Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Warum wird das in Sachsen zugelassen?

Innenpolitik Warum wird das in Sachsen zugelassen?

Karl
Karl
Administrator

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.09.2015, 08:33:26
@ Funker,

es geht auch darum, dass die Minderheit der Rechtsradikalen den Ruf eines Landes ruinieren kann. Deshalb wäre Selbstkritik nicht ungeschickt anstelle reiner Verteidigungsreflexe.

Karl
DonRWetter
DonRWetter
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von DonRWetter
als Antwort auf Karl vom 25.09.2015, 09:37:51
Irgendwie bescheren mir diese Reflexe ein deja vu:

Ich habe ungefähr 5 Jahre meines Berufslebens in Sachsen zugebracht und dort im Auftrag eines europäischen Konzerns eine Unternehmen mit Betrieben in Dresden und Leipzig übernommen, neu organisiert und geleitet.

Einen großen Teil meiner Zeit verbrachte ich in Besprechungen, in denen die dortigen Mitarbeiter die Verfahrenweisen der Vergangenheit (nicht politisch, sondern betriebswirtschaftlich und technisch) verteidigten.

So viel passiven Widerstand und Beharrungsvermögen hatte ich bis dahin nicht erlebt.

Ich hätte da einige absurde Beispiele parat.

Meine Interpretation ist die, daß die Wende und letztendlich das Scheitern des dortigen Gesellschaftssystems von Teilen der Bevölkerung (von meinen damaligen Leuten ganz sicher) als große Niederlage empfunden wurde und wird. Mit allen Mitteln wird es von diesen Kreisen nun verteidigt.

Ich denke, das ist eine Generationenfrage, denn die Generation Wende hat ihre Identität verloren. Erst die nächste Generation hat eine neue.
ehemaligesMitglied49
ehemaligesMitglied49
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von ehemaligesMitglied49
als Antwort auf DonRWetter vom 25.09.2015, 16:07:31
Das ist eine zu einfache Sicht der Dinge.
Wenn die Mehrheit das alte System behlten wollte, hätte es die Wende nicht gegeben.
Siehs mal so.
Du wachst früh auf und nichts ist mehr so wie am Tag vorher, nicht mal dein Ausweis gilt noch, dein Arbeitsplatz ist weg, deine Wohnung gehört irgendeinem "Investor", der dich rausrenoviert u.s. w.
u.s.f..
Die "Wessis" mußten sich nur mit dem Soli abfinden und da gabs schon Ärger genug.
MfG
doerflerin

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DonRWetter
DonRWetter
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von DonRWetter
als Antwort auf ehemaligesMitglied49 vom 25.09.2015, 16:32:33
Mag sein, daß die Sicht zu einfach ist. Ich erhebe auch keinen Anspruch darauf, die alleinige Wahrheit zu haben. Ich habe auch nur Erfahrungen mit einem Teil der Bevölkerung, der sicher nicht der ungebildetste war.

Die Mehrheit hat m.E. das neue Gesellschaftssystem gewollt, weil es sich den westdeutschen Lebensstil davon versprochen hat. Die damit verbundenen Änderungen fast aller Lebensbereiche waren dann - auch das ist durchaus verständlich - erstmal überraschend.

Ich kann die Schwierigkeiten und den Schock durchaus verstehen, daß man aufwacht und plötzlich ist die Welt eine andere. Ich habe 10 Jahre nach der Wende in Ostdeutschland zugebracht und habe durchaus einiges davon erlebt.

Nach der anfänglichen Euphorie kam dann Ernüchterung und häufig Enttäuschung auf. Auch logisch und verständlich. Auch, daß von Teilen der Bevölkerung nun das alte System verteidigt und alle Schuld beim neuen System gesucht wird.

Wie gesagt: Ein Generationenproblem.

