Internationale Politik Der witzige Herr Böhmermann

Geschickt spickte Herr Böhmermann eine Schmähkritik gegen Herrn Erdogan mit genitalen und fäkalen Verbalinjurien und verkauft dies alles als Satire, die bekanntlich alles darf.
Jetzt wird juristisch geprüft, ob damit der Tatbestand der Beleidigung eines ausländischen Regierungschefs erfüllt ist und ob die Bundesregierung die Staatsanwälte, die bereits aufgrund vorliegender Anzeigen ermitteln, weiter aktiv werden dürfen. Eine Forderung von Herrn Erdogan liegt vor.
Ich versuchte gedanklich, dies mal runterzubrechen auf ein anonymes Forum: da können sich auch oft die Diskutanten nicht leiden, hassen sich oft und müssen aber versuchen, dies nicht beleidigend ausarten zu lassen, weil sie sonst gesperrt werden. (In gut geführten Foren ist dies wenigstens so).
Wie wäre es also, wenn jemand seinen Lieblingsfeind künftig mit ähnlich widerlichen Ausdrücken belegen würde, aber vorausschickt, dass er das so nicht schreiben dürfe. Aber ist geschrieben nicht trotzdem geschrieben, weil es ja gelesen wird? Und erfüllt es nicht gerade dadurch den Zweck, den jemand erreichen möchte? Und in diesem Fall - würde eine Sperrung in einem Forum dann trotzdem erfolgen oder nicht? Olga

Egal, was er da alles gesagt hat: Er hat es als "Schmähung" angekündigt und die sollte keineswegs lustig sein. Satire ist selten nur lustig, Satire muss überziehen und den Finger in die Wunde legen. Und sie muss auch einmal sehr persönlich und beleidigend werden.
Es steht Herrn Erdogan nicht zu, wie ich finde, hier in D die Pressefreiheit einschränken zu wollen.
Ich empfehle, sich einmal die "Charlie Hebdo" Hefte der letzten 18 Monate anzusehen - jedes Heft beinhaltet mindestens 3 solcher persönlichen Beleidigungen von Personen, die in der Öffentlichkit stehen.
Nach dem Attentat von Paris nahm u.a. Frau Merkel an dem "Trauermarsch" teil, um so den Opfern zugedenken - und auch um für Pressefreiheit zu demonstrieren. Und jetzt soll oder will sie vor Erdogan kuschen? Ich fände es tragisch, wenn da wirklicheine Staatsaffaire draus gemacht wird in Deutschland. In D gelten Deutsche Gesetze, ob es Erdogan passt oder nicht.

Nur mal als Gedankenspiel: Die Adressaten eines ähnlichen "Schmähgedichtes" wären bspw. Kim Jong Un oder Hr. Putin, und diese hätten ähnlich reagiert, wie Erdogan, also den Botschafter einbestellt, Forderung nach Bestrafung des Delinquenten erhoben usw. Nach einer umfassenden Belehrung darüber, was Satire alles darf, in einem Rechtsstaat sowieso und gegen Diktatoren ohnehin, hätte man die beiden aufgrund ihres Verhaltens ganz offiziell für "irre" erklärt.

@ Wolkenschieber

Verglichen mit dem RassistenSchmierBlatt "Charlie Hebdo" hat Böhmermann eher freundlich formuliert.

Ob es ein rassistisches Schmierblatt ist, mag dahingestellt sein.
Eines ist sicher - hätte man Böhmermann erschossen, würden genau diejenigen, die ihn jetzt beschimpfen, sich mit "Je suis Böhmermann" - Betroffenheitsbildchen auf ihren Chroniken in twitter, FB usw. schmücken.
Hier darf die Bundesregierung nicht nachgeben, die eigenen Gesetzte stehen ja wohl über dem Empfinden eines durchgedrehten Leaders.

Dieses Gedicht hat nichts mit Satire zu tun. Es geht darin auch nicht um die Verbrechen Erdogans sondern einzig und allein um Schmähungen und Beleidigungen, die sich kein Mensch gefallen lassen muss.
justus

es geht weniger um guten oder schlechten Geschmack, es geht um eine Aufforderung zur Stellungnahme - der türkischstämmige Sedar Somuncu hat das bei Anne Will sehr deutlich gemacht. Es ist noch keine 3 Wochen her, das Erdogan polterte, dass sich niemand in "seine" Angelegenheit zu mischen hätte und seot dem extra 3 Beitrag macht er das selbst sehr massiv - Böhmermann hat nur das ganze komplett auf den Ponkt gebracht. Dieses Land hier kann sich ja wohl von einem türkischen Diktator ins Grundgesetz fahren lassen.

Aber ist geschrieben nicht trotzdem geschrieben, weil es ja gelesen wird? Und erfüllt es nicht gerade dadurch den Zweck, den jemand erreichen möchte?

Abgesehen davon, daß die Schmähschrift Böhmermanns vs Erdogan nun rechtlich von allen Seiten beurteilt und in diesem Fall ein Urteil gefällt werden muß, stelle ich mir die grundlegenden Fragen "Mußte das sein?" und brauche ich einen Herrn Böhmermann, der mir erklärt, was geht und was nicht?

Beide Protagonisten leben ihr Leben aus einem übersteigerten Selbstwertbedürfnis heraus und beide können nicht beispielgebend sein. Und nur weil E ein A ist, spricht das meines Erachtens B nicht davon frei, ebenfalls ein A zu sein. Wer in einer Diskussion argumentiert wie beide es tun, kann, darf nicht als Gewinner hervorgehen.

Ich hoffe, daß beide verlieren.

--

adam

Ich habe weder die Sendung gesehen, noch den Text von Böhmermann irgendwo konkret gelesen. Bin ich da ein ein Einzelfall?
Unter diesen Vorzeichen sage ich für mich allgemein grundsätzlich: die Redefreiheit, künstlerische Freiheit oder wie immer man das Schaffen eines Satirikers beschreiben möchte, darf nicht aufgrund von Antipathien beschränkt werden. Es muss also egal sein, wie ich oder sonst jemand zu Böhmermanns Schaffen steht.
Beleidigung als Kunstform ist in deutschen Satiresendungen, soweit sie modern rüberkommen wollen, nichts Neues. Oliver Welke kriegt es für meinen Geschmack nur eleganter hin als Böhmermann.
Es wird auch regelmäßig von sich beleidigt fühlenden Personen protestiert, geklagt usw. Ebenfalls nichts Neues.
Nun fühlt sich ein Staatsmann beleidigt, von dem "wir" was wollen. Den wir meinen, bei Laune halten zu müssen, damit diese wunderbare Konstruktion der Flüchtlingsverschiebung nicht zusammenbricht.
Tja.

Das Schmähgedicht habe ich auch nicht gehört, jedoch fällt mir zu Böhmermann nur ein:
"Sag mir über was du lachst und ich weiß wer du bist"
lupus

Satire hin oder her. Warum muss man provozieren?
Davon abgesehen: Wurde nicht Frau Merkel auch schon des öfteren
mit Hakenkreuzen auf Bildern gesehen? Ist im Karneval nicht auch
des öfteren Kritik unter der Gürtellinie zu sehen und zu
hören?

Auch wenn Kritik berechtigt ist (in vielen Fällen trifft es genau
den Punkt), muss man nicht alles aussprechen was man denkt.