Urteil eine Meile in den Mokassins jener zu gehen, die wir meinen gültig beurteilen zu können,
rät ein alter nordamerikanischer Spruch.

Komm gut durch den Tag und ins Wochenende.
pippa
pippa
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von pippa
als Antwort auf aixois vom 25.11.2022, 11:52:37

Danke, lieber aixois!

Es gibt  k e i n e n  gerechten Krieg, möchte ich noch ergänzen.
Pippa


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aixois
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von aixois
als Antwort auf Bias vom 25.11.2022, 12:12:54

Vorm Urteil eine Meile in den Mokassins jener zu gehen, die wir meinen gültig beurteilen zu können, rät ein alter nordamerikanischer Spruch.
 


Ich weiss jetzt nicht, welches "Urteil" da gemeint ist.

Nicht das Gehen ist das Problem, sondern zuzugeben, dass man Winnetous Latschen angehabt hat, hat anhaben müssen.
Damit wir nicht aneinander vorbeischreiben, ich verachte den Krieg und diejenigen, die ihn veranlassen, nicht die Soldaten, die dabei etwas tun , was sie - bis aus Ausnahmen-  nie tun wollten, etwas was sie im 'Innern' verletzt und ein Leben lang nicht mehr los lässt.
Bias
Bias
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Bias
als Antwort auf aixois vom 25.11.2022, 12:30:53
Ich weiss jetzt nicht, welches "Urteil" da gemeint ist.
Nicht das Gehen ist das Problem, sondern zuzugeben, dass man Winnetous Latschen angehabt hat, hat anhaben müssen.Damit wir nicht aneinander vorbeischreiben, ich verachte den Krieg und diejenigen, die ihn veranlassen, nicht die Soldaten, die dabei etwas tun , was sie - bis aus Ausnahmen-  nie tun wollten, etwas was sie im 'Innern' verletzt und ein Leben lang nicht mehr los lässt.
geschrieben von aixois
Lass uns gemeinsam weiter Kriege verachten und zurückhaltend bei der Beurteilung der Teilnehmer an den Fronten sein.
Möglicherweise hilfts.

Was Urteil angeht: Ich schrieb „wir hier im Forum“ ; tats nicht von ungefähr aus der Erinnerung heraus.
schorsch
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Wilfrid45 vom 25.11.2022, 10:51:11

Danke für die Zusatz-Information.

Auch diese werde ich in einem meiner Hirnschublädchen speichern.....

Juro
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Juro
als Antwort auf pippa vom 25.11.2022, 12:21:19

Hallo Pippa,

oh doch, die Politik kennt gerechte Kriege. Das sind z.B. Befreiungskriege. Aber: Kriege mögen gerecht sein, Kriegshandlungen sind es nicht immer, egal von welcher Seite. 
So betrachtet waren zunächst alle bewaffneten Bewegungen kolonisierter Völker zur Befreiung von Kolonialismus und Sklaverei gerechte Bewegungen. Betrachten wir diese als gerecht, dann waren alle Länder, die Kolonien ergaunert oder erobert hatten, ungerechte Seiten dieser Kriege. Wir europäischen Industrienationen waren das. Auch die lateinamerikanischen Befreiungsbewegungen und Revolutionen zählen nach dieser Betrachtungsweise zu den gerechten Bewegungen. Die Konterrevolutionären Handlungen der USA hingegen dann zu den ungerechten Maßnahmen. (Cuba Guatemala, Nicaragua und nun auch Venezuela.) Kannst auch Vietnam noch mit hinzu nehmen. Taiwan litt Jahrzehnte unter einer Zwangsherrschaft der Kuomintang, der Nationalchinesischen Armee also, die hier ihren letzten Rückzugsraum hatte. Die Taiwanesische Befreiungsbewegung wurde äußerst blutig unterdrückt. Erst in den 1990er Jahren änderte sich das innere politische Kräfteverhältnis, so dass demokratische Reformen möglich wurden. 
Auch die Taliban in Afghanistan begreifen sich als Befreiungsbewegung gegen ausländische Invasoren. Dass sie eine andere Terrorherrschaft nach innen installieren, ist der ungerechte Teil ihrer sogenannten Befreiung.

Die Französische Revolution hat das Volk befreit von der absolutistischen Monarchie. Also waren die Aufständischen auf der gerechten Seite. Um ihre Macht aber zu erhalten, entschlossen sie sich, den Adel physisch zu beseitigen. Und die Lakaien gleich mit.

Alles hat zwei Seiten. Auch zwei Seiten der Betrachtung. 

Juro


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