Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?

Innenpolitik Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?

wandersmann
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf olga64 vom 01.07.2022, 19:11:19

Auch mir war diese Replik von Dir klar, aber dass die DDR ein nazifreundlicher, undemokratischer Unrechtsstaat war, wissen wir ja. Was überrascht Dich da also?
War er zu gut für Bautzen?

olga64
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von olga64
als Antwort auf wandersmann vom 01.07.2022, 19:21:39

Ich kann nur Hohenschönhausen beurteilen, weil ich dort zweimal zu Besichtigungen war, die von ehemaligen Insassen geführt wurden. Und mein Entsetzen über solche Zustände in einem Knast werde ich wohl lebenslang mit mir rumtragen.
Dieses Arbeiter- und Bauern-Paradies hat sich während seiner ganzen Existenz versucht, als antifaschistes Bollwerk hinzustellen; Generationen von Kindern wurden in dem Glauben geschult, dass die Nazis alle im Westen leben.
Macht Ihnen das eigentlich nie zu schaffen, wie man Euch desinformierte? Erinnert aktuell sehr daran, wenn man das ähnliche Verhalten von Putin sieht,der sein Volk ebenfalls auf diese Art und Weise dumm zu halten versucht. Olga

Bias
Bias
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von Bias
Steht morgen im Darmstädter Echo, das Interview mit Hermann Joseph Bausch-Hölterhof, dem  bekannten Gefängnisarzt.
Es hat zwar nichts unmittelbar mit dem Thema, uralter Naziwärter vor Gericht und Tötungsfabriken, zu tun, doch das Böse hat beobachtbar ja nicht aufgehört mit dem Dritten Reich.

Um Erwartbares vorwegzunehmen: Nein, ich will nicht ablenken, will nicht relativieren.
Fand nur – es ist auch in diesem Rahmen und im Zusammenhang mit Frau Arendts Beobachtungen lesens- und nachdenkenswert (siehe: „Die meisten Mörder hatten ­zuvor ein recht normales, kleinbürger­liches Leben, waren im Verein, hatten eine Familie“).

Thema:
Warum sind Menschen böse

Psychopathen und Narzissten, Sadisten und Pädophile – Joe Bausch kennt sie alle. Mehr als 30 Jahre war er Arzt im ­Hochsicherheitsgefängnis, bekannt ist er als Pathologe aus dem Kölner „Tatort“. Aber wie erkennt man einen Kriminellen? Warum interessieren sich vor allem Frauen für wahre Verbrechen?

Anja Wasserbäch
Herr Bausch, Sie zitieren eine Sta­tistik, dass angeblich jeder während seines Lebens im Durchschnitt rund 36 Mördern, 51 Sexual­straftätern und Vergewaltigern sowie rund 370 Psychopathen begegnet. Wie viele dürften es bei Ihnen gewesen sein?

