Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Der schmutzige Krieg in Libyen

Internationale Politik Der schmutzige Krieg in Libyen

sysiphus
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Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von sysiphus
als Antwort auf adam vom 04.06.2011, 12:51:05
Welche Aufgaben die UN erfüllen soll ist in ihrer Charta von 1945 festgelegt worden, dazu gehört es "Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, daß Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird....." so steht es in der Präambel dieser Charta.

Du hast geschrieben adam, "Die UNO hat das Völkerrecht zu beachten und Kriege zu verhindern. Sie ist nicht die Institution, die Kriege erlauben soll", das stimmt nur teilweise. Die UN. genauer der Sicherheitsrat, soll und kann selbstverständlich keine Kriege erlauben, wird dies auch nicht tun, aber gegen Kriege und deren Urheber kann er militärisches Eingreifen beschließen. Das war beispielsweise für Libyen notwendig geworden und dem Völkerrecht entsprechend geschieht es

In der Charta werden im Kapitel VII die Zuständigkeiten und Kompetenzen des Sicherheitrats beschrieben. Die Artikel 39 bis 51, erläutern "Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen". Der Artikel 42 lautet: "Ist der Sicherheitsrat der Auffassung, daß die in Artikel 41 vorgesehenen Maßnahmen unzulänglich sein würden oder sich als unzulänglich erwiesen haben, so kann er mit Luft-, See- oder Landstreitkräften die zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen durchführen. Sie können Demonstrationen, Blockaden und sonstige Einsätze der Luft-, See- oder Landstreitkräfte von Mitgliedern der Vereinten Nationen einschließen.

sysiphus...

UN-CHARTA.
adam
adam
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Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von adam
als Antwort auf sysiphus vom 04.06.2011, 16:53:42

Ja gut sysiphus,

ich habe ja nichts gegen die Charta der UN, im Gegenteil.

Aber wo war/ist im Fall Lybien der Weltfrieden bedroht, mußte bewahrt oder wieder hergestellt werden?

--

adam
sysiphus
sysiphus
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Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von sysiphus
als Antwort auf adam vom 04.06.2011, 18:13:07
Die Artikel 39 bis 51, erläutern "Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen".

Adam, Du scheinst kein Vertrauen in die Institution Sicherheitsrat der UN zu haben. Dort wurde mit Mehrheit bei drei Enthaltungen die Libyen-Resolution verabschiedet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mit dieser Resolution bewußt gegen das Völkerrecht verstoßen wurde. Dass die brutalen Übergriffe des Gaddafi-Militärs auf die zivile Bevölkerung Amgriffshandlungen waren ist, so meine ich, unbestreitbar.

sysiphus...

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clara
clara
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Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von clara
als Antwort auf adam vom 04.06.2011, 12:51:05
Solange der Westen seinen Wohlstand auch mit dem Gewinn aus Waffenexporten in Diktaturen finanziert, ist er zwangsläufig schon dadurch im Hintergrund in kriegerische Konflikte involviert.
geschrieben von adam


@senhora,

demzufolge sind arabische Staaten, die ihren Wohlstand fast vollständig dem Verkauf von Öl verdanken, zwangsweise im Hintergrund in kriegerische Konflikte involviert?



adam



Ich sehe das auch so wie Senhora, nämlich eine Mitschuld der Waffen exportierenden Länder in diktatorisch beherrschte Staaten. Ohne diese Waffenlieferungen, auch über wissentlich verschlungene Pfade wäre es den Machthabern nicht möglich, die eigene Bevölkerung nieder zu schießen.
Diktatoren können dann mit dem Erlös aus Öl alles kaufen, nur keine Waffen.

In Libyen wäre es sinnvoll gewesen, gewaltfrei gegen Gaddafi zu protestieren, wie es in anderen arabischen Staaten geschieht. Tausende Tote des Bürgerkrieges hätte es nicht gegeben...

