Innenpolitik Wir Älteren und die Nazizeit
Ich hatte mich mal (1965 ?) nach einem interessanten Vortrag Wernher von Brauns zum Thema moon race und des ersten Geminiaußeneinsatzes im All, erfolgreich angestellt, um ein Autogrammm (und ein Fetzchen silbrig glänzenden Weltraumanzugmaterials zu erhaschen.
Um so größer war meine Enttäuschung,als über 10 Jahre später, bekannt wurde, wie groß seine Verbindungen zum NS - Regime (er selbst war Obersturmbannführer der SS ) und seine Kenntnisse über die unmenschlichen Einsätze von Zwangsarbeitern an seinem Raketenprogrammen (Wunderwaffe) waren. 1975 bekam er den Siemens- Ring als Auszeichnung.
Seine NS Vergangenheit hat ihm - ab 1945 für die Amerikaner arbeitend - nicht geschadet.
Genauso wenig wie die z.T. sehr enge und engagierte Zusammenarbeit mit dem braunen Regime vielen Ingenieuren u.a. geschadet hatte, die nach 1945 /50 in der Industrie Karriere bis in höchste Ämter gemacht hatten und z.T. hochdekoriert wurden . Die Liste wäre nicht gerade kurz ...
Aber : ihr Wissen und Können war im Wirtschaftswunderaufschwung gefragt, nicht ihre politischen Auffassungen.
aixois
Aber : ihr Wissen und Können war im Wirtschaftswunderaufschwung gefragt, nicht ihre politischen Auffassungen.Wir könnten es heute ganz profan runterbrechen:
geschrieben von aixois
Heute ohne Smartphone? Undenkbar!
Damals nicht in der Partei? Ging gar nicht.
Dir Organisation hat von Braun alles abgenommen, da hatte er gar keinen Einfluß drauf.
Heute würde das als 'Corporate Cultur' oder 'Incentives' bezeichnet.
Es ist überhaupt die Frage, ob vB davon überhaupt etwas bemerken konnte.
Zwar bin ich nicht von Braun, aber ich wurde auch gepäppelt; und sämtliche Aufgaben, die mich vom Projekt abgelenkt hätten, wurden einfach abgenommen. Davon kriegte ich nicht mal was mit, das gehörte einfach dazu wie das KaffeeTrinken.
Ein offenes Geheimnis? Schon bis Juni 1945 ließ Stalin die ersten 100 Wissenschaftler und Techniker in der SBZ aufspüren und umsiedeln. ... Im Ergebnis arbeiteten zwischen 1945 und 1955 rund 1000 deutsche Wissenschaftler in den USA – und 3000 in der Sowjetunion. Nicht alle waren unfreiwillig gekommen Mit dem absehbaren Ende des 2. WK begannen sich die Alliierten darauf vorzubereiten, deutsches Knowhow abzuschöpfen. Die Siegermächte hatten sich bei Kriegsende geeinigt, dass eine der möglichen Reparationsleistungen auch die Nutzung von Arbeitskräften ist, woraufhin ein Wettlauf um die klügsten Köpfe begann. An erster Stelle stand die Kernphysik zur Entwicklung der Atombombe, gefolgt von der Raketentechnik (Vergeltungswaffe V2) und weiterer Waffen.
Anders als die Bundesrepublik zahlte die DDR jedoch Personen, die aus rassistischen Gründen im NS-Staat enteignet wurden, keine Entschädigung; auch erfolgte keine Rückgabe von Betrieben, Immobilien und Kaufhäusern. Dies geschah erst nach der Wiedervereinigung. Materielle "Wiedergutmachung" an Israel, wie sie von der Bundesrepublik geleistet wurde, lehnte die DDR strikt ab.
Aus einem Statement von Prof. Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin.
Wenn dies stimmen würde, dann hätte Hitler (und seine Rüstungspolitiker) die Leitung der Entwicklung der V-Wunderwaffe in Peenemünde entziehen müssen, wenn von Braun kein Parteimitglied gewesen wäre. Ich kann mir das nicht vorstellen.Damals nicht in der Partei? Ging gar nicht.
Hitler hat ja gerade aus 'Liebe' zu seiner Wunderwaffe, von Braun vor der Verfolgung Himmlers (der von Braun wegen Wehrkraftzersetzung in die Wüste schicken wollte) gerettet.
Nicht NSDAP Mitglied zu sein, war sicher ein Makel auf dem Lebenslauf und ein Hemmnis, wenn man in höchste Ämter gelangen wollte (notfalls soll, in Einzelfällen, eine Mitgliedschaft ohne das Zutun/Unterschrift/Wissen des Betreffenden erfolgt sein).
Die NSDAP betrieb eine Politik der Inklusion/Exklusion, mit eindeutiger Benachteiligung von Nicht-Mitgliedern (z.B. 'Berufsverbot' von Anwälten,/Versagung d Zulassung zum Gericht, oder Verweigerung von 'Sozialhilfe' usw.).
Die Abnahme aller nötigen Alltagsarbeiten, galt dem Vorhaben, nicht von Braun.VB sollte 24/24 - 7/7 sich auf seine Arbeit konzentrieren können. Das schloss aber nicht aus , dass er sich sehr wohl der Zwangsarbeiter bediente und auch mit eigenen Augen mehrmals gesehen hatte, wie (wie vB es selbst bezeichnete) 'unmenschlich' diese armen Kerle schuften mussten und 'verheizt' wurden (Leichen der an Erschöpfung/Abmagerung gestorbenen Arbeiter lagen da rum, als er Arbeitslager besichtigte, um die fähigsten Arbeiter auszuwählen) wurden.