Bei mir war das die Ausbeute von einer ­Woche Sprechstunde im Gefängnis.
Sie waren mehr als 30 Jahre Gefängnisarzt in der Justizvollzugsanstalt Werl, dem Hochsicherheitsgefängnis von Nordrhein-Westfalen. Was war da Ihre Arbeit?
Ich habe nichts anderes getan als ein Arzt in einer Sprechstunde: dagesessen und gewartet, wer kommt. Ein Insasse hat den Anspruch, einmal die Woche seinen Arzt zu sprechen, egal ob er Beschwerden hat oder nicht. Das ist viel besser als draußen. Auf der anderen Seite gibt es keine freie Arztwahl. Es kommen welche, die haben nichts, manche nicht viel. Es geht von Migräne über Hepatitis und HIV bis zum Herzinfarkt. Oft geht es darum, herauszufinden, ob er was hat oder nicht. Zudem muss man Stellungnahmen machen, wenn sich einer über dich beschwert. Man muss sich mit Gutachtern und Psychologen austauschen. Und man eilt zu Notfällen wie etwa einem Suizidversuch oder epileptischen Anfall.
Wer saß denn in Werl während Ihrer Zeit ein?
Bekannt sind etwa der Geiselnehmer von Bottrop, Dieter Degowski, oder auch der Ruhr-Ripper Frank Gust. Es ist ein Hoch­sicherheitsgefängnis für 1150 männliche ­Insassen, da sitzt schon die Crème de la Crème ein. Und wir haben die größte Sicherheitsverwahrung in Deutschland.
Der Werl-Insasse Kurt Knickmeier ist gerade in den Medien, weil er sich assistierten Suizid wünscht.
Knickmeier war nach einem Dreifach-Mord etwa sechs Jahre Insasse der JVA Werl, bis er dort neben Michael Heckhoff vor 30 Jahren zum ­Protagonisten einer spektakulären Geiselnahme im Knast wurde, an deren Ende er eine junge Zahnarzthelferin und einen Krankenpfleger anzündete, die er zuvor mit hochprozentigen Desinfektionsmitteln übergossen hatte. Beide überlebten, erlitten aber schwerste Brandverletzungen, unter denen sie zeitlebens leiden. In die JVA Werl kam er nicht mehr zurück.
Knickmeier ist weiter im Gefängnis und möchte nun sein Leben beenden, wenn er nicht die Chance sieht, entlassen zu werden. Wie stehen Sie dazu?
Das ist ganz einfach. Das Gesetz in Deutschland sieht vor, dass ein Mensch Anspruch darauf hat, sich das Leben nehmen zu können. Das Problem ist, dass es keinen ­Betäubungsmittelautomaten im Knast gibt. Ein Arzt wird ihm auch nicht helfen, weil das eine Grauzone ist. Ein assistierter Suizid ist hier ein heikles Thema, in der Schweiz oder den Niederlanden ist es das nicht. Das Gesetz ist da, aber wir ringen noch um die Umsetzung. Es ist eine nachvollziehbare Entscheidung. Wir sind in einer säkularen ­Gesellschaft. Die Länder, in denen es erlaubt ist, zeigen, dass damit kein Missbrauch betrieben wird. Natürlich muss man abwägen, ob man einen depressiven 15-Jährigen vor sich hat oder jemand anderen.
Die Frage ist ja auch eine moralische, wenn ein Krimineller im Gefängnis sitzt, oder?
Genau. Wenn einer lebenslang hat, macht er daraus quasi eine Todesstrafe, die es bei uns nicht gibt. Wenn einer ob der Schwere der Schuld weiß, dass er 70 Jahre alt sein wird, bis er rauskommt, könnte er zum Anstaltsarzt gehen und dem ein Ende setzen. Aber so leicht wird es schon nicht sein. Und aus meiner Erfahrung wird es nicht viele geben. Diese bilanzierenden Suizidalen ­waren die Ausnahmen. Die, die am lautesten danach rufen, machen das dann nicht. Das sind meist narzisstische, selbstgefällige ­Psychopathen. Ich denke nicht, dass wir auf einmal mehr Zellen frei hätten.
Die große Frage ist doch: Was macht einen Menschen überhaupt böse?