In Syrien gab es trotz unkriegerischer Demonstrationen schon 1000 Tote.
http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/syrien-tausend-tote-in-syrien_aid_631813.html

Im Jemen herrscht bisher zwar auch noch kein eigentlicher Bürgerkrieg, doch sind ebenfalls viele Opfer zu beklagen.
http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/jemen-viele-tote-bei-strassenkaempfen_aid_633359.html

Clara
adam
adam
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Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von adam
als Antwort auf clara vom 04.06.2011, 19:13:43
@clara,

über Schuldzuweisungen habe ich schon geschrieben. Sie helfen beim Geschehen in den arabischen Staaten, speziell in Libyen nichts. Nach meinen Informationen hat Gaddafi hauptsächlich Waffensysteme aus Russland.

Deine Zahlen der Todesopfer im Jemen und in Syrien sind aktuell. Ich habe auf die Schnelle einen Artikel aus der Sueddeutschen gefunden, danach gab es in Libyen bis Mitte April 10.000 Tote durch den bewaffneten Kampf. Diese Zahlen sprechen für sich, gegen diesen Bürgerkrieg und gegen das Eingreifen der Natostaaten. Der Erfolg ist bis heute gleich Null. Jetzt sind die Natostaaten mit Hubschraubern unterwegs, da ist es nicht mehr weit bis zu deren Landung mit Bodentruppen. Schutz der Menschen gegen Gaddafis Luftwaffe? Flugverbotszone?

Sueddeutsche vom 19.4.2011....Rebellen zählen zehntausend Tote[/url]


@sysiphus,

such Dir doch mal die Bestimmungen raus, nach denen die UN bei [u]internen
Konflikten tätig werden kann.

===>> Humanitäre Interventionen

--

adam


clara
clara
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Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von clara
als Antwort auf adam vom 04.06.2011, 22:54:19
Adam, ich schloss Russland in meine Überlegungen ein. Es ist klar, dass die Waffenhersteller den Profit sehen, mit vielen Arbeitsplätzen punkten usw. Ebenso klar wie die Tatsache, dass dies so schnell nicht zu ändern ist, da ja auch die Politik in Waffenlieferungen involviert ist. Deshalb ist es müßig, über die Schuldfrage weiter zu grübeln. Für mich sind Waffenlieferungen ohnehin eine moralische Frage, was aber momentan auch nichts bringt.

Man kann natürlich noch spekulieren, wie viele der Aufständischen in Libyen von Gaddafi auch ohne den Eingriff der NATO getötet worden wären oder getötet würden, gefoltert und in Gefängnissen landen würden. So wie es in Syrien z. Zt. statt findet. Es ist nicht ausgeschlossen, dass man dann auf ähnliche Zahlen käme wie mit NATO. Diesen Despoten sind tausende Mitbürger völlig egal, wenn's um Machterhalt geht!

Clara

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adam
adam
Mitglied

Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von adam
als Antwort auf clara vom 05.06.2011, 00:06:39
@clara,

spekulieren bringt nichts, da gebe ich Dir recht. Aber man könnte ermitteln, wieviele Menschen in Libyen ohne den Einsatz der Natostaaten noch leben würden. Allein das ist für mich ausreichend, den Einsatz abzulehnen. Krieg ist sinnlos und nicht zu verantworten, wenn man zusätzliche Gewalt noch dort hineinträgt, wo sowieso schon Gewalt herrscht.

In Libyen sehen wir uns einer paranoiden Situation gegenüber und zwar dadurch, daß die UN sozusagen die Schirmherrschaft über den Natoeinsatz übernommen hat. Der Krieg wird wegen und gegen Gaddafi geführt, aber aus Völkerrechtsgründen, denen die Uno verpflichtet ist, darf Gaddafi selber nicht offiziell das Ziel sein. Der Tod libyscher Zivilisten dagegen wird geradezu mit einem Schulterzucken in Kauf genommen, auch von den Aufständischen. Das ist doch der gelebte Irrsinn, daß Unschuldige sterben sollen, der irrsinnige Mörder Gaddafi aber nicht.

