Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Wir Älteren und die Nazizeit

Innenpolitik Wir Älteren und die Nazizeit

margit
margit
Administrator

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von margit
als Antwort auf JuergenS vom 03.02.2022, 09:48:28

@JuergenS,

Zitat JuergenS:
nachdem wir ja über unseren persönlichen Bezug zur realen Nazizeit berichten wollten, geh ich darauf nicht ein, habe aber die Frage, ob nicht wenige Frauen heute noch genauso blöd sein würden, wie damals welche waren, "wenn sie eines Führers und seiner Henker  ansichtig werden würden"
Schade, dass Du keine eigenen Erinnerungen an die Nazizeit oder Nachkriegszeit einbringen kannst.

Sicher ist Dir jedoch bewusst, dass damals nicht nur viel zu viele Frauen "blöd" waren, sondern mindestens auch genauso viel zu viele Männer.  

Wenn Du Dir Untersuchungen zu den Wahlen ansiehst, kannst Du feststellen,
" Soweit erkennbar, zeigten die Frauen keine großen Unterschiede zu Männern, entgegen einem populären Vorurteil: Weder waren die Frauen vorsichtiger, noch zog Hitler besonders schwärmerische Frauen an"
Quelle: Wikipedia: Hitlers Wähler
Leider neigen Menschen auch heute noch dazu, Rattenfängern hinterher zu laufen. Aktuelle Beispiele findest Du heute bei rechtsradikalen Parteien und Anhängern von Fake-News-Verbreitern. Bei den letzten Bundestagswahlen stimmten z.B. 4% mehr Männer als Frauenfür die extreme Rechte.

Also handelt es sich hier um kein "Frauenproblem". Der früher gern von Männern als Entschuldigung gebrauchte Satz, "die Frauen hätten Hitler gewählt", ist eine Falschaussage.

Den Fokus auf "blöde Frauen" zu richten, ist meiner Ansicht nach irre- und nicht zielführend.

Absolut wichtig für alle gemeinsam ist es gerade heute, rechtsradikalen Tendenzen entgegenzutreten und die Demokratie zu verteidigen. 

Margit
 
JuergenS
JuergenS
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf Tina48 vom 03.02.2022, 09:59:07

das stimmt, auch akzeptiert.😐

Bias
Bias
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Bias
als Antwort auf JuergenS vom 03.02.2022, 09:48:28
nachdem wir ja über unseren persönlichen Bezug zur realen Nazizeit berichten wollten, geh ich darauf nicht ein, habe aber die Frage, ob nicht wenige Frauen heute noch genauso blöd sein würden, wie damals welche waren, "wenn sie eines Führers und seiner Henker  ansichtig werden würden"?
Blöd?
Jürgen - die, welche in den vielen, nunmehr sattsam bekannten, Dokus zu sehen sind, waren erkennbar begeistert.
Für unverständig, rückwärtsgewandt hielten sie wahrscheinlich all die anderen, die solches nicht verstehen konnten und  - sie vertraten damit wohl den Zeitgeist im damaligen Reich, lagen im Trend.

Was den "Führer" angeht: Stell Dir vor, Hitler wäre im Herbst 1938 gestorben.
Nicht nur Deutschland hätte um einen großen Staatsmann getrauert.
Eins, zwei, drei Monate vielleicht - bis erkannt worden wäre, dass eine geordnete Verwaltung des Landes gar nicht mehr möglich ist, weil alles auf den Führer konzentriert und kein Nachfolger bestimmt war.
Unter ihm ist gewollt rivalisiert und konkurriert worden. Diadochenkämpfe wären die Folge gewesen, darauf hat Sebastian Haffner hingewiesen.

Nein - Erhabenheit ist weiß Gott nicht angebracht, denkt man bspw. an Herrn Richard David Precht, welcher weitgehend unwidersprochen öffentlich erklärt hat, die Leute wollten Gesetze, wollten Gebote und Verbote; klare Kante, der eigenen Sicherheit und Ordnung halber.
Wenn auch unterschiedlich formuliert, glichen die Argumente anderer dafür den seinen

Meine Bemerkung, zum Verhalten der Wissenschaft, des Klerus, der Generalität, der Industriellen vor, während und nach der Machtergreifung ist hier - mir unverständlicherweise - so aufgenommen und weitergeführt worden, als gälte es Geschichte aufzuarbeiten.
Nein - mir geht es dabei einzig um die Überlegung, wie schnell Leute, die gewöhnlich anderen zu sagen pflegen, was Sache ist, sich mit jemandem gemein machen - im Falle Hitler einem, der im kaiserlichen Heer nicht über den Rang eines Gefreiten hinaus kam, weil ihm Vorgesetzte fehlende Führungseigenschaften bescheinigten - und Teil dessen werden, was im Ergebnis verderblich ist.

