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Innenpolitik Wir Älteren und die Nazizeit

zausel2
zausel2
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von zausel2
als Antwort auf schorsch vom 08.12.2020, 12:04:24

Nicht alle dachten an IHN. Mein Mann, Jahrgang 1936, hieß mit erstem Namen Helmut, mit zweitem Adolf. Und seine Eltern gaben ihm den zweiten Namen, weil sein Vater (Jahrgang 1907) Adolf hieß. Und 1907 hat wohl noch niemand an diesen anderen schrägen Vogel gedacht.....

margit
margit
Administrator

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von margit
als Antwort auf schorsch vom 08.12.2020, 12:04:24

@schorsch

Geht da nicht die Fantasie ein bisschen mit Dir durch?

Ich hatte einmal im Geschichtsunterricht, als es um den historischen Wandel in den Familien  ging, erwähnt, dass meine Großmutter drei (!) Brüder mit dem Namen Adolf hatte. Meine Schüler waren völlig entsetzt, ob denn meine Urgroßeltern solche Nazis gewesen seien?

Des Rätsels Lösung war ganz einfach. Der Name Adolf war ein häufiger und beliebter Vorname, der wie Josef oder Hans in vielen Familien auch Tradition hatte. Im Fall meiner Urgroßeltern war es so, dass die ersten beiden Kinder, die auf den Namen Adolf getauft waren, früh starben, und der nächste männliche Nachkomme wieder diesen Namen erhielt. Der dritte Adolf überlebte. Alle drei waren übrigens im Kaiserreich geboren.

Auch während des Hitler-Regimes wurden Kinder aus Familientradition weiter Adolf genannt, ohne Bezug auf Hitler. Das schließt natürlich nicht aus, dass auch Kinder Adolf genannt wurden aus Verehrung des Führers.

Geächtet wurde der Vorname erst nach Kriegsende, zu Recht.

Margit

Bias
Bias
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Bias
als Antwort auf margit vom 08.12.2020, 14:32:48
Geächtet wurde der Vorname erst nach Kriegsende, zu Recht.

Margit
Ach ich weiß nicht Margit - ist die gesamte Ächterei denn nicht geradezu ein Indiz dafür wie stark der Nationalsozialismus in unsere Zeit hinein wirkt?
Bei all der grassierenden Ächterei ist zu erwarten, dass irgendwann auch der Muttertag, der 1. Mai oder die Autobahn auf dem Tabu-Index stehen.
 

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olga64
olga64
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von olga64
als Antwort auf Bias vom 08.12.2020, 17:46:30
 

Bei all der grassierenden Ächterei ist zu erwarten, dass irgendwann auch der Muttertag, der 1. Mai oder die Autobahn auf dem Tabu-Index stehen.
 
geschrieben von Bias
Da sieht man mal wieder, wie lange sich der Mythos der Autobahnen mit den Nazis gedanklich in unserem Volk hält. Die Planung und der Aufbau der Autobahnen wurden bereits in der Weimarer Republik begonnen; als die Nazis ihre Schreckensherrschaft begonnen hatten, wurde der Ausbau dann beschleunigt.

Mit dem Muttertag verhält es sich ähnlich: er geht zurück auf die US-Amerikanerin undFrauenrechtlerin Anna Jarvis, die ihn 1905 in den USA begründete. Deutschland übernahm ihn dann 1923, also lange vor den Nazis.
Wieder so ein unsinniger Mythos, der sich anscheinend von Generation zu Generation in dieser Szene fortsetzt. Olga
Bias
Bias
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Bias
als Antwort auf olga64 vom 08.12.2020, 17:56:45
Bei all der grassierenden Ächterei ist zu erwarten, dass irgendwann auch der Muttertag, der 1. Mai oder die Autobahn auf dem Tabu-Index stehen.
 
geschrieben von Bias
Da sieht man mal wieder, wie lange sich der Mythos der Autobahnen mit den Nazis gedanklich in unserem Volk hält. Die Planung und der Aufbau der Autobahnen wurden bereits in der Weimarer Republik begonnen; als die Nazis ihre Schreckensherrschaft begonnen hatten, wurde der Ausbau dann beschleunigt.