Ich drücke es mal naiv aus: Sollen sie doch auf Gaddafis Kopf eine Prämie von 100 Millionen Dollar aussetzen, statt Krieg zu führen. Dann wäre wenigstens der Logik Genüge getan, es wäre billiger und effektiv. Aber ich fürchte, das ist nicht die Logik der politischen Macht auf dieser Erde, die zuerst an den eigenen Kopf denkt.

--

adam

hugo
hugo
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Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von hugo
als Antwort auf adam vom 05.06.2011, 01:02:16
In Libyen sehen wir uns einer paranoiden Situation gegenüber und zwar dadurch, daß die UN sozusagen die Schirmherrschaft über den Natoeinsatz übernommen hat. Der Krieg wird wegen und gegen Gaddafi geführt, aber aus Völkerrechtsgründen, denen die Uno verpflichtet ist, darf Gaddafi selber nicht offiziell das Ziel sein. Der Tod libyscher Zivilisten dagegen wird geradezu mit einem Schulterzucken in Kauf genommen, auch von den Aufständischen. Das ist doch der gelebte Irrsinn, daß Unschuldige sterben sollen, der irrsinnige Mörder Gaddafi aber nicht.
geschrieben von adam


hm adam, der Tod wird mit einem Schulterzucken in Kauf genommen,,,so einfach mochte ich es mir nicht machen,,,
die Beweggründe der verschiedenen Parteien seh ich sehr differenziert.

1.Die Aufständischen wollen frei sein, wollen ohne Bevormundung und Drangsalierung leben und die Gaddafis vertreiben (deshalb kämpfen sie leidenschaftlich)

2.Die Gaddafis wollen genau dies verhindern (deshalb kämpfen sie leidenschaftlich)

3. Die UN stellen sich in diesem Falle (leider tun sie das nicht immer und überall)auf die Seite jener, welche den Diktator los sein wollen. (deshalb kämpfen sie, wenn auch leidenschaftslos,,)

4. Wir wollen das auch, sind uns aber nicht einig, WIE das in diesem Falle real anzustellen und durchzuführen sei.(deshalb kämpfen WIR nicht)

Im Gegensatz zu Dir bin ich sehr wohl der Meinung das durch das -wenn auch zögerliche und auf niedrigem Niveau stattfindende- Eingreifen der Nato viel weniger zivile Todesopfer gibt. Es sei denn Du gehts von einer "Zurückhaltung und Blockierung der Aufständischen" aus, wie auch immer das aussehen soll.
ok, dann wäre wohl schon längst Totenstille im Lande, aber ob das Metzeln beendet wäre ?

Die Gaddafis sahen sich der Gewalt der Aufständischen gegenüber welche wohl nur ein Zehntel seiner militärischen Macht aufbieten konnten. (aber er gibt keinen Grund anzunehmen das er diese Mittel nicht einsetzen würde)

Die Nato besitzt ein Hundertfaches dieser militärischen Macht/Kraft setzt jedoch nur 1 % dieser Mittel ein. Sie verhindert dadurch zwar ein rein einseitiges Gemetzel, zieht jedoch, obwohl sie anders könnte,
diese schlimme Situation in unabsehbare Länge, mit den entsprechenden Folgen.

Das dabei auch unterschiedliche Interessen der UN-Mitglieder im Hintergrund mitspielen, sollte allen klar sein,,,darauf will ich jetzt hier nicht eingehen,,aber das die einmalige Möglichkeit verpasst wurde einen Präzedenzfall zu schaffen, eine Art Anschauungsunterricht für viele andere Despoten weltweit, ärgert mich schon sehr.

Stell Dir vor der Gaddafi wäre noch zwei Tagen mit Hilfe der UN/Nato verjagt worden,,welches tolle -nicht zu übersehende- Zeichen dies für alle Freiheitsbewegungen aber auch Tyrannen weltweit sein würde.

Die dumme Frage die immer wieder aufkommt, na wo soll denn das noch enden, wollen wir überall gleichzeitig eingreifen, willste hier einmarschieren und dort nicht, warum nicht im Sudan, im Kongo, in Syrien usw,, wären dann schon mal relativiert.