Die Frage, ob er was hätte ändern können, muss letztendlich offen bleiben.
Er hatte ja nicht versucht, im Interesse der besseren Qualität,der Erhöhung der Motivation, der Vorbeugung von Sabotage, usw. die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Natürlich war er nicht Täter, und deshalb als 'Mitläufer' eingestuft .
aixois
Nun Michiko, vielleicht hat die Knausrigkeit der DDR etwas damit zu tun, dass sich die BRD als der einzige Rechtsnachfolger des Deutschen Reich bezeichnet hat.
Nun Michiko, vielleicht hat die Knausrigkeit der DDR etwas damit zu tun, dass sich die BRD als der einzige Rechtsnachfolger des Deutschen Reich bezeichnet hat.Eine noble Geste der DDR, dem nicht zu widersprochen zu haben?
zum Thema Peenemünde hab ich noch, kurz gefasst ein indirektes Erlebnis und eine Erkenntnis beizutragen.
Zu meiner halben bisherigen Lebenszeit, also vor etwa vierzig Jahren, hatte ich den Prof. Oberth, bei dem auch von Braun studiert hatte, in seinem Weltraum-Museum in Feucht bei Nürnberg, hochbetagt, persönlich kennengelernt. Oberth gilt als einer der Schöpfer der Raumfahrt, war aber ähnlich wie Braun mit der V1/V2 Entwicklung/Produktion involviert.
Beinahe wäre dadurch eine Verbindung mit der Halbleiter-Sparte von Siemens entstanden, einige Exponate in seinem Museum ausgestellt worden.
Ich habe auch ein Buch von O. mit eigener Signatur.
Was ich erst jetzt weiss, ist, dass sowohl Braun als auch Oberth 33 resp.34, also ganz früh in die NSDAP eingetreten sind, also auch begeistert waren, ähnlich wie Stauffenberg und die Geschwister Scholl am Anfang.
Jahrzehntelang war erst mal nix mehr, und seit 4 Jahren, wieder durch Zufall, bin ich auf die Bewegung "Stolpersteine" gestoßen, mein erster Kontakt mit Juden, die ich nun unterstütze.
Nach dem was ich inzwischen weiss, und das ist viel mehr als vor 40 Jahren, stehen beide Erlebnisse im krassen Widerspruch zueinander.
wer zugeben kann
sich mal im Leben
geirrt zu haben....
....und dann
die Konsequenzen
daraus zieht!
In Brandenburg in einer umfunktionierten Turnhalle sitzt derzeit der 101-jährige Josef S. vor Gericht wegen Beihilfe zu heimtückischen und grausamen Morden an mindestens 3518 Menschen.
In sechs Verhandlungstagen haben vier Opfer auf dem Zeugenstuhl gesessen.
Letzten Donnerstag sass da Emil Farkas aus Israel, Häftling in Sachsenhausen und über 90 Jahre alt. Worte wie "Jawoll" und "Obersturmbannführer"spricht er anscheinend bis heute akzentfrei aus.
Er wurde zusammen mit seinen Geschwistern und der Mutter mit 15 Jahren nach Sachsenhausen deportiert. Das Erste, was sie sahen, war ein Galgen; daran hingen 10Menschen.
Er musste auf de sog. Schuhläuferstrecke arbeiten. Dort wurden verschiedene Materialien für Soldatenstiefel getestet unter Belastung, da ein neuer Schuhtyp entwickelt werden sollte, damit die Soldatenfüsse nicht erfrieren.
Das hiess für die Gefangenen: täglich von 6 - 17 Uhr mit jeweils 15 kg Sand auf dem Rücken auf Schotter, Lehm, im Wasser usw laufen - ohne ausreichende Nahrung und Wasser.Wer umfiel, wurde auf der Stelle erschossen.
Dabei mussten sie singen und zwar bevorzugt das schöne, deutsche Marscchlied: "In der Heimat, da wohnt ein kleines Mädelein und das heisst Eeerika...." (er sang es auch als Zeuge vor Gericht).
Sowohl seine Geschwister als auch seine Eltern haben das KZ nicht überlebt.
Der Angeklagte erklärte, er kenne Sachsenhausen nicht, sei nie dort gewesen. Es gibt mehrere Dokumente, auch Originalakten der SS,diebelegen, dass ein Josef S. 1920 geboren von Januar 1942 bis Mitte Februar 1945 in sechs verschiedenen Kompaniendes SS-Totenkopf-Wachbataillons im KZSachsenhausen Dienst tat, zuletzt als sog. "Rottenführer".
Nach der Kriegsgefangenschaft lebte er in der DDR; auch die Stasi wusste um seine Vergangenheit.
Ob es der alte Herr doch noch schafft, Frieden mit sich, seinem Leben und den Opfern, die vor Gericht vor ihm sassen und ihre dramatischen Erlebnisse auch nach so vielen Jahrzehnten noch nicht verarbeitet haben, zu schliessen? Es wäre ihm zu wünschen. Olga