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Innenpolitik Wir Älteren und die Nazizeit

lupus
lupus
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von lupus

Noch eine Bemerkung Rückgabe und Wiedergutmachung.

Es treten durch den Zeitlauf manchmal fast unentwirrbare Fälle auf.
Selbst erlebt:
Ein jüdischer Deutscher betrieb eine kleine Werkstatt im Stadtgebiet und wurde von den Nazis enteignet.
Dieses Gebiet wurde von Bomben in eine Trümmerwüste verwandelt.
In der Aufbauphase wurde eine neue Straßenführung festgelegt und das Gebiet zum Teil mit Fabriken und einem Kraftwerk bebaut.
Als es um die Rückgabe ging war der Ort der Werkstatt nicht mehr feststellbar.
lupus

Tina48
Tina48
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Tina48
als Antwort auf lupus vom 24.01.2022, 17:45:12

Was haben die beiden ersten Sätze Ihres Beitrages mit dem dritten Satz Ihres Beitrages zu tun ?

Und mit dem vierten ?

Wo ist da der Zusammenhang ? Und was genau möchten Sie damit sagen ?.

(Ich meine den vorletzten Beitrag von Ihnen)

rose42
rose42
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von rose42
als Antwort auf lupus vom 24.01.2022, 17:45:12

Ich bin Jhrg. 1942, habe deshalb nicht wirklich die Schrecken dieser Zeit mitbekommen. Ich bin in der Großfamilie meines Großvaters zusammen mit Cousine und Cousin am Stadtrand von München aufgewachsen. Ich war von den Kindern die Älteste und  hatte die Aufgabe, mich und die  beiden anderen unsichtbar zu machen, wenn ein gewisser "Gschaftlhuber" auftauchte. Vorallem war uns nicht erlaubt, mit diesem Mann zu reden. Wir wußten, daß der böse ist und uns ausfragen würde, daß er nichts Gutes im Sinn hat - was genau, wußten wir nicht. Aber wir hatten Angst vor ihm und verzogen uns in unsere Verstecke. Im Heuschober und in der Remise kannten wir uns gut aus und wir verhielten uns still, bis der wieder weg war.
Jahre später konnten wir unsere Schlüsse aus den Gesprächen der Erwachsenen ziehen. Durch die Gärtnerei aber auch durch unser Engagement für unsere Kapelle mitsamt der Religionsgemeinschaft war bei uns immer  "Tag der offenen Tür". Wir waren eine richtige kleine, intime Dorfgemeinschaft, in der jeder jeden kannte - und das obwohl wir Teil der Großstadt München waren. Ich hatte Glück,  in dieser kleinen Gemeinschaft aufzuwachsen und kann mir vorstellen, welch Grauen meine Alters-genossen in der Innenstadt erleben mußten.
Hoffen wir, daß die Menschen (vorallem die Politiker) Kriege schon im Ansatz vermeiden.
 


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Tina48
Tina48
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Tina48
als Antwort auf rose42 vom 24.01.2022, 18:29:42

Der letzte Satz regt zum Nachdenken an .
Ich hoffe das zwar auch , gehe aber nicht davon aus , dass das vermeidbar ist .
Zumindest ist es nicht durchführbar .
Weil es so viele unterschiedliche Gründe für Kriege gibt .
Mal sind es Gebietsansprüche , mal Rohstoffansprüche , mal ...ja, was eigentlich ?
Machtansprüche ?
Stellvertreterkriege ? 
Puh.....da gibt es so viele Gründe .
Die mir alle nicht einleuchten .
Was ich bis heute nicht verstehe , das ist der "Völkermord" in einem Krieg .
Also der Vernichtungswille gegenüber einer "Rasse" , einer "Religionszugehörigkeit" , einer "Minderheit" .
Das hat doch mit dem eigentlichen Begriff "Krieg" nichts zu tun .

Sehen Sie das anders ?
 

olga64
olga64
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von olga64
als Antwort auf rose42 vom 24.01.2022, 18:29:42