Natürlich können wir, kann die UNO nicht allüberall gleichermaßen wirksam werden und militärisch schon gar nicht, aber stell Dir die Zeichen für die anderen Tyrannen vor wenn der Gaddafi mit seiner Masche durchkäme.

Sie würden moralische Aufbauhilfe fühlen und vor Übermut fast platzen und die führenden Köpfe der Freiheitsbewegungen könnten sich schon spontan die eigenen Gräber schaufeln.

Fast alles was bisher aus Deiner Feder hier kam -und nicht nur aus Deiner- und gegen die militärische Hilfe für die Aufständischen gewettert wurde, sind für mich windelweiche Appelle mit ausschließlich positiven Wirkungen für das Gaddafi Gesindel und entsetzlichen Folgen für die Freiheitsbewegungen weltweit.

da ragt Dein Kopfprämienvorschlag noch sehr positiv raus,,leider willst da nur der Logik genüge tun,
,,ich würde da viel mehr ins Praktische reindenken,,,*g*


hugo



schorsch
schorsch
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Re: Der schmutzige Krieg in Libyen
geschrieben von schorsch
als Antwort auf adam vom 04.06.2011, 16:37:14
Ich fürchte, du schreibst an meiner Schreibe vorbei.....
sysiphus
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Re: Gaddafis Krieg gegen Libyer
geschrieben von sysiphus
als Antwort auf adam vom 04.06.2011, 22:54:19


@sysiphus,

such Dir doch mal die Bestimmungen raus, nach denen die UN bei internen Konflikten tätig werden kann.

===>> Humanitäre Interventionen

--

adam
geschrieben von adam


Humanitäre Interventionen

Adam, die "Bestimmungen" nach denen die UN bei internen Konflikten tätig werden kann, hast Du dankenswerter Weise bereits für mich raus gesucht. Allerdings stand da nichts von "Bestimmungen".

Nun habe ich da gelesen, "bei der humanitären Intervention sind nicht nur die meisten Stellungnahmen sehr politisch gefärbt, vor allem herrscht oft Begriffsverwirrung". Die humanitären Interventionen zur Rettung anderer Menschen, also nicht von Ausländern, sind zu unterscheiden, in vom Sicherheitsrat autorisierten und nicht autorisierten Interventionen.

Des weiteren ist in deinem Link zu lesen: "Die Charta der UN gibt dem Sicherheitsrat die Möglichkeit, gegen ein als „Bedrohung des Weltfriedens“ qualifiziertes Verhalten eines Staates zuletzt auch militärische Sanktionen zu verhängen".

"Es ist umstritten, ab wann innerstaatliche Vorgänge den Weltfrieden gefährden, jedoch sieht der Sicherheitsrat diesen regelmäßig als bedroht an, wenn Völkermord oder so genannte „ethnische Säuberungen“ Fluchtbewegungen auslösen, die auf die Nachbarstaaten übergreifen. [..] Völkermord betrifft damit immer die gesamte Staatengemeinschaft. Gleiches gilt wohl auch für gravierende und systematische Verstöße gegen elementare Menschenrechte".

"Eine Ansicht verneint dies kategorisch mit Hinweis auf das Gewaltverbot und die Missbrauchsgefahr!". Es ist Deine Ansicht Adam, nehme ich an, "Die Gegenmeinung rechtfertigt auch eine humanitäre Intervention eines oder mehrerer Staaten ohne die Autorisierung durch den Sicherheitsrat im Falle eines sich gerade ereignenden Genozids, zum einen mit der naturrechtlichen Begründung, dass keine Rechtsordnung dazu verurteilen dürfe, einem Völkermord zuzusehen".Das gibt meine Meinung wieder. Manchmal denke ich es ist hier im Seniorentreff nicht opportun eine Gegenmeinung zu haben und zu vertreten.,

Sonntägliche Grüsse von sysiphus...

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