Internationale Politik Es ist Krieg in Europa

Karl
Karl
Administrator

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Karl
als Antwort auf Der-Waldler vom 01.11.2022, 10:12:14

@der-waldler,

nein, mein Beitrag ist allgemein gehalten und ging nicht nur an Dich. Ich  bitte auch darum, nichts hinein zu interpretieren, was dort nicht steht.

Ich negiere Armut in Deutschland nicht, obwohl Aussagen wie, dass bei uns eine Deindustrialisierung stattfände als unsäglich alarmistisch  und falsch empfinde (@Tina1 ). Unsere Wirtschaft ist im letzten Quartal um 0,3% gewachsen.

Deutschland wird - das habe ich eben mit Daten aus Zeit.de im Gasthread belegt - gut durch den Winter kommen, auch wenn eine solche pauschale Aussage nur statistische Bedeutung hat und das Elend Einzelner nicht ausschließt.

Karl

pschroed
pschroed
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von pschroed
als Antwort auf Tina1 vom 01.11.2022, 11:37:56
%
Lieber Phil. das alles ist aber nun nicht mehr gesichert, sondern gefährdet. Genau das ist ja das Problem. Für Deutschland geht es bergab und dann fehlt all das Geld, mit was man bis jetzt unterstützen konnte.
Schönen Dienstag.
Tina
Liebe Tina, im Moment sieht es zahlenmässig noch nicht so schlimm aus, ausser einem Steuereinbruch von 9%. Anders könnte es kommen bei einem kompletten  Gas-Ausfall , vertrauen wir auf die DE Politik, dann wäre die ganze EU betroffen, aber irgendwann wird auch dieser Kelch vorübergezogen sein.  Phil.
aixois
aixois
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von aixois
als Antwort auf Der-Waldler vom 01.11.2022, 09:03:52
Lieber DW,

ob bewusst oder unbeabsichtigt,  schneidest Du am Rande in Thema an, das nicht nur mich seit geraumer Zeit (wieder mal) beschäftigt: gibt es eine Relativierung der Betroffenheit, des Mitgefühl , der tätigen Hilfe für Menschen, die in Not sind. Gibt es eine Klassifizierung von Leid und Not ?

Ein heisses Eisen, ich weiss.

Mich hat eine jüngst gemachte Äußerung einer Dame aus der Ukraine erneut darauf gestossen, als sie sagte " ihr Deutschen in euerem Wohlstand jammert, wenn ihr die Heizung etwas reduzieren sollt, wir Ukrainer haben aber gar kein Heizung, kein Dach über dem Kopf ... !"

Das klang - berechtigterweise wie ich finde - recht anklagend, vorwurfsvoll. Kann aber auch so verstanden werden, dass wir diesen Krieg nicht genug als 'unseren' Krieg verstehen (wie das der zunehmende Trend der öffentlichen Meinung nahezulegen scheint), dass wir nicht genug 'Opfer' bringen, Hilfe verweigern oder nur verpätet, zu zögerlich leisten, uns nicht in dem Masse solidarisch verhalten, wie das von der Ukraine erwartet wird (wobei Anklänge an deutsche Schuld und damit einhergehend Wiedergutmachungserwartungen wegen der Schäden des WK II nicht fehlen).

Die Frage an der ich knabbere: hätte ich darauf etwa entgegnen können, dass ich Menschen in Not- Situationen erlebt habe, menschliches Leiden, das es auch heute noch gibt, tagtäglich, die denen in der Ukraine vergleichbar sind, die aber weitgehend ihrem Schicksal überlassen werden, kaum Hilfe bekommen, denen es also noch schlechter geht  ? 
Kann es also sein, dass diesen Menschen- wenn wir ihre Not überhaupt wahrnehmen -  weitaus weniger Hilfe, weniger Mitleid, weniger mediale Aufmerksamkeit zuteil wird ?

Warum werden z.B. Flüchtlinge aus der Ukraine im Vergleich zu anderen bevorzugt  behandelt ?
Warum werden z.B. in Polen Flüchtlinge aus der Ukraine willkommen geheissen und gerne aufgenommen, andere aber mit Gewalt abgewiesen ?

Warum ist das so ? Warum ist menschliches  Leiden  'teilbar' und damit auch die Menschenrechte ?
Ist Solidarität eine Variable, abhängig von der Entfernung zum Ort des Leidens (Krieg in Europa vs. Krieg im Yemen oder am Horn von Afrika) , oder gar von der Religion, Rasse, Geschlecht, Alter usw. Gibt es so etwas wie abgestufte Diskriminierung oder Ungleichbehandlung trotz des Anspruchs unser Handeln nach einer regelbasierten  Werteordnung auszurichten ? Was ist dabei Schein, was Wirklichkeit ?