Mit dem Muttertag verhält es sich ähnlich: er geht zurück auf die US-Amerikanerin undFrauenrechtlerin Anna Jarvis, die ihn 1905 in den USA begründete. Deutschland übernahm ihn dann 1923, also lange vor den Nazis.
Wieder so ein unsinniger Mythos, der sich anscheinend von Generation zu Generation in dieser Szene fortsetzt. Olga
Ja doch, Frau Olga.
Adolf war auch schon Zweitname eines schwedischen Königs und die Eltern Knigge haben ihren Sohn ebenfalls Adolph genannt.
Aber gut, dass wir nun auch darüber endlich mal geredet haben.
Edita
Edita
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Edita
als Antwort auf Bias vom 08.12.2020, 17:46:30
Geächtet wurde der Vorname erst nach Kriegsende, zu Recht.

Margit
Ach ich weiß nicht Margit - ist die gesamte Ächterei denn nicht geradezu ein Indiz dafür wie stark Nationalsozialismus in unsere Zeit hinein wirkt?
Bei all der grassierenden Ächterei ist zu erwarten, dass irgendwann auch der Muttertag, der 1. Mai oder die Autobahn auf dem Tabu-Index stehen.
 
geschrieben von Bias
Der Name Adolf ist verpönt, aber nicht geächtet!
Muttertag ist so, wie er vermarktet wird, auch zu verpönen. Etwas oder jemanden zu ächten, dem geht eine "Straftat" voraus und dann müssen gewisse "Gesetzes"-Regularien greifen, um eben jemand oder etwas zu ächten!
Beim Verpönen greifen nur moralische Bedenken und keine Gesetzesregularien!
Nur in der DDR war es verboten, sein Kind Adolf zu nennen, dort war der Name "geächtet"!
Leider die Drangsalierung von Menschen allgemein nicht!

Im übrigen Deutschland gab es 2018 noch 46.171 Adolfs!

Edita

 

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lupus
lupus
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von lupus
als Antwort auf margit vom 08.12.2020, 14:32:48

Die "Ächtung " von Vornamen ist natürlich problematisch und ist sofern man das wirklich konsequent durchhalten will nicht bei allen Vornamen möglich.
Was wäre wenn Hitler den Vornamen "Karl" gehabt hätte mit "Karl dem Großen"?
(Dass dein Mann auch Karl heißt ist Zufall)
lupus

aixois
aixois
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von aixois
als Antwort auf Bias vom 08.12.2020, 10:47:36

Hätte es mehr Deutsche gegeben wie die Matrosen, die sich nicht in den letzten Stunden des bereits verlorenen Krieges verheizen besser ersäufen lassen wollten, dann hätte auch nicht das Gefühl sich halten können, verratgen worden zu sein und Rache für Versailles üben zu müssen. Die alten Versager des kaiserlichen Bürgertums, die menschenopfernden Militärs ... alle waren sie ja noch da, weil sich die republikanischen Demokraten ihrer bedienten, um "Ordnung und Ruhe" sicherzustellen.

Dieses Denken eines gefühlt zu Unrecht verlorenen Krieges, einer Scharte, die das im Grunde doch überlegene Deutschland auszuwetzen hatte, war viel stärker als die unguten Erinnerungen an den Krieg. Das Volk war konditioniert, war systemkonform gemacht  worden, würde man heute sagen. Diszipliniert, entschlossen, seine Pflicht im ersehnten Waffengang zur Abwehr  der von aussen kommenden Gefahr bis zum letzten Atemzug zu erfüllen, in der Überzeugung, stärker und besser geführt zu sein als 1914.

Öffentliche Begeisterung wäre fehl am Platze gewesen, der Kriegsbeginn war nach Jahren vehementer Aufrüstung und kriegswirtschaftlicher Vorbereitungen, ja nur noch eine Frage der Zeit. Die Stimmung war sicher nicht "gedrückter' als 1914 (wo die Mehrheit ja auch gar nicht begeistert war, weder die Bauern, denen die Helfer für die Ernte fehlten, noch die Arbeiter, die mit den großbürgerlich-monarchischen Hurrapatrioten nichts gemein hatten). Eher entschlossener, auf demonstrative Überlegenheit angelegt, nachdem man ja wieder eine (durch 'Anschluss/Besetzung') Grossdeutsche Nation geworden war.