Mein Sohn und ich haben noch viele Kontakte zu unseren alten Wohn- und Wirkungsstätten und bei den jungen Leuten, abgesehen von den Verlorenen (als die ich den rechten Mob hier und dort sehe) merkst Du kaum noch Unterschiede. Das lässt mich sicher sein, daß die Wiedervereinigung (oder der Beitritt, wie man will) letztendlich ein gelungenes Projekt sein wird.
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf DonRWetter vom 25.09.2015, 16:47:00
Du hast nicht nur ein Körnchen der Wahrheit gefunden mein lieber Don, sondern ein richtig großes Korn. Anfang der 90er waren die Ostdeutschen ein "geschlagenes Volk". Wir hatten uns abgestrampelt, um aus Scheiße Gold zu machen und dann kam die Wende.

In den Kneipen brodelte es und Viele waren zerstritten, was nun zu tun sei. Jeder hatte eine andere Idee und verurteilte seinen Gegenüber. Und dann setzte sich ein "Wessie" an den Tisch und alle Zerstrittenen hatten plötzlich ein Feindbild. Allerdings waren auch viele der "exportierten" Beamten ziemliche Flachzangen.

Ich habe in diesen Tagen einen Verlag und eine Werbefirma betrieben - das war nicht einfach und 1999 hatte ich keine Lust mehr, habe ich alles verkauft und bin nach Den Haag gezogen, um dort das selbe zu betreiben. Chemnitz war einfach nicht mehr meine Heimat. Alles was Du geschrieben hast, stimmt hundertprozentig.

Ich küsse Deinen Ring Don.

:)
Juliana
Juliana
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von Juliana
als Antwort auf Karl vom 25.09.2015, 09:24:47

Eigentlich dürfte die Häufigkeit überhaupt keine Rolle spielen, denn, jeder Anschlag ist einer zu viel.

ein_lächeln_
geschrieben von karl

Das meine ich auch, egal wo so etwas in Deutschland passiert.
Beim zweiten Teilsatz von ein_lächeln_für_Dich sind wir uns doch hoffentlich alle einig!

Dass die Häufigkeit keine Rolle spielt, sehe ich allerdings nicht. Diese Analyse ist Teil der Ursachenbekämpfung. Wer nicht sehen will, wo die "Brennpunkte" sind, kann nicht verstehen, was die Ursachen sind.

Karl
geschrieben von ein_laecheln_fuer_dich

Mein Hauptaugenmerk bei diesem Satz lag auf "...jeder Anschlag ist einer zu viel", womit die Häufigkeit ausgehebelt wird.

Niemand mehr als wir aus den neuen Bundesländern versteht wohl besser, was die Ursachen für den Rechtsradikalismus in Sachsen sind.
Sachsen ist ein Brennpunkt, wo sich die Fälle häufen. Deshalb ist auch der Focus auf dieses Bundesland gerichtet.
Dabei besteht aber die Gefahr, dass übersehen wird, dass es (s. Analysen) noch mehr Brennpunkte in Deutschland gibt. Auch hier im ST zeigt sich das.

Juliana

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ehemaligesMitglied49
ehemaligesMitglied49
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von ehemaligesMitglied49
als Antwort auf dutchweepee vom 25.09.2015, 17:11:49
Da unterscheidet uns etwas.
Ich bin, trotz aller Schwierigkeiten hier geblieben, in Sachsen.
Ich habe auch nicht in einer Kneipe rumgedudelt, sondern in einer Bürgerinitiative gegen die Braunkohle geackert
Ich habe das auch nicht bereut, denn heute ist Sachsen ein florierendes Land und mein Haus steht noch und ist total renoviert.
Vor der Wende wäre es fast zusammengekracht und ich habe schon an Auszug gedacht, aber Wohnungen gabs ja auch nicht.
@Donner
Ich glaube du verwechselst hier etwas.
Die das alte System gern wiederhätten sind die Linken und deren Truppe fürs Grobe die Linksextremisten.
Die Nazis wollen höchstens ein schon älteres System und so traurig es sein mag,deren Anführer und Ideologen kamen nach der Wende erstmal alle aus dem Westen.
MfG
doerflerin
DonRWetter
DonRWetter
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von DonRWetter
als Antwort auf dutchweepee vom 25.09.2015, 17:11:49
Du hast nicht nur ein Körnchen der Wahrheit gefunden mein lieber Don, sondern ein richtig großes Korn. Anfang der 90er waren die Ostdeutschen ein "geschlagenes Volk". Wir hatten uns abgestrampelt, um aus Scheiße Gold zu machen und dann kam die Wende.

In den Kneipen brodelte es und Viele waren zerstritten, was nun zu tun sei. Jeder hatte eine andere Idee und verurteilte seinen Gegenüber. Und dann setzte sich ein "Wessie" an den Tisch und alle Zerstrittenen hatten plötzlich ein Feindbild. Allerdings waren auch viele der "exportierten" Beamten ziemliche Flachzangen.

Ich habe in diesen Tagen einen Verlag und eine Werbefirma betrieben - das war nicht einfach und 1999 hatte ich keine Lust mehr, habe ich alles verkauft und bin nach Den Haag gezogen, um dort das selbe zu betreiben. Chemnitz war einfach nicht mehr meine Heimat. Alles was Du geschrieben hast, stimmt hundertprozentig.

Ich küsse Deinen Ring Don.

:)


Danke, Danke, Danke. Zu viel der Ehre





Da gab es unterschiedliche Strategien in den Firmen in Westdeutschland.

Man brauchte Mitarbeiter für den neuen Teil der Bundesrepublik. Da wurden dann alle Abteilungen verdonnert, Mitarbeiter abzustellen. (welche wurden da wohl abgestellt?)

Andere Firmen schrieben die neuen Stellen intern aus und die flexiblen bewarben sich.

In Behörden wurde nach der ersten Version vorgegangen. In den Firmen grösstenteils nach der zweiten. Und manche Firmen verpennten das komplett.

Die anfänglich überwiegend bezahlte "Buschzulage" von 20% war natürlich auch ein Argument.

Bemerken möchte ich, daß die 2 Firmen, die ich in den 10 Jahren in Ostdeutschland "gemacht" habe, heute von lokalen Kräften geführt werden, die jeweils meine direkten Nachfolger waren.

Mein Fazit ist, daß Leute mit Lokalkolorit (speziell in Sachsen) bei gleicher Qualifikation und Erfahrungen besser klarkommen.
Direkt nach der Wende gab es die nicht.
Die besten Erfahrungen haben wir mit ehemaligen Offizieren der NVA gemacht.

Sorry für ein bisschen OT, aber Ostalgie
DonRWetter
DonRWetter
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von DonRWetter
als Antwort auf Juliana vom 25.09.2015, 17:30:59

...
Niemand mehr als wir aus den neuen Bundesländern versteht wohl besser, was die Ursachen für den Rechtsradikalismus in Sachsen sind.
...
Juliana


Genau das sehe ich anders.

Abgesehen davon, daß die Aussage in dieser Pauschalität niemals richtig sein kann, sind Analysen von außerhalb naturgemäß objektiver, weil ergebnisoffen.

Sorry. Die Analysen der "Insider" hier sind alles, aber nicht ergebnisoffen.
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Warum wird das in Sachsen zugelassen?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf DonRWetter vom 25.09.2015, 17:39:27
Ein interessanter Aspekt Don. Mein Bruder war Oberst - Leiter Aufklärung der 9ten Panzerdivision in Eggesin. Nach seiner Entlassung aus dem aktiven Dienst 1991 wurde er sofort vom Praktiker Baumarkt als Leiter für drei Baumärkte in Dresden-Meißen-Radeberg eingestellt und hat später in Polen und in der Ukraine weitere Baumärkte aufgebaut - sozusagen hinter der "final frontier".

Leider ist er 2003 an einem Darm-Melanom verräppelt. Man hat jetzt zugegeben, dass dies Hübenwiedrüben an der Einwirkung der Radar-Emmission in den Stabswagen liegt - auch Heute noch. Noch Heute sitzen weltweit und in Deutschland Soldaten und Offiziere in Stabswagen mit Radar oben drauf!

p.s.: Bitte nagelt mich jetzt nicht auf die Lokalitäten der Praktiker Baumärkte fest - es waren drei rings um Dresden - vielleicht auch zwei in Dresden.

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