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Innenpolitik Wozu dient ein NPD-Verbot?

luchs35
luchs35
Mitglied

Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von luchs35
Derzeit wird vom deutschen Verfassungsgericht über das Verbot der NPD verhandelt, einer Partei die längst ihren Zenit überschritten hat. Wozu gibt man dieser Nazi-Partei eine solche Plattform, während ganz andere Partei-Kaliber der rechten Szene zum breiten Einzug ins deutsche Parlament blasen.
Sollte man da die NPD nicht einfach totschweigen anstatt ihr noch einmal mediale Hochpräsenz zu verschaffen?
Das wird sich in diesen Tagen so mancher fragen, aber die Antwort liegt wohl darin, dass es nicht primär um das NPD-Verbot geht, sondern um Grenzen festzusetzen, wie weit eine rechtsextreme Partei in Deutschland gehen darf, bis sie an die Grenzen des Grundgesetzes stößt.

Natürlich bietet ein NPD-Verbot keinen Schutz vor Rechtextremismus, aber vielleicht liegt die Bedeutung dieses Verbotes in der zukünftigen Behandlung neuer Parteiengebilde am rechten Rand.
Es geht auch um die Grenzen zwischen Meinungsfreiheit und verschleierter, krimineller Gewalt.
Die Karlsruher Richter müssen Rechtssicherheit schaffen, was allerdings auch einen Angriff auf die Demokratie bedeutet, denn es heißt dann auch, ohne Verbot kann es weitergehen wie bis jetzt , während ein Verbot Grenzen setzt.

Luchs35
lalelu
lalelu
Mitglied

Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von lalelu
als Antwort auf luchs35 vom 04.03.2016, 17:25:34
Ich bin gegen ein Verbot, weil ich nicht glaube, dass es unter dem Strich etwas bringt. Die NPD als Partei ist sozusagen bedeutungslos, und rechtsextreme Gesinnung verschwindet nicht dadurch, dass man die Partei verbietet.

Rechtsextreme werden eine neue Heimat finden - wo auch immer. Ich fände es noch gefährlicher, wenn die Sympathisanten im Untergrund weitermachen und dadurch völlig aus dem Fokus des Verfassungsschutzes verschwinden.

Aufklärung, was hinter rechtem Gedankengut steckt, finde ich erfolgversprechender, weil man dadurch vielleicht Überzeugungen ändern kann – was durch ein Verbot sicher nicht gelingt.

Eine rechte Gesinnung, die geäußert wird, ohne dass dadurch bestehende Gesetze verletzt werden, kann man nicht bestrafen. Bei erwiesenen Gesetzesverstößen greift unser Rechtssystem.

Der einzige Grund, aus dem ich das Verbot begrüßen würde, liegt darin begründet, dass die NPD von der Parteienfinanzierung aus Steuergeldern profitiert, aber die Gründe, die gegen ein Verbot sprechen, wiegen in meinen Augen schwerer.

Lalelu
Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Die wehrhafte Demokratie wehrt sich zu wenig; sie schläft zu viel und hält das Schnarchen für Aktivität. Sie tut so, als wäre Meinungsfreiheit auch die Freiheit zur Gewaltvorbereitung. Aber: Den Gehässigkeiten darf man in einem demokratischen Rechtsstaat nicht nachgeben. Pöbler dürfen nicht den Eindruck haben, sie müssten nur lange genug pöbeln, bis ihnen die Politik um den Bart geht.

Ein NPD-Verbot ist geboten. Aber man darf sich davon nicht zu viel erwarten; vor dem Rechtsextremismus wird man in Deutschland auch nach einem Verbot der NPD nicht sicher sein. Ein solches Verbot schaltet das braune Programm nicht ab; es verhindert allerdings, dass dafür auch noch Steuergelder bezahlt werden. Die Kader der verbotenen Partei werden sich künftig bei AfD und Pegida engagieren. Aber: Sie werden dann künftig unter einem Damoklesschwert agitieren.
geschrieben von Süddt. Zeitung - Heribert Prantl

Richtig! Herr Prantl spricht mir mal wieder aus der Seele.
Es ist unerträglich, dass solche Parteien in Parlamenten sitzen und dass sie von uns (von mir nicht mehr, aber von anderen) mit Steuergeldern unterstützt und gefördert werden.