Meine Erkenntnis daraus: Skepsis ist immer dann angebracht, wenn mit Apokalypseszenarien oder Heilsversprechen argumentiert wird, und Minderheitenmeinungen abgetan, verächtlich gemacht oder ausgegrenzt werden.

Ja, ich befürchte, nicht nur die Frauen wären heute noch oder wieder genauso "blöd"; wenn die Voraussetzungen dafür passend sind.
Allerdings würde "blöd" dann "vernünftig" heißen, weil sie es schließlich sind, die mit der Zeit gehen, Zeichen verstanden haben und das Land gegen jeden unsinnigen - wahlweise auch zerstörerischen - Widerstand "nach vorne bringen" helfen wollen.

Komm gut durch den Tag

Anzeige

JuergenS
JuergenS
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf margit vom 03.02.2022, 10:23:29

Bitte meinen ersten Einstiegs-Beitrag beachten, dort hab ich einiges aus meiner Erfahrung dargestellt, im Telegrammstil.
Ganz selten bekomme ich ja von dir mal eine Reaktion, danke dafür.
Das Wort blöd mag nicht genau passen, aber du hast verstanden, was ich meine.

Ich habe wie du und viele hier, unzählige Dokumentationen gelesen, gesehen, besonders haben mich die ganz persönlichen Erfahrungen anderer Mitglieder beeindruckt, die sich hier geäussert haben, ein relativ konsistenter thread.
 

Tina48
Tina48
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Tina48
als Antwort auf margit vom 03.02.2022, 10:23:29

Aufgepasst .

Eben wirds so kunterbunt , dass in absehbarer Zeit keiner mehr durchblickt und jeder an jedem vorbeischreibt .

Juergen S. hat sehr wohl eigene Erinnerungen eingebracht .

Dazu müssten Sie nur die ersten paar Seiten seines Threads lesen .

Wobei es fast immer angebracht ist , einen Thread , in dem man sich HEUTE einklinkt , von Anfang an zu verfolgen .
Ist anstrengend , ich weiß , ist aber manchmal besser .

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Bias vom 02.02.2022, 21:47:20

Bias, ich habe mir das Video mit Helmut Schmidt angesehen, als alte SPDlerin kenne ich fast alle seine Reden und Auftriite. Was er zum Anfang der Nazi Herrschaft sagte, deckt sich mit dem was ich in den beiden Filmen Berlin-Brandenburg 1933-1945 sah und hörte, die Farbaufnahmen eines Amateurfilmer zeigte das ganz normale Leben von den ganz  normalen Leuten, die langsame Infiltration der Bürger durch die Nsdap. Am Anfang stand ein zusätzlicher Feiertag zu Ehren des Reichsarbeitstages, man machte sich das Volk gefügig, man sah immer mehr Parteiabzeichen der Nsdap bei den Berlinern, die leeren Häuser und Wohnungen der Juden der gehobenen Klasse wurden an die Berliner mit Ariernachweiss vergeben und offenbar genossen die den unverhofften Luxus und vermutlich fragten sie nicht nach, oder sie waren überzeugte Anhänger Hitlers. Die Begeisterung für den Krieg am Anfang war auch zu sehen, ein Film von Eva Braun, die Hitler in Farbe während einer seiner Auftriite zeigte, der ganz grausame Teil wurde nicht gezeigt, aber Bombenruinen und Familien die in aller Ruhe bei Flieger Alarm in den LSR marschierten und es offenbar am Anfang noch nicht ernst nahmen. 
So wie ich das wahrnahm, hat sich Widerstand gegen die Nazis in den ersten Jahren nicht gezeigt, es war offenbar etwas, was die Bürger erst mit den Jahren begriffen., dass die Nazis mit brutaler Gewalt und Mord regierten. Und auch da gab es sicherlich das Problem der Mitläufer. 

