Internationale Politik Der "Friede" mit den Taliban in Afghanistan. Was ist er wert?
Und wenn ich mal ganz böse denken will, dann kann ich mir auch gut vorstellen, dass die "Friedensankündigung" mit den Taliban für Präs. Trump weiteres Stimmvolk bringen soll. Denn der Beschluss, mit den Taliban über Frieden verhandeln zu wollen ohne die Regierung Afghanistans einzubeziehen, ist doch wohl kaum realistisch.
Die neuesten Angriffe der Taliban sprechen eine andere Sprache.DAs ist "nicht böse" von Ihnen gedacht, sondern einfach nur realistisch.
Luchs35
ABer die Tatsache, dass Trump den kriegsmüden Amerikanern weitere Truppenabzüge aus anderen, meist fremden Länden, ermöglicht (wie vor den Wahlen versprochen) ist nicht der einzige Grund, dass er vermutlich die USA weitere 4 Jahre regieren wird.
Wenn man die "Opposition" ansieht und deren vordere Kandidaten Biden und Sanders, sind diese für Trump leicht zu "schlagen". Und das ist seine Garantie - und was er sich vermutlich bis November noch alles einfallen lässt, werden wir sehen.
Unabhängig davon sollte man aber auch überdenken, dass Friedensgespräche mit Afghanistan bisher nur von den USA geführt wurden; aus anderen LÄndern, die durch die Nato dort ebenfalls militärisch involviert sind, war und ist in den vielen Jahren nichts vernommen worden. Man stellte sich dort zu früh auf den 'Standpunkt, mit denTaliban reden wir nicht - was ein Trugschluss war und ist (leider),da sie die eigentliche Macht in Afghanistan waren und sind und installierte Regierungen zu schwach sind, um dem Volk wirklich zu helfen. Olga
Die Kunst der amerikanischen Truppenabzüge ist, sie abzuziehen, ohne dass sie je in ihrem Heimatland ankommen.....
Ein modus vivendi wird sich schneller finden lassen, als man das heute vermuten mag. Voraussetzung und Forderung (nicht nur der Taliban): 'Säuberung' und Abschaffung jeglichen Einflusses von aussen , bes. der USA.
Was sollte denn das "Kriegsziel" der Taliban sein, wen wollen sie denn "alleine" vertreten und wem gegenüber ? Macht teilen - mit wem ? Gegen wen haben die Taliban vor 2002 gekämpft, wie sieht es mit den Interessen Pakistans aus, wie das Zusammenleben zwischen den Stämmen neu justiert werden ? Und nicht zu vergessen, wer wird von wem weiter regelmäßig Waffen beziehen und wie wird es dann mit der Rekrutierung neuer Kämpfer aussehen, wenn sie ihren Rachegefühlen gegenüber den Amerikanern nicht mehr über die Taliban Ausdruck verleihen müssen ?
Die übergrosse Mehrheit der Afghanen wollen keine Bomben mehr auf ihre Köpfe haben und kein weiteres Blutvergiessen. Die von der amerikanischen Ignoranz zerstörteten 'governance' Strukturen (lokale Stammesführer war lords/Milizen) müssen repariert und dabei erneuert werden, die Spaltung der Familienverbände überwunden und die Beschneidung der in den letzten Jahrzehnten entstandenen kriminellen Strukturen (Drogenkartelle) entschlossen angegangen, dezentrale (föderale ?) Selbstverwaltungen aufgebaut werden.
Ohne visionäre Träume gibt es keine Hoffnung , ohne Hoffnung keine Zukunft.
Ich bleibe dabei und ziehe das hoffende Träumen vor.
Die Taliban wollen ein streng islamisches Afghanistan; und das werden sie wieder errichten. Wie schon gesagt: Schluss mit Mädchen in Schulen etc.
Also noch mal 19 Jahre wie gehabt ?
Ist das die Alternative ?
Zu welchem Preis ?
22 Millionen der 33 Millionen Afghanen sind jünger als 25 Jahre , alles nur Taliban Kämpfer oder Unterstützer ?
Wird der Daesh sich ausbreiten oder werden die Taliban dagegen kämpfen, weil sie Angst vor Machtverlust haben ?
Wollen und falls ja, wie lange können die Taliban gegen den Willen der Mehrheit insbesondere der weiter nachwachsenden Jugend, regieren ?
Wie wollen die Taliban das Land regieren ohne Personal ?
Ca. 3 Millionen Afghanen leben im Ausland und kommunizieren mit ihren Landsleuten zuhause. Und da sollte kein Wissen ins Land gelangt sein, das auch von den Taliban mehr Öffnung" und "Erneuerung " fordert ?
Der Wiederaufbau wird nicht von heute auf morgen und nicht ohne Schmerzen passieren, richtig.
Aber - davon bin ich überzeugt - er wird ein Afghanistan bringen, das jung (auch im Geiste) sein wird, nicht laizistisch, sondern muslimisch, mit z.T. erheblichen Gefällen zwischen Stadt und Land und zwischen den einzelnen Provinzen.
