Internationale Politik Es ist Krieg in Europa

aixois
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von aixois
als Antwort auf carlos1 vom 27.02.2022, 22:36:33

@Carlos,

danke für Deine luzide Herleitung der angestrebten  Landnahme der Russen aus völkisch-nationalistischen Gründen als Ergebnis vieler einsamer Studienstunden Putins von historischen Dokumenten.

Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass er den "ein Volk - ein Reich" und der 'Anschluß' ("heim ins Reich")- Gedanken nur der fadenscheinige Vorwand für die Schaffung einer (alten) geopolitischen Landmasse sind, die Russland braucht, um die seit 1991 unbeantwortet gebliebene Frage nach der Stellung Russlands als einstige Weltmacht   zu beantworten. Kurz: Weltmacht - oder simple Regionalmacht,ohne Aussicht mit den anderen Großmächten je mithalten zu können.

Da geht es weniger um 'Lebensraum' , sondern um einen wirtschaftgeographischen Raum ,der groß genug ist, um überhaupt ein bisschen Weltmacht sein zu können.

Ich habe Ende der 1990 Jahre mit Interesse vermerkt, dass Brzezinski der nach dem Untergang der UdSSR von den USA als einziger, wirklicher Weltmacht sprach, stark auf die klassische "heartland theory" des englischen Geographen Mackinder rekurrierte, der Anfang des 20 Jhdt. die Ansicht vertrrat, dass 'Eurasien' der Schlüssel zur 'Weltherrschaft' sei und der schon vor 120 Jahren den Konflikt mit Russland kommen sah, da Russland nur mit Eurasien (schloss damals die Flächen von Belorus/Ukraine mit ein) ein wirklich 'eurasisches Reich' (damals rannte ja noch der Zar rum) werden bzw. bleiben könne.

Brzezinski nun nimmt in seinen Schriften (z.B. 'das große 'Schachbrett') nach dem Untergang der UdSSR -Grossmacht interessanterweise auf auf dieses 'Eurasien' bezug, das er als 'Schachbrett' bezeichnet, auf dem sich der Kampf um die globale 'Vorherrschaft' abspielen werde.

Dieses Denken (die Furcht vor dem Vordringen Asiens - eben auch auf dem Kontinent = China)  ist offenbar- wie man hört - in vielen der immer einflussreicher werdenden Think tanks in den USA und damit auch Politikerkreisen immer noch (oder erneut) recht virulent.

Alle Äußerungen Putins drücken ja die Sorge aus, dass man Russland seine Welt (und Sieger-) machtrolle nach dem Ende der UdSSR weggenommen habe und alle Bestrebungen dahin liefen (siehe Brzezinki), es auf dem Niveau einer einfachen, wirtschaftlich schwachen Regionalmacht halten wolle, mit einer riesigen Fläche, aber hauptsächlich Rohstofflieferant, deshalb ohne Chance, wieder mal 'tonangebend' zu sein, vom Militärischen abgesehen.

So gesehen, ist für mich 'imperiales Nationbauen' nicht das eigentliche Ziel, sondern nur Mittel zum Zweck.

Und wie man den Kampf um die Weltherrschaft, bzw. die Suche nach einer neuen (gerechten ?) Weltordnung  regelgerecht, ohne Kriege und Gewalt, organisieren könnte, das weiss heute aber niemand.

Putin hat mit seinem brutalen Völkerrechtsverstoß die 'Szene' gesetzt, d.h. es werden 'friedfertige' Ansätze auf Jahrzehnte hinaus der Naivität geziehen, einer enormen Wiederaufrüstung zur Schaffung  standhafter militärischer Stärke (und möglicherweise deren Unterbeweisstellen) das Wort geredet.
Was das bedeutet an Verlust gewohnten 'Wohlstands' und von Zukunftschancen der Jungen, kann nur vage erahnt werden. Er wird jedenfalls immens sein.

In den  Annalen der  russischen Geschichte  wird daher der Herrscher Putin nicht als glorreicher 'Neo-Zar' erscheinen, sondern als Schandfleck.

aixois 


 

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf aixois vom 28.02.2022, 01:47:32


Putin hat mit seinem brutalen Völkerrechtsverstoß die 'Szene' gesetzt, d.h. es werden 'friedfertige' Ansätze auf Jahrzehnte hinaus der Naivität geziehen, einer enormen Wiederaufrüstung zur Schaffung  standhafter militärischer Stärke (und möglicherweise deren Unterbeweisstellen) das Wort geredet.
Was das bedeutet an Verlust gewohnten 'Wohlstands' und von Zukunftschancen der Jungen, kann nur vage erahnt werden. Er wird jedenfalls immens sein.

In den  Annalen der  russischen Geschichte  wird daher der Herrscher Putin nicht als glorreicher 'Neo-Zar' erscheinen, sondern als Schandfleck.

aixois 


 
Hallo und guten Morgen. 

Gestern sagte der russische Schriftsteller Wladimir Kimonow, der in Deutschland lebt,
"Diesen Krieg kann Putin nicht gewinnen, wenn die Mütter ihre toten Söhne zurück bekommen, kein Geld mehr für die Reichen aus dem Bankautomaten kommt, dann wird das sein Ende beschleunigen". 

Er sagte noch einiges mehr, das ich mir aber nicht gemerkt habe, aber ich habe es  nur zu gerne gehört. Wenn die Szenen stimmen, die man im Fernsehen sieht, dann scheint es bei den russischen Soldaten vereinzelt auch eine Hemmschwelle geben, auf ihre einstigen "Brüder" zu schießen. 

Was diesen Despoten bewegt hat, diesen Krieg zu beginnen, ist.mir persoenlich egal, es ist ein  Verbrechen. Die vielen Menschen die sterben, darunter Kinder,  Frauen und  Kinder auf der Flucht und weinende, veränstigte Kleinkinder. Putin ist einfach nur ein Mörder. 
Rosenbusch 
Bias
Bias
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Bias
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.02.2022, 06:53:14


Putin hat mit seinem brutalen Völkerrechtsverstoß die 'Szene' gesetzt, d.h. es werden 'friedfertige' Ansätze auf Jahrzehnte hinaus der Naivität geziehen, einer enormen Wiederaufrüstung zur Schaffung  standhafter militärischer Stärke (und möglicherweise deren Unterbeweisstellen) das Wort geredet.
Was das bedeutet an Verlust gewohnten 'Wohlstands' und von Zukunftschancen der Jungen, kann nur vage erahnt werden. Er wird jedenfalls immens sein.

In den  Annalen der  russischen Geschichte  wird daher der Herrscher Putin nicht als glorreicher 'Neo-Zar' erscheinen, sondern als Schandfleck.

aixois 


 
Hallo und guten Morgen. 

Gestern sagte der russische Schriftsteller Wladimir Kimonow, der in Deutschland lebt,
"Diesen Krieg kann Putin nicht gewinnen, wenn die Mütter ihre toten Söhne zurück bekommen, kein Geld mehr für die Reichen aus dem Bankautomaten kommt, dann wird das sein Ende beschleunigen". 

Er sagte noch einiges mehr, das ich mir aber nicht gemerkt habe, aber ich habe es  nur zu gerne gehört. Wenn die Szenen stimmen, die man im Fernsehen sieht, dann scheint es bei den russischen Soldaten vereinzelt auch eine Hemmschwelle geben, auf ihre einstigen "Brüder" zu schießen. 

Was diesen Despoten bewegt hat, diesen Krieg zu beginnen, ist.mir persoenlich egal, es ist ein  Verbrechen. Die vielen Menschen die sterben, darunter Kinder,  Frauen und  Kinder auf der Flucht und weinende, veränstigte Kleinkinder. Putin ist einfach nur ein Mörder. 
Rosenbusch 
Guten Morgen, 
ja, Rosenbusch,
momentan erklärt mir im Fernsehen täglich ein neuer Experte was Sache ist in der Angelegenheit.
Gleichzeitig sehe ich immer aufs Neue Bilder der Verwüstung und Verzweiflung.
Sollte der russische Präsident seine unerbittliche Linie fortsetzen, wird jede Expertise der Experten zur Makulatur.
Die Annalen werden dann das Letzte sein, was die welche sie lesen könnten interessiert.
Halte Dich senkrecht und komm gut durch den Tag.

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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Bias vom 28.02.2022, 07:32:41

Bias, ich lese oder höre gerne, wenn jemand Hoffnung auf ein Ende des Krieges macht. 
Ein russischen Schriftsteller ist kein Experte der uns diesen Wahnsinn erklärt, sondern er ist einfach Russe und hat uns hier in Deutschland schon öfter auf humorvolle Weise das Verhalten seiner Landsleute erklärt. 
Experten gibt's auch im Forum, ich bin keine. 

Rosenbusch 

hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von hobbyradler

Egal wie dieser Konflikt ausgehen wird, Putin hat mit seinem Angriffskrieg auch sein Volk aufgeweckt. Hinzu kam sicherlich noch der Fernsehauftritt mit der Demütigung seines eigenen Geheimdienstchefs.

Weil es mutige Menschen in Russland gibt, dürfen wir nicht die Kontakte
mit denen abbrechen, die nichts für die Schadtaten können. Ich denke da z.B. an die Städtepartnerschaften.

Es erscheint mir richtig, dass man im Augenblick die (sofortige?) Aufnahme der Ukraine in die EU intensiv diskutiert.

Hier ein starkes Zeichen eines russischen Diplomaten.
 


05:44 28.02.2022
Ein russischer Diplomat soll sich bei einer Schaltkonferenz des Weltklimarats überraschend für den russischen Angriff auf die Ukraine entschuldigt haben. Wie die Washington Post berichtet, habe der Leiter der russischen Delegation, Oleg Anisimow, nach Angaben von Teilnehmern gestern gesagt:
Lassen sie mich im Namen aller Russen, die diesen Konflikt nicht verhindern konnten, eine Entschuldigung aussprechen.

https://www.pz-news.de/startseite_artikel,-Liveticker-zum-Ukraine-Krieg-EU-sperrt-den-Luftraum-fuer-alle-russischen-Flugzeuge-_arid,1676627.html?strytlpage=218


Ciao
Hobbyradler
 
Edita
Edita
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Edita
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.02.2022, 06:53:14

Was mir ganz persönlich Genugtuung verschafft ist, daß diese offensichtlich von Macht und Gier deformierte Person jetzt auch als solche geächtet wird, so auch vom Judo-Weltverband, von dem er mehrere Ehrentitel, so auch den Präsidententitel, verliehen bekommen hatte, und andere Sportverbände haben nachgezogen, nur müssen da auch ganze Mannschaften mit drunter leiden, mir ist es wichtiger, daß er als Einzelperson getroffen wird, denn das wirkt sich hoffentlich auch auf sein Leben nach dem Krieg aus und wird ihm jeden Tag vor Augen führen, was er für ein verachtenswerter Mensch ist!

Edita

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pschroed
pschroed
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von pschroed

Tribunal für Putin Kitsch.
Es gibt Talkshows der bitteren Wahrheit 

Hystoriker Karl Schlögel rechnete mit den Linken ab.
Es ist ein bemerkenswerter Beitrag.
Phil.

QUELE SUEDDEUTSCHE

Der emeritiere Professor teilt recht konkret gegen die direkte Umgebung aus: "Es sind in vielen Talkshows Märchen erzählt worden." Und haut Richtung Linkspartei, genauer Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi, die keine Ahnung hätten von dem, was in der Ukraine passiert. Vor allem aber schimpft er auf den "Putin-Kitsch und Russland-Kitsch", den es in der Gesellschaft gebe. Um dann noch weiter auszuholen, in Richtung Grundproblem.

hobbyradler
hobbyradler
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RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von hobbyradler

Von dem Aufsatz Putins, den Carlos1 in Bezug auf die historischen Zusammenhänge erwähnte, möchte ich von den vielen Seiten die letzten ein oder zwei einstellen.
Putin umschmeichelt die Ukraine auf dem Paper, doch mit dem Angriffskrieg lässt Goethes Erlkönig grüßen – und bist du nicht willig …..........
 

Die derzeitigen Behörden in der Ukraine berufen sich gerne auf die westliche Erfahrung, sie betrachten sie als Vorbild. Schauen Sie sich also an, wie Österreich und Deutschland, die USA und Kanada nebeneinander leben. In ethnischer Zusammensetzung, Kultur, ja sogar in derselben Sprache, bleiben sie souveräne Staaten, mit eigenen Interessen, mit eigener Außenpolitik. Dies verhindert jedoch nicht ihre engste Integration oder verbündete Beziehungen. Sie haben sehr bedingte, transparente Grenzen. Und die Bürger, die sie überqueren, fühlen sich zu Hause. Sie gründen Familien, studieren, arbeiten, machen Geschäfte. Übrigens, genau wie die Millionen Ureinwohner der Ukraine, die jetzt in Russland leben. Für uns sind sie unsere Familie.
Russland ist offen für einen Dialog mit der Ukraine und bereit, die schwierigsten Fragen zu erörtern. Aber es ist wichtig, dass wir verstehen, dass ein Partner seine eigenen nationalen Interessen verteidigt und nicht den Interessen eines anderen dient, kein Werkzeug in der Hand von jemandem ist, um gegen uns zu kämpfen.
Wir respektieren die ukrainische Sprache und Traditionen. Dem Wunsch der Ukrainer, ihren Staat frei, sicher und wohlhabend zu sehen.
Ich bin davon überzeugt, dass die wahre Souveränität der Ukraine gerade in Partnerschaft mit Russland möglich ist. Unsere spirituellen, menschlichen und zivilisatorischen Bindungen sind seit Jahrhunderten entstanden, gehen auf dieselben Quellen zurück, gemildert durch gemeinsame Prüfungen, Errungenschaften und Siege. Unsere Verwandtschaft wird von Generation zu Generation weitergegeben. Es ist in den Herzen, in der Erinnerung der Menschen, die im modernen Russland und in der Ukraine leben, in Blutsbanden, die Millionen unserer Familien vereinen. Gemeinsam waren und sind wir schon immer um ein Vielfaches stärker und erfolgreicher. Schließlich sind wir ein Volk.
Nun werden diese Worte von einigen mit Feindseligkeit wahrgenommen. Sie können beliebig interpretiert werden. Aber viele Leute werden mich hören. Und ich sage eines: Russland war nie „gegen die Ukraine“ und wird es auch nie sein. Und wie die Ukraine aussehen soll, entscheiden ihre Bürger.

http://kremlin.ru/events/president/news/66181


Ciao
Hobbyradler
 
Michiko
Michiko
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Michiko

Heute morgen habe ich den Beitrag von @aixois gelesen, in dem er ausführlich Bezug nimmt auf einen der Beweggründe Putins, einen Angriffskrieg auf die Ukraine loszutreten. Nach dem Motto:  "Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein". Gestern schon fiel der Begriff "Regionalmacht" und ob Obama oder Biden ihn gebrauchte, doch schon im Jahre 1997 hatte Zbiegniew Brzezinski in seinem Buch "Die einzige Weltmacht" darauf Bezug genommen. Das wusste ich nicht, deshalb ein danke an aixois für diesen Hinweis in seinem guten sachlichen Beitrag. Anbei ein link zu einem 6 Tage alten Beitrag im Tagesspiegel zu diesem Thema.

„Ohne die Ukraine ist Russland keine Großmacht“
 

Bias
Bias
Mitglied

RE: Es ist Krieg in Europa
geschrieben von Bias
als Antwort auf pschroed vom 28.02.2022, 08:17:09

Wenn der emeritierte Professor jener ist, der gestern im Fernsehen an die internationalen Brigaden im Spanienkrieg erinnert und gefragt hat, weshalb es derzeit keine ähnliche Bewegung gibt,

- wenn der Historiker Karl Schlögel genau jener ist: 
Bei dessen Philippika ging mir durch den Kopf, dass es derzeit zornige Helden in westlichen Akademikerkreisen zu geben scheint, deren Stunde schlägt.

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