Vollst. Artikel s. Link

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Karl
Karl
Administrator

Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von Karl
als Antwort auf luchs35 vom 04.03.2016, 17:25:34
@ luchs35,

ich finde es gut, dass Du das Thema zur Diskussion stellst. Ich glaube, es war adam, der hier früher schon im ST von der Notwendigkeit für eine wehrhaften Demokratie gesprochen hat. Ich sehe das auch so. Einer Partei, die Gewalt und Gewaltandrohung praktisch auf der Fahne mit sich führt, müssen die Grenzen aufgezeigt und sie muss notfalls verboten werden. Es war ein Fiasko, dass das erste Verbotsverfahren gescheitert ist, und es wäre eine Katastrophe, wenn die NPD jetzt beim 2. Verfahren quasi der Persilschein für alle Zeiten gegeben würde. Ein Verbot würde die aufgebauten Strukturen zerschlagen.

Ich bin überzeugt, dass ein Verbot der NPD eine Signalwirkung für den Umgang mit Nachfolgeparteien wie den 3. Weg oder die AfD hätte. Die Demokratie, der Rechtsstaat würde sich in eine gute Verteidigungsposition bringen.

Karl
wandersmann
wandersmann
Mitglied

Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf Karl vom 04.03.2016, 19:39:15
Eine wirkliche Demokratie hätte es gar nicht zugelassen, dass es eine Gründung der NPD im Jahr 1964 gegeben hätte. Dass dies dennoch geschehen konnte, ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass es in der Bundesrepublik-alt in den Nachkriegsjahren keine ernsthafte Entnazifizierung gegeben hat, nicht mal ansatzweise. Wäre diese konsequent durchgeführt worden, speziell im Bildungsbereich und in der Justiz, müssten wir uns heute nicht mit Nazis in Parlamenten beschäftigen.
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von silhouette
als Antwort auf wandersmann vom 04.03.2016, 19:51:52
Halleluja! Es hat schon lange keinen Ost-West-Disput mehr gegeben. Man konnte schon Entzugserscheinungen bekommen.

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Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wandersmann vom 04.03.2016, 19:51:52
Wandersmann, ich stimme dir hier ausdrücklich zu.
Die Täter blieben weiterhin in Amt und Würden. Juristen, die Recht sprachen, sprachen noch das Recht, das sie in der Nazizeit gelernt hatten, nachzulesen in dem Buch s. Link unten.
Und nicht nur Juristen. Auch Ärzte, die die Forschung über Menschenversuche betrieben haben oder Biologen, die die Rassenlehre verbreitet haben etc. etc., blieben zu einem großen Teil unbehelligt und konnten beruflich nahtlos anknüpfen.

Gerade vor kurzem habe ich gelernt, dass bei Mord heute noch nach der Gesetzeslage der Nazizeit gerichtet wird. Deshalb ist unser Justizminister Maas gerade dabei, den Mord-Paragraphen neu zu überarbeiten.
Jetzt erst? Unfassbar finde ich das.
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von silhouette
als Antwort auf luchs35 vom 04.03.2016, 17:25:34
Luchs, ich hoffe, dass das nicht in einer Riesenblamage in Straßburg endet. Gerade in der Region Elsass hat Marine LePen einen starken Zuspruch. Aber verbieten? Nöö, nicht in Frankreich. Auch die Kommunisten, die auch zeitweilig einen hohen Zulauf hatten, wurden nach dem Krieg nicht verboten.
Die Demokratie hält das bis heute aus.
wandersmann
wandersmann
Mitglied

Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf silhouette vom 04.03.2016, 20:17:01
Das Thema auf eine Ost-West-Ebene zu transponieren, wäre allein Dein Verdienst, Silhouette, ich jedenfalls habe es nicht in diese Richtung bewegt.
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Wozu dient ein NPD-Verbot?
geschrieben von silhouette
als Antwort auf wandersmann vom 04.03.2016, 20:28:37
Oh doch, das hast du. Du sprachst von den nicht aufgearbeiteten Nazis in den alten Bundesländern. Das ist doch ein tolles Stichwort für die Nazis jetzt, in den neuen Ländern...
Aber bitte, macht doch mit der Atmosphäre in diesem Forum, was Ihr wollt!

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