Auch von der Kooperation mit DE wird etwas bleiben und nicht alles von den Taliban ungeschehen gemacht werden können (nur ein Tropfen auf den heissen Stein zwar und DE könnte mehr tun, aber immerhin):
"Direkt vor Ort angestellt, genießen die Integrierten Fachkräfte das Vertrauen der afghanischen Partner. Dank ihres mehrheitlich afghanischen Hintergrunds können sie oftmals Schlüsselpositionen einnehmen, wirken an wichtigen ordnungs- und strukturpolitischen Veränderungsprozessen mit und fördern gleichzeitig den politischen Dialog zwischen Deutschland und Afghanistan. Sie arbeiten in den Bereichen gute Regierungsführung, Sicherheit, Innen- und Außenpolitik, Wirtschaft, Transport, Bildung, höhere Bildung sowie Kultur und Medien, wo sie ihr Fachwissen an ihre Kolleginnen und Kollegen weitergeben. Seit 2002 hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag der Bundesregierung insgesamt 116 Integrierte und Rückkehrende Fachkräfte in Schlüsselpositionen in Afghanistan vermittelt. Derzeit sind 13 Integrierte Fachkräfte in Kabul und der Provinz Balkh tätig.
Auch afghanische Absolventinnen und Absolventen, die in Deutschland studiert haben, werden im Rahmen des Programms Return of Talents Afghanistan in Kooperation mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) als Rückkehrende Fachkräfte auf entwicklungspolitisch relevante Positionen in afghanische Ministerien oder Behörden vermittelt und finanziell unterstützt. Aktuell sind 22 Rückkehrende Fachkräfte in Afghanistan beschäftigt.
Du hast hoffnungsvolle Gedanken, aixois, aber selten hat eine gebildete Schicht allein es geschafft, wirklich Änderungen zu schaffen. Ich erinnere mich noch gut an das Afghanistan lange vor dem Krieg und auch an meine Debatte mit in Deutschland lebenden und gebildeten Afghanen, die sich zwar offen für eine Änderung in ihren religiös geprägten Ansichten äußerten, aber andererseits ihren Frauen nur ein Mindestmaß eigener Gedanken zugestand, ganz abgesehen von Freiheiten, die für uns selbstverständlich sind. Und nur wenige Frauen versuchten Rechte für sich zu beanspruchen- und sei es auch nur ein Restaurantbesuch mit Freundinnen. Trotzdem galten sie noch als selbstbewusst, nur näher nachsehen durfte man nicht, da änderte sich das Bild rasch.
Und eine solche Prägung wird im heutigen Afghanistan eher noch vertieft werden, denn gerade die Taliban werden auf alte Regeln bestehen. Und sie bekommen wieder die Oberhand, wenn der "Feind" wieder aus dem Land verschwunden ist.
Wie lange hat allein Deutschland gebraucht, um seinen Frauen gleiche Rechte zuzugestehen wie den Männern, auch wenn es da noch etwas "hinkt".
Was Du richtigerweise aufgezählt hast , gilt für die afghanischen Männer.
Den Frauen in Afghanistan zu mehr Freiheiten zu verhelfen, braucht es keiner Kriege, die eher noch Gräben aufreißen, anstatt Brücken zu bauen.
Luchs35
Ich bin völlig einer Meinung.
Ich sagte ja, das wird ein langer Prozess werden, den Afghanistan in erster Linie selbst durchzustehen hat. Entwicklung, Aufklärung braucht Zeit und die aufgeklärten afghanischen Frauen werden einen hohen Preis zahlen müssen. Aber muss das Stillstand bedeuten ? Werden sie sich alles gefallen lassen (müssen), sind alle Männer gegen sie ? Wollen alle Taliban ihr Land isolieren und ins Mittelalter zurückschiessen ?
Und es ist ja nicht so, dass die ausländischen Truppen als Mandat hätten, ein archaisches Islamverständnis zu beseitigen oder gar den Frauen zu mehr Freiheiten zu verhelfen.
Damit ist es - so verstehe ich die Berichte - nach 19 Jahren eher wieder schlechter bestellt als es vor Jahren mal war, weniger Schülerinnen, weniger Schüler, also Rückschritt, nicht Fortschritt.
Jedenfalls ist die westliche "Werte-Transfer" Initiative grandios gescheitert, ob sie ganz nutzlos war wird sich zeigen. Ich glaube es nicht, es bleibt immer etwas hängen.
Es gibt zwei Länder die meilenweit davon entfernt sind, Frauen irgendwelche Rechte einzuräumen. Das ist Afghanistan und der Jemen. Nicht nur weil Männer von ihrer Alleinherrschaft nicht abweichen wollen, sondern weil Mütter von ihren Töchtern die absolute Unterordnung verlangen. Für die Erziehung der Mädchen sind die Mütter und teilweise Großmütter zuständig.
Bruny
"Alternative"? Nee.....Aber leider Realität.Also noch mal 19 Jahre wie gehabt ?
Ist das die Alternative ?
Sehr zutreffend. Habe ich selbst erlebt . Die Rolle der Mütter/Frauen (auch Tanten, Großmütter) als Trägerinnen der (traditionell-archaischen) Kultur wird oft nicht gesehen. Durch die Erfüllung ihrer Erziehungs-und Überwachungsaufgabe tragen sie erheblich zum Erhalt der 'patriarchaischen' Strukturen bei.
Ich habe mehrmals mitbekommen, dass die Väter gerne mal ein 'Auge zugedrückt ' hätten wenn die Töchter , aber auch Söhne (!) mal etwas freier sein wollten, dass ihnen zuhause der "Kopf gewaschen" wurde und die Mütter als Vertreterinnen eines harten Regiments, die Väter antrieben einzugreifen, um den 'richtigen' Benimm durchzusetzen.
Nicht zuletzt deshalb ist es so wichtig, dass Frauen mehr als nur ein paar Jahre (korankonforme) Schulbildung mitbekommen, sondern auf laizistische geprägte Schulen gehen dürfen (von gemischten ganz zu schweigen).
Aber die Zeit bleibt nicht stehen, sogar die Saudis haben es überlebt, dass jetzt Frauen Autofahren dürfen ...