Ich bin 1944 geboren und meine Mutter konnte, als sie mit mir schwanger war, aus dem stark angegriffenen München nach Garmisch ziehen,  wo wir bis weit nach Kriegsende blieben.
Ich habe natürlich keinerlei Erinnerung an diese Zeit, aber meine Mutter schilderte sie immer als ruhig, so als ob der Krieg anderswo sich austobte.
Mein Grossvater wohnte in Murnau, nicht weit weg von Garmisch und versorgte uns auch mit allem, was nötig war. Zudem verkaufte meine Mutter Schmuck usw. an die Garmischer Bauern,die dadurch sehr reich und wohlhabend wurden, weil es viele machten, die dort leben konnten.
Als wir Ende 1945 wieder nach München zogen, war unser Haus nicht ausgebombt und wir konnten dort sofort wieder einziehen. Meine ersten ERinnerungen setzten ungefähr 1948 ein, als mein Vater aus dem Gefängnis entlassen wurde, wo er als unverbesserlicher Nazi einsitzen musste. Und dann kam bald mein Bruder auf die Welt - auch daran erinnere ich mich, weil es ein Einschnitt in meinem Leben war.
Ansonsten war aber die zerbombte Stadt München für uns als Kinder auch ein Abenteuerspielplatz, sei es auf der Strasse oder an der Isar. So richtig beaufsichtigt wurden wir nicht; wir kamen nach Hause, um was zu essen und zu schlafen.
1950 wurde ich dann eingeschult; dann wurde es natürlich strenger, es gab Hausaufgaben, die zu erledigen waren.
Besonders gerne erinnere ich mich an die Amerikaner, die in Bayern lebten. Die mochten uns Kinder, waren fröhlich und sehr freigebig. Die erste Schokolade, den ersten Kaugummi bekam ich von diesen freundlichen Besatzern. Auch das vergesse ich nie. Olga

Tina48
Tina48
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Tina48

Extra für futura mal nach oben gespült 😊


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schorsch
schorsch
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von schorsch
als Antwort auf olga64 vom 24.01.2022, 19:24:16
........... Meine ersten ERinnerungen setzten ungefähr 1948 ein, als mein Vater aus dem Gefängnis entlassen wurde, wo er als unverbesserlicher Nazi einsitzen musste.......... Olga
Dass du dich als Kind eines Nazis outest verdient meine/unsere Bewunderung. Die meisten Nachkommen dieser "Unverbesserlichen" deuten nur mit dem Zeigefinger auf "die Anderen".
pschroed
pschroed
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von pschroed
als Antwort auf schorsch vom 29.01.2022, 17:40:25
........... Meine ersten ERinnerungen setzten ungefähr 1948 ein, als mein Vater aus dem Gefängnis entlassen wurde, wo er als unverbesserlicher Nazi einsitzen musste.......... Olga
Dass du dich als Kind eines Nazis outest verdient meine/unsere Bewunderung. Die meisten Nachkommen dieser "Unverbesserlichen" deuten nur mit dem Zeigefinger auf "die Anderen".
Ich finde das auch lobenswert, 👍 es ist nicht einfach seine Erzieher ins ehrliche Licht zu stellen. Phil.
JuergenS
JuergenS
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf lupus vom 24.01.2022, 17:45:12

Wenn es um eigene Erlebnisse aus der Nazizeit geht dürfte es hier im ST nur ganz wenige Teilnehmer geben. Ich gehöre nach dem Alter auch nicht ganz dazu.
Es ist für mich schon immer erstaunlich auf welche Behauptungen ein nicht kleine Teil unserer Eltern , Großeltern und Angehörigen darauf hereingefallen sind und das zum Teil wirklich geglaubt haben müssen.
Wie „wir die Herrenrasse, wir ein Volk ohne Raum, die Bedrohung von allen Seiten und besonders aus dem Osten“.
Wäre es heute möglich, dass solche Behauptungen wieder von einer großen Anzahl von Menschen als real und glaubwürdig aufgenommen werden?
Nein, ich will es nicht glauben , aber ich bin mir nicht sicher.
lupus
 
 
Diesen deinen Satz greif ich mal auf:

Wenn es um eigene Erlebnisse aus der Nazizeit geht dürfte es hier im ST nur ganz wenige Teilnehmer geben.

genau aus diesem Grunde hab ich den Titel so gewählt, um anzuregen, über eigene Sichtweisen freiwillig berichten, die ja fast nur aus Nachkriegs-Erlebnissen stammen können.
Wie sich zeigt, hat dies funktioniert, und die unterschiedlichen Aussagen sind hochinteressant, finde ich.
Mein Vater war Soldat, kam aus dem Krieg zurück, aus Gefangenschaft am Gardasee. Wir lauschten gerne seinen Erzählungen, er erzählte auch wenige schreckliche Erlebnisse, war nie direkt an einer Front, aber auch offensichtlich "nur Mitläufer", er war "nur" Gefreiter beim Kommiss, wie er sich immer ausdrückte.
Bias
Bias
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Bias
als Antwort auf JuergenS vom 29.01.2022, 18:45:09

All das sind Fragen, die immer wieder in gleicher oder veränderter Form regelmäßig gestellt werden.
Doch wäre es nicht interessant zu erfahren, wie es kam, dass große Teile der Intelligenz, der Generalität, der Finanzwelt, der Industriellen, des Klerus usw., den "Böhmischen Gefreiten" auf seinem Weg an die Macht und danach unterstützt haben?
Was muss geschehen um solche Leute zur Unterstützung zu gewinnen?
 


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