Flüchtlinge, Migration, Klimafolgen, Pandemien ... diese Soldiaritäts-Frage wird üblicherweise beantwortet mit: wir können uns doch nicht um alle kümmern, wir sind es doch nicht, die am meisten CO2 ausstossen, bevor wir denen helfen mit Impfstoffen, muss erst unsere Bevölkerung geimpft sein, die sollen doch selbst sehen, wie sie mit ihren ewigen Problemen, ihrer Korruption, ihren Stammesfehden, ihren Diktatoren und Oligarchen zurecht kommen, das sind doch nicht unsere ethnischen Streitereien usw. usw. 

Nicht ganz von ungefähr lautet der Ministereid von " ... meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden ..."
Ein Dilemma, das von rechts-nationalistischen Republikfeinden zunehmend ausgenützt wird und das uns noch vor einige Herausforderungen stellen wird (auch deshalb die Steinmeier Rede). Nicht nur uns, sondern  auch viele andere Länder, wo rechtslastige Regierungen an die Macht kommen, demokratisch (dem Volkswillen entsprechend) gewählt,  nicht zuletzt die USA (Trump : America first !).

Fakt ist, es gibt keine uneingeschränkte , keine bedingungslose, keine gerechte, alle gleichbehandelnde Solidarität. Kann es nicht geben. Folglich muss es auch eine Art 'Hilfe-Triage' geben. Wer zuerst, wer wird bevorzugt , nach welchen Kriterien ?
Ob das so sein muss, oder geändert werden sollte ?

Darauf muss jeder /jede seine persönliche Antwort oder gar 'Seelenruhe' *) finden.
 
*) verwendet i.S. von (Wiki) "der mentale Zustand des Seelenfriedens, der frei von Aufregung, Aufregung oder Störung ist. Es bezieht sich auch auf einen Zustand der Gelassenheit, Ruhe oder des Friedens."

Anzeige

Bruny_K
Bruny_K
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Bruny_K
als Antwort auf aixois vom 01.11.2022, 12:08:29

Fakt ist, es gibt keine uneingeschränkte , keine bedingungslose, keine gerechte, alle gleichbehandelnde Solidarität. Kann es nicht. 
Ob das so sein muss, oder geändert werden sollte ?

Darauf muss jeder /jede seine persönliche Antwort oder gar 'Seelenruhe' *) finden.
 
Das ist absolut richtig @aixois, ich wünschte mir nur, dass ehrlicher damit umgegangen wird. Keiner von uns kann die Welt retten, wir nicht, die Politik nicht. (Obwohl ich als junger Mensch tatsächlich glaubte die Welt verbessern zu können, später begriff ich, dass es mich eher psychisch ruinieren würde.
Bruny
Bias
Bias
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Bias
als Antwort auf Bruny_K vom 01.11.2022, 12:19:55
Das ist absolut richtig @aixois, ich wünschte mir nur, dass ehrlicher damit umgegangen wird. Keiner von uns kann die Welt retten, wir nicht, die Politik nicht. (Obwohl ich als junger Mensch tatsächlich glaubte die Welt verbessern zu können, später begriff ich, dass es mich eher psychisch ruinieren würde.
geschrieben von Bruny_K
Wer weiß, ob die überhaupt gerettete werden will, die Welt.
Sie scheint es gerade ohnehin schon schwer genug zu haben.

Was die Politik und deren Repräsentanten angeht, habe ich die Erwartung, dass sie die zur Verfügung gestellten Ressourcen und das geschenkte Vertrauen der Bürger so nutzen, dass ersteres effektiv und das zweite nicht missbraucht wird.
Anders: Sie sollten bemüht sein verhindern, dass die Verhältnisse für die Menschen in ihrem Lande – wenn schon nicht besser – ungerechter und schlechter werden.
Bruny_K
Bruny_K
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Bruny_K
als Antwort auf Bias vom 01.11.2022, 12:40:29

Ich hoffe sehr, dass deine Erwartung nicht enttäuscht wird 😉


Anzeige

aixois
aixois
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von aixois
als Antwort auf Bruny_K vom 01.11.2022, 12:19:55

Wie gut ich Dich verstehen kann, Bruny !
Mit 16 wollte ich auch noch die Welt retteen, bzw. mich gegen die Ungerechtigkeit auflehen (Anlass : Biafra Krieg).