Leider fand ich keine Videos der Filme, die bei Phoenix gezeigt wurden, sonst hätte ich sie hier eingestellt. Es sind einmalige Aufnahmen, ähnliches habe ich nie gesehen. 
Rosenbusch 


Anzeige

jeweller
jeweller
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von jeweller
als Antwort auf margit vom 03.02.2022, 10:23:29

Hi Margit, soweit ich das noch in Erinnerung habe, ist der Nachkriegs-Aufbau von Deutschland, hauptsächlich den Frauen zu VERDANKEN. Die Männer waren teilweise noch in Gefangenschaft oder gefallen. Leider bekamen sie aber erst Ende der 50er eine Art Gleichberechtigung.
War wie zur Apartheid bei uns, meine Frau durfte ohne meine Erlaubnis, nicht das Land verlassen oder mit ihrem Geld, ein Geschäft eröffnen. Lang ist's her.
Gestern haben wir Christines 80. auf einer Weinfarm gefeiert, bei 32 Grad.

LG Hubert 

DSCF9131 (1).jpg

 

Edita
Edita
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Edita
als Antwort auf jeweller vom 03.02.2022, 11:13:51
Hi Margit, soweit ich das noch in Erinnerung habe, ist der Nachkriegs-Aufbau von Deutschland, hauptsächlich den Frauen zu VERDANKEN. Die Männer waren teilweise noch in Gefangenschaft oder gefallen.
LG Huber
geschrieben von jeweller

Das mit den TRÜMMERFRAUEN ist ein Mythos ......

"Frauen räumten nur einen Bruchteil der Trümmer, den Großteil erledigten Männer und Maschinen. Die Frauen machten das nicht freiwillig, und es waren auch nur sehr wenige von ihnen, vor allem in Berlin und in der sowjetischen Besatzungszone damit beschäftigt.
Trümmerräumung war eine hoch stigmatisierte Arbeit, eine Strafarbeit, denn in der NS-Zeit waren Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge dazu gezwungen worden, und nach dem Krieg hatten deutsche Stadtverwaltungen und alliierte Besatzungsmächte dieses System der Trümmerräumung als Strafarbeit zunächst nahtlos übernommen."

Trümmerfrauen“-Studie
Wer Deutschland wirklich vom Schutt befreite


Edita
 
lupus
lupus
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von lupus
als Antwort auf jeweller vom 03.02.2022, 11:13:51
 Leider bekamen sie aber erst Ende der 50er eine Art Gleichberechtigung.
 
Daran kann ich mich nicht erinnern und bezweifle das.
lupus
Michiko
Michiko
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Michiko

Dass die Trümmerfrauen nur ein Mythos gewesen sein sollen, das möchte ich nicht so stehen lassen. Die Frauen bestimmter Altersgruppen wurden von den Alliierten aufgefordert, sich zur Beräumung und Beseitigung der Kriegstrümmer zu melden. Sie haben es auch getan, es gab Vergünstigungen, Lebensmittelmarken z.B. und bei der Beschaffung von Wohnraum. Man sollte die Lebensleistung dieser Frauen und natürlich auch Männer nicht kleinreden.
1965 veröffentlichten in Berlin-Ost Zeitungsredaktionen und Verbände wie die Nationale Front, der DFD, die FDJ einen Aufruf, dass sich Trümmerfrauen melden mögen. Rund 1000 Personen folgten diesem Ansinnen und konnten ihre Fotos, Erlebnisse und sogar Gegenstände der Öffentlichkeit präsentieren. Die Projektmacher organisierten schließlich für diese Aktivistinnen in der Kongresshalle am Alexeanderplatz eine staatliche Feier, auf der der Oberbürgermeister Friedrich Ebert die Festrede hielt. Die Feier stand unter dem Motto Ein Ehrenplatz im Herzen Berlins. Rund 100 Betriebe hatten Sach- und Geldspenden bereitgestellt, die während der Veranstaltung in einer Tombola den Ehrengästen zugelost wurden.

In einer Rede forderte Louise Schroeder vor dem Bundestag am 30. September 1949, in der sie massive Hilfe für Berlin anmahnte, eine umfassende Anerkennung dieser Leistungen:„Unsere Frauen sind es gewesen, die mit ihren bloßen Händen die Straßen von der Lebensgefahr befreit und die Trümmer aufgeräumt haben. […] Und als Frau muß ich sagen, hier haben wir geradezu eine Ehrenpflicht, eine Ehrenpflicht gegenüber den Frauen, die noch im weißen Haar zum Zwecke der Enttrümmerung auf der Straße gestanden haben, und die nun plötzlich arbeitslos werden, weil wir sie nicht mehr bezahlen können."



In vielen Städten wird mit Denkmälern an die Trümmerfrauen der Nachkriegszeit erinnert. Das Bild von wiki zeigt die Skulptur einer Frau im Volkspark Hasenheide in Berlin-Neukölln.260px-Truemmerfrau_Hasenheide3.JPG

Anzeige