Verführbarkeit ? Anders herum wird ein Schuh draus : die Frage ist doch eher, welches Kalkül eigentlich  hinter der Behauptung steckt, dass die auf den Balkonen stehenden Politikervon heute  Macht über die Medien hätten, um die Wirklichkeit nicht so dazustellen wie sie ist ('Lügenpresse' klingelt es da bei  mir) , sondern in ihrem Sinne abzubilden und zu kommentieren. Nennt man sowas nicht 'Verführung' ?  Und dies dann in eine Analogie zu stellen mit der Verführbarkeit der Menschen von damals den Zeiten unserer Väter und Grossväter.

Starker Tobak, echt !

 

Bias
Bias
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Bias
als Antwort auf aixois vom 08.12.2020, 18:36:26
Hätte es mehr Deutsche gegeben wie die Matrosen, die sich nicht in den letzten Stunden des bereits verlorenen Krieges verheizen besser ersäufen lassen wollten, dann hätte auch nicht das Gefühl sich halten können, verratgen worden zu sein und Rache für Versailles üben zu müssen. Die alten Versager des kaiserlichen Bürgertums, die menschenopfernden Militärs ... alle waren sie ja noch da, weil sich die republikanischen Demokraten ihrer bedienten, um "Ordnung und Ruhe" sicherzustellen.

Dieses Denken eines gefühlt zu Unrecht verlorenen Krieges, einer Scharte, die das im Grunde doch überlegene Deutschland auszuwetzen hatte, war viel stärker als die unguten Erinnerungen an den Krieg. Das Volk war konditioniert, war systemkonform gemacht  worden, würde man heute sagen. Diszipliniert, entschlossen, seine Pflicht im ersehnten Waffengang zur Abwehr  der von aussen kommenden Gefahr bis zum letzten Atemzug zu erfüllen, in der Überzeugung, stärker und besser geführt zu sein als 1914.

Öffentliche Begeisterung wäre fehl am Platze gewesen, der Kriegsbeginn war nach Jahren vehementer Aufrüstung und kriegswirtschaftlicher Vorbereitungen, ja nur noch eine Frage der Zeit. Die Stimmung war sicher nicht "gedrückter' als 1914 (wo die Mehrheit ja auch gar nicht begeistert war, weder die Bauern, denen die Helfer für die Ernte fehlten, noch die Arbeiter, die mit den großbürgerlich-monarchischen Hurrapatrioten nichts gemein hatten). Eher entschlossener, auf demonstrative Überlegenheit angelegt, nachdem man ja wieder eine (durch 'Anschluss/Besetzung') Grossdeutsche Nation geworden war.

Verführbarkeit ? Anders herum wird ein Schuh draus : die Frage ist doch eher, welches Kalkül eigentlich  hinter der Behauptung steckt, dass die auf den Balkonen stehenden Politikervon heute  Macht über die Medien hätten, um die Wirklichkeit nicht so dazustellen wie sie ist ('Lügenpresse' klingelt es da bei  mir) , sondern in ihrem Sinne abzubilden und zu kommentieren. Nennt man sowas nicht 'Verführung' ?  Und dies dann in eine Analogie zu stellen mit der Verführbarkeit der Menschen von damals den Zeiten unserer Väter und Grossväter.
Starker Tobak, echt
Habs geahnt,
es könnte alles ganz anders gewesen sein wie ich es darstelle und Du weißt zu berichten wie wirklich es war und was derzeit Sache ist.
Ich sags ja oft - so ein Forum bildet.
Danke Aixois.
aixois
aixois
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von aixois
als Antwort auf Bias vom 08.12.2020, 17:46:30

wie stark der Nationalsozialismus in unsere Zeit hinein wirkt?

Ja und das ist auch gut so.
Aber nicht als ein Wirken im Sinne von etwas bewirken, etwas zustande bringen nach vorn entwickeln, sondern als Erinnerung an ein die Menschen betrügendes Fanal, das Kadavergehorsam, menschenverachtende Überheblichkeit und  imperiale Besserwisserei, verbunden mit geheucheltem Opferleiden einforderte und auf dessen in unserer Zeit wieder aufkommende Apologeten man gut und gerne verzichten  kann, jedenfalls nicht noch einmal hereinfallen möchte.

Und da ist der Namen eben Symbol dafür und zurecht geächtet, nicht als Name, sondern als das wofür er steht und wer in so versaut hat.

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