Ich bin dabei geblieben, aber dabei zum Technokraten geworden in der Erkenntnis , dass Empathie eine notwendige, aber bei weitem nicht ausreichende Voraussetzung ist.

Es fiel mir schwer zu akzeptieren, dass man als Helfer entscheiden muss, wieviele Babies gerettet werden können, viele aber weggeschickt werden müssen und nicht weiterleben werden .
 
Und wenn mein Gegenüber von mir gesagt bekommt, dass wir nicht die absolut Guten sind, sondern vielleicht die nur etwas weniger 'Bösen' mit eigenen , ganz und gar nicht selbstlosen Interessen, dann sage ich ihm nichts Neues, sondern bin nur ehrlich.

Dann entsteht aber auch Glaubwürdigkeit, und mit etwas Glück auch so etwas wie Partnerschaft, bei der keine Seite die andere überfordert.

Bei der auch offen anerkannt wird, dass Hilfe nie ohne Erwartungen, ohne Bedingungen erfolgt, dass nicht der Hilfeempfänger der uneingeschränkt Bestimmende ist, sondern dass ein Kompromiss des Möglichen gefunden werden muss, zwischen den Erwartungen und dem Leistbaren.

Ehrlich ist das Stichwort, das Du aufgebracht hast.
Wie wahr und richtig  und doch fällt es so schwer , so zu sein (wenn wir ehrlich sind).
 

Lorena
Lorena
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Lorena

Es heißt ja, immer die Deutschen jammern zu viel.
Das glaube ich nicht mal so - ich glaube, es jammern die falschen.

Lorena 


 
Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Rispe

Ich hatte noch nie den Anspruch, die ganze Welt retten zu wollen. Mir war immer schon klar, dass es da Grenzen gibt, und dass ich im Grunde meines Herzens auch viel zu egoistisch bin, um allzu große Opfer für andere zu bringen. Das sich einzugestehen, gehört auch zur Ehrlichkeit dazu.
Aber man kann trotzdem das tun, was einem im Rahmen des eigenen Egoismus möglich ist ohne allzu große Opfer. Dazu gehört bspw. auch die Arbeit in einer Menschenrechtsorganisation, in der ich nicht nur viele Petitionen unterschreibe, sondern auch selber Beiträge in eine Website einsetze, die mit zur Aufklärung von MR-Verletzungen beitragen (damit meine ich nicht den ST), sondern die Website meiner Gruppe.
Und ich kann meine Stimme erheben, wenn Autokraten oder Kriegsüberfälle verteidigt werden und dagegen anstinken. Das alles kann ich tun, ohne große Opfer zu bringen und mir selbst zu schaden.
„Denn es ist besser, eine Kerze anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen“, so der Gründer von AI, Peter Benenson: Licht ins Dunkel

Ich kann aber auch weniger Energie verbrauchen, auch einige Grad kühler in der Wohnung schaden mir nicht, sie nützen im Gegenteil meinem Geldbeutel und schonen außerdem die Umwelt.

An die Abqualifizierungen als selbstgerechte Pharisäerin oder „Immergute“, die mir regelmäßig zuteil werden, habe ich mich inzwischen gewöhnt, davon lasse ich mich nicht mehr abschrecken.
Es gibt Schlimmeres, z. B. die Ignoranz von MR-Verletzungen oder die Verharmlosungen von Autokraten und Faschisten und deren Kriege und und . . . (ich erspare dem geneigten Leser/der geneigten Leserin weitere Aufzählungen, die man unendlich weiter führen könnte).
 

schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von schorsch

Vor ein paar Tagen hat mir ein ehemaliger Schulkollege einen Spruch aufs Handy geschickt, der im Moment zirkuliert und der quasi eine Hass-Tirade auf die vielen Flüchtlinge beinhaltet, die zur Zeit die Schweizer Gemeinden auf Trab halten, weil laufend für Unterkunft gesorgt werden muss. Er schrieb dazu, wann endlich man die Grenzen schliesse.
Ich fragte ihn zurück, ob er bereit sei, mit dem Gewehr in der Hand an die Grenze zu stehen und jeden Flüchtling, ob Mann, Frau oder Kind, totzuschiessen. 
Er schrieb zurück, wo ich mein Essen hole, wenn mir die Flüchtlinge alles "wegfressen" würden.
Ich: "Im Restaurant *Löwen* in Dulliken (wo wir vor zig Jahren nebenan zur Schule gingen)".
Es kam keine Antwort mehr.....
 


Anzeige