Ich weiß es nicht. Man kann es nicht sagen. Es gibt Menschen, die hatten eine schlimme Kindheit, sind missbraucht und vernachlässigt worden – und werden nicht straffällig. Auf der anderen Seite gibt es welche, die sind in Wohlstand aufgewachsen und geliebt ­worden – und sind narzisstische, psycho­pathische Arschlöcher. Es gibt bei Gewalt­verbrechern in Hirnscans durchaus Ver­änderungen zu sehen. Es gibt auch Unter­suchungen über genetische Veränderungen und Testosteron, doch ganz klar ist alles nicht. Wenn du aber Psychopath bist und ­dazu auch noch doof, ist die Wahrschein­lichkeit, dass du im Knast landest, recht hoch.
Wie meinen Sie das?
Die klügeren Psychopathen sitzen wo­anders: Die treffen Sie auf der Autobahn oder bei der Arbeit. Die kennt jeder, aber die töten nicht. Ein narzisstischer Mann, der seine Frau betrügt oder stalkt, ist ein Arschloch, aber kein Krimineller. Vieles musste in der Gesellschaft erst wachsen, was zum Beispiel Gewalt in der Ehe angeht. Im Knast finden Sie wenige Banker, Chef­ärzte oder Apotheker. Unter den Missbrauchern finden Sie wenig Akademiker. Dabei ist ein Prozent der Gesellschaft pädophil, das geht durch alle Schichten.
Doch Frauen sind seltener Täterinnen, oder?
Im Augenblick sitzen in deutschen Gefängnissen rund 60?000 Menschen, davon sind gerade mal 2500 Frauen. Das sind weniger als fünf Prozent. Ein dramatischer Unterschied. Da kommt die Frage auf, ob Frauen per se die besseren Menschen sind.
Und?
Entweder das oder sie sind cleverer oder sie werden weniger verdächtigt. Aber das Verrückte ist, dass sie in der Realität viel seltener morden als in der Fiktion. Von „CSI: Miami“ bis „Tatort“ ist es im Fernsehen ­paritätisch. Frauen können besser mit ihren Impulsen umgehen. Sie heulen zwar viel, aber sie bringen keinen um.
Und wenn doch?
Frauen töten Männer, um sie endgültig loszuwerden. Männer töten Frauen, weil sie wollen, dass sie keinen anderen haben. Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Ex-Mann umgebracht. Die größte Angst von Frauen ist es, von einem Mann, den sie ­kennen, getötet zu werden. Bei gekränkten Männern geschehen die furchtbarsten Dinge. Ich denke da an einen bestimmten Fall: Eine Frau wollte sich am Ende der Schwangerschaft trennen. Er lauerte ihr vor dem Frauenhaus auf und schnitt ihr das Baby aus dem lebendigen Leib. Mutter und Kind starben. Wenn er heute vor dir steht, zeigt er keineswegs Reue. Er hat immer noch das Gefühl, das einzig Richtige getan zu haben. Man muss immer wieder schauen, wie man mit solchen Menschen umgeht, und sich ­fragen, wie es hätte anders laufen können. Glaubt man der Statistik, könnte man fast 90 Prozent der schweren Straftaten verhindern, wenn jemand rechtzeitig seine Beobachtungen mitgeteilt hätte.
Wie aber erkennt man Psychopathen?
Das ist die Frage und wohl ein Grund, warum sich viel mehr Frauen für True Crime ­interessieren. Frauen ist das näher. Ich spaziere abends alleine durch den Schlossgarten und denke nichts Böses. Frauen geht das anders. Sie schärfen ihre Sinne und Wahrnehmung für den Moment, der ihnen vielleicht mal begegnen wird. Das ist einer der naheliegenden Gründe, dass sie sich für True Crime interessieren. Die meisten Mörder hatten ­zuvor ein recht normales, kleinbürger­liches Leben, waren im Verein, hatten eine Familie.
„Maxima Culpa“ – was übersetzt so viel wie „größte Schuld“ heißt –, so lautet der Titel Ihres Buches. Empfinden Mörder Reue? Nehmen sie die Schuld auf sich?
Von Reue ist im Gefängnis selten die Rede. Die bemitleiden sich selbst. Forget it! Oder es kommt einer: „Hey Bausch, ich bin neun Jahre im Schrank. Nun ist doch mal gut.“ Dann sage ich nur: „Wissen Sie, Ihr ­Opfer ist seit neun Jahren tot. Das sollten Sie nicht vergessen.“ Im Gefängnis bleibt der Psychopath ein Psychopath, der Pädo­phile ein Pädophiler und der Narzisst sich selbst treu.

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wandersmann
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf olga64 vom 01.07.2022, 19:25:43

Die Frage danach, welche der beiden Seiten hinsichtlich der Naziaufarbeitung der anderen Seite desinformiert wurde, hat die Geschichtsschreibung bereits entschieden. Und was bei Google und Wiki darüber zu lesen ist, ist allgemeingültig und wahr. Unabhängig vom tatsächlichen Wahrheitsgehalt.
Übrigens Gefängnis - vor ein paar Jahren besichtigte ich mal das ehem. Zuchthaus Fremantle in der Nähe von Perth im demokratisch/rechtsstaatlichen Australien. Das war bis 1987 in Betrieb, und dagegen waren Hohenschönhausen und Bautzen aber lupenreine Kurorte. 

hockey
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von hockey
als Antwort auf wandersmann vom 01.07.2022, 18:48:31

Wenn Du dich ernsthaft mit dem Thema befassen wuerdest, solltest Du doch wissen das ein gewisser General Pauls ein getreuer Nazi war und spaeter im Weißen Hirsch (Dresden) ein sehr angenehmes DDR Rentner Leben führte. Auch viele Ärzte die kranke und behinderte  in Nazi Krankenanstalten umbrachten lebten ihn Ehren in der DDR. (Euthanasie Ärzte) Sogar die Kinder Klinik an der Universität Jena wurde fuer viele DDR Jahre noch Jussuf Ibrahim Klinik genannt. 
Er war ein dem DDR Staat als Moerder von behinnterten Kinder bekannt und arbeitete fuer den Aufbau desr sozialistischen Medizin.
Sehr viele wurden obwohl bekannt als Moerder und aktive Nazis nichts gemacht.
Ich koennte Dir das Buch empfehlen: Braunbuch Nazis in der DDR
Es soll keine Entschuldigung sein das in der BRD Ähnliches passierte.
Mich stört nur die von Dir hingestellte These : in der DDR wurden Nazis sehr früh und ohne Gnade verurteilt und im Westen sausten sie frei rum
Shalom
Hockey

wandersmann
wandersmann
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf hockey vom 01.07.2022, 20:24:53

Ist doch alles bekannt und wurde auch gründlichst und penibel aufgearbeitet. Und natürlich wurden und werden diese Fälle gern als Feigenblatt für die Hätschelung der in der BRD lebender Nazis instrumentalisiert.


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Lenova46
Lenova46
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von Lenova46
als Antwort auf schorsch vom 01.07.2022, 15:21:55

Zitat von @schorsch:

Wenn wir noch lange darüber diskutieren, wird die Natur uns die Antwort geben.....
 
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Das ist doch keine Lösung.

Deswegen erübrigt sich beileibe keine Diskussion.

Lenova

hockey
hockey
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von hockey
als Antwort auf wandersmann vom 01.07.2022, 20:40:32

Mit Phrasen bist zu scheinbar sehr bewandert. Da ich Ausländer bin brauch ich kein “Feigenblatt”
Shalom
Hockey 

Bias
Bias
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von Bias
als Antwort auf wandersmann vom 01.07.2022, 20:40:32
Ist doch alles bekannt und wurde auch gründlichst und penibel aufgearbeitet. Und natürlich wurden und werden diese Fälle gern als Feigenblatt für die Hätschelung der in der BRD lebender Nazis instrumentalisiert.
All das, was jetzt noch kommt, geht in Richtung Sägespäne sägen, Wandersmann.

Vieles ist jenen, die sich dafür interessieren, hinlänglich bekannt. Vieles ist mit Sicherheit nie bekannt geworden und ansonsten dürfte manchen das Thema am Hintern vorbeigehen.

Fest dürfte stehen, dass jeder Neustart eines Staates auf Leute angewiesen ist, die Verwaltungs-, Politik- und Rechtserfahrung haben.
Weiter dürfte die Erkenntnis alter Odenwälder nach wie vor stimmen, dass der Abschaum regelmäßig oben schwimmt.
Bias
Bias
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von Bias
als Antwort auf hockey vom 01.07.2022, 20:46:37
Mit Phrasen bist zu scheinbar sehr bewandert. Da ich Ausländer bin brauch ich kein “Feigenblatt”
Shalom
geschrieben von hockey
Gratuliere, Hockey.
Da bist Du ja fein raus.

Doch weshalb glaubst Du das eigens erwähnen zu müssen?
Wer mitliest, was Du zu Themen beiträgst, weiß das